Worin sind sich Frauen, Männer, Mitglieder der katholischen Kirche, Junge, Alte, Midwesterners, Schwarze, Weisse, Protestantinnen und Protestanten in den USA einig?
Eine Mehrheit in diesen Gruppe findet gemäss einer repräsentativen Umfrage der Washington Post, Folter sei “manchmal oder oft gerechtfertigt.”
Wie immer muss man dieses Resultat wohl vorsichtig interpretieren. Die Frage folgte sechs Fragen zur CIA und dem Folterbericht. Zuerst wurde danach gefragt, ob die CIA Methoden als “Folter” einzustufen waren (Mehrheit: Ja) und ob sie wichtige Informationen lieferten, die man nicht anders hätte bekommen können (Mehrheit: Ja). Die unmittelbare Frage vor der allgemeinen Folter-Frage war dann:
All in all, do you think the CIA treatment of suspected terrorists was justified or unjustified?
Denken Sie, dass wie die CIA mit mutmasslichen Terroristen umging gerechtfertigt oder nicht gerechtfertigt war?
Die oben diskutierte Frage wurde eingeleitet mit “Nach vorne blickend, denken Sie…”. Dies ist problematisch. Die meisten werden wohl die Frage im Kontext der CIA Folter Affäre beantwortet haben. Noch heikler finde ich das explizite erwähnen des Begriffs “Terroristen” in der Frage. Es hat sich gezeigt, dass zB die Verhältnisse bei Fragen zu Überwachung sich drastisch ändern, je nach dem wie die Frage gestellt wird. Sagt man beispielsweise “zum Schutz vor Terroristen” finden sich leicht Mehrheiten, ist die Frage allgemein formuliert, ist das Publikum viel skeptischer. Wenn man die Einstellung ohne spezifischen Kontext erfragen wollte (oder zumindest weniger Kontext), hätte man wohl anders formulieren und die Frage anders platzieren müssen.
Trotzdem ist die Einigkeit und die Zustimmung erschreckend. Vor alle wenn man diese Einstellung dann mit der Konstruktion eines fremden, andern kombiniert. Auch die Irrelevanz der Fakten bezüglich erhaltener Informationen und Effektivität der Methoden sind besorgniserregend. Ich nehme an, die meisten Unterstützerinnen und Unterstützer von Folter gehen davon aus, dass es sie nie treffen könnte. Dies obwohl unschuldige Opfer der CIA Folterungen wurden. Ich vermute die fehlende Identifikation ist unter anderem der Tatsache geschuldet, dass diese Ausländer waren, von weit weg eben. Nur wenn Folter einmal akzeptiert ist, gibt es keine Garantie, dass diese nicht auch intern angewendet werden. Basierend auf Erfahrungen mit dem US Justizsystem wären Schwarze und ärmere Bevölkerungsschichten wohl diejenigen, die am ehesten Opfer würden.
Die einzigen zwei Gruppen, die nicht in einer Mehrheit Folter gutheissen, waren Menschen, die sich selber irgendwie als “Links” auf dem politischen Spektrum definierten und jene, die angaben, keine Religion zu haben. (die beiden Gruppen haben vermutlich auch grosse Überlappungen). Jene die immer wieder die “jüdische-christliche Wertegemeinschaft” auf dem das Abendland angeblich aufbaue, beschwören, zitieren gerne Statistiken, die die grosse Begeisterung in der muslimischen Welt für brutale Körperstrafen zeigen sollen. Ich gehe davon aus, dass diese Leute von nun an das Christentum mit auf die Liste “barbarischer Religionen” nehmen.1 Nicht mal ein um ein vielfaches höheres Bruttosozialprodukt und Bildungsniveau scheint die Folterlust zu dämpfen.
1Diesen Rückschluss lassen diese Zahlen natürlich nicht zu. Aber das ist der Punkt.
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