Zur sonntäglichen Gedankeanregung möchte ich zwei Meldungen zum in Ungnade gefallenen Karl-Theodor zu Guttenberg kommentieren. Dies soll kein politischer Kommentar werde, sondern ein akademischer in Bezug auf sein Plagiat.
Die erste Meldung ist eigentlich schon alt. Die meisten wissen vermutlich und haben es vielleicht sogar schon wieder vergessen, dass Guttenberg bei einem amerikanischen Think Tank untergekommen ist. Ich hoffe die Sprachschützer verzeihen mir den Anglizismus, aber Denkfabrik klingt irgendwie nach Schwielen an den Händen, und ich glaube in diesem Kontext ist das sicherlich nicht das passendste Bild.
Guttenberg ist jetzt dem in Washington DC domizilierten Center for Strategic and International Studies angeschlossen. Diese Arbeit ist ehrenamtlich. In den USA ist es durchaus üblich, dass Politiker und hohe Beamte in solchen Institutionen “geparkt” werden. Das ist Teil des ausgeprägten Derehtür-Effekts zwischen Politik und der Privatwirtschaft. Fairerweise muss man wohl erwähnen, dass er dort kaum echte Forschungsarbeit leisten soll, sondern um zu Netzwerken und die Praktierseite zu repräsentieren angeheuert wurde. Trotzdem heisst es in der Pressemitteilung, dass sich das CSIS darauf freut damit seine “Forschung und Analyse von Europas weitläufiger Transformation in wirtschaftlichen, politischen und Verteidigungsfragen und deren Auswirkung auf die transatlantischen Beziehungen” verbessern zu können (“we look forward to enhancing the Center’s research and analysis of Europe’s sweeping economic, political and defense transformation and its impact on the future of the transatlantic relationship“). Guttenberg kann man daraus natürlich keinen Vorwurf machen, aber es spricht nicht für den wissenschaftlichen Anspruch der Institution, einen überführten Plagiator dafür anzustellen. Offensichtlich war der Name wichtiger als der Inhalt und Qualität der Analyse. Dies ist ein häufig Problem dieser vor allem auf die Praxis fokussierten und mit der Politik eng verbandelten Think Tanks in den USA. Die Frage wäre vermutlich einen eigenen Eintrag wert und ich verschiebe eine weitere Diskussion auf ein andermal.
Die zweite Guttenberg Meldung ist etwas neuer. Es wird gemäss Hamburger Abendblatt und der Süddeutschen gemunkelt, dass er erneut nun wirklich an einer Dissertation schreiben würde. Sollte dies stimmen, löst der Gedanke bei mir nicht unbedingt Begeisterung aus. Politisch kann ich einen solchen Zug natürlich gut nachvollziehen. Ich nehme an, dass er im Wissen, dass ihm genau auf die Finger geschaut wird, dort vielleicht durchaus auch Eigenleistung erbringen würde (aber vielleicht bin ich wieder viel zu naiv). Eine selber erarbeitete Doktorarbeit als eine Art Sühneprojekt hat aber auch einen Aspekt mit dem ich mich nicht anfreunden kann. Das damit ausgesendete Signal ist, wird man beim Plagiieren erwischt, muss man halt einfach zurück an den Start. Als Strafe fürs Erwischtwerden sozusagen. Der Forschungssündenfall wird zur Lappalie mit Preisschild. Viel wichtiger wäre eine Einsicht und klare Stellungnahme die zeigt, dass es sich um eine ernste ethische Überschreitung handelt, die nicht mit Zeitmangel oder Druck gerechtfertigt werden kann und dass er dies verstanden hat und bereut. Eine neue Doktorarbeit statt einer Schuldeinsicht lässt vermuten, dass diese Erkenntnis wohl nach wie vor nicht eingetreten ist. Das ist das eigentliche Problem.
Dies ist eine Einschätzung, die sich alleine auf die Plagiatsfrage bezieht. Poltisch, mit oder ohne Doktor, ist es eine ganz andere Frage ob er nach einer Bussezeit zurückkommen sollen darf. Als Schweizer übe ich mich im Moment in Neutralität. Auf jeden Fall würde ich nicht soweit gehen wie die Autoren dieser Perle, über die ich gestolpert bin, als ich die Artikel für diesen Post gesucht habe und die zu schön ist, um sie euch vorzuenthalten. Sollte es sich nicht um Satire handeln, und ich befürchte das tut es nicht, gibt es ein paar christliche Fundamentalisten, die in Guttenbergs Berufung zum CSIS eine Erfüllung der biblischen Prophezeiung für das Ende aller Tage sehen und in Guttenberg den “König vom Norden” sehen (Daniel 11:9). Aber ganz so sicher sind sie sich auch nicht. Denn
anderseits ist es möglich, dass Karl-Theodor zu Guttenberg schlicht ein normaler Politiker ist, mit seinen Höhen und Tiefen, wie es viele andere gibt. Wir werden sehen.
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