Ich melde mich mit guten Blogvorsätzen zurück von meiner Stippvisite im Libanon. Vielleicht werde ich bei Gelegenheit was über diese schreiben. Für heute aber ein paar Gedanken zu Griechenland und dem nun plötzlich intensiver diskutierten Euro-Austritt. Das ist nämlich einfacher vorgeschlagen als getan.
Griechenland hat gewählt. Die etablierten Parteien haben eine Ohrfeige eingefangen. Eine Regierung konnte nicht gebildet werden und nun folgen auf die Wahlen Neuwahlen. Die Märkte reagieren nervös und haben Angst, die mit der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarten Sparmassnahmen würden von einer eventuellen neuen Regierung nicht getragen. Plötzlichen werden Stimmen laut, die einen Austritt Griechenlands für möglich erklärten. Heisst das also, dass die Eurozone bald um ein Land ärmer ist?
Dass zum Beispiel Schäuble die Mitgliedschaft nun plötzlich als eine Entscheidung der Griechen sieht oder dass IMF Direktorin Lagarde Gedankespiele dazu anstellt, ist sicherlich auch taktisch zu verstehen. Die Parteien in Griechenland sind mit einem Mandat gewählt worden (so zumindest die gängige Interpretation), die sich gegen die drastischen Sparmassnahmen richtet. Es gewann viele kleine Parteien diverser politischer Ränder. Bei vielen Akteuren in den Koalitionsverhandlungen haben darum alle ein Interesse, nicht jene zu sein, die die unumgänglichen Sparmassnahmen akzeptieren oder gar verantworten. Dass ein Austritt auf der internationalen Bühne nun plötzlich als Option diskutiert wird, dient auch als klares Signal an die Politikerinnen und Politiker Griechenlands, dass man ein auf Zeit spielen nicht einfach dulden wird. Dies kann natürlich nur glaubwürdig vermittelt werden, wenn auch Plan B (also der Austritt Griechenlands aus der Eurozone) tatsächlich eine Alternative darstellt für die EU und den IWF.
Sicherlich hat sich die Situation auch geändert. Die Gläubiger Griechenlands mussten schon Abstriche machen, viele Banken und Investoren, die Griechische Staatsanleihen besitzen, haben begonnen diese als mehr oder weniger wertlos abzuschreiben. Der Schock für deren Bücher und die Gefahr der Kreise, die ein solcher ziehen würde, hält sich also in Grenzen. Trotzdem handelt es sich vermutlich vor allem auch um Drohgebärden.
Ich glaube immer noch, dass niemand einen Austritt Griechenlands aus dem Euro will. Für Griechenland ist das Problem offensichtlich. Die Logik hinter einem Austritt klingt verlockend: Griechenland schafft wieder eine eigene Währung und gewinnt somit gedlpolitische Autonomie zurück. Durch eine Abwertung kann man sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen und die Wirtschaft sozusagen sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen lassen. Natürlich birgt diese Strategie auch gewisse Risiken nicht zuletzt, dass die Massnahmen einen Inflationsspirale in Gang setzen.
Es stellt sich aber ein noch viel konkreteres Problem. Guthaben müssten dazu von Euro in die neue Währung umgewandelt werden. Eine Währung die nur geschaffen wurde, um sie abwerten zu können. Was würdet ihr tun, wenn ihr eine gewisse Anzahl Euro auf einem Konto habt und wisst, dass diese Morgen in Drachmen umgewandelt werden und dann 30% oder so an Wert verlieren werden? Insbesondere wisst ihr auch, dass der Euro weiterhin existieren wird. Genau. Schnellstens von der Bank abziehen und in Sicherheit bringen. Um eine solche Umwandlung erfolgreich durchzuziehen, müsste man die Planung in völliger Geheimhaltung durchführen können, etwas, dessen Schwierigkeit auf der Hand liegt (ausser für geübte Verschwörungstheoretikerinnen und -theoretiker vielleicht). Man müsste auch strenge Kontrollen für Kapitalflüsse einführen. Dies kann aber nicht zum vornherein passieren, weil sonst die meisten den Braten riechen würden. Nun hat Griechenland sowieso schon ein Problem, dass es am Rande eines Runs auf die Banken ist (ca. 30% der Guthaben wurden gemäss einem Bericht von Credit Suisse schon abgezogen).
Würde ein solcher Sturm auf die Banken stattfinden, würde dies vermutlich auch Auswirkungen auf andere europäische Staaten haben. Da wäre zuerst der wahrscheinliche endgültige Kollaps des griechischen Bankensystems. Wie schon geschrieben, hätte dies vermutlich nur noch beschränkte direkte Auswirkungen auf andere Banken in der Eurozone, da das meiste schon abgeschrieben wurde. Aber der psychologische indirekte Effekt wäre sehr gefährlich. Wird das Aufgeben des Euros zur realistischen Option, werden sich einige zwei Mal überlegen, ob sie ihr Geld wirklich auf den sowieso schon geschwächten spanischen, portugiesischen, irischen oder gar italienischen Banken liegen lassen möchten. Wer weiss, dies könnte der nächste Euroaustritt sein. Die Zinsen für Anleihen würden zudem für diese Länder steigen da diese eine Risikoprämie für die Käuferinnen und Käufer solcher Papiere darstellen. Ein zusätzlicher Schlag für die schon fast am Boden liegenden Banken. Die Dominosteine könnten weiter in den Euro-Raum hineinfallen.
Es ist egal, ob der Grund, dass ein Austritt Griechenlands nun eine diskutierte Option ist, rein taktischer Natur ist, ob es sich um ernsthafte Planspiele handelt oder ob man rein präventiv schon mal darüber spricht, damit der Schock dann nicht ganz so heftig ausfällt. Es könnte eine sich selbst erfüllende Prophezeiung sein. Die Tatsache, dass man darüber spricht, könnte genau die Ereignisse in Gang setzen, an deren Ende ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone steht und die ungewisse Konsequenzen für diese Zone haben werden. Es stehen in den nächsten Monaten auch noch einige Entscheide an, die noch mehr solche Unsicherheiten schaffen werden. Zumindest Krisengespräche haben wohl auch auf absehbare Zeit noch Hochkonjunktur.
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