Morgen ist der 1. März. Es wurde zwar auf dieses Datum kein Weltuntergang angkündigt, trotzdem könnten dunkle Wolken aufziehen. Zumindest trifft das auf die US Wirtschaft zu. Warum? Weil die US Politik gerade in ein massives Feiglingsspiel verwickelt ist. Der drohende Unfall hat ein Name: Sequester.
Hinter dem Begriff verbergen sich Etat-Kürzungen, die quer durch fast alle Departemente gemacht werden sollen. Nicht irgendwelche Kürzungen, es handelt sich um 85 Milliarden alleine für 2013. Das Militär behauptet seine Aufgaben nicht mehr richtig wahrnehmen zu können, es wurden massive Verspätungen im Flugverkehr angkündigt, Massenentlassungen angedroht (Paul Krugman schätzt, dass die Massnahme 700’000 Arbeitsplätze kosten könnte) und sogar Zootiere wären von den Einschnitten betroffen. Die Frage drängt sich auf: Wer könnte ernsthaft so etwas wollen?
Die Antwort ist ebenso einfach wie auf den ersten Blick verwirrend: Niemand. Und genau darum hat man diese Kürzungen beschossen.
Das ganze ist ein Aspekt eines gigantischen Feiglingsspiels. Die Demokraten und die Republikaner konnten sich nicht auf ein Budget einigen. Während die Demokraten sich gegen Kürzung in den Sozialprogrammen wehrten und Ausgabenkürzungen mit Mehreinnahmen abfedern wollten, weigerten sich die Republikaner Steuererhöhungen zuzustimmen.
Darum hat man beschlossen, den Einsatz zu erhöhen, um sich selbst in einen Kompromiss zu zwingen. Wenn die beiden Autos aufeinander zu rasen wie im Chicken-Spiel (wie das Feiglingsspiel auch heisst), ist offenbar die Wahrscheinlichkeit bei einem Zusammenprall zu “überleben” immer noch hoch genug in den Budgetdiskussionen. Darum ist keine der beiden Parteien bereit, auszuweichen. So zumindest die Einschätzung. Was macht man also? Genau. Man entfernt die Airbags und die Sicherheitsgurte, gräbt ein Loch, füllt dieses mit Lava und lässt es von Krokodilen bewachen (sollte jemand wider erwartet doch rausklettern). Das ist der Sequester: Kürzungen, von denen zum Zeiptunkt der Verabschiedung alle überzeugt waren, dass niemand im Ernst diese der US Wirtschaft antun würde. Diese Kürzungen treten automatisch in Kraft, sollte keine Lösung gefunden werden. Diese Lösung wäre nun heute fällig.
Einige sind der Meinung, dass eine solche Lösung noch weit weg ist. Nun ist es schwer im Lärm der quietschenden Reifen und im aufgewirbelten Staub strategisches Brusttrommeln von echtem Irrsinn zu unterscheiden. Beide Seiten haben einen grossen Anreiz die Kürzungen als das schlimmste Ereignis überhaupt darzustellen. Wenn die anderen mehr Angst vor dem Zusammenprall, der Lava und den Krokodilen haben, werden sie auch zuerst ausweichen.
Es gibt einige, die meinen der Preis (also ein Totalcrash mit Lava-Bad und Krokodil-Empfang) sei immer noch nicht hoch genug. Die Republikaner seien eigentlich ganz glücklich nun endlich massive Budgetkürzungen ohne Steuererhöungen zu sehen. Die Demokraten würden bei einigen ihrer Herzensanliegen nicht wirklich Kürzungen erleiden und hätten gute Chancen, die Schuld den Republikanern in die Schuhe zu schieben. Letztere hoffen natürlich, den Präsidenten für das Desaster verantwortlich zu machen.
Nun gemäss Theorie sollte es nicht zum Zusammenstoss kommen. Sollten sich die Anreizstrukturen aber wirklich wie im vorherigen Abschnitt beschrieben so verschoben haben, ist das Risiko nun plötzlich real. Oder vielleicht schätzen beide Seiten ihr Gegenüber falsch ein und sind im festen Glauben, dass diese gar nicht anders können, als in letzter Sekunde auszuweichen. Auch das würde zum fatalen Crash führen.
Knallt es also morgen?
Wahrscheinlich ist, dass man das Problem weiter vor sich herschieben wird. So wie der Sequester ein Gesetz ist, das verabschiedet wurde, so kann es aufgeschoben oder Gegenmassnahmen ergriffen werden. Die meisten Regierungsstellen haben sich zudem auf die Kürzungen vorbereitet und die Effekte werden also nur langsam zu spüren sein. Die Deadline ist nicht ganz so dramatisch. Wir werden morgen sehen, ob dort wo heute eine sich langsam erholende US Ökonomie ist, morgen vielleicht nur noch ein schwarzer Krater sein wird. Ich glaube zwar nicht. Aber man kann nie sicher sein. Dieses Informationsproblem, diese kleine nagende Ungewissheit, ist die Crux beim Feiglingsspiel.
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