Inzwischen ist es eigentlich schon fast ein Gebot: Du sollst der Sarah Palin keine Plattform bieten! Jedes mal finde ich aber wieder einen guten Grund warum ich es doch tue. Insofern funktioniert das Konzept Palin leider halt zu gut. Heute dient sie zu einer Illustration eines Argumentes, dass hier immer wieder in Diskussionen zum Islamismus aufgetaucht ist.
Der wandelnde Talking-Points-Zufallsgenerator aus Alaska hat wieder zugeschlagen. Es geht um einen Satz, der ihr in eine Rede geschrieben wurde und der uns allen die Haare zu Berge stehen lassen sollte. Nachdem sie etwas von “die Furcht Gottes in die Herzen der Feinde Amerikas” zu bringen faselte (weil die verweichlichte Linke “den Jihadis” kein Haar krümmen will natürlich), erklärte sie, aus welchem harten US-Amerikanischen Holz sie geschnitzt ist:
Well, if I were in charge …. They would know that waterboarding is how we baptize terrorists.
Also, wenn ich das Sagen hätte … dann wüssten sie, dass Waterboarding ist, wie wir Terroristen taufen.
Hier im Sarah “Terminator” Palin im O-Ton:
Alles was es dazu zu sagen gibt, hat Andrew Sullivan in diesem Eintrag hier eigentlich schon gesagt. Ich lege allen ans Herz, diesen zu lesen. Ich beschränke mich darauf, seine zentralen Argumente hier noch auf Deutsch wiederzugeben und vielleicht mit dem einen oder anderen Zusatzkommentar zu versehen.
Palins Aussage ist zuerst einmal ein Beleg, warum das Folterverbot nicht aufgeweicht werden darf. Im Zusammenhang mit Terrorismus wird Folter immer wieder mit dem hypothetischen “tickenden Zeitbomben” Szenario als notwendige Option gerechtfertigt. Sollte es ein solches tatsächlich geben und wäre die Methode wirklich effektiv (zwei so grosse Fragezeichen, dass man hier eventuell schon abbrechen könnte), dann bleibt das Problem des Dammbruchs: Wenn dem Staat Methoden zur Verfügung stehen, dann werden sie nicht selten auch genutzt und ihr Anwendungsbereich ausgeweitet. Das Dammbruchargument ist manchmal ein Fehlschluss, doch gibt es auch Bereiche, wo man auf gute Präzedenzfälle zurückgreifen kann.
Nun hat Sarah Palin niemanden gefoltert. Sie wird es vermutlich auch nie tun. Ich weiss nicht einmal, ob sie es tun würde, wenn sie tatsächlich etwas zu sagen hätte. Das ist aber egal. Was hier zählt ist, dass sie überhaupt so argumentieren kann, ohne von der Menge ausgbuht und zum Teufel gejagt zu werden. Kaum ein Diktator, kaum ein General oder Polizeikomandant der nicht abstreiten würde, dass in den eigenen Gefängnissen und Polizeiwachen gefoltert wird. Die Norm wird zwar missachtet, aber diskursiv zumindest durch das Abstreiten der Tatsache bestätigt. Dies scheint nun nicht mehr notwendig. Es ist OK zu foltern, solange es nur die Bösen trifft. Dies ist eine extrem gefährliche Aufweichung des Folterverbots.
Das zweite schockierende Element ist, wir Palin nicht nur unbedarft mehr Folter fordert, sondern dies religiös einbettet. Die anderen, die Jihadis, müssen die Furcht Gottes lernen und zwar die Furcht vor Palins Gott. Sie stellt den US Staat auch gleich als Instrument zur Verfügung um dies zu tun (dessen starke Verfassung verhindert zum Glück nach wie vor eine zu starke religiöse Vereinnahmung). Dass sie dafür das Bild der Taufe verwendet, passt theologisch perfekt: Man suche sich eine beliebige Interpretation der Bedeutung der Taufe aus und versuche in diesem Kontext dabei Palin keinen heiligen Krieg zu unterstellen. Von der Wiedergeburt, über einen Aufnahmeritus oder die Bekehrung zum Christentum, keine dieser Symboliken ist in diesem Zusammenhang unschuldig. Diese Verwendung ist auch, was dem gläubigen Katholiken Sullivan besonders sauer aufstösst. Sie setzt in seiner Interpretation damit Folter einem Sakrament, einem unauslöschbaren Mal Gottes gleich!
Wie oft wurde hier in den Kommentarspalten darauf hingewiesen, dass der Islam als Religion gefährlicher sei als das Christentum, weil ersterer Gewalt predige, dass Christentum hingegen Nächstenliebe. Mein Standpunkt war immer, dass alle Text-Religionen sich ihre Schriften gemäss dem eigenen Weltbild zurechtinterpretieren und dass man alles mit diesen Texten rechtfertigen kann, wenn man nur will. Ich und andere Kommentatorinnen und Kommentatoren haben immer wieder betont, dass das Problem in der Natur von offenbarten Wahrheiten liegt und nicht bei einer spezifischen Religion. Hier haben wir nun eine zeitgenössische Vertreterin der Religion der Nächstenliebe aus einer “aufgeklärten” Industrienation, die sich Applaus für den Vorschlag erhält, im Namen des Christentums zu foltern. Sullivan bezeichnet unter anderem deswegen diese Leute konsequent als “Christianisten” in Analogie zu den “Islamisten”. Ich glaube ich werde dies hier in Einträgen mit Kommentarnatur von nun an für das politische Christentum auch so handhaben.
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