Mit Staunen und zugegebenermassen vielleicht mit der Faszniation des Gaffers bei einem Unfall, beobachte ich gerade die Diskussionen bei den Freethought Blogs um Konferenz-Regeln zu sexueller Belästigung. Das Blogging-Ping-Pong hat nun im Rausschmiss von zwei Bloggern kulminiert: Greg Laden und Thunderf00t.
Ich habe den Eindruck, dass sich vor allem zwei Themen in der SkeptikerInnen-Blogosphäre als veritable Kernspalter hervortun und anscheinend unüberwindbare Gräben aufreissen: Geschlechterfragen rund um Gleichstellung und politische Korrektheit. Auch bei uns hier findet man dazu nahezu endlose Threads mit klar verlaufenden Schützengräben.
Ich nehme mich da auch überhaupt nicht aus und habe selber auch schon zu diesen Themen geschrieben. Was mich erstaunt ist, dass es mir fast ausschliesslich bei diesen Themen passiert, dass ich mit offenem Mund staune, wie dumm, simplistisch und undifferenziert so manche Person plötzlich argumentiert. Leute, die man eigentlich sonst für ihre gut durchdachten und begründeten Kommentare schätzt. Was mir nun besonders aufgefallen ist und was mich zu diesem Post hier animiert hat, ist dass man auf der anderen Seite die genau gleiche Klage findet. Manchmal gebe ich nicht viel auf solche Kritik, scheint sie doch nur aus einem Mangel an echten Argumenten oder Verständnis zu entspringen. Hier wird sie aber von einer Seite geäussert, deren Meinung ich sonst eigentlich als gut begründet wahrnehme. Diese Themenbereiche unterscheiden sich auch von anderen durch die Tatsache, dass ich mich nicht einmal zu einem agree to disagree durchringen kann, so weit sind die Positionen von einander entfernt. Politische Ideologie erklärt diese Unterschiede nicht.
Woran liegt es also? Ich gehe davon aus, dass es irgendwo an den vermutlich impliziten Grundannahmen scheitert. Dies würde wohl auch die gefühlte Häufung des Vorwurfes des Strohmann-Dreschens teilweise erklären. Wie beim Thema Religion, kann man Feminismus oder Politische Korrektheit als Projektionsfläche benutzen. Es kann genau das sein, was man möchte, das es ist, im Guten wie auch im Schlechten. Aber ich glaube diese Beobachtung alleine reicht noch nicht. In einer Diskussion, sollte es eigentlich möglich sein, dies zu überwinden. Woher kommt der Rest des Problems?
Ich habe noch eine zweite These. Bevor ich dazu komme, möchte ich aber noch eine Klammer einfügen. Mein Problem hier ist natürlich, dass ich auch Partei bin. Wie alle anderen kann ich die Welt nicht anders sehen, als das ich sie sehe. Sollte also jemand das Gefühl haben, ich würde nur meinen Standpunkt zu rechtfertigen versuchen, ist das durchaus möglich. Es muss aber auch in Betracht gezogen werden, dass ich richtig liege, er oder sie dies aber aus dem eigenen Tunnelblick heraus nicht sehen kann.
Nun aber zu meiner These: Ich frage mich ob es vielleicht etwas (und ich benutze dieses Wort hier in einem nicht-wertenden Sinn) mit unterschiedlicher Empathiefähigkeit zu tun hat. Die Meinungsunterschiede werden in meiner Beobachtung in diesen Diskussionen dann am grössten, wenn es um die Empfängerinnen und Empfänger eines spezifischen Verhaltens geht (ich habe bewusst auf den Begriff “Opfer”, der aus meiner Sicht angebracht wäre, verzichtet). Man beruft sich typischerweise auf die freie Meinungsäusserung oder dass Worte halt nur Worte seien. Nun bin ich eigentlich auch immer ein Verteidiger der freien Meinungsäusserung, glaube aber auch, dass nicht alles das gesagt werden darf, gesagt werden soll. Dies sollte eigentlich noch nachvollziehbar sein. Die Schluchten tun sich dann auf, wenn es darum geht, den Schaden zu bemessen, wenn es doch gesagt wird. Hier scheint der grosse Zusammenprall stattzufinden.
Nun was kann man da tun? Vermutlich wenig, mache ich mir doch keine Illusionen, dass ich eine Lösung zum Verhindern der Gewitterstürme in der Blogsphäre gefunden hätte. Was wir vielleicht tun können ist, alle anderen Missverständnisse aus dem Weg zu räumen: Worüber wird überhaupt diskutiert, was ist genau die These und habe ich ausser Anekdoten irgendetwas um dies zu belegen. Vor allem aber müsste man dem gegenüber zuerst einmal nicht zum vornherein schlechte Absichten unterstellen. Und man sollte in diesen Diskussionen noch mehr als sonst versuchen, den guten respektvollen Ton zu wahren. Beleidigungen und Beschimpfungen sind Sauerstoff für die Explosionen dieser Diskussionen. Aber dies sind alles Regeln, die vermutlich allgemein in Internetdiskussionen zu befolgen wären und für mich zum alltäglichen Umgang mit den Mitmenschen gehören. Und eigentlich diskutieren wir genau darüber in meinen Augen, wenn wir über Gleichstellung und politische Korrektheit sprechen.
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