Als eidgenössischer Beobachter deutscher Politik fällt es mir etwas einfacher, skurrilere Phänomene an den Rändern mit einer gewissen Distanz zu betrachten. Etwas das beim heimischen Politbetrieb mir in der Regel mehr Selbstbehrrschung abverlangt. So ging es mir auch mit der Parteigründung der “Alternative für Deutschland” (AfD). Das der Euro ein Bonbon für Populisten ist habe ich kürzlich hier angesprochen. Was mich aber doch faszniert ist, wie hier eine Alternative beworben wird ohne laut auszusprechen, was diese Alternative ist. Ich glaube nicht, dass sie vielen gefallen würde.
Wie bei so vielen politischen Fragen gibt es keine 100% klare Antwort ob der Euro nun “gut” oder “schlecht” ist. Es sind Dinge, die gegeneinander abgewogen werden müssen und je nach Prioritäten ist es durchaus möglich, dass man zu unterschiedlichen Schlüssen kommt. Um bei dieser Beschlussfindung zu helfen ist eben auch eine faktenbasierte Diskussion in einer Demokratie sehr wichtig. Bei Diskussionen um die europäische Währung entsteht bei mir oft der Eindruck, dass diese leider nicht stattfindet. Es dreht sich vieles um nationale Symbolik, Gewohnheiten und nur schlecht verstandenen Zusammenhänge. Ich möchte hier ein paar Punkte einer notwendigen Diskussion kurz aufgreifen, weil die AfD so scheint es mir, die propagierte Alternative nicht so klar umreisst.
Ich schicke gerne vorweg, dass ich der Meinung bin, dass der Euro unter dem Strich eine positive Entwicklung war. Dies ist aber eine politische Einschätzung nach der vorhin erwähnten Abwägung und gemäss meines Erachtens sinnvollen Prioritäten. Aber ganz unabhängig davon, ob man dieser Einschätzung zustimmt oder nicht, die nachfolgenden Aspekte (vielleicht bis auf meinen letzten Punkt) sind wichtig, um zu einer Einschätzung gelangen zu können. Sie alle basieren auf dem “Wahlprogramm” der AfD und Fragen die ich für zentral für die Diskussion halte, aber dort in meiner Einschätzung nicht genügend angesprochen gefunden habe.
Optimaler Währungsraum
Es gibt eine Theorie, wann ein Wirtschaftsraum sich eignet um eine Einheitswährung zu haben. Dazu gibt es verschiedene Kriterien (je nach Quelle ein paar mehr oder ein paar weniger). Dies sollte eine (wenn nicht die) zentrale Diskussionen sein, wenn wir über den Euro sprechen. Ohne in die Details zu gehen, könnte man diese Theorien so zusammenfassen: Wechselkurse können einen Ausgleichsmechanismus bieten, wenn eine Wirtschaftsgebiet (Irland, Benelux, Bayern, etc…) Probleme hat. Diese Anpassung über unterschiedliche Mechanismen (gesteuert oder automatisch) führt dann zu einem neuen Gleichgewicht und Absorption des ökonomischen Schocks. Die Kriterien beziehen sich alle auf die existierenden Möglichkeiten, einen solchen asymmetrischen Schock eben anderweitig (d.h. nicht durch Wechselkursfluktuationen) abzufedern.
Die EU erfüllt kaum alle Kriterien für einen optimalen Währungsraum. Aber die USA vermutlich auch nicht. Spätestens seit der Wiedervereinigung würde ich Deutschland auch als gutes Beispiel in diese Liste aufnehmen. Wenn man also sich gegen den Euro ausspricht, weil man denkt, dass er suboptimale Resultate liefert (ein Standpunkt für den es durchaus Argumente gibt), dann muss man erklären, warum eine nicht-optimaler Währungsraum schlechter ist als der andere. Oft können nämlich die gemachten Argumente genau so gut auf ein andere Einheit wie z.B. den Deutschmark Raum angewandt werden.
Wechselkurse als Ausgleichsmechanismus
Was besonders auffällt an der AfD Plattform ist, dass man so tut wie eine Rückkehr zur DM alle Problem lösen würde, man aber nicht sagt warum und wie das geschehen würde. Sprechen wir es doch aus: Deutschland muss über die Exporte dafür bezahlen. Würden nämlich die Wechselkurmechanismen wirken, heisst das nichts anderes, als das die DM gegenüber den anderen Währungen aufgewertet würde (wegen Inflation, Zinsdifferenzen oder gezielten Devisengeschäften anderer Zentralbanken). Das würde heissen, dass Deutsche Exporte sich für das Ausland verteuern (unter Umständen sogar massiv). Dies würde theoretisch so lange geschehen, bis sich wieder ein Gleichgewicht einpendelt, die Handelsbilanz sich ausgleicht und Deutsche Exporte ausreichend reduziert wurden. Nun bin ich mir ziemlich sicher: Wenn man dies offen sagen würde, ist damit kaum eine Wahl zu gewinnen. “Wir wollen, dass unser Exportsektor schrumpft, dass wir wieder mehr importieren und sich die Ausfuhrgüter verteuern. Dies geschieht am besten durch einen Prozess in dem unsere Absatzmärkte im Ausland sich auf unter Umständen längere inflationäre Phasen einstellen und uns mit kompetitiven Abwertungen konkurrenzieren.”
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