Die Sonne geht jeden Tag auf und wieder unter. Seit Milliarden Jahren schon. Und sie sieht immer gleich aus. Aber natürlich ist die Sonne ein dynamischer Himmelskörper, der sich ständig verändert. In jeder Sekunde verliert die Sonne etwa 4 Millionen Tonnen ihrer Masse die in Energie umgewandelt und abgestrahlt werden. 4 Millionen Tonnen sind viel. Aber die Sonne wiegt 2000000000000000000000000000 Tonnen. Das sind zwei Quadrilliarden Tonnen! Die paar Millionen, die da jede Sekunde verschwinden, merkt die Sonne gar nicht. Aber irgendwann, in ferner Zukunft, wird sie sich merklich verändern. Sie wird ein roter Riese werden, dann ein weißer Zwerg. Und was passiert dann mit den Planeten?
Wenn die Sonne sich am Ende ihres Lebens zu einem roten Riesen aufbläht, wird sie große Teile ihrer Masse – wesentlich mehr als 4 Millionen Tonnen pro Sekunde – ins All schleudern. Sie wird ganze Schichten ihrer Atmosphäre abstoßen. Am Ende bleibt nur ihr Kern übrig: die Sonne ist zu einem Weißen Zwerg geworden. Wenn die Sonne Masse verliert, hat das natürlich Einfluss auf die Planeten. Die Masse der Sonne bestimmt wie stark ihre Gravitationswirkung ist. Weniger Masse heißt weniger Gravitationskraft und die Planeten entfernen sich von der Sonne. Wird die Sonne nun aber so viel Masse verlieren, dass die Planeten gar nicht mehr festgehalten werden können? Den Zusammenhang zwischen der Entwicklung der Sonne und der Bewegung der Planeten haben Dimitri Veras und Mark Wyatt von der Uni Cambrige in ihrer Arbeit “The Solar System’s Post-Main Sequence Escape Boundary” untersucht.
Zuerst einmal stellen sie fest, dass sich bis zur Roten-Riesen-Phase der Sonne nicht viel tun wird. Der ganz normale Massenverlust der Sonne hat keine dramatischen Auswirkungen auf die Bewegung der Planeten. Die kleinere Masse der Sonne führt gerade mal zu einer 0,055 prozentigen Vergrößerung der Planetenbahnen. Die Himmelskörper bleiben also im Wesentlichen dort, wo sie jetzt auch sind. Zumindest, was den Einfluss der Sonne angeht. Die gravitativen Störungen der Planeten untereinander können dagegen viel größer sein und die Bahnen können sich auf Zeitskalen von einigen Milliarden Jahren dramatisch ändern – darüber habe ich früher schon mal geschrieben. Es ist also schwer zu sagen, wo sich die Planeten in 5 Milliarden Jahren befinden werden, wenn die Sonne zum roten Riesen wird. Es ist aber durchaus realistisch davon auszugehen, dass sich bis dahin nicht viel tun wird. Immerhin sind auch die letzten paar Milliarden Jahre ohne große Veränderungen abgelaufen.
Wie viel Masse die Sonne in der Endphase ihres Lebens verlieren wird, ist noch nicht ganz klar. Die Details der Sternentwicklung haben wir noch nicht komplett verstanden und es gibt verschiedenen Modelle. So könnte das zum Beispiel aussehen:
Auf der x-Achse ist die Zeit aufgetragen (in Milliarden Jahren; man sieht nur die Endphase des Lebens der Sonne). Die y-Achse zeigt die Masse der Sonne (in Einheiten der aktuellen Sonnenmasse). Die verschiedenen Kurven stehen für verschiedene Werte eines Parameters η der vom jeweiligen Modell abhängt, das man für die Sternentwicklung verwendet. Bei der Sonne liegt dieser Wert vermutlich irgendwo zwischen 0.4 und 0.8. Die verschiedenen Farben zeigen die Phase an, in der sich die Sonne gerade befindet. RGB steht für “Red giant branch”, die Sonne ist also gerade ein roter Riese. Orange kennzeichnet die Phase, in der die Sonne keinen Wasserstoff mehr im Kern fusioniert sondern Helium. Und in grün/blau wird die Spätphase der Sternentwicklung markiert, wenn die Sonne ein AGB-Stern (“Asymptotic giant branch“) ist. Am Ende hat die Sonne zwar in allen Modellen die gleiche Masse. Aber je nach dem Wert des Parameters η verliert sie den Hauptteil ihrer Masse in der RGB-Phase bzw. der AGB-Phase. Veras und Wyatt haben nun in numerischen Simulationen nachgesehen, wie sich dieser Massenverlust auf die Stabilität der Planeten auswirkt. Wie nah muss ein Himmelskörper sein, damit er trotz des Massenverlustes immer noch an die Sonne gebunden bleibt? Die Ergebnisse fasst diese Grafik zusammen:
Die x-Achse zeigt den Parameter η, die y-Achse die Entfernung der Planeten von der Sonne (in Einheiten von 1000 AE). Weiß ist der stabile Bereich, rosa der instabile Bereich. Für kleine Werte von η bleibt alles innerhalb von 1000 AE stabil; für größere Werte von η rückt die Stabilitätsgrenze nach außen. Wir können also davon ausgehen, dass alle Planeten auch nach dem Tod der Sonne weiter ihre Runden ziehen werden. Sie sind nah genug an ihr dran, um auch weiter gebunden zu bleiben. Anders sieht es bei den Asteroiden im Kuipergürtel und den Kometen der Oortschen Wolke aus. Die können auch mehr als 1000 AE von der Sonne entfernt sein und die geringe Masse am Ende des Sonnenlebens könnte sie ins All entkommen lassen. Veras und Wyatt haben sich das genauer angesehen. So sieht das zum Beispiel für η=0.3 aus:
Hier sieht man Objekte, die circa 3000 AE von der Sonne entfernt sind. Man erkennt zwar deutlich, wie sich ihre Bahn ändert, die Ellipsen werden immer größer. Eine genau Analyse zeigt aber, dass sie immer noch gebunden sind. Ganz anders sieht es aus, wenn man Objekte betrachtet, die etwa 10000 AE entfernt sind:
Hier tut sich schon mehr, die Änderung der Bahnen ist viel stärker und es zeigt sich, dass diese Asteroiden das Sonnensystem tatsächlich verlassen. Veras und Wyatt haben nochmal genau nachgesehen, wie stark der Asteroidenverlust tatsächlich ist. Hier sind ein paar Ergebnisse, für η=0.2 und η=0.5:
Die x-Achse zeigt die Entfernung der Asteroiden von der Sonne (in Einheiten von 10000 AE), die y-Achse den Prozentsatz, der ins All entkommt. Die verschiedenen Kurven stehen für Asteroiden mit verschiedenen Bahnexzentrizitäten. Blau sind fast kreisförmige Bahnen, gelb und rot sind stark oval. Für kleine Werte von η und stark exzentrische Bahnen kann der Verlust im Kuipergürtel also tatsächlich recht groß sein.
Rein himmelsmechanisch wird der Tod der Sonne also nur die Asteroiden im fernen Kuipergürtel betreffen. Die Planeten werden sie weiterhin umkreisen. Ob die sich aufblähende Sonne die inneren Planeten aber komplett zerstört oder einfach nur zu leblosen, verbrannten Steinkugel reduziert bleibt allerdings offen…
Kommentare (33)