Heute Abend geht es weiter mit der WM. Obwohl ich ein selbstdeklarierter Passivsportmuffel bin werde ich mir natürlich die Spiele auch ansehen. Ich muss ich hier aber zuerst einen Kommentar zu etwas loswerden, dass mir beim Schauen einiger der bisherigen Spiele im Deutschschweizer Fernsehen aufgefallen ist und mich geärgert hat. Wo bleiben die Fussballexpertinnen?
Das Schweizer Fernsehen scheint keine einzige Frau zu finden (oder habe ich sie vielleicht verpasst?), die im Fussballstudio zum Plattitüden-Reigen beitragen kann und uns die Fussballwelt mit den offensichtlich sehr beliebten pseudostatistischen Analysen erklären kann. Dabei hängt die Messlatte nicht sonderlich hoch. Ja man wäre direkt froh, wenn sie überhaupt mal jemand vom Boden aufheben würde.
Liebes SRF, das kann doch nicht so schwer sein! Der zaghafte Versuch eine Schiedsrichterin zumindest für die Pausenunterhaltung einzuladen war durchaus lobenswert. Ich bin mir jedoch nicht ganz sicher, wie ich es zu interpretieren habe, dass sie mit einem Komiker vorgeführt wurde. Eine schnelle Google-Suche nach Medienberichte über besagte Aurélie Bollier zeigt auch, welche Qualitäten man als unparteiische haben muss, um von den Medien wahrgenommen zu werden (“die schönste Schiedsrichterin der Schweiz – Auf dem Feld wird ihr regelmässig nachgepfiffen”, “unsere Schiri-Lady (…) so sexy wie nie”). Und bei SRF sieht man das anscheinend genau so. Vermutlich kann sie sich glücklich schätzen dieses mal nicht in der Kategorie People/Unterhaltung gelandet zu sein. Ich muss die ganzen Fotos von Urs Meier wie er sich leicht bekleidet vor einem Sofa räkelt und die Nacktfotos von Massimo Busacca am Torpfosten wohl verpasst haben. Das ist verständlich, denn ich lese 20 Minuten auch fast nie und schaue normalerweise keine Sportsendungen.
Nun habe ich so eine Befürchtung was in den Kommentarspalten folgen wird. Ein passiv-agressives indigniertes “so what?” wird wohl noch zum harmloseren gehören. Man(n) wird mir vorrechnen, dass es halt kaum Frauen gibt die auf diesem Niveau im Fussball involviert sind (Krokodilstränen sind hier optional), dass es sich nun mal um ein Männerturnier handle und dass der Auftritt mit Rocchi im Schweizer Fernsehen ja gut war und mir einfach der Humor fehle.1 Er fehlt mir schliesslich auch schon damals um den ZDF Waschmaschienenen Trailer für die Frauen Fussball EM richtig zu interpretieren.
Reine Männerrunden im Schweizer Fernsehen reflektieren vielleicht die realen Zahlen im Sport. Dies ist aber keine Rechtfertigung, sondern das Problem. Damit sich diese einmal ändert braucht es eben Fussballfrauen als Vorbilder, Expertinnen die zeigen, dass sie mindestens genau so gut das Sportstudio mit CO2 anreichern können, wie das von den vielen geleadenen Fussballversteher (wie auch im Titel natürlich kein generisches Maskulinum!) die ganze Zeit getan wird.
Feste Rollenbilder in den Köpfen werden nämlich nicht durch abwarten geändert, sondern durch aktives entgegenhalten. Es sind diese kleinen Dinge, die etwas in Bewegung setzen.
Die beiden nachfolgenden Werbeclips, die viele von euch vermutlich inzwischen schon gesehen haben, bringen das Problem gut auf den Punkt. Dass inzwischen mit solchen feministischen Positionen Werbung gemacht wird, lässt hoffen. Tritt doch gerade die Werbebranche in der Regel eher durch das zementieren von Rollenbildern hervor. Wenn es sich sogar dort rumgesprochen hat, sollte man doch von einem öffentlich rechtlichen Sender auch etwas mehr Anstrengungen fordern können: Also liebes SRF: Wo bleiben die Expertinnen in eurem WM Studio?
1 Man muss Rainer Maria Salzgeber fairerweise zu gute halten, dass er ihr tatsächlich einige nur die Schiedsrichterei betreffende Fragen stellte und so die schlimmsten Peinlichkeiten einigermassen umschiffte. Aber das kann kaum reichen um einen öffentlichen Auftrag wahrzunehmen.
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