Es hat lange gedauert, bis wir herausgefunden haben, dass sich die Erde mitsamt den ganzen anderen Planeten um die Sonne bewegt und nicht umgekehrt. Und auf den ersten Blick ist das auch nicht verwunderlich. Wir sehen ja, dass der Boden unter unseren Füßen fest ist und sich nicht bewegt. Und wir sehen dass die Sonne sich bewegt. Aber es ist eben alles eine Frage der Perspektive.

Natürlich war das auch schon den Forschern in der Antike klar. Nachdem Eratosthenes schon vor mehr als 2000 Jahren den Umfang der Erde bestimmen konnte und in der Folge feststellte, dass sie viel kleiner war als die Sonne, war es nur natürlich dass andere, zum Beispiel Aristarch von Samos, meinten, dass es irgendwie logischer wäre, wenn sich die kleine Erde um die große Sonne bewegt als umgekehrt. Aber vor dem, was wir mit eigenen Augen sehen kapituliert die Logik leider recht oft; wir vertrauen unseren Sinnen viel stärker als es bei solch unzuverlässigen Informationsquellen eigentlich der Fall sein sollte. Und so hat es noch lange gedauert, bis eindeutig klar gestellt war, dass es die Erde ist, die sich um die Sonne bewegt und nicht umgekehrt.

Mathematisch würde es umgekehrt allerdings trotzdem gut funktionieren. Noch heute geht man in der sphärischen Astronomie von einem Modell aus, bei dem die Erde still steht und sich alles um sie herum bewegt. Aber wie bin ich überhaupt auf dieses Thema gekommen? Ganz einfach, ich habe im Blog von astropixie dieses enorm coole Video entdeckt:

Klar, der Hula-Hoop-Reifen bewegt sich eigentlich um die Frau herum. Aber es ist alles nur eine Frage der Perspektive. Für winzige Lebewesen die auf dem Reifen leben würde das alles ganz anders aussehen. Wie es aussieht, wenn man die Perspektive für uns winzige Lebewesen zurecht rücken, die wir zwar nicht auf einem Hula-Hoop-Reifen leben aber auf einem sich ständig bewegen Planeten, kann man in diesem wunderbaren Video sehen (über das ich auch früher schon mal berichtet habe):

Da kann einem schonmal schwindlig werden…

Kommentare (14)

  1. #1 Thomas J
    29. Juni 2011

    phu, zum Glück hab ich das nicht erst nach dem Mittagessen angeschaut 🙁

  2. #2 Christian (P-chan)
    29. Juni 2011

    Besonders cool auf dem 2. video kommt die jedi-astronomen-sternwarte mit dem diesmal fast stillstehenden lichtschwert. ^^

  3. #3 noch'n Flo
    29. Juni 2011

    Für winzige Lebewesen die auf dem Reifen leben würde das alles ganz anders aussehen.

    Warum Konjunktiv? Auf dem Reifen leben Millionen und Abermillionen Kleinstorganismen, für die ist diese Perspektive absolute Realität. Gut, sie werden über diesen Umstand nicht wirklich viel reflekieren…

  4. #4 Franzl Lang
    29. Juni 2011

    @noch’n Flo

    Man kann den Satz ja so stehen lassen, wenn man bedenkt, dass diese Kleinstlebewesen gar nicht die Sensorik haben um die Perspektive zu erkennen. Ich kenne jedenfalls keine Bakterien mit Augen 🙂

    Klugscheisser out.

  5. #5 falsch
    29. Juni 2011
  6. #6 Kallewirsch
    29. Juni 2011

    Also in den 70-er hatten die Faserschmeichler noch Augen!

    (und in der Waschmaschine, beim Schleudern, haben sie sich angesch… äh, in die Hose gemacht – Quelle: Dingsda mit A. Böhm und O. Schenk https://www.youtube.com/watch?v=jflBqrCBRzE)

  7. #7 L.Hartmer
    30. Juni 2011

    Mit anderen Worten: Claudius Ptolemäus hatte doch Recht, er hat nur den Koordinatenursprung in die Erde verlegt. Der Mond dreht sich ja auch nur um die Erde, wenn man den Koordinatenursprung in den Erdmittelpunkt verlegt. Bei heliozentrischer Betrachtungsweise beschreibt er eine Wellenbahn um die Sonne.

  8. #8 miesepeter3
    30. Juni 2011

    Es ist immeralles eine Frage der Betrachtungsweise. Wenn ich zuviel getrunken habe und mich mit der Nase voran auf den Erdboden zubewege, weiss ich dass ich gerade hinfalle. Wenn ich aber richtig zugedröhnt bin, springt mich der Fußboden an!!

