Letzte Woche noch spekulierte Erich von Däniken über die Existenz von Außerirdischen und heute schon lese ich eine Arbeit von Duncan Forgan von der Universität Edinburgh, der die Zahl der außerirdischen Zivilisationen mit 37964,97 festlegt.
Ja, richtig gelesen: exakt 37964,97. Wie kommt man auf so eine Zahl? Zur Berechneung der Anzahl außerirdischer Zivilisationen existiert seit langem eine Formel: die Drake-Gleichung.
Diese Gleichung wurde 1960 vom Astrophysiker Frank Drake aufgestellt und sieht so aus:
Die einzelnen Terme haben dabei folgende Bedeutung:
- N ist die Anzahl der außerirdischen Zivilisationen in unserer Milchstrasse.
- R ist die mittlere Anzahl an neu entstehenden Sternen pro Jahr (in unserer Galaxie)
- fp ist die Anteil der Sterne die auch Planeten haben
- ne ist der Anteil der Planeten, die sich in der sg. habitable Zone befinden. Das ist der Bereich um einen Stern, in dem die Temperaturen gerade so sind, dass auf einem Planeten Leben existieren kann
- fl ist der Anteil der Planeten auf denen sich Leben entwickelt hat
- fc ist der Anteil der Planeten mit Zivilisationen die Interesse an interstellarer Kommunikation haben
- L ist die Lebensdauer einer technischen Zivilisation. Als “technische Zivilisation” gelten jene, die in der Lage sind, Radiosignale ins Weltall zu senden.
Forgan benutzt in seiner Arbeit eine etwas abgewandelte Form der Gleichung, in der fp und fl noch weiter unterteilt sind. Im Prinzip kann aber jeder sofort das prinzipielle Problem mit dieser Formel sehen:
Die jährliche Sternentstehungsrate in der Milchstrasse lässt sich einigermassen gut berechnen (die Zahl liegt etwa zwischen 4 und 19). Auch für die Anzahl der Planeten und der Planeten in der habitablen Zone lassen sich halbwegs vernünftige Abschätzungen finden. Die restlichen Faktoren sind allerdings völlig unbekannt und man kann sie eigentlich nur raten.
Deswegen existieren auch viele verschiedene Abschätzungen für die Anzahl der außerirdischen Zivilisationen die aus dieser Formel abgeleitet werden können. Die Werte reichen hier von nur einer Zivilisation bis hin zu 4 Millionen. Der bekannte Astronom und Schriftsteller Carl Sagan errechnete übrigens einen Wert von 15.
In seiner Arbeit mit dem Titel “A Numerical Testbed for Hypotheses of Extraterrestrial Life and Intelligence” (die im International Journal of Astrobiology erscheinen wird) verwendet Duncan Forgan einen ganz anderen Ansatz. Er entwickelte eine Computersimulation in der zuerst eine Galaxie analog zu unserer gebildet wird. Die Sterne in dieser Galaxie entwickeln dann Planetensysteme. Je nach der Entfernung dieser Planeten zur habitablen Zone kann sich dort Leben entwickeln oder nicht. Auch die mögliche Evolution hin zu komplexen Leben wird (stochastisch) in die Simulation eingebunden.
Diese Simulationen wurden sehr oft, mit unterschiedlichen Anfangswerten und Parametern, durchgeführt. Jedesmal wurde ein Wert für die Anzahl der außerirdischen Zivilisationen berechnet; am Ende konnte Forgan aus allen Ergebnissen einen Durchschnittswert (mit Standardabweichung) berechnen.
Er untersuchte drei verschiedene Szenarien:
- Panspermie-Hypothese: wenn sich Leben auf einem Planeten entwickelt, dann können “Lebenskeime” von dort durch das Weltall auch auf andere Planeten übertragen werden.
- “Leben ist selten”-Hypothese: Leben auf erdähnlichen Planeten tritt sehr selten auf; entwickelt sich aber gut, wenn es auftritt.
- “Hase und Igel”-Hypothese: erdähnliche Planeten sind häufig; die Entwicklung von komplexen Leben dagegen ist schwer.
Für diese drei Szenarien errechnet Forgan folgende Werte:
- Für die Panspermie-Hypothese sollen 37964,97 fortgeschrittene Zivilisationen in unserer Galaxie existieren (mit einer Standardabweichung von 20)
- Wenn Leben selten ist, dann sind es nur noch 361,2 (mit einer Standardabweichung von 2)
- Für die “Hase und Igel”-Hypothese existieren immerhin noch 31573,52 Zivilisationen (ebenfalls mit einer Standardabweichung von 20)
Hmm – was soll man davon halten? Erstmal ist es relativ sinnlos, Zahlen mit zwei Nachkommastellen anzugeben wenn die Standardabweichung 20 beträgt (das lernt man eigentlich schon im ersten Semester des Physikstudiums). Ansonsten stellt sich auch hier das gleiche Problem wie zu Beginn. Auch eine Simulation ändert nichts daran, dass viele der Faktoren in der Drake-Gleichung schlicht und einfach nicht bekannt sind. Das bemerkt aber immerhin auch Forgan und schreibt im Fazit seines Artikels:
Dem Leser mag die hohe Exaktheit der angegeben Zahlen verdächtig vorkommen. Hier soll angemerkt werden, dass die Standardabweichung in der Tat klein ist und die Angaben präzise sind; ihre Genauigkeit dagegen ist nicht sicher. Die Ergebnisse sind nur so gut wie es die Ausgangsdaten erlauben. Die aktuell verfügbaren Zahlen über Exoplaneten werden zwar jeden Tag verbessert – sind aber immer noch zu ungenau um den Parameteraum von Massen und Bahnradien komplett abzudecken. In der Hinsicht sind die Ergebnisse noch fehlerhaft.
Es gibt auch noch weitere Probleme mit dieser Arbeit als die unbekannten Ausgangsdaten. So schafft es die Simulation z.B. nicht, ein realistisches Verhältnis von Sternalter und der Metallizität des Sterns (also der Anteil an schweren Elementen) zu erzeugen. Man sollte den Zahlen also nicht unbedingt allzu viel Vertrauen entgegenbringen.
Forgan hat aber auf jeden Fall gezeigt, welches Potential in diesem Ansatz steckt. Wenn in Zukunft mehr über die Entstehung von extrasolaren Planeten (und über die Entstehung des Lebens) bekannt ist, läßt sich mit dieser Methode vielleicht einmal wirklich eine realistische Abschätzung für die Anzahl unser außerirdischen Nachbarn finden.
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