In den letzten Wochen habe ich eine SciFi Bildungslücke gefüllt und Battlestar Galactica “nachgeschaut”. Und zwar jene von 1978 und die 2004 Neuaflage davon. Dies ist nicht nur eine kurze Besprechung der Serien sondern auch ein Post darüber, was die Serie jenen zu bieten hat, die Internationale Beziehungen studieren.
Ich bin froh, dass ich mit den Staffeln aus den 70ern angefangen habe. Eine wichtige Dimension der 2004 Neuauflage wäre mir ansonsten entgangen. Es wimmelt nur so von optischen und inhaltlichen Referenzen, oft ironischen Querbezügen und Spiegelungen. Diese wurden intelligent umgesetzt und oft spielen die Macher damit, Erwartungen diesbezüglich im letzten Moment doch zu enttäuschen. Alleine das macht die neue Version sehenswert und einen Genuss.
Ein Beispiel für jene, die die Serie nicht kennen: Es taucht einer der Haupt-Schauspieler der alten Serie in einer wichtigen Rolle in den neuen Folgen auf, ohne dass die Rollen (ausser über die Person des Schauspielers) direkt verbunden wären. Natürlich kann man nicht anders, als genau diese Verbindung im Kopf trotzdem immer wieder zu machen und das schafft interessante Spannungen. So wird ein Dialog des Schauspielers mit seiner alten Rolle im Kopf der Zuschauerin/des Zuschauers zu seiner Selbstreflektion dieses Charakters. Diese Verbindungen zur alten Serie haben System. Es ist eine unabhängige neue Geschichte, die erzählt wird und trotzdem klar ihren Ursprung immer wieder herstellt und auch ironisiert. Die Serie hat mich wirklich überzeugt und ich fand die ersten drei Staffeln ein Hochgenuss. Leider konnte ich mit der vierten nicht mehr sehr viel anfangen und hatte den Eindruck, dass diese nur noch ein Abziehbildchen der drei vorhergehenden Folgen war und stark abfällt.
Nun was hat das mit internationalen Beziehungen und Politikwissenschaften zu tun? Tatsächlich gab es eine Diskussionrunde an einer der letzten Konferenzen der International Studies Association zum Thema. Auch hat Barry Buzan letztes Jahr einen Artikel veröffentlicht, wie Popkultur den Zeitgeist widerspiegelt und man in Star Trek und Battlestar Galactica die US Volksseele wiederfindet. Ich weiss auch von einem Buch, das zu den Internationalen Beziehungen des Battlestar Galactica in Arbeit ist (Iver Neumann (ed), Battlestar Galactica and International Relations, Routledge Press, noch nicht erschienen). Tatsächlich hatte ich 101 Blogpost Ideen während des Guckens der Serie. Vielleicht werde ich mich der einen oder anderen später einmal noch annehmen. Ein paar solcher Themen wären:
- Ich fand mich immer wieder an Carl Schmitt und seine Gedanken zur Souveränität, Staatsgewalt und dem Ausnahmezustand erinnert. Mit Erleichterung stellte ich fest, dass ich nicht der einzige bin, der keine SciFi Serie schauen kann ohne an deutsche Juristen aus dem 20. Jahrhundert zu denken (Beispiele dafür findet man unter anderem hier, hier und hier).
- Identitätskonstruktion spielt eine wichtige Rolle. Wer ist der Gegner, das “andere” und wie geht man damit um, wenn die Trennlinie nicht so scharf ist, wie man gerne hätte. Wie kann im Kriegszustand dieses “wir” gegen “sie” aufrecht erhalten werden?
- Ein zentrales Grundthema ist das Verhältnis zwischen dem Militärapparat und den zivilen Behörden.
- Regelmässig werden spieltheoretische Klassiker beackert: Chicken und das Gefangenendilemma tauchen immer wieder auf. Im Zusammenhang damit stellen sich auch wiederholt Fragen von Vertrauen und Glaubwürdigkeit (für Partnerschaft und Bedrohung) und wie jene geschaffen werden können.
- Das Spannungsfeld von Religion und Politik kommt auch immer wieder vor (leider ist Religion dann eines der Themen, welches meines Erachtens die vierte Staffel unnötig herunterzieht).
- Entscheidungsprozesse aus einer Führungsperspektive sind ein weiteres interessantes Thema.
- Fragen zu Kriegsrecht, Moral in Kampfhandlungen und nachträglicher juristischer Verantwortung respektive Aufarbeitung.
- Oft ist die Spannung zwischen einer machiavellistischen Output orientierten und einer Prinzipien geleiteten weniger effektiven Politik was die Geschichte antreibt.
Die Liste liesse sich vermutlich noch beliebig weiterführen. Vielleicht habt ihr ja noch Vorschläge. Die ersten drei Staffeln sind auf jeden Fall sehenswert und es empfiehlt sich, sich vorher die alten Folgen zu besorgen. Dass man zum Nachdenken zu Internationalen Beziehungen angeregt wird, ist ein schöner Bonus.
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