Ich bin gerade an der Universität Graz, um dort zu erklären, wie man Wissenschaftsblogs verfasst. Der erste Tag ist vorbei und die Studierenden haben ihre ersten Blogartikel verfasst. Morgen werden wir darüber diskutieren und schauen, was gut daran ist und was man verbessern könnte. Dafür ist echtes Feedback natürlich am besten, weswegen ich einige der Texte hier als Gastbeitrag veröffentlichen werden. Dieser Artikel kommt von Florian Straner und ich würde mich über konstruktive Kritik und Kommentare freuen (aber bleibt bitte nett!)
——————————————–
Von der Systemwissenschaft haben wohl die meisten wissenschaftlich interessierten Personen schon zumindest einmal gehört. Dass sich diese Disziplin in irgendeiner Form um den Umgang mit Systemen dreht, ist dabei nur naheliegend. Doch was bedeutet das genau und was ist eigentlich ein System?
Obwohl das Wort „System“ in der deutschen Sprache häufig verwendet wird, ist diese Frage nicht so einfach zu beantworten. Denn meist tritt es nicht als eigenständiges Hauptwort auf, sondern eher als zusammengesetztes, wie zum Beispiel in „Ökosystem“ oder „Wirtschaftssystem“. Die Bedeutung des Begriffes und die Tatsache, dass ein Stuhl ein System darstellt, und ein Sandhaufen nicht, soll nun geklärt werden.
Ein System besteht aus Elementen, die sich durch verschiedene Eigenschaften auszeichnen und durch Wechselbeziehungen miteinander verbunden sind. Ob nun einem Dingsbums der Systemstatus zugesprochen werden kann, hängt maßgeblich von dem Vorhandensein dreier Eigenschaften ab:
- Ein Systemzweck ist erkennbar, also eine Funktion kann vom Beobachter wahrgenommen werden.
- Systemelemente und Wechselwirkungen zwischen diesen sind vorhanden.
- Das System verliert seine Identität, wenn Elemente weggenommen werden.
Der bereits angekündigte Stuhl erfüllt all diese Eigenschaften und kann daher als Sitzsystem bezeichnet werden. Der Systemzweck besteht in der Möglichkeit, die Beine zu entlasten. Als Systemelemente dienen die verschiedenen Bauteile: Stuhlbeine, Sitzfläche und Lehne. Verliert der Stuhl nun ein Element, zum Beispiel die Lehne, ist es immer noch ein System – das System „Hocker“ ist entstanden. Ein Sandhaufen erfüllt zweifelsohne einen Zweck und kann mit den einzelnen Sandkörnern auch Systemelemente enthalten, jedoch bleibt es ein Sandhaufen, auch wenn man die Hälfte davon abträgt.
Um auch komplexere Systeme als einen Stuhl darstellen zu können, haben sich die Erstellung von sogenannten Wirkungskreisläufen bewährt. Mit diesen kann relativ einfach festgestellt werden, wie sich ein System entwickelt. Dabei lassen sich eskalierende von stabilisierende Entwicklungen unterscheiden. Als Musterbeispiel soll ein einfaches eskalierendes System dienen:
Ein Ehepartner geht nach diesem Beispiel gerne mal einen heben, wohingegen der andere in diesem Verhalten kein Wohlgefallen findet. Die Geschlechteraufteilung ist natürlich rein zufällig. Die zwei Ereignisse, die hier aufeinander wirken, verstärken sich gegenseitig (gekennzeichnet durch das +), was eine Systemeskalation zur Folge hat. Je mehr er trinkt, desto mehr nörgelt sie, und je mehr sie nörgelt, desto mehr trinkt er in der Kneipe.
Sich stabilisierende Systeme zeichnen sich – im Gegensatz zu diesem – durch das Vorhandensein von stabilisierenden Elementen in ungerader Zahl aus. Gleich dem mathematischem Prinzip Minus mal Minus ergibt Plus, würde sich auch hier eine gerade Anzahl dieser Elemente aufheben.
Kommentare (16)