Dieser Gastartikel ist ein Beitrag zum ScienceBlogs Blog-Schreibwettbewerb. Alle eingereichten Beiträge werden im Lauf des Septembers hier im Blog vorgestellt. Danach werden sie von einer Jury bewertet. Aber auch alle Leserinnen und Leser können mitmachen. Wie ihr eure Wertung abgeben könnt, erfahrt ihr hier.
Dieser Beitrag wurde von Mr. MIR eingereicht.
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Ein Fasnachtswissenschaftler sagt: Weymayr führt seine Idee der „Szientabilität“ im Kontext seiner Homöopathie-Kritik ein, die er letztes Jahr in seinem Buch „Die Homöopathie-Lüge“ vorgestellt hat. Der Grundgedanke scheint bestechend einfach zu sein: man solle nur das in klinischen Studien untersuchen dürfen, das allgemein akzeptierten wissenschaftlichen Grundprinzipien nicht zuwiderläuft [Hervorhebungen von MIR]. Das Szientabilitätsprinzip ist im übrigen speziell für die Homöopathie entwickelt, eine lex homoeopathica sozusagen, um keine Ressourcenverschleuderung zu betreiben und um keine nutzlosen, weil apriori fruchtlosen Diskussionen zu erzeugen. Ich gehe jetzt nicht auf alle argumentativen Klippen ein; man kann unsere ausführlichere Argumentation im Leserbrief nachlesen. Aber ein Gedanke ist mir wichtig, weil er eben sehr post-karnevalistisch ist oder sich fasnächtlich für die Basler Strickmammsellen eignen würde:
…dass sich sichere Erkenntnisse wie die Wolle zu einem Pullover immer fortstricken lassen, so dass am Ende der Zeiten ein gigantischer kosmischer Pullover herauskommt…
Ramen, ich als Laie werfe hier mal große Guruworte ein, deren Grundgedanke eigentlich bestechend einfach ist. Jeder ist eingeladen, meine folgenden Ausführungen anzuzweifeln!
Jetzt, wo wir den Heiligen Wissensschatz über die Wirkungsweise der Placebomethoden halbwegs verstehen können, weil wir gelernt haben, dass
- Homöopathiestudien immer sicherer negativ werden, je größer sie sind (Shang-Metastudie),
- dass positive Homöopathiestudien mit Masse methodisch fraglich sind,
- dass also die Behandlung mit homöopathischen Arzneien keine Behandlung im engeren Sinne ist (Ramen, ich sage nicht, dass die homöopathische Behandlung eines guten Homöopathen wirkungslos ist, ich sage bloß, dass die übliche Einnahme des verdünnten Präparates irrelevant ist.),
- jetzt wo wir auch schon beinahe sicher wissen, dass die Behandlungszeit des Arztes von der “SCHULMEDIZIN” viel zu kurz angesetzt ist, was ich hiermit ankreide. [Anm. Ich bin ein Kritiker der SCHULMEDIZIN;)],
- und es auch noch eine alternative zur Alternativmedizin genannt Homöopathie gibt, welche nur 50% der Herstellungskosten verursacht.
Was sollen wir nach all dem Wissen mit den homoöpathischen Mittelchen noch anstellen?
Das Szientabilitätsprinzip ist im übrigen nicht nur auf die Homöopathie zugeschneidert, sondern auch auf viele andere Pseudowissenschaften (Freie Energie, Parapsychologie, etc.). Es ist eine lex esoterica sozusagen, um keine weitere Ressourcenverschleuderung zu betreiben. Wenn man das Konzept der Szientabilität mit der Herstellung eines Pullovers vergleichen will, so lässt sich sagen, dass man es gar nicht wissen will, ob man einen Pullover ganz ohne Wolle oder ähnlichem herstellen kann. Die Frage, einen Pullover aus dem Nichts entstehen zu lassen, stellt sich eigentlich gar nicht!
Lassen Sie es mich mit meinen Worten sagen:
Mr. MIR sagt: Wenn etwas nicht szientabel ist, dann ist es so derartig falsch bzw. nicht ernst zu nehmen bzw. unwissenschaftlich, dass man nur mehr sagen kann : “Dafür soll man besser kein weiteres Forschungsgeld mehr ausgeben, es wäre falsch verwendetes Geld.“
Wir wollen keine Zuckerkügelchen mehr mit öffentlichen Mitteln erforschen. Kann man das verstehen?
Prof. H. Walach: Ein Bestehen auf dem Scientabilitätskriterium würde dazu führen, dass das herrschende Paradigma befestigt wird und Innovationen, die darüber hinaus gehen, per Dekret als unerlaubt definiert werden. Weymayrs Kriterium der Scientabilität hätte bei Anwendung auf Wissenschaft schlechthin den Effekt, die auf dem gegenwärtigen Paradigma beruhende “normale Wissenschaft” zu zementieren und einen Paradigmenwandel zu verhindern.
Wissenschaft ist schlechthin immer normal und gewöhnlich, das ist es, was wir alle wollen. Und der Vorwurf, dass Innovationen, die darüber hinaus gehen, per Dekret als unerlaubt definiert werden erhärtet sich nicht, zumindest nicht auf mittlere Frist. Und einen Paradigmenwandel in den Naturwissenschaften kann man nicht durch Meckern erzeugen. Ein neues Paradigma wäre übrigens, auf das Scientabilitätskriterium zu bestehen. Das ist ein kleiner Schritt zum nächsten großen Paradigmenwechsel in der Forschung. Sobald wir uns darauf geeinigt haben, auf das Scientabilitätskriterium zu bestehen, würde dies dazu führen, dass nach eingängiger Analyse die weitere Analyse von fraglichen Methoden eingestellt werden kann. Man kann auch sagen, dass wir nun wissen, dass es nicht wirken kann und dass es nicht wirkt, sobald man es nachprüfen will. Keine Theorie für das Phänomen existiert, man hat, unter Zuhilfenahme von Metastudien und Fallkontrollen, einsehen können, das es nicht wirkt. Und somit können wir ruhigen Gewissens sagen, dass wir es nicht mehr finanzieren wollen. Szientabilität ist kein Unwort, sondern Szientabilität ist der Paradigmenwechsel!
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