In den letzten Tagen und Wochen hat ein islamistische Gruppierung im Norden Nigerias durch Bombenanschläge, Angriffe und Morden an Christen von sich Reden gemacht. Die Regierung hat Soldaten in die Region entsandt, wo die Aktionen von Boko Haram in einen flächendeckenden Aufstand auszuarten drohen. Ob ein ursprünglich marginaler Kult es tatsächlich geschafft hat, die Regierung so weit gegen die Wand zu drücke,n ist alles andere als klar. Wie immer ist es vielleicht doch etwas komplizierter.
Man erinnert sich wie Al-Kaida im Lauf der Jahre immer mehr zum Al-Kaida-Netzwerk wurde. Ich habe mich schon öfters gefragt, was es heisst, wenn einer Organisation “Verbindungen zum Al-Kaida Netzwerk” nachgesagt werden. In diesem Sinne hätten auch die Roten Brigaden in Italien sozusagen unter der RAF subsumiert werden können, oder die RAF als eine Art ideologischer Ableger der Volksfront zur Befreiung Palästinas. Trotz der teilweise ideologisch grossen Nähe und bei kleinen im Untergrund operierenden Organisationen zwangsläufig zu erwartenden Überschneidungen, werden diese Gruppen heute wie damals separat wahrgenommen. Es scheint aber, dass je weiter weg die Ideologie an und für sich ist, desto einfacher kann alles in einen Topf geworfenen werden. Dies ist politisch oft willkommen, ist ein solides Feindbild doch oft sehr nützlich.
Die nigerianische Regierung gibt sich grosse Mühe ihren Kampf gegen Boko Haram als das Vorgehen gegen eine kohärente islamistische Gruppierung darzustellen. Sie kann sich so natürlich auch ausgezeichnet auf der richtigen Seite der Frontlinie im sogenannten Krieg gegen den Terror positionieren, nicht zuletzt das auch schon internationale Terrorverbindungen vermutet wurden. Doch scheinen die Meinungen darüber, wie sehr Boko Haram tatsächlich ein zentralisierter Akteur ist, geteilt zu sein. Angeblich sind politische und religiöse Führer im Norden der Meinung, dass Boko Haram eine Art Franchise ist. Wie wenn man eine McDonalds Filiale eröffnen möchte und sich die Rechte, Menüs, Rezepte, Beschilderung und was es sonst noch braucht, besorgt und dann jedoch autonom agiert, so würden diverse andere kriminielle Organisationen, Milizen und Fundamentalisten sich einfach als Boko Haram etikettieren und so auf diesen Zug aufspringen.
Diese Sicht der Dinge hat im Hinblick auf die fragementierte und dezentralisierte politische Kultur Nigerias durchaus eine gewisse Plausibilität. Die Spannungen zwischen den Religionsgemeinschaften im Norden Nigerias sind schliesslich nicht neu. Religion erwies sich für “politische Unternehmer” als ausgezeichnetes Vehikel um sich zu definieren und sich von der Zentralregierung und/oder anderen Gruppierungen im Norden abzugrenzen. Die Logik warum einer Regierung ein Feindbild gelegen kommen kann ist die im Grunde die selbe. Es geht um Abgrenzung und Mobilisierung. Die globale Tendenz, das völlig unscharf bleibende Konzept eines “Zusammenprall der Kulturen” herbeizureden macht diese Strategie um so effektiver.
In Montreal hat McDonald’s Poutine auf der Karte. In Singapore gibt es einen Reisburger, in Israel einen McShawarma. Das kümmert Altermondalisten in der Regel wenig, wenn sie McDonald’s zum Symbol der Globalisierung machen. Die Scheiben der Fast Food Kette sind bei Demos trotz diesen Eingeständnissen an den lokalen Geschmack ein beliebtes Ziel. Franchising scheint tatsächlich gute Metapher für das Phänomen zu sein.
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