  9. #9 Kai S.
    1. Juli 2011

    Das erinnert mich an die alte Frage, ab wann der Mensch beginnt sich zu fragen, wie die Umwelt ihn wahr nimmt. Zunächst betrachten wir alles aus unserer Sicht. Wir sammeln Informationen. Doch irgendwann fängt das “Ich”-Gefühl an und wir beginnen uns in andere Menschen hinein zu versetzen um herauszufinden, wie wir auf andere wirken.
    Zurück zum Thema. Vor wenigen Monaten hab ich die gleiche Herangehensweise ausgenutzt, um ein Erde-Sonne Modell eines Satelliten zu simulieren. Das Modell läuft wie geschmiert, obwohl ich mit der Annahme gearbeitet habe, dass die Sonne sich elliptisch um die Erde bewegt. Ich würde sogar sagen, dass ich dadurch sehr viel Zeit und nerven gespart habe, da die mathematische Beschreibung dadurch sehr viel leichter war. Aber ich denke, dass dieser Gewinn von mathematischer Erleichterung irgendwann nicht mehr sinnvoll ist, wenn z.B. mehrere Planeten in einem Modell abgebildet werden müssen, oder gar über unser Sonnensystem hinaus gearbeitet wird.

  10. #10 PaulLinus
    1. Juli 2011

    “Es hat lange gedauert, bis wir herausgefunden haben, dass sich die Erde mitsamt den ganzen anderen Planeten um die Sonne bewegt und nicht umgekehrt.”

    Ich habe da einen heuristischen Einwand. Es “ist” weder so noch so. Noch irgendwie.

    Wer sich um wen bewegt, ist nicht absolut determiniert (wie es keinen absoluten Raum gibt). Die obige einleitende Aussage wirkt auf junge Erkenntnissuchende als heuristische Verwirrung, ist doch alle Phänomenologie tatsächlich nur “eine Frage der Perspektive”. Beide videos, auf die hier Bezug genommen wird, sind uneingeschränkt gültig. Keines ist daher “richtiger” als das andere. Ohne spitzfindig zu sein.

  11. #11 L.Hartmer
    1. Juli 2011

    Zitat von PaulLinus· 01.07.11 · 19:21 Uhr: “Keines ist daher “richtiger” als das andere. Ohne spitzfindig zu sein.”
    Allerdings können die Gesetze von Kepler & Co die Befunde im Sonnensystem vollständiger und eleganter beschreiben als die von Herrn Ptolemäus, aber sie passen nicht zum geozentrischen Weltbild.

  12. #12 Basilius
    1. Juli 2011

    @PaulLinus
    Also vielleicht habe ich den ganzen Kommentar ja völlig mißverstanden, aber ich verstehe nicht so recht, warum das ein “heuristischer” Einwand sein sollte?
    Für mich klingen diese Ansichten eher ziemlich anti-heuristisch.
    Und sie sind noch ziemlich spitzfindig obendrein.
    Oder nennt man das kleinkariert?
    0_0

  13. #13 JK
    2. Juli 2011

    Frage eines Astronomie-Laien: Gehört zur “richtigen” Beschreibung des Weltalls neben der mathematischen Darstellung von Planetenbahnen nicht auch unser Wissen um Gravitation? Und würde dies nicht das heliozentrische Weltbild auch dann vor dem geozentrischen Weltbild auszeichnen, wenn beide mathematisch gleichwertig wären? Die Relativität der Perspektiven wäre dann in diesem Fall nur eine Folge der eingeschränkten Nutzung von Wissen.

    Dass alles eine Frage der Perspektive ist, kann man aber auch viel grundsätzlicher verstehen. Vielleicht sind unsere begrifflichen Kategorien zur Beschreibung der Welt selbst in irgendeiner Weise perspektivisch und wir können die Welt nur aus der Perspektive sehen, die diese Kategorien zulassen, philosophisch vertreten z.B. von Kant, oder in der gegenwärtigen Philosophie von Thomas Nagel.

  14. #14 PaulLinus
    2. Juli 2011

    @Basilius

    Kleinkariert, meinetwegen. Die Wissenschaft, so erlebe ich sie, ist Kleinkariertheit an sich, eben drum, im positiven Sinne (-> Auflösung), und es muß ja nicht immer gleich häßlich aussehen. Sie haben es aber bestimmt grimmig gemeint.

    Dabei hatte ich lediglich an das Machsche Prinzip erinnern wollen, daß alle experimentell abbildbaren Phänomene vom Typ (irgend-) einer Relation sind. Insbesondere ist die gravitative Dynamik kräftefrei und also an jedem Ort gleichwertig. Alle Orte und mithin alle Relationen existieren ja “tatsächlich”.

    Was wir also eigentlich gelernt haben, ist, daß es “die eine” zentrale Perspektive nicht gibt. Mehr wollte ich nicht sagen. P.S.: Ich finde, dies hat duchaus mit Heuristik zu tun, insofern Prämissen, Paradigmen und Denkmuster, all das, was wir nicht mehr hinterfagen zu müssen meinen, uns beim Lösen von Problemen gern einen Streich spielen, den wir aber nicht mehr wahrnehmen, weil wir ihn gar nicht für möglich halten.