Zwischendurch nur ein kleiner Linktipp für alle, die sich für Evolution interessieren. Auf die Seite Understanding Evolution habe ich irgendwann schon mal verwiesen. Neu ist, dass es dort auch eine Seite gibt, die sich speziell mit dem Lesen und Erstellen von Kladogrammen befasst, also dem, was wir heutzutage nehmen, um die evolutionäre Verwandtschaft verschiedener Arten zu illustrieren. So zum Beispiel kann so ein Kladogramm aussehen:
(Quelle: Tom Holtz – mit dem ich letztes Jahr bei der SVP-Tagung schnacken konnte, das war schon cool…)
Es zeigt die Verwandtschaft der Dinosaurier mit den ihnen nahestehenden Gruppen (wie zum Beispiel den Krokodilen links). Solche Kladogramme zu lesen ist nicht immer ganz einfach – insbesondere führen sie einen leicht in die Irre. Bei diesem zum Beispiel denkt man unwillkürlich, dass es eine Weiterentwicklung von links nach rechts zeigt, dass also die Dinos irgendwie fortgeschrittener oder evolutionär weiter sind als etwa die Krokodile. Diese Gefahr liegt besonders dann nahe, wenn rechts die Tiergruppe steht, für die man sich gerade interessiert – das macht man zwar oft so, eben weil man gewohnt ist, Diagramme von links nach rechts zu lesen (interessante Frage: Wenn jemand auf arabisch oder Hebräisch veröffentlicht, orientiert sie dann das Diagramm andersrum?), aber evolutionär ist das unsinnig. Es gibt in der Evolution kein “ich bin weiter entwickelt als du” – die Vorfahren der Krokodile haben sich vor so etwa 300 Millionen Jahre von denen der Menschen getrennt und beide haben seitdem eben 300 Millionen Jahre Evolution durchlaufen. Ja, es mag sein, dass auf der Linie zum Menschen mehr große Veränderungen zum Beispiel des Körperbaus stattgefunden haben – vom eidechsenartigen Krabbler zum nachtaktiven Insektenfresser zum Baumbewohner zum Savannenbewohner – auf der anderen Seite waren die ersten Krokodile aber auch ganz anders gebaut als die heutigen und die Evolution vergibt auch keine Punkte für den, der die meisten evolutionären Neuerungen einführt (ansonsten hätten auch z.B. Fledermäuse mit Flügeln und Ultraschall oder Wale wohl eher den Preis für die massivste Veränderung des Körperbaus verdient ).
Solche und andere Fehlinterpretationen sind weit verbreitet. Um sie zu vermeiden, kann man die Kladogramme umsortieren (die Säugetierausstellung im New Yorker Naturkundemuseum hatte seinerzeit – 1995 – die Huftiere ganz nach rechts gestellt). Diese und weitere Fehler, die man beim Lesen (und Erstellen) von Kladogrammen vermeiden sollte, gerade wenn man für nicht-Expertinnen schreibt, findet ihr auf der schönen Seite “The Tree Room”. Besonders schick ist der “field guide”, bei dem ihr direkt Beispielerklärungen für genau das Diagramm bekommt, das ihr gerade vor der Nase habt.
Sehr nett ist auch der Abschnitt “Trees matter” – da erfahrt ihr, wie Kladogramme helfen, Medikamente zu entwickeln, Krankheiten zu heilen oder Nutzpflanzen zu verbessern. Darauf dürft ihr auch gern verweisen, wenn mal wieder jemand sagt, dass Grundlagenforschung nutzlos ist: Willi Hennig, Erfinderin der Methode, war Entomologin (Insektenkundlerin) und beschäftigte sich mit der Frage, wie man diese kleinen Krabbelviecher (und andere Tiere) am besten klassifizieren sollte – dass diese Methode einmal universell eingesetzt werden und dabei eben auch einen praktischen Nutzen bekommen würde, war ursprünglich wohl kaum vorherzusehen.
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