Während meiner Auszeit erscheinen hier einige Gastbeiträge von anderen Bloggern. Wenn ihr auch Lust habt, euer Blog (euren Podcast, euer Videoblog, etc) hier vorzustellen oder einfach nur mal einen Artikel schreiben wollt, dann macht mit!
Heute gibt es einen Artikel von Celsus, Betreiber von Skeptator, des Meta-Blogs für Wissenschaft und kritisches Denken.
Die Unterscheidung zwischen “echter” und “falscher” Wissenschaft fällt nicht immer leicht. Oft wirkt etwas auf den ersten Blick völlig plausibel, stellt sich dann aber als Humbug heraus. Gibt es Kriterien, welche die richtige Einordnung erleichtern? Ein Aufatz von Barry L. Beyerstein aus dem Jahr 1995 hilft, Realität und Wunschdenken besser auseinander zu halten.
Eindeutige Kriterien zur Abgrenzung zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft kann es nicht geben, da es Grauzonen und Überschneidungen gibt, in denen die Unterschiede verschwimmen oder nicht klar erkennbar sind. Also brauchen wir zunächst ein paar Definitionen zur Orientierung:
Wissenschaft:
Die wesentlichen Eigenschaften von (Natur-) Wissenschaften sind die Erweiterung des Wissens durch Forschung, also die methodische Suche nach neuen Erkenntnissen sowie deren Dokumentation und Veröffentlichung. Dieses systematisierte Wissen und dessen Grundlagen werden durch Lehre weitergegeben. Wissenschaft ist also systematisiertes Wissen, welches durch Beobachtung, Experiment und Überprüfung gewonnen wird, wobei die beobachteten Phänomene empirisch untersuchbar sein müssen. Wissenschaft stellt Fragen und prüft die möglichen Antworten auf ihre Richtigkeit. Das Ziel ist, allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten zu finden und zu beschreiben. Damit das funktioniert und menschliche Fehler so weit wie möglich reduziert werden, ist ein umfassendes System gegenseitiger Kontrolle und die Offenlegung aller Methoden und Informationen notwendig. So werden Experimente und Erkenntnisse reproduzierbar und überprüfbar. Die direkte Umsetzung von Erkenntnissen in Verfahren oder Anwendungen soll nicht das oberste Ziel von Wissenschaft sein. Gerade in der Grundlagenforschung ist oft nicht erkennbar, wohin der Weg führt. Im Mittelpunkt steht die Erlangung neuen Wissens – auf der Basis bestehender Erkenntnisse.
Pseudowissenschaft:
Pseudowissenschaften versuchen gewöhnlich, von der Reputation echter Wissenschaften zu profitieren, indem sie deren Vokabular verwenden und versuchen, möglichst wissenschaftlich zu wirken, ohne dabei aber die Strukturen und Verfahren der Wissenschaftlichkeit einzuhalten. Offene Diskussionen und Kritik findet man hier kaum, ebensowenig wie echten Fortschritt und Erkenntnisgewinn. Pseudowissenschaftliche Erklärungen für behauptete Phänomene stehen meistens im krassen Gegensatz zu naturwissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen. Auf sachliche Kritik wird oft mit persönlichen Angriffen reagiert, wenn sich die pseudowissenschaftlichen Behauptungen nicht belegen lassen und kritischen Fragen nicht standhalten. Stattdessen werden hochtrabende Versprechungen gemacht und Hoffnungen geweckt, für deren Erfüllung natürlich keinerlei Garantie gegeben wird.
CC BY-SA 3.0 Wikipedia (DE): Belsazar
Diese beiden kurzen Beschreibungen befassen sich hauptsächich mit Naturwissenschaften und deren pseudowissenschaftlichen Derivaten, lassen sich aber in ähnlicher Form z.B. auch auf die Psychologie oder auf Geistes- und Kulturwissenschaften anwenden. Daher mag es interessant sein, noch eine weitere Trennlinie zu betrachten, die von dem argentinischen Philosophen und Physiker Prof. Mario Bunge, definiert wurde. Im deutschsprachigen Raum dürfte hauptsächlich sein Werk “Über die Natur der Dinge” bekannt sein, welches er gemeinsam mit Dr. Martin Mahner, Leiter des Zentrums für Wissenschaft und kritisches Denken der GWUP, verfasst hat.
Bunge hat sich sehr intensiv mit den Grenzen und Grenzbereichen zwischen Wissenschaft und Pseudowissenschaft beschäftigt und nimmt eine Unterteilung in “Glaubensbereiche” und “Forschungsbereiche” vor. Zu den Glaubensbereichen zählt er Religionen, politische Ideologien, Pseudowissenschaften und Pseudotechnologien sowie die Mystik. Die Forschungsbereiche beinhalten demnach nicht nur Naturwissenschaft, Formalwissenschaft (Logik, Mathematik, Linguistik, Informatik usw.) und angewandte Wissenschaft, sondern auch Geistes- und Sozialwissenschaften, also alle Bereiche, in denen systematische Forschung betrieben wird. Als wichtiges Unterscheidungskriterium gilt hier die Art des Erkenntnisgewinns.
Im Glaubensbereich sind Erkenntnisse, so sie denn welche sind, individuell auf die Persönlichkeit und deren Gefühle bezogen. Emotionale Kriterien entscheiden, was richtig oder falsch ist. Hier findet sich z.B. auch der Konstruktivismus, eine Weltsicht, die eine allgemeingültige und verbindliche Realität ablehnt und die Wahrnehmung zur Wirklichkeit erklärt.
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