Vor einer Weile wurde drüben bei Florian über rosarote Einhörner-Glitzer-Stereotypen diskutiert. Wie so oft beim erwähnen von “Gender” verlies das Niveau dann ziemlich schnell den Meeresspiegel und tauchte entsprechend ab. Damals wurde in der Diskussion eine Studie “zitiert” in der Affen vermeintliche geschlechtsspezfische Präferenzen für Spielzeug aufwiesen. Da ich in anderen Diskussionen wiederholt über diese Behauptung gestolpert bin, schlage ich eine kurze Pause von der Weltpolitik ein und möchte diese Experimente genauer unter die Lupe nehmen.
Die Studie, die typischerweise zitiert wird, ist Alexander und Hines, Sex differences in response to children’s toys in nonhuman primates (Cercopithecus aethiops sabaeus). Sollten Affen tatsächlich eine klare Präferenz für “Jungen-Spielzeug” haben, wäre dies ein wichtiger Hinweis, dass es diesbezüglich einen biologischen Unterschied gibt und nicht primär Sozialisierung dahinter steht.
Was haben Alexander und Hines also gemacht? Sie haben Spielzeug als “männlich”, “weiblich” und “neutral” klassifiziert. Dann haben sie verschiedene Gruppen von Affen in einer zufälligen Reihenfolge diese Spielzeuge jeweils fünf Minuten in den Käfig gelegt. Das ganze wurde dann blind codiert und ausgewertet. Es wurde zwischen “Annäherung” und effektivem “Kontakt” unterschieden. Da die Männchen an und für sich viel mehr am Spielzeug interessiert waren als die Weibchen, wird nur die relative Spielzeit als Massstab angegeben. Als Resultat wurde ein statistisch signifikanter Unterschied in den Präferenzen der Männchen im Vergleich zu den Weibchen gefunden.
Doch ganz so klar scheint mir die Sache nicht. Mir sind ein paar Dinge aufgefallen, die einige Fragen aufwerfen, vielleicht zur Arbeit von Alexander und Hines auf jeden Fall aber zu einer zu simplistischen Interpretation der Daten.
Erstens wäre da meine Hauptkritik: Die Klassifizierung in “weiblich”, “männlich” und “neutral” scheint mir zumindest teilweise willkürlich für Affen (die Studie stützt sich soweit ich das verstanden habe, auf Aussagen von Kindern). Warum ein oranger Ball ein “männliches” Spielzeug sein soll und warum eine rote Bratpfanne von einem Affen als “typisch weiblich” wahrgenommen werden soll, bleibt mir ein Rätsel (der Schlachtruf der Alpha-Männchen “Äffinnen an den Herd” scheint mir doch irgendwie zu antropomorphisierend). Auch bin ich mir nicht so sicher warum ein Plüschhund im Gegensatz zu einer Puppe für einen Affen einen Geschlechtsunterschied machen soll. Auch mögen Menschen-Jungs vielleicht lieber mit Polizeiautos spielen, aber es ist plausibel anzunehmen, das ein Polizeiauto für einen Affen kaum ähnliches darstellt, und dieser wohl trotz aller Intelligenz kaum ein Verständnis des Konzepts “Polizeiauto” hat.
Zweitens wenn man sich die Resultate anschaut, fällt auf, dass die Sache für den Vergleich innerhalb eines Geschlechts anders aussieht. So spielten die Männchen zum Beispiel häufiger mit der roten Bratpfanne als mit dem Polizeiauto. Es ist nur im Verhältnis zu den im allgemeinen weniger spielenden Weibchen, dass sie dies relativ gesehen mehr taten (ich frage mich auch inwiefern das höhere Durchschnittsalter der Weibchen hier eine Rolle spielte). Alexander und Hines erwähnen dies auch und schränken ein, dass man wegen dem sukzessiven Zur-Verfügung-Stellens der Spielzeuge, keinen innergeschlechtlichen Vergleich ziehen kann.
Drittens stelle ich mir die Frage, warum man so auffällige Farben gewählt hat (rote Bratpfanne, oranger Ball). Ohne viel von Affen zu wissen, habe ich den Eindruck, dass dies doch ein zusätzlicher Faktor ist, den man da reinbringt und der die Resultate verzerren könnte. Da Farben meines Wissens oft Signalwirkung haben und nicht selten ein Aspekt in der sexuellen Selektion bei Tieren sind, scheint mir dieses Risiko zumindest vorhanden.
Ein in meinen Augen etwas überzeugender konzipiertes Experiment wurde von Hassett, Siebert und Wallen durchgeführt (Sex differences in rhesus monkey toy preferences parallel those of children Hormones and Behavior). Diese haben nur Plüschviecher mit Fahrzeugen verglichen, sie haben auch innergeschlechtliche Vergleiche gemacht und sie haben sie direkt mit menschnlichen Präferenzen verglichen. Sie stellten tatsächlich eine Präferenz der Männchen für Fahrzeuge fest. Sie fanden aber auch keine Präferenz der Weibchen für ein spezifisches Spielzeug (bei Menschen und Affen). Inwiefern dies replizierbar ist und wie dieses Resultat erklärt werden kann, bleibt offen. Auch hier gilt, dass die Affen kaum eine Vorstellung vom Konzept “Fahrzeug” haben und dass es auch schwer ist zu argumentieren, Männchen hätten eine evolutionäre Präferenz für Motoren entwickelt. Deshalb sind die Autorinnen auch vorsichtig in der Interpretation und eröffnen in den Schlussfolgerungen erst die Diskussion, wie sich dieses Resultat erklären könnte.
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