Gestern habe ich über die problematische Kampagne von Invisible Children gebloggt. Da deren Video nun eine interessante Debatte ausgelöst hat, möchte ich noch einmal kurz darauf zurückkommen.
Die kritisierte Organisation hat sich zu Wort gemeldet und verteidigt sich auch in Bezug auf den Vorwurf, politisch naive Lösungsvorschläge zu propagieren. Mir scheint es, dass ihre Verteidigung am eigentlichen Kritikpunkt vorbeigehen. Auch wenn sie nun eine differenziertere Position einzunehmen versuchen, ändert das nichts daran, dass sie diese nicht kommuniziert haben und dass es unklar bleibt, wie sie ihr Ziel erreichen wollen. Es erstaunt mich nicht, dass sie sich von den Methoden der ugandischen Armee distanzieren. Man kann aber nicht einen Film in die Welt setzen wo man vorgibt es gibt ein einfaches Gut/Böse Schema und eine Lösung läge auf der Hand, um dann im Nachhinein zu sagen, natürlich wissen wir schon, dass die Guten auch schmutzige Hände haben. Dies schafft ganz sicher keine Transparenz oder Vertrauen, ist es nicht gar ein Eingeständnis eines Manipulationsversuches. Die Antwort wie sie die regionalpolitschen Implikationen sehen, bleiben sie uns ebenfalls schuldig.
Bildquelle und Copyright: Mit freundlicher Genehmigung von Glenna Gordon
(auch auf Twitter und mit Blog).
Ein spezielle interessanter Aspekt ist das Bild, das nun überall auftaucht. Es zeigt die Gründer von Invisible Children mit Waffen posierend bei einem Besuch in einem Militärlager in Uganda. Das Bild hat ihrer Position wahrscheinlich mehr geschadet als alles was sie gesagt, eben nicht gesagt oder geschrieben haben. Man sieht ein Trio von College-Kids, die offensichtlich keine Ahnung haben, in welchen Morast sie da gewatet sind sondern das alles irgendwie “cool” finden. Eine Gruppe von jungen Männern, die sich in der Rolle des Rambos für die gute Sache gefallen und irgendwie wie Abenteuer-Touristen im Dschungelcamp wirken. Um ihr simples Ziel zu erreichen scheinen sie keine Berührungsängste vor Waffen und Gewalt zu haben. Das Bild erzählt die ganze Geschichte der Kritiker auf einen Blick.
Vermutlich ist dies aber auch ein Zerrbild. Die fotografierten verteidigen sich damit, dass es sich um einen Jux gehandelt hätte. Ich bin durchaus bereit ihnen das zu glauben, doch zeigt dies zumindest einen gewissen Grad an Naivität. Wenn man sich gegen die Gewalt gegen Kinder und die Zivilbevölkerung einsetzen möchte und sich der von allen Seiten begangenen Untaten bewusst ist, posiert man nicht mit Waffen, als ob es sich um das Nachstellen eines Action-Films handeln würde. Und wenn man aus langeweile sowas tut und die Verbreitung des Bildes tatsächlich bereut, dann verwendet man nicht eben dieses Bild, wenn man sich gegen den Vorwurf der Naivität verteidigt: Ein Jux an die Familie gerichtet scheint trotzdem ein cooles Banner abzugeben.
Die Fotografin hat ebenfalls über die Entstehunggeschichte des Bildes geschrieben und sie ist geht mit den Invisble Children Leuten scharf ins Gericht. Sie bedauert zwar, dass das Bild nun oft ohne Kontext reproduziert wird. In einem Interview in der Washington Post kritisiert sie die Invisible Children Jungs deutlich. Sie bestätigt aus ihrer Warte, viele der gemachten Vorwürfe. Von kolonialer Überheblichkeit, über Naivität bis zum manipulativen Umgang in der Öffentlichkeitsarbeit. Sie bedauert auch, dass ihr Bild genau die “Badass-Mythologie” bedient, die die Gründer der Organisation gemäss ihr auch gerne nach Aussen tragen würden. Sie listet zudem ein paar Organisationen auf, von denen sie denkt, dass sie gute Arbeit in der Region leisten und die von der Bevölkerung im Gegensatz zu Invisible Children auch ernst genommen werden.
Zum Schluss möchte ich noch die Kritik von The Atlantic hier verlinken, da sie auch einige wichtige Punkte aufgreift und oft gut zusammenfasst, was problematisch ist:
Invisible Children has turned the myopic worldview of the adolescent — “if I don’t know about it, then it doesn’t exist, but if I care about it, then it is the most important thing in the world” — into a foreign policy prescription.
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