Einer der regelmässigen Kommentatoren hier im Blog hat den Pegida-Demo Ableger in Braunschweig besucht und berichtet hier in einem Gastposting über persönliche Eindrücke von der Bragida.
Demonstrationen sind meist nicht so meine Sache, öffentliche Kundgebungen auch nicht. Verstehen wollte ich aber trotzdem, was die Menschen bewegt, die mit Pegida sympathisieren oder sich mit den Zielen zumindest teilweise identifizieren können.
Also machten wir uns auf den Weg, Freund Michael und ich, um die Montagsdemo (19.1) in Braunschweig etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, und gegebenenfalls ein paar Fragen an die Teilnehmer zu richten.
Der erste Eindruck: der Platz für die Versammlung hätte kaum schlechter gewählt werden können. Der Vorplatz der Stadtbücherei wurde abgesperrt, so dass man auf normalem Wege nicht mehr zur Buchausleihe gelangen kann. Die paar Teilnehmer, die sich jetzt, anderthalb Stunden vor Beginn der Kundgebung, in der Mitte eines Gatters um eine kleine Deutschlandfahne sammeln wirken ganz schön verloren und die martialisch wirkenden Polizisten, die sie abschirmen tragen auch nicht gerade zu einer heimeligen Atmosphäre bei.
Dann kommen zwei Kopftuch tragende junge Frauen, die zur Bibliothek wollen. Sie sind irritiert, und wissen nicht, wieso man sie heute daran hindert zum Haupteingang zu gehen. Letztendlich werden sie von der Polizei zum Nebeneingang gelotst.
Inzwischen haben sich ein paar Dutzend Neugierige, zu denen auch wir gehören, aufgestellt, und jeder, der jetzt zum kleinen Grüppchen in der Mitte will, muss durch die ganzen Leute hindurch. Es ist ein Spießrutenlauf, ganz ohne Frage, denn die Blicke der Beobachtenden sind teilweise nicht sehr freundlich. Gerade als wir beschlossen haben, die Pegida-Leute zu besuchen kommen die ersten Gruppen, die ihre rechtsradikale Gesinnung nicht nur nicht verbergen, sondern sehr offensiv zur Schau tragen, und wir verschieben unsere Fragestunde. Es kommen nämlich immer mehr von der Sorte, und wir haben Gelegenheit unsere Kenntnisse, wie die rechte Szene heutzutage auftritt, aufzufrischen. Jetzt verlassen ein paar Leute den Pegidapulk, denen das auch nicht ganz geheuer zu sein scheint, und wir beschließen zu versuchen mit diesen ins Gespräch zu kommen, und mit denen, die unschlüssig in der Gegend rumstehen, weil sie offensichtlich unter diesen Umständen nicht mehr in diesen Käfig hineinwollen. Die Rechten übernehmen jetzt das Kommando in der Mitte, linke Gruppierungen sammeln sich vor dem Gatter und erste Parolen fliegen.
Der richtige Zeitpunkt für uns, um mit den verunsicherten Pegida-Sympathisanten ins Gespräch zu kommen, und sie wollen auch gerne reden, und sich erklären, denn mit dem Haufen da drin möchten sie wirklich nicht verwechselt werden. Glück für uns.
Es sind dennoch nur wenige, aber sie haben, wie sich dann herausstellt, erstaunlich viele Gemeinsamkeiten: alle kommen aus dem Umland (Helmstedt, Rötgesbüttel, Brome…), niemand wohnt in einer echten Stadt(Sorry an die Helmstedter), alle haben Sarrazin gelesen, und alle haben sie Angst vor Parallelgesellschaften. Alle reden vom christlichen Abendland, aber keiner bezeichnet sich als wirklich religiös, und keiner von den ganzen Befragten hat wirklich engen Kontakt zu Ausländern, geschweige denn zu Muslimen. Die meisten sind zwischen vierzig und fünfzig, haben Familie, und sind, der Kleidung und der Sprache nach zu urteilen, überdurchschnittlich (aus)gebildet und werden überdurchschnittlich entlohnt.
Wir hören zu, versuchen zu verstehen, was ihre Sorgen sind, arbeiten den Pegida-Punktekatalog ab, fragen oft nach, und nachdem der Erste empört „Conchita Wurst!“ in die Runde wirft, und fragt wie er dergleichen denn bitteschön seinen Kindern erklären solle, bringen wir bei anderen, später Interviewten das Thema Wurst mehr oder weniger gezielt zur Sprache und ernten jeweils ähnliche Tiraden. DAS störte diese Mitbürger wirklich, dass sowas salonfähig gemacht werden soll, und wahrscheinlich auch noch in der Schule gelehrt, irgendwie.
Gezielte Nachfragen zu Ausländern und Parallelgesellschaften ergaben auch immer dasselbe Bild: Sie kennen Städte kaum, fühlen sich in diesen eh nicht besonders wohl, vermuten aber in fast allen Städten muslimische Ausländerghettos mit Sondergesetzgebung(Sarrazin scheint wirklich eine Menge Brunnen vergiftet zu haben, denn den nennen sie alle als Quelle), und die Ausländer, die sie flüchtig kennen, werden als nett und freundlich wahrgenommen, besonders die muslimischen.
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