Am Freitag wird ein Asteroid in der Nähe der Erde vorbei fliegen. Das ist an sich nicht außergewöhnlich; scheint aber die Medien doch ziemlich stark zu beschäftigen. Ich habe in den letzten Tagen jede Menge Unsinn über den Vorbeiflug des Asteroiden 2012 DA14 gehört. Da wurde zum Beispiel erzählt, dass noch nie zuvor ein Asteroid so nah an der Erde vorbeigeflogen wäre. Oder dass die Gefahr besteht, dass der Asteroid mit einem Satelliten kollidiert. Weder das eine, noch das andere ist richtig und es lohnt sich, sich die Sache einmal etwas genauer anzusehen.
Ist der knappe Vorbeiflug von 2012 DA14 tatsächlich so einzigartig? Nein. Im Juni 2011 habe ich zum Beispiel einen Artikel hier im Blog geschrieben mit dem Titel: Asteroid kommt der Erde näher als Satelliten. Damit war nicht 2012 DA14 gemeint, der wurde erst 2012 entdeckt. Damals ging es um den Asteroid 2011 MD, der die Erde in einem Abstand von 12400 Kilometern passierte – und ihr damit noch näher kam als 2012 DA14, dessen Abstand am Freitag 27700 Kilometer betragen wird. Und im Oktober 2008 ist ein Asteroid sogar mit der Erde kollidiert. Nahe Vorbeiflüge gibt es immer wieder mal – die NASA hat bei ihrem Near Earth Object Programm alle Daten gesammelt (und hier könnt ihr euch eure Tabellen individuell zusammenstellen). Ich habe dort einmal nachgesehen, welche Asteroiden uns in der Vergangenheit ebenso nahe gekommen sind, wie jetzt 2012 DA14:
Man sieht, dass immer wieder mal Asteroiden sehr nahe an der Erde vorbeifliegen und uns auch immer wieder mal näher kommen als die Satelliten. Die meisten davon sind klein, aber das ist auch nicht verwunderlich, denn von den kleinen gibt es auch mehr. Es stimmt, das 2012 DA14 größer ist also die Objekte, die in dieser Tabelle auftauchen. Man könnte jetzt also eine willkürliche Grenze bei 25 oder 30 Metern ziehen und sagen, dass noch nie zuvor ein so “großer” Asteroid der Erde so nahe kam. Aber das wäre wie gesagt ziemlich willkürlich und würde auch nicht stimmen. Denn mit Sicherheit ist in der Vergangenheit auch schon mal ein größerer Brocken so nahe vorbeigeflogen. Aber unsere Instrumente waren noch vor wenigen Jahren und Jahrzehnten nicht gut genug, um sowas zu sehen bzw. man hat einfach nicht nach solchen Objekten gesucht.
Auch in Zukunft werden uns immer wieder Asteroiden nahe kommen. Hier ist eine Liste all der Asteroiden, die uns in den nächsten 100 Jahren näher kommen als der Mond:
(In dieser Tabelle ist der Abstand bis zum Erdmittelpunkt gemessen und nicht zur Oberfläche – die Zahlen sind also ein bisschen größer)
Ich freu mich schon auf 2028, wenn 2001 WN5 mit einem Durchmesser von einem Kilometer an uns vorbei fliegt! Da werden die Astronomen jede Menge Spaß haben und jede Menge tolle Bilder von diesem Asteroiden machen können. Natürlich ist die Liste nicht vollständig. Gerade die kleineren Objekte entdeckt man oft erst kurz bevor sie der Erde nahe kommen (oder sieht sie sogar erst, nachdem sie schon vorbei geflogen sind).
Nahe Vorbeiflüge von Asteroiden sind also nicht so außergewöhnlich, wie man anhand der derzeitigen Medienberichte glauben könnte. Und auch um die Satelliten muss man sich keine Sorgen machen. Denn erstmal betrifft die Sache nur eine bestimmte Gruppe von Satelliten. In 35.786 Kilometer Höhe kreisen die geostationären Satelliten um die Erde. Die brauchen wir zum Beispiel, wenn wir Satellitenfernsehen empfangen wollen. Netterweise bewegen sie sich in dieser Höhe exakt so schnell wie die Erde sich um ihre Achse dreht – das heißt, vom Boden aus gesehen stehen sie immer über dem selben Punkt des Erdbodens und man kann die Satellitenschüssel leicht ausrichten (wer die ganze Geschichte der Satellitenschüssel nachlesen will: in meinem Buch habe ich sie erzählt). 2012 DA14 wird uns am Freitag also tatsächlich näher sein als die geostationären Satelliten. Es besteht aber keine Gefahr, dass der Felsbrocken bei seinem Anflug durch die Satellitenhülle der Erde brettert, so wie manche sich das vielleicht vorstellen. Denn so eine “Hülle” gibt es nicht. Die geostationären Satelliten befinden sich über dem Äquator der Erde, sind also ringförmig verteilt und der Asteroid fliegt von “oben” durch diesen Ring hindurch:
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