LIGO hat das dritte Mal Gravitationswellen beobachtet! Nach der grandiosen ersten Entdeckung im letzten Jahr und dem wenige Monate später folgenden zweiten Nachweis konnten nun das dritte Mal zwei schwarze Löcher bei der Kollision beobachtet werden. Beziehungsweise die Gravitationswellen detektiert werden, die bei so einer Kollision stattfinden (“GW170104: Observation of a 50-Solar-Mass Binary Black Hole Coalescence at Redshift 0.2”).
Warum ist das interessant? Natürlich erst Mal weil es interessant IST! Immerhin geht es um schwarze Löcher die verschmelzen und dabei die gesamte Raumzeit zum Wackeln bringen; so sehr dass die Messgeräte auf der Erde das wahrnehmen können. Aber dieser dritte Nachweis ist auch aus anderen Gründen ziemlich wichtig. Und zwar aus diesen:
- Bei dem von LIGO beobachteten Ereignis sind zwei schwarze Löcher mit der 19fachen bzw. 32fachen Masse der Sonne zu einem schwarzen Loch mit der 49fachen Masse der Sonne verschmolzen. Und nein, das ist kein Rechenfehler! Die zwei Sonnenmassen die bei der Addition verschwunden sind, sind nicht tatsächlich verschwunden: Diese Masse wurde bei der Verschmelzung während eines Sekundenbruchteils direkt in Form Energie als Gravitationswelle abgestrahlt. Diese zwei fehlenden Sonnenmassen sind also eigentlich genau das, was LIGO gemessen hat (und wie man sowas misst habe ich unter anderem hier genauer erklärt). Das sind gewaltige Energie und WIE gewaltig das ist zeigt die Tatsache dass dieser dritte Nachweis der bisher entfernteste Nachweis war. 3 Milliarden Jahre haben die Gravitationswellen – die sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten – bis zu den Detektoren auf der Erde gebraucht! (Bei den beiden Fällen davor waren es “nur” 1,3 und 1,4 Milliarden Jahre).
- Es war der dritte Nachweis in knapp 1,5 Jahren! Schon die erste erfolgreiche Messung fand im Wesentlichen schon unmittelbar nach dem Einschalten des Geräts statt. Sobald der Detektor von LIGO aufgerüstet und einsatzbereit war, hatte man das erste Ereignis beobachtet und jetzt sind wir schon bei drei Fällen. Bestätigten Fällen; ich gehe davon aus dass die Wissenschaftler noch jede Menge Kandidaten in ihren Datenbanken haben die sie erst noch prüfen müssen. Dass LIGO so schnell so viel Erfolg hat ist ein Zeichen dafür, dass Gravitationswellenereignisse wirklich häufig sind. Und das bedeutet, dass da draußen noch eine ganz neue Welt an physikalisch-astronomischen Phänomenen auf unserer Erforschung wartet!
- Der wichtigste Punkt aber ist: Es gibt tatsächlich eine Gravitationswellenastronomie!. LIGO ist mehr als nur ein Messgerät das “Ding” macht, wenn es eine Gravitationswellen registriert. Obwohl: Eigentlich IST es ein Messgerät das “Ding” macht, wenn es eine Gravitationswelle registriert. Aber in diesem “Ding” stecken jede Menge Informationen und das “O” in der Abkürzung LIGO steht dort völlig zurecht. Es steht dort, weil es sich um “Laser Interferometer Gravitationswellen-Observatorium” handelt. Und es ist tatsächlich ein Observatorium mit dem man das machen kann, was man an Observatorien eben so macht: Astronomie! Wir wissen dank LIGO nicht nur, dass es Gravitationswellen gibt. Wir können damit auch jede Menge viel grundlegendere Informationen über das Universum sammeln. Das sieht man zum Beispiel schon in diesem Diagramm:
Die kleinen violetten Kreis stellen die schwarzen Löcher dar, die wir bisher mit der klassischen Astronomie erforscht haben. Die blauen Kreise sind die schwarzen Löcher die LIGO untersucht hat und die Größe der Kreise entspricht ihrer Masse. Man sieht sofort dass die kollidierenden Löcher von LIGO einer ganz anderen Klasse angehören und in einem Massenbereich liegen, von dem wir vorher nichts wussten. Mit dieser reinen Entdeckung hört es aber noch lange nicht auf. Mit diesem dritten Nachweis haben wir auch schon einen ersten Schritt getan die Entstehung solcher Doppel-Löcher zu verstehen. Es handelt sich dabei ja immer um zwei schwarze Löcher die einander umkreisen. Und so ein System kann auch zwei verschiedene Arten entstehen: Entweder es beginnt mit einem normalen Doppelsternsystem bei dem die beiden Sterne nach Ende ihres Lebens jeweils zu schwarzen Löchern werden. Oder aber die schwarzen Löcher sind individuell entstanden und zwar in einem dicht besiedelten Sternhaufen. Durch die gravitative Wechselwirkung sind die schweren, dichten Löcher dann immer weiter ins Zentrum des Haufens gewandert, wo sie sich dann zu Paaren zusammen finden konnten.
