Sie gehören zu den Sozialwissenschaften wie die Hautfarbe zum Menschen und genau so nahezu unmöglich ist eine Schubladisierung: Denkschulen.
Danke eines Gastbeitrages auf The Monkey Cage wurde ich auf eine interessante sozusagen Gilden-interne Umfrage aufmerksam, die spezifische Fragen zur Selbsteinordnung und konkreten aussenpolitischen Positionen stellte. Die Umfrage beschränkt sich vorläufig ausschliesslich auf US Hochschulen, das Feld der befragten ist aber grösser und die internationalen Resultate sollen in den nächsten Wochen folgen.
Interessant ist da zuerst einmal die Selbsteinschätzung der Teilnehmenden. Auf die Frage was den eigenen Ansatz am besten beschreibe (für Details zu einigen Denkschulen sei hier an mein Herr der Ringe Vierteiler erinnert: Teil I, Teil II, Teil III, Epilog) sieht die Aufteilung wie folgt aus:
Keine pardigmatische Analyse: 25.74%
Constructivism: 20.39%
Liberalism: 19.9%
Realism: 16.24%
Andere: 11.53%
Marxism: 3.32%
Englisch School: 2.18%
Feminism: 1.69%
Das starke Abschneiden der konstruktivistischen Denkschule hat mich doch ein wenig überrascht, aber die drei grossen Gruppen halten sich mehr oder weniger die Waage (zumindest wenn man die Augen ein wenig zukneift beim Betrachten der Resultate). Erfreulich ist auch, dass die grösste Gruppe sich einer Schubladisierung verweigert. Interessant wird es zu sehen, wie sich dies verschiebt wenn internationale Daten hinzugefügt werden.
Im verlinkten Blogpost wird vor allem genauer inspiziert ob Realisten tatsächlich weniger kriegsfreudig sind was einen nuklear bewaffneten Iran betrifft. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein, wie die untenstehende Grafik zeigt (zum Vergrössern draufklicken). Ich finde die Visualisierung zwar nicht sehr gelungen, aber man kann herauslesen, was man herauslesen soll.
Das bemerkenswerteste an der Grafik finde ich ist, dass eine Mehrheit der befragten Expertinnnen und Experten klar ein militärisches Vorgehen abzulehnen scheint und für unklug hält.
Beim diagonalen Lesen des Artikels sind mir noch drei weitere Dinge aufgefallen, die im Blogpost keine Erwähnung fanden. Erstens hat trotz der eindeutigen Einordnung in Denkschulen eine grosse Mehrheit zu Protokoll gegeben, dass sie auch Ideen (“Kultur, Wahrnehmung, Ideologie, Überzeugungen, etc.” ) als erklärende Faktoren in ihrer Forschung betonen. Dies Paradigmen sind also wohl meist mehr Analyse-Hilfsmittel als Dogma.
Zweitens werden auf die Frage wo man am besten eine Dissertation respektive einen Master macht fast auschliesslich US Institutionen genannt. Einzige gesichtete Ausnahmen sind die London School of Economics und Oxford. Das anstarren des angelsächsischen Bauchnabels scheint in den USA relativ weit verbreitet zu sein in meiner Disziplin.
Drittens sind 24.95% der Meinung, dass das Schreiben eines Blogs in die Forschungsbeurteilung einfliessen sollte und fast zwei Drittel (66.38%) denken es sollte zumindest als Dienstleistung angerechnet werden. Bloggen wird offensichtlich auch bei uns langsam vielleicht nicht Salon- aber Vorlesungsraumfähig.
Kommentare (12)