Ich habe gerade etwas Nettes entdeckt – vermutlich haben das schon 1000 andere vor mir getan, aber das tut der Sache ja keinen Abbruch.

Es geht um Abstände im Raum und in der Raumzeit und vor allem darum, wie man sie sich veranschaulichen kann.

Fangen wir mit Abständen im Raum an, also mit der euklidischen Geometrie. Stellt euch vor, ihr seid auf einer Ebene mit einer x- und einer y-Achse unterwegs. Euch interessiert der Abstand des blauen Punkts vom Ursprung des Koordinatensystems (den Abstand bezeichnen wir mit “s”):

euklid0

O.k., das ist in diesem Fall einfach, weil der Abstand einfach gleich dem x-Wert der Koordinate des blauen Punkts ist und man ihn ja direkt ablesen kann. (Wenn der x-Wert bei einer Koordinate von 2 cm liegt, dann ist der Abstand 2cm).

Man kann sich den Abstand aber auch anders veranschaulichen, nämlich über eine Fläche: Das Quadrat des Abstands ist gleich der Fläche des gelben Quadrats (Achtung, damit keine Missverständnisse aufkommen: Hier und im Folgenden ist s² immer die schrafierte Fläche):

euklid1

Immer noch ziemlich trivial (und ein bisschen sinnlos, oder)? Interessanter wird es, wenn der blaue Punkt nicht mehr auf der x-Achse liegt, sondern irgendwo:

euklid2

Jetzt zeichnen wir zwei Quadrate, eins mit der Kantenlänge passend zum x-Wert (gelb), eins passend zum y-Wert (rot). Die schraffierte Fläche ist jetzt proportional zum Quadrat des Abstands s, also zu s². Man kann natürlich stattdessen auch ein Quadrat über die Kante s selbst zeichnen, nach dem Satz des Pythagoras hat das dieselbe Fläche: s²=x²+y²:

euklid3

Fragt ihr euch immer noch, was das ganze soll? Dann machen wir jetzt den Sprung von der euklidischen Ebene zum Raumzeit in der speziellen Relativitätstheorie. (Die sogenannte Minkowski-Metrik.) Dort haben wir (der Einfachheit halber, sonst muss ich in 3D zeichnen) eine räumliche Dimension x und eine zeitliche Dimension t. Dabei misst man die räumliche Distanz in Lichtsekunden (eine Lichtsekunde=300000km, weil das Licht pro Sekunde 300000 Kilometer zurücklegt – genau genommen 299792,458, aber so pingelig muss man nicht sein) und die zeit in Sekunden, dann werden die Diagramme besonders einfach zu zeichnen.

Setzen wir unseren blauen Punkt erst einmal auf die Zeitachse – er ist also bei x=0, aber in der Zukunft (wir betrachten eine Linie vom Ursprung in der Mitte zu einem Punkt am selben Ort in der Zukunft – diese Linie (“Weltlinie”) könnte also die Bewegung eines Teilchens vom Ursprung zu diesem Punkt beschreiben, wobei sich das Teilchen hier gar nicht bewegt, weil sich der Ort ja nicht ändert):

minkowski1

Das rote Quadrat hat jetzt eine Fläche, die gleich t² ist – logischerweise.

Aber jetzt wird es interessant: Wenn sich das Teilchen sich nicht nur in der Zeit bewegt, sondern auch im Ort, dann sieht das Bild so aus (Ignoriert für den Moment die beiden diagonalen roten Linien, die kommen gleich):

minkowski2a

Der blaue Punkt ist der Raumzeitpunkt, zu dem das teilchen entlang der schwarzen Linie vom Ursprung aus geflogen ist. Das Teilchen war also am Anfang am Koordinatenursprung und hat sich dann zu einem Punkt mit größerem x-Wert hin bewegt. Der Raumzeit-Abstand des blauen Punkts zum Ursprung ist jetzt τ (der griechische Buchstabe “tau”). Wenn das Teilchen eine Uhr bei sich trägt, dann ist dieses τ gleich der Zeit, die für das Teilchen verstrichen ist, seit es vom Ursprung losgeflogen ist. In der Relativitätstheorie gibt es ja die Zeitdilatation – der Wert von τ ist also kleiner als t. Wie kann man sich das veranschaulichen? am besten, indem man wieder zwei Quadrate zeichnet:

minkowski2

Die Konstruktion ist ähnlich wie oben in der Ebene, aber jetzt wird die Fläche des kleineren Quadrates (mit Kantenlänge x) von der des größeren abgezogen. Die schraffierte Fläche ist jetzt proportional zu τ², denn es gilt τ² = t²-x².

