In einer Folge von West Wing versucht die fikitve Organization of Cartographers for Social Equality das Weisse Haus davon zu überzeugen, andere Projektionen für Weltkarten im öffentlichen Schulsystem zu verwenden. Ich fühlte mich an diese Episode erinnert, als vor ein paar Tagen eine Infografik über “die wahre Grösse Afrikas” durch das Internet geisterte. Hier der West Wing Clip für jene, die diese Folge verpasst haben (für alle anderen wird es nicht überraschen, dass ich damit als Schweizer den Big Block of Cheese Day zelebriere):
Die betreffende Afrikakarte spielt mit einem Aspekt der Argumente der Organization of Cartographers for Social Equality: Verschiedene (und gefühlt sehr grosse Länder) werden auf den Afrikanischen Kontinent gelegt. Das Ergebnis ist erstaunlich, selbst wenn man sich bewusst ist, dass Afrika grösser ist, als viele zu glauben meinen.
Das gleiche kann man auch mit anderen, vielleicht dafür besser geeigneten Kartenprojektionen wiederholen, das Resultat bleibt: Afrika ist viel grösser, als der Kontinent auf den meisten Karten erscheint.
Man kann sich nun fragen, was das alles soll. Die Organization of Cartographers for Social Equality im Clip erklären es eigentlich ziemlich gut. Konkrete Beispiele, die unter anderem auch auf diese Verzerrung zurückgeführt werden können, gibt es genug. Ich ärgere mich zum Beispiel regelmässig, dass der Schweizer öffentlich-rechtliche “Nachrichten-“Radiosender (SRF 1) meist ihren “Afrikakorrespondenten” von Ereignissen in Kapstadt, Lagos und Nairobi als “Experte” berichten lässt. Man stelle sich vor, wie man sich über die “ignoranten Amis” lustig machen würde, hätte FOX News nur eine Person, die Europa und halb Asien abdeckte. Wenn dann noch über “Afrika” gesprochen wird, als handle es sich um ein einzelnes Land und ständig Bilder von “Frauen in farbigen Tüchern, die Wasser holen” und auf “lebendigen Märkten einkaufen”, dann setzt sich dies auch in den Köpfen fest.
Dies ist natürlich nicht der einzige Faktor. Ethnozentrismus, Kolonialgeschichte und manchmal einfach blanker Rassismus tun den Rest. Dass dann am deutschen Fernsehen Shows wie Wild Girls – Auf High Heels durch Afrika oder Reality Queens auf Safari gezeigt werden können, ist in gewissen Sinne fast schon eine logische Folge davon. Ich kann mich nur noch wundern, ob ich den Sexismus oder den Rassismus daran schlimmer finde. Dass Wild Girls noch dazu bei den Himba in Namibia gedreht wurde, ist der Gipfel der fehlenden historischen Sensibilität. Ein fiktive solche Sendung, wäre eine gelungene bissig-böse Satire. Die zelebrierte Afrika-Romantik (und Projektionen) um die vorletzte Jahrhundertwende und ihre Auswüchse (damals noch lange gepflegte “Völkerschauen”, nicht selten in Zoos) ist eine Sache. Dass man mit Namibia ausgerechnet ein Land ausgesucht hat, welches zum Deutschen Kolonialreich gehörte und wo deutsche Soldaten in einem genozidären Krieg rund 80% der heimischen Herero (zu denen die Himba oft gezählt werden) dahingeschlachtet wurden, ist für mich unfassbar. Das es nicht zu einem gewaltigen Skandal geführt hat, ist wohl ein klares Symptom für das Problem. Als TV-loser Mensch habe ich via einen englischen Blogeintrag von diesen beiden Sendungen erfahren. Sein Titel: “What’s Wrong with the Germans?“
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