Morgen kann man in Mitteleuropa eine partielle Sonnenfinsternis beobachten (und im Nordatlantik sogar eine totale). Zwischen halb 10 und 12 Uhr am Vormittag wird sich der Mond vor die Sonne schieben und sie – je nach Beobachtungsort – mehr oder weniger stark verdecken (bis zu 80 Prozent in Norddeutschland; etwa 60 Prozent im südlichen Österreich). Ob es dadurch zu Stromausfällen kommen wird oder nicht, habe ich am Montag schon erklärt (eher nicht). Heute möchte ich mich ein wenig mit der zweiten Besonderheit dieser Finsternis beschäftigen: Sie findet genau zum astronomischen (und nicht dem meteorologischen) Frühlingsbeginn statt, also dem Zeitpunkt an dem die Erde auf ihre Bahn genau den Himmelsäquator (von Süden nach Norden) kreuzt. Das scheint ein seltenes Zusammentreffen zu sein. Aber wie selten ist es tatsächlich?
Um das herauszufinden, muss man zuerst verstehen, warum es überhaupt eine Sonnenfinsternis gibt. Damit das passieren kann, müssen Sonne, Erde und Mond in einer Linie stehen. Der Mond muss sich von der Erde aus gesehen genau vor der Sonne befinden, damit er sie abdecken kann (und DAS er das kann und beide am Himmel genau gleich groß erscheinen, ist übrigens Zufall). Damit ist auch klar, dass eine Sonnenfinsternis immer nur bei Neumond stattfinden kann: Wenn der Mond genau vor der Sonne steht, dann blicken wir von der Erde aus auf seine unbeleuchtete Seite. Neumond gibt es aber (etwa) alle vier Wochen; Sonnenfinsternisse sind seltener. Das liegt daran, dass der Mond sich nicht in der gleichen Ebene bewegt wie die Erde. Die Mondbahn ist gegenüber der Erdbahn um etwa 5 Grad geneigt und meistens steht er bei Neumond zu hoch über oder zu tief unter der Ebene der Erdbahn, um die Sonne verdecken zu können. Zu einer Finsternis kommt es nur, wenn Neumond herrscht und der Mond dabei gleichzeitig in einem Knotenpunkt steht. So nennt man die beiden Schnittpunkte zwischen Erd- und Mondbahn und der Mond darf sich nicht zu weit aus dem Knotenpunkt entfernen, um die Sonne verdecken zu können.
Wenn der Mond im Knotenpunkt steht, dann braucht er genau 27 Tage, 5 Stunden und 5 Minuten, um wieder dorthin zurück zu kehren. Dieser Zeitraum wird drakonitischer Monat genannt. Das ist kürzer, als der Mond braucht, um einen synodischen Monat zu vollenden. So nennt man die Zeit bis der Mond wieder die selbe Phase erreicht hat, also zum Beispiel von einem Neumond zum nächsten und sie beträgt 29 Tage, 12 Stunden und 44 Minuten. Wenn man ein wenig rechnet, dann wird man feststellen, dass 235 dieser synodischen Monate ziemlich genau 6940 Tage dauern. Und 255 drakonitische Monate sind ebenfalls fast genau 6940 Tage. 6940 Tage sind aber auch ziemlich genau 19 Jahre, also 19 Umläufe der Erde um die Sonne. Das bedeutet, dass eine bestimmte Mondphase alle 19 Jahre wieder am gleichen Kalenderdatum und im gleichen Abstand zum Knotenpunkt stattfindet. Ist am 20. März 2015 ein Neumond, dann ist das auch am 20. März 2034 der Fall (schaut im Kalender nach, es stimmt tatsächlich). Und 19 Jahre später, am 20. März 2053 ist wieder ein Neumond.
Diese Periode von 19 Jahren war übrigens schon in der Antike bekannt und wird Meton-Zyklus genannt. Die Übereinstimmung zwischen der Bewegung der Erde und des Mondes ist aber nicht exakt. Der Unterschied zwischen den 19 Jahren und 235 synodischen Monaten beträgt knapp 2 Stunden. Das ist nicht viel, aber es summiert sich im Laufe der Zeit. Dazu kommt der Unterschied zwischen den 19 Jahren und den 255 drakonitischen Monaten, der 11,6 Stunden beträgt. Wenn Erde, Sonne und Mond also in einem bestimmten Jahr genau in der richtigen Position stehen, um eine Sonnenfinsternis am Frühlingsanfang zu erzeugen, dann stehen sie 19 Jahre später wieder in der gleichen Position und es gibt erneut eine Sonnenfinsternis zum Frühlingsanfang. Aber weil sie eben nur fast in der gleichen Position stehen, verschiebt sich die Konfiguration alle 19 Jahre ein wenig. So lange, bis es irgendwann nicht mehr zusammenpasst, was nach dem vierten oder fünften Durchlauf der Fall ist.
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