Da war einmal eine Southpark Folge mit einem Superhelden Namens Captain Hindsight (Captain “Im Nachhinein”). Immer wenn irgendwo ein Unglück geschieht, kommt er angeflogen um allen nachträglich zu erklären, warum es so kommen musste.
Diese Dynamik ist nicht selten in der Berichterstattung zur Tagesaktualität zu beobachten. Zwei solcher Nachrichten sind mir letzte Woche aufgefallen: Der Coup in Mali und der Attentäter von Toulouse.
Zuerst der Militärcoup in Mali. Tatsächlich kann man, wie vom stellvertretenden russischen Aussenminister gemacht, eine direkte Verbindung ziehen, zwischen dem NATO Einsatz in Libyen und dem Absetzen der Regierung Malis durch meuternde Militärs. Der Dominoeffekt begann mit dem Auflösen von Gaddafis Söldnerheer. Viele in den frühen 90ern angeheuerte Tuaregs fanden sich in einem Aufstand im Norden Malis im Mouvement national pour la libération de l’Azawad (MNLA) wieder. Die zu dessen Bekämpfung eingesetzten Soldaten von Malis Armee waren mit der Unterstützung durch die Zentralregierung äusserst unzufrieden. So unzufrieden, dass sie die Regierung kurz vor den Wahlen in einer Meuterei von der Macht verdrängten.
Nun ist es einfach für diese für internationale Beziehungen eigentlich leicht nachweisbaren Kette die NATO verantwortlich zu machen. Abgesehen vom problematischen Begriff der Verantwortung hier (hätten alternativ Libyer die Rechnung bezahlen müssen, wie weit geht der Konflikt zurück, wer hat die Söldner nach Libyen geholt, etc.) glaube ich war das nicht vorhersehbar. Es gab vereinzelte Stimmen, die vom Problem mit den entlassenen Tuareg-Söldner für Mali sprachen (hier und hier), doch das Aussetzen demokratischer Prozeduren in Mali war trotzdem kaum vorhersehbar. Ausserdem Hand aufs Herz: Wieviel Aufmerksamkeit hat Mali in den Nachrichten erhalten in den letzten Monaten? Es ist eine schöne Illustration wie man zwar potentielle Probleme erkennen kann, aber kaum Konsequenzen voraussagen. Diese erscheinen nur im Nachhinein als absehbar.
Das zweite Beispiel wo letzte Woche Captain Hindsight angeflogen kam, war beim Attentäter von Toulouse. Es wird häufig argumentiert, dass Merah den Behörden vorher hätte auffallen sollen. Ob dies wirklich der Fall ist, finde ich schwer zu beurteilen. Ein wiederholt angeführtes Beispiel scheint mir aber klar falsch und symptomatisch für den Rückspiegelblick. Angeblich sei einmal die Polizei informiert worden, weil Mohamed Merah sich Kinder von der Strasse holte um ihnen Al-Kaida Trainingsvideos mit Enthauptungen und ähnlichen Greultaten zeigte. Als sich eine Mutter beschwerte, tauchte er bei ihr im Tarnanzug und einem Schwert auf und skandierte “Al-Kaida, Al-Kaida”. Darin eine Vorwegnahme seiner grausigen Taten zu sehen macht aber nur im Nachhinein Sinn. Dass die Polizei ihn nicht ernst genommen hat finde ich in Bezug auf der hier gegebenen Faktenlage zumindest nachvollziehbar. Es wirkt tatsächlich vielmehr nach jemandem, der sich wichtig zu machen versucht.
Captain Hindsight wird uns bestimmt bald wieder besuchen. Die Gewürfelte Zahl im Nachhinein “vorauszusagen” ist halt einfach. Man sollte sich jedoch immer fragen, wie “offensichtlich” die Dinge vor dem Ereignisse aussahen. Zusammenhänge im Rückspiegel können näher erscheinen, als das sie in Wirklichkeit sind.
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