Damit aber am Ende ein so massereiches schwarzes Loch übrig bleibt, muss der Stern aus dem es entsteht ebenfalls entsprechend massereich sein und darf im Lauf seines Lebens nicht zu viel Masse verlieren, zum Beispiel durch starke Sternwinde. Sowas findet man eher bei Sternen die eine geringe “Metallizität” haben. Mit diesem Begriff bezeichnet man in der Astronomie die Menge an schweren Elementen abseits von Wasserstoff und Helium und die LIGO-Löcher müssen in einer Umgebung entstanden sein, deren Metallizität niedriger ist als wir es im Sonnensystem gewohnt sind. Die Metallizität ist aber auch ein Maß für das Alter, denn das Universum hat ja nur mit Wasserstoff und Helium begonnen; die ganzen anderen Elemente kamen erst im Laufe der Zeit durch die Kernfusion im Inneren der Sterne hinzu.
Das ist aber noch nicht alles was wir dank LIGO über die Entstehung schwarzer Löcher sagen können. Die Verschmelzung zweier Löcher kann man sehr gut im Computer simulieren und das macht nicht nur ihre Identikation erst möglich sondern erlaubt auch genauere Analysen. Die gemessenen Gravitationswellen sind zum Beispiel leicht unterschiedlich je nachdem ob die beiden schwarzen Löcher sind in der gleichen Richtung um ihre eigene Achse drehen in der sie auch umeinander laufen oder nicht. Beim aktuellen LIGO-Ereignis tun sie das nicht und das ist interessant! Würden die Doppel-Löcher nämlich aus Doppelsternsystemen entstehen, dann sollten die Rotationsrichtungen gleich ausgerichtet sein, da beide Sterne aus der gleichen Staubwolke entstanden sind und sich daher auch gleich drehen. Was dann auch für die aus ihnen entstanden Löcher gelten muss. Ist die Rotation nicht gleich ausgerichtet, dann ist das ein Zeichen für einen individuellen Ursprung der beiden Paare des Loch-Systems und eine spätere Bildung des Systems; so wie oben beschrieben im Zentrum eines Sternhaufens.
Natürlich sind die drei Beobachtungen die wir bis jetzt haben noch nicht ausreichend um verlässliche Aussagen über die Entstehung solcher Paare machen zu können. Da brauchen wir noch mehr Daten. Aber wir wissen jetzt eben nicht nur, dass wir solche Aussagen irgendwann machen können sondern auch dass wir genug solcher Daten sammeln werden können!
Die Gravitationswellen sind da draußen. Das Universum ist voll mit ihnen und sie enthalten genau so viele und wertvolle Informationen über den Kosmos wie das die elektromagnetische Strahlung tut auf die sich die Astronomie bisher konzentriert hat. Aber LIGO wird weiter beobachten. LIGO wird besser werden. LIGO wird erweitert werden und wenn demnächst der europäische VIRGO-Detektor ebenfalls startbereit ist können die Daten kombiniert werden um nicht nur zu wissen, dass etwas passiert ist sondern auch WO es am Himmel stattgefunden hat.
Ich bin mir ganz sicher, dass die Gravitationswellenastronomie in den nächsten Jahren rasant neue Erkenntnisse liefern wird. So wie wir Jahrzehnte nach den ersten Planeten anderer Sterne gesucht haben, 1995 endlich erfolgreich waren und nach diesen ersten überraschenden Ergebnissen heute, kaum 20 Jahre später, ein völlig anderes Bild des Universums haben werden wir in 20 Jahren unsere Welt dank der Gravitationswellen ganz anders betrachten als heute. Wir werden die Dinge besser verstehen, die wir heute noch rätselhaft finden. Und wir werden Phänomene entdecken von denen wir heute noch nicht einmal wissen, das wir sie entdecken können!
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