Die letzten Tage flitzten immer wieder Links zum von der Bundeskanzlerin gestarteten Bürgerdialogs durch meine Timeline auf Twitter. Ein Blick auf die populärsten Vorschläge gibt wohl einen Einblick in die Prioritäten der netzaffinen Bevölkerung. Abgesehen von den meines Erachtens eher originellen Prioritäten, ist der Anblick des Top Vorschlages nicht schön. Die meisten Stimmen hat ein Vorschlag der eine “offene Diskussion zum Islam” fordert.
Ein PI Leser besorgter Bürger fordert also eine “offene Diskussion über den Islam“, was soll es denn daran auszusetzen geben? Als religionskritischer Mensch sollte ich nun wahrlich kein Problem damit haben. Habe ich aber da der Vorschlag heuchlerisch ist. Der Autor ziemlich sicher keine “offene” Diskussion will. Seine ganzen Prämissen sind falsch. Es geht nicht um eine offene Diskussion, es geht um die Bestätigung seiner Schlussfolgerungen. Woher ich das weiss? Er hat sie in seinen Vorschlag reingeschrieben. Aufgrund der offensichtlich grossen Popularität der Eingabe will ich ein paar Zeilen darauf verwenden um aufzuzeigen, dass diese Annahmen, wenn man nur ein bisschen an der Oberfläche kratzt, völlig auseinanderfallen.
Hier der Wortlaut des Vorschlages:
Das Thema Islam wird von Politik und Medien gründlich gemieden, Islamkritiker werden bestenfalls ignoriert, meist aber diffamiert, Islamkritik wird pathologisiert und kriminalisiert. Eine argumentative Auseinandersetzung über den Islam muss endlich stattfinden. In der Politik. In den Medien.
Der Autor stellt hier einige Behauptungen auf die relativ einfach überprüft werden können. Da wäre zuerst einmal, dass das Thema “Islam”. Er schreibt von “ignorieren”, “pathologisieren” und “kriminalisieren”. Es ist also mehr, als dass er als Chefredaktor die Prioritäten anders setzen würde. Dass das Thema Islam und Islamkritik für ihn ein und das selbe zu sein scheint, spricht schon Bände über die “offene” Diskussion die er sich wünscht. Aber schauen wir und doch mal an,wie sehr die Medien das Thema Islam ignorieren. Hier die Zahl der Resultate in Google News für folgende Stichworte:
Stichwort | Anzahl Google News Suchresultate |
---|---|
Islam | 24’800 |
Islam (nur Deutsch) | 1’250 |
Christentum | 433 |
Judentum | 259 |
Buddhismus | 257 |
Aber vielleich liegt das Problem ja am Kontext. Vermutlich handelt es sich bei den rund 25’000 (Nachtrag: nur auf Deutsch sind es immer noch 1’250): Hits um lauter Lobeshymnen auf den Islam, seine vermeintlichen Errungenschaften und frieferdigkeit. Vielleicht, aber nachprüfen ist besser. Nochmals Google News:
Stichwort | Anzahl Google News Suchresultate |
---|---|
Islam und Terrorismus | 1’270 |
Islamisten | 1’120 |
Wenn dies ein Thema “ignorieren” ist, müsste man wohl in Zukunft in den Medien nur noch über den Islam schreiben. Der Autor freut sich bestimmt schon auf die Frankfurter Allgemeine Islam Zeitung und die ISLAM BILD.
Nun wie steht es denn um die Politik? Bedenkt man das Schleierverbot in Frankreich, den Schweizer Verfassungsartikel, der den Bau von Minaretten untersagt (Artikel 72 Absatz 3) oder die King Anhörungen in den USA, mag man zumindest anekdoteisch an dieser These gewisse Zweifel anbringen. Aber suchen wir doch einen klareren Anahltspunkt für Deutschland: Eine Volltextsuche auf der Webseite des Deutschen Bundestags bringt rund 70 Resultate zum Stichwort Islam für die letzten acht Jahre. In Anbetracht der effektiven Bedrohung sollte dieser Einsatz von Steuergeldern zum Thema doch auch den Petitionär zufrieden stellen.
Belegen, das Islamkritik “kriminalisiert” wird, muss wohl der Autor des Vorschlags selber. Ein entsprechende Referenz zu einem Gesetz wäre wünschenswert. Die Formulierung verrät wahrscheinlich mehr über den Verfolgungswahn des Schreibers als über die Realität. Ein Klick auf PI oder AchGut falsifiziert seine Aussage wohl, handelt es sich schliesslich nicht um Blogs, die aus einem Gefängnis geschrieben werden.
Die ganzen Prämissen sind also schlicht falsch und erfunden. Warum tut man so was wenn man doch eine “offene Diskussion” fordert? Ich vermute man redet sich und seinem Publikum den Status einer unterdrückten Minderheit ein, um sich zu legitimieren. Man tut so als ob man mutig gegen eine grosse dunkle Übermacht ankämpft. Das stärkt das Gefühl des Zusammenhalts und bestätigt die Truppe der vermeintlich Zu-kurz-Gekommenen in ihrer Selbstgerechtigkeit.
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