Der Internationale Gerichtshof ist sozusagen der juristische Arm der UN. Er ist nur unter sehr restriktiven Bedingungen zuständig. Zuerst einmal kann er nur von Staaten angerufen werden (diese Möglichkeit besteht mit der Aufwertung nun vielleicht zumindest theoretisch). Viel wichtiger ist aber, dass er nicht automatisch zuständig ist. Dies muss zum Beispiel in einer Vertragsklausel vorgesehen sein zwischen zwei Partnern (und dann ist er nur für diesen Vertrag, vielleicht sogar mit Einschränkungen zuständig). Oder ein Staat anerkennt seine automatische Zuständigkeit. Diese muss aber auch von der klagenden Partei anerkannt worden sein. Israel hat keine automatische Gerichtsbarkeit anerkannt. Jede Klage würde somit wohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wegen fehlender Zuständigkeit abgeschmettert.
Können die Palästinenser nun Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof einklagen?
Nein. Oder zumindest noch nicht. Zuerst einmal müssten die Palästinenser Mitglied werden. [Ich muss hier eine kleine Korrektur anbringen: Auch Staaten, die das Römer Statut nicht ratifiziert haben können anscheinend das Gericht um Hilfe bitten. Die Palästinenser hatten auch schon eine solche Anfrage gestellt, wurden aber mit Hinweis auf ihren unklaren Status abgewiesen. Mehr dazu in meinem neuen, versprochenen zweiten Eintrag.] Mitglieder können und da besteht der Unterschied zum Internationalen Gerichtshof, Klage gegen Individuen erheben für Verbrechen, die von ihren Staatsangehörigen respektive auf ihrem Territorium begangen wurden. Die Palästinenser behaupten zumindest im Moment, dass sie keine Absicht hätten, Schritte in diese Richtung zu unternehmen, aber politisch ist das (gemeint ist die Mitgliedschaft anzustreben) natürlich eine Eskalationsstufe, die sie nun in der Hand haben.
Der Strafgerichtshof hat aber einen klar definierten Zuständigkeitsbereich. Mutmassliche Vergehen, die vor seinem in Kraft treten 2002 stattfanden, fallen zum Beispiel nicht darunter. Auch beschränkt sich seine Zuständigkeit auf Fragen von Kriegsverbrechen, Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit etc. (alles im Völkerrecht relativ klar umrissene Verbrechen). Inwiefern eine solche Klage wirklich Aussichten auf Erfolg hätte, ist höchst unsicher und würde sich wahrscheinlich am ehesten um die Frage drehen, ob Israel in der Operation “Gegossenes Blei” 2008-2009 unzulässigerweise die Zivilbevölkerung attackiert hat. Natürlich möchte Israel ganz unabhängig von den Erfolgsaussichten einer solchen Klage auf alle Fälle verhindern, dass gegen einen ihrer Befehlshaber oder Politiker ein solcher Schritt unternommen wird.
Ich werde versuchen später diese Woche noch einen zweiten Teil mit einer Einschätzung zu schreiben, was dies alles konkret bedeuten könnte.
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