Jedes Jahr sterben in den US etwa 10’000 Menschen durch Schusswaffen (ohne Selbstmorde). Strengere nationale Gesetze, die den Besitz von Schusswaffen regulieren könnten, waren bisher eine politische Unmöglichkeit. Für viele in Europa schwer verständlich, waren selbst kleine Reformen bisher ein Ding der Unmöglichkeit. Nach dem Massaker an der Grundschule in Newtown scheint sich jetzt doch ein gewisses Moment aufgebaut zu haben und tatsächlich hat US Präsident Obama gestern einen Vorstoss lanciert.
Der Vorschlag enthält nicht nur (für westeuropäische Verhältnisse) sehr moderate Massnahmen zur Einschränkung des Waffenkaufs sondern ist ein Paket mit vielen anderen Empfehlungen. Ich möchte hier nicht primär über das Für und Wieder der Waffenkultur in den USA diskutieren. Das wurde andernorts schon ausgiebig getan. Hingegen möchte ich auf einen spezifischen Aspekt hinweisen, den ich nicht zuletzt als Blogger auf einem Wissenschaftsportal eigentlich zentral und schockierend finde: Politisch und historisch kann ich das zwar die Argumente gegen schärfere Waffenkontrollen nachvollziehen (ich finde viele davon trotzdem nicht überzeugend und plausibel). Was ich hingegen nicht verstehen kann ist, wenn solches Lobbying Forschung verhindert. Tatsächlich die Centers for Disease Control (CDC) haben bisher kaum Forschung zu Schusswaffen betrieben.
Gemäss einem Brief der von Forschenden in diesem Bereich an den mit der Ausarbeitung der Massnahmen beauftrage Vizepräsidenten Joe Biden versandt wurde, gab es gerade mal drei (drei!) National Institute of Health (NIH) finanzierte Projekte zu Waffengewalt zwischen 1973 und 2012 obwohl gemäss dem Brief in diesem Zeitraum mehr als 4 Millionen Menschen in den USA durch Schusswaffen verletzt oder getötet wurden. Die Verfasserinnen und Verfasser des Briefes setzen diese Zahlen ins Verhältnis mit anderen gesundheitsrelevanten Forschungsprojekten in diesem Zeitraum.
Tabelle. Kumulierte Morbidität und NIH Forschungsprojekte 1973-2012
Ereignis | Total Fälle | NIH finanzierte Forschungsprojekte |
Cholera |
400 |
212 |
Diphtherie |
1337 |
56 |
Polio |
266 |
129 |
Tollwut |
65 |
89 |
Total |
2068 |
486 |
Schusswaffen |
>4,000,000 |
3 |
Quelle: Brief von Forschenden an Vizepräsidenten Biden
Eine der vom Präsidenten vorgeschlagenen Massnahmen verlangt mehr Forschung auf diesem Gebiet und ein Ende der Restriktionen durch den Kongress:
Conduct research on the causes and prevention of gun violence, including links between video games, media images, and violence: The President is issuing a Presidential Memorandum directing the Centers for Disease Control and scientific agencies to conduct research into the causes and prevention of gun violence. It is based on legal analysis that concludes such research is not prohibited by any appropriations language. The CDC will start immediately by assessing existing strategies for preventing gun violence and identifying the most pressing research questions, with the greatest potential public health impact. And the Administration is calling on Congress to provide $10 million for the CDC to conduct further research, including investigating the relationship between video games, media images, and violence.Better understand how and when firearms are used in violent death: To research gun violence prevention, we also need better data. When firearms are used in homicides or suicides, the National Violent Death Reporting System collects anonymous data, including the type of firearm used, whether the firearm was stored loaded or locked, and details on youth gun access. Congress should invest an additional $20 million to expand this system from the 18 states currently participating to all 50 states, helping Americans better understand how and when firearms are used in a violent death and informing future research and prevention strategies.
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