Ein neues Buch zur Erstürmung von Bin Ladens Haus ist erschienen. Das Buch wurde angekündigt, als eine Publikation, die die “wahre Geschichte”, die zur Tötung Bin Ladens führte, erzählen würde. Ich habe das Buch (noch) nicht gelesen und glaube werde es mir auch nicht kaufen.

Über einen Artikel im New Yorker über die Aktion, der sich im Nachhinein als fragwürdig herausstellte, habe ich schon geschrieben. Nun ist mir die erste Besprechung des neuen Buches begegnet und diese macht mir wenig Lust, es mir zu beschaffen und ich zweifle, dass es viel erhellen wird.

Pfarrer beruft sich auf Insiderwissen unter anderem weil er selber in den 1980er Jahren ein Mitglied des SEAL Teams 6 war, und er behauptet, Teile seines Buches auf Interviews mit Beteiligten stützen zu können. Da kommen bei mir erste Zweifel auf, kann ich mir schwer vorstellen, dass aktive Mitglieder der Eliteeineit über diese high profile Aktion einfach so aus dem Nähkästchen plaudern, aber auschliessen kann man das natürlich nicht. Darauf stützt sich wohl auch ein Teil des Marketings für dieses Buch. Glaubt man der Besprechung fehlen auch jegliche Referenzen oder Ansätze von Quellenangaben. Jeder der einmal eine Politikschwarte von Bob Woodward gelesen hat weiss, wie diese Vorgehensweise eine Einschätzung des Wahrheitsgehaltes fast verunmöglicht. Man weiss nie, wo man schriftstellerische Freiheit vermuten muss und was sich überhaupt auf Quellen stützt von deren Qualität gar nicht erst zu reden.

Pfarrer bring die AK-47 wieder ins Spiel, nach der Bin Laden gemäss ersten halboffiziellen Angaben gegriffen hätte, was später aber wieder dementiert wurde. Auch behauptet er, dass der Helikopter wegen eines unwahrscheinlichen technischen Defekts abgeschmiert sei und nicht wegen des Effekts der bei den Übungen fehlenden Mauern. Aber solche Abweichungen dienen auch den Interessen einiger Beteiligten und darum weiss man nie (und ja hier denke ich wieder an Woodward) ob er damit seine Interviews mit Gefälligkeiten “bezahlt”, einfach leichtgläubig ist oder ob es sich wirklich um handfestes handelt. Warum soll Washington z.B. die AK-47 Geschichte dementieren, wenn sie tatsächlich stimmte, würde es doch eine Legitimation für die sofortige Tötung sein? Ich tendiere da eher dahinter Imagepflege von jemandem zu vermuten und auch die Helikopterabsturz-These könnte diesbezüglich passen). Das ist natürlich alles reine Spekulation, aber Pfarrer scheint wenig neues zu einer kohärenten Geschichte beizutragen.

Anscheinend schreibt der Autor selber, dass er einige Vorgänge tendenziell eher hätte “verwischen statt klären” müssen. Das stärkt nicht gerade das Vertrauen. Die in der Besprechung angeführte Liste der faktischen Fehler im Buch hat mich dann endgültig davon überzeugt, das einige Teile dieses Werkes vermutlich unter Fiction ebenso gut aufgehoben wäre. Ähnlich wie der damalige Artikel im New Yorker Magazine. Wir werden wohl noch weiter warten müssen um wirklich neues zur Aktion zu erfahren.

Kommentare (7)

  1. #1 rolak
    November 26, 2011

    Noch eine? So viel Wahrheit kann doch niemand ertragen 😉

  2. #2 BreitSide
    November 26, 2011

    Hurra! Wieder eine Quelle für ungezählte VTs….

  3. #3 BreitSide
    November 26, 2011

    Letztens sind doch die Seals an die Öffentlichkeit gegangen und haben beteuert, dass eine “Kill”- Mission viel einfacher gewesen wäre. Hätte ja sogar eine Drohne machen können.

    Das hat seine Logik.

    Allerdings wäre dann der Leichnam wohl sofort Zentrum für einen Wallfahrtsort geworden. Also musste man ihn wohl wegschaffen. Klingt das logisch?

    Geht doch nix über eine gepflegte Spekulation…:-)

  4. #4 ali
    November 26, 2011

    @BreitSide

    Es wurde von Anfang an behauptet, Obama wollte sicher sein, dass Bin Laden auch dort war. Darum kein Drohnenangriff. Das halte ich für gut nachvollziehbar. Eine eventuelle Gefangennahme war das Risiko eines Versagens nicht wert. Da müssen noch andere Anreize bestanden haben. In Anbetracht des Blutbades kann man auch davon ausgehen, dass man nicht lange gefackelt hat. Wäre die Gefangennahme Ziel gewesen, hätte man sicher auch noch andere Gefangene gemacht.

    Aber wie ich schon früher hier spekuliert habe, glaube ich ihnen sogar, dass Osama lebend mitzunehmen durchaus eine Option gewesen wäre und es nicht eine reine Kill-Mission war. Ich vermute aber auch, dass die Rules of Engagement so waren, dass im Zweifel auf jeden Fall geschossen werden sollte und eine Gefangennahme eher als unwahrscheinliches Resultat betrachtet wurde.

  5. #5 Andreas P.
    November 28, 2011

    das gehört IMHO wie die schaurigen Geschichten über die Erschaffung Bin Ladens als “Quelle alles Bösen auf Erden” wohl eher in’s Reich der Mythen und Legenden. Mag einen historischen Kern haben, muss aber nicht.

    Ich glaub’s eher nicht …

  6. #6 rahmhuber
    November 28, 2011
  7. #7 BreitSide
    November 28, 2011

    @Ali: klingt plausibel. Vielleicht hatte man ja auch einfach viel entschiedenere Gegenwehr erwartet. Wäre die Manpower genug gewesen, um mehr als nur eine Person gefangen zu nehmen? Man kann ja nicht gleichzeitig gefangen nehmen und bekämpfen. Jedenfalls nicht so einfach.

    Mal sehn, ob das Abo jetzt klappt…;-)