Wenn unser Teilchen sich schneller bewegt, entfernt sich der blaue Punkte weiter in x-Richtung. Dann wird die schraffierte Fläche immer kleiner

minkowski3

und kleiner

minkowski4

und verschwindet schließlich ganz:

minkowski5

Je schneller das Teilchen sich vom Ursprung entfernt, desto kleiner wird τ, desto weniger Zeit vergeht also für das Teilchen. Das ist genau die Zeitdilatation und mit dieser einfachen Konstruktion kann man sie direkt veranschaulichen. Im letzten Bild ist τ=0, für das Teilchen vergeht also gar keine Zeit. Wie das angehen kann? Im letzten Bild landet der blaue Punkt ja auf der diagonalen roten Linie – das Teilchen hat sich also in einer Sekunde im genau eine Lichtsekunde bewegt, mit anderen Worten, es ist mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs. Licht aber hat keine Eigenzeit. (Ich vermeide die Aussage “für Licht vergeht keine Zeit”, weil Licht nichts ist, das eine Zeit messen oder eine Uhr bei sich tragen kann – es gibt kein sinnvolles Bezugssystem, in dem Licht ruht.)

Noch weiter nach rechts kann man den Punkt auch schieben, aber dann müsste man die Fläche negativ rechnen, weil das gelbe Quadrat größer wird als das rote. So kann sich allerdings kein Teilchen bewegen, dazu müsste es mit Überlichtgeschwindigkeit unterwegs sein. (Man kann natürlich die Konstruktion umdrehen und das rote vom gelben Quadrat abziehen, das wäre dann in der SRT ein “raumartiger” Abstand, aber das erkläre ich hier  nicht – diejenigen die das kennen, dürften es sofort einsehen, alle anderen sind vermutlich eher verwirrt…)

Ich finde die Konstruktion hübsch, weil sie zum einen die Analogie und die Unterschiede zur gewöhnlichen Geometrie aufzeigt, und weil man zum anderen unmittelbar sieht, wie die Zeit für das Objekt immer langsamer vergeht, weil die schraffierte Fläche kleiner wird. Ich bin aber gespannt auf Eure Meinung – ist das eine hilfreiche Veranschaulichung oder ist die Konstruktion zu wirr?

PS: Ja, hier auf dem Blog ist es im Moment sehr still, im letzten Monat gab’s nur einen Post. Das liegt nicht nur daran, dass ich ne Woche verreist war und ein paar Tage krank, sondern vor allem daran, dass ich gerade in meiner Freizeit Dinge schreibe, die nicht für den Blog sind. Worum es da geht, verrate ich aber noch nicht.

Kommentare (57)

  1. #1 Tobi
    21. Oktober 2016

    So hatte ich das noch nie betrachtet, aber das ist klasse. Zwar war mir das Prinzip der Zeitdilatation schon klar, aber nicht, dass man das so einfach und schön darstellen könnte. Hilft zwar vermutlich nur Leuten, die wenigstens die Grundlagen euklidischer Geometrie verstehen, aber vielleicht schafft man es ja, den anderen die gleichzeitig auch noch zu erklären.

    […] dass ich gerade in meiner Freizeit Dinge schreibe, die nicht für den Blog sind. Worum es da geht, verrate ich aber noch nicht.

    Vielleicht ein Buch? Science, Fiction oder Science-Fiction? Alles drei gut! 😉

  2. #2 rolak
    21. Oktober 2016

    1000 andere vor mir

    Das wäre dann ca eine Quote von 1:1e8, MartinB, Dich ziemlich herausstellend, mich eindeutig ausgeschlossen. Dabei gefallen mir solche geometrischen Analogien schon deswegen so gut, weil sie so effektiv als gedächtnisstützende Eselsbrücken wirken.

    verrate ich aber noch nicht

    Viel Erfolg mit dem Geheimnis, von dem wir bestenfalls spekulieren können, daß die hier beschriebene Entdeckung damit irgendwie thematisch verbandelt ist.

  3. #3 Ingo
    21. Oktober 2016

    Ich schliesse mich Kommentar #1 von Tobi an.
    Solche Eselsbruecken helfen Mathelegasthenikern wie mir sehr.
    Zeitdilatation nach SRT -> Prinzip schon vorher verstanden.

    Aber jetzt dann auch das “AHA”-Erlebnis, dass es so einfach zu berechnen ist.

    (Eigenzeit in Sekunden) = sqrt ((Zeit im Ruhesystem in Sekunden)² – (zurueckgelegt Strecke im Ruhesystem in Lichtsekunden)²)

    Das versteht dann sogar ein Ingo

  4. #4 togibu
    21. Oktober 2016

    Müsste in der dritten Zeichnung das schraffierte gelbe Quadrat nicht mit x² (statt s²) beschriftet werden? Es stellt doch das Quadrat des x-Wertes der Koordinaten von s dar. Und es wäre auch nicht zu s² proportional, sondern mit diesem identisch, oder?

  5. #5 togibu
    21. Oktober 2016

    Korrektur: Der letzte Satz sollte lauten: Und es wäre in diesem Fall auch nicht zu s² proportional, sondern identisch.

  6. #6 rolak
    21. Oktober 2016

    Müsste .. nicht?

    Fein beobachtet, togibu. Müffelt ein wenig nach vorschneller Zeichnungs-Weiterverwertung.

    Zum Zusatz: ‘identisch’ ist auch nur ein Spzialfall von ‘proportional’.

  7. #7 MartinB
    21. Oktober 2016

    @togibu/rolak
    Das s² in der dritten zeichnung soll auf die gesamte schraffierte Fläche hindeuten, nicht nur auf das gelbe Quadrat.

  8. #8 rolak
    21. Oktober 2016

    zeichnung soll

    Na dann ist es aber zumindest ein ziemlicher design flaw, MartinB, zu ähnlich zu der Zeichnung direkt drüber. Obgleich es zugegebenermaßen dem kleinen Roten an Benamung mangelt.

  9. #9 Niels
    21. Oktober 2016

    Na ja, ist doch einfach nur das Linienelement der Minkowski-Metrik in kartesischen Koordinaten?

    ds^2 = dτ^2 gilt für alle Raumzeiten. Speziell für die Minkowski-Raumzeit ist
    ds^2 = dt^2 – (dx^2+dy^2+dz^2), und damit eben
    dτ^2 = dt^2 – (dx^2+dy^2+dz^2).

    Wenn man ein Minkowski-Diagramm lesen kann müsste einem dieser Zusammenhang doch klar sein?

  10. #10 MartinB
    21. Oktober 2016

    @Niels
    Ja, aber zwischen “müsste” und “ist” klafft aj oft ein unterschied – ich fand es selbst jedenfalls nett zu sehen, dass man den Minkowski-Abstand sso einfach grafisch veranschaulichen (und ne Analogie zum Euler-Abstand) finden kann.

  11. #11 michanya
    21. Oktober 2016

    … PI mal Daumen – ist ein bekannter Ausdruck bei maurern und tunchnern um Abstand und Mass zu nehmen.

    Heute kommt noch als WASSERWAAGE das laserlicht zugute – fruher war es die schnur und das senkblei.

    Wer schreibt der bleibt auch mit ZEILENABSTAND in lutherbibel – biotec4u

  12. #12 michanya
    21. Oktober 2016

    … und der BLAUPUNKT fernseher mit rotem standby you punkt – funzzzzzt auch mit Fernbedienung nur bis zu einem gewissen Abstand.

    Aus der FERNE gott is watching u – biotec4u

  13. #13 MartinB
    21. Oktober 2016

    @michanya
    Kannst du bitte solchen völlig sinnfreien Kommentare, die mit dem Thema nichts zu tun aben, unterlassen?

  14. #14 CS
    22. Oktober 2016

    Müßten die Bezeichnungen in der dritten Abbildung rechts nicht x² und y² für die gelb bzw. rot schraffierten Quadrate lauten?
    Dann folgt s²=x²+y²

    Ich finde die Abbildungen etwas verwirrend, zum einen durch die Art der Beschriftung (die Punkte an den Beschriftungshilfslinien verwirren mich immer wieder). Zum anderen wird (bei den t-x-Abbildungen) nicht deutlich, ob der blaue Punkt bei einem konstanten t seinen x-Wert ändert. Dann hätte er doch aber eine unendliche Geschwindigkeit, weil die Ortsveränderung bei einem delta-t=0 stattfindet.

    Die allgemeine Art, sich das Phänomen zu verdeutlichen, finde ich interessant, auch wenn ich wohl einen anderen graphischen Weg gehen würde. (Dem ich mit meinem weniger abstrakten Denken leichter folgen kann.)

  15. #15 MartinB
    22. Oktober 2016

    @CS
    Die einzelnen Quadrate habe ich ja gar nicht beschriftet, beschriftet ist nur die scharffierte Fläche.
    “Zum anderen wird (bei den t-x-Abbildungen) nicht deutlich, ob der blaue Punkt bei einem konstanten t seinen x-Wert ändert.”
    Das ist vermutliche in missverständnis (liegt wohl daran, dass ich im Text von einer Bewegung des blauen Punkts spreche, das ist irreführend, ich hätte lieber ein Objekt nehmen sollen, dessen Weltlinie den blauen Punkt durchquert): Der blaue Punkt kennzeichnet einen Punkt in der Raumzeit, er kann sich nicht bewegen.

  16. #16 MartinB
    22. Oktober 2016

    @alle
    So, ich habe den Text mal an einigen Stellen geändert, ich hoffe, jetzt ist er weniger missverständlich.

  17. #17 roel
    *******
    24. Oktober 2016

    @MartinB “vermutlich haben das schon 1000 andere vor mir getan, aber das tut der Sache ja keinen Abbruch.”

    MartinB, du bist der erste, der mir mit dieser super einfachen Beschreibung Abstände im Raum und in der Raumzeit erklärt hat. Bei deinen Beiