Erst kürzlich habe ich von einem Stern berichtet, der seltsame Lichtschwankungen zeigt. Man vermutet, dass sie durch den Staub eines auseinanderbrechenden Kometen erzeugt werden, dessen Staub einen Teil seines Lichts blockiert. Gestern wurde nun eine Arbeit veröffentlicht, in der ein ähnliches Phänomen beschrieben wird. Wieder zeigt ein Stern unerwartete Schwankungen in der Helligkeit und wieder sind zerstörte Himmelskörper vermutlich der Grund dafür.
Andrew Vanderburg vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge und seine Kollegen haben Daten des Weltraumteleskops Kepler untersucht (“A Disintegrating Minor Planet Transiting a White Dwarf”). Sie haben das Licht betrachtet, das vom weißen Zwerg WD 1145+017 ausgesendet wird. Es handelt sich also nicht um einen normalen Stern, sondern einen, der sein Leben schon hinter sich hat. Er hat seinen Brennstoff verbraucht, hat sich dabei zum mehrfachen seiner normalen Größe aufgebläht, einen großen Teil seiner Materie ins All hinaus gepustet bis nur noch ein kleiner, ungefähr erdgroßer Himmelskörper mit extremer Dichte übrig geblieben ist. In diesem Sternenrest findet keine Kernfusion mehr statt, er kühlt noch langsam ab und macht sonst nicht mehr viel.
WD 1145+107 beschränkt sich aber nicht nur aufs reine Abkühlen. Er zerstört auch noch Kleinplaneten! Das haben Vanderburg und seine Kollegen aus der Lichtkurve des weißen Zwergs geschlossen. Wie die Beobachtungen des Kepler-Teleskops zeigen, leuchtet der Stern nicht mit konstanter Helligkeit, sondern wird in unregelmäßigen Abständen dunkler. Auch die Stärke der Verdunkelung variiert – und das ist ein Zeichen dafür, dass die Ursache nicht die Anwesenheit von normalen Planeten ist. In so einem Fall würde die Verdunkelung in periodischen Abständen und immer auf die gleiche Art und Weise erfolgen.
WD 1145+017 zeigt dagegen verschiedene und verschieden stark ausgeprägte Perioden, wie man in diesem Bild sehen kann:
Hier sieht man die Stärke des periodischen Signals in Abhängigkeit der Periode. Sechs Signale sind deutlich zu sehen; das stärkste mit einer Periode von 4,5 Stunden. Etwas umkreist also den weißen Zwerg mit genau dieser Periode und sorgt für eine Abschwächung seines Lichts. Dieses “Etwas” tut das aber nicht ständig. Beobachtungen, die mit Teleskopen von der Erde aus gemacht worden sind, zeigen zum Beispiel während eines Monats nur jeweils zwei Verdunkelungen im Abstand von 4,5 Stunden während zweier Nächte und sonst nichts.
Wirklich interessant wird die Angelegenheit, wenn man das Spektrum des Lichts betrachtet. Also nachsieht, wie viel Licht bei bestimmten Wellenlängen abgestrahlt wird. Da unterschiedliche chemische Elemente unterschiedliche Teile des Lichts blockieren kann man so heraus finden, was für Material sich zwischen dem Stern und der Erde befinden. In der Atmosphäre eines weißen Zwergs sollte hauptsächlich Helium zu finden sein. Vor allem aber sollte man keine schwereren Elemente dort finden, denn die würden vergleichsweise schnell in sein Inneres absinken. Man weiß aber, dass zwischen 25 und 50 Prozent der weißen Zwerge dennoch genau solche schweren Elemente in ihren Atmosphären haben. Als Ursache kommen diverse Trümmer von Gesteinsplaneten in Frage, die im Laufe der Zeit mit dem Stern kollidieren und dabei immer neue schwere Elemente nachliefern die die im Kern versunkenen ersetzen können.
In einigen Fällen hat man auch schon solche Trümmerscheiben beobachtet, die weißen Zwerge umgeben. Aber quasi direkt dabei zugesehen, wie Material auf den weißen Zwerg fällt hat man noch nie. Bis jetzt – denn bei WD 1145+017 soll genau das passieren. Im Spektrum seines Lichts haben die Astronomen Magnesium, Aluminium, Kalzium, Eisen, Nickel und andere schwere Elemente gefunden und die können sich dort noch nicht lange befinden; ansonsten wären sie schon verschwunden.
Folgendes soll sich dort abspielen: Die Verdunkelungen in der Lichtkurve deuten auf bis zu sechs Kleinplaneten hin, die sich gerade in der Nähe des weißen Zwergs in Auflösung befinden. Ihre Größe entspricht ungefähr dem großen Asteroid Ceres, liegt also bei etwa 1000 Kilometer. Die starken Gezeitenkräfte in der Nähe des extrem dichten weißen Zwergs reißen die Asteroiden auseinander. Staub und Gestein löst sich von ihrer Oberfläche und all die Trümmer bilden große Wolken, die das Licht des Sterns blockieren. Das passiert nicht kontinuierlich, sondern in spontanen und abrupten Ausbrüchen, die temporäre Wolken entlang ihrer Umlaufbahnen erzeugen. Neben den Gezeitenkräfte reicht auch schon die Temperatur in der Umgebung des weißen Zwergs aus, um Material von der Oberfläche eines großen Asteroiden direkt zu sublimieren; also gasförmig werden zu lassen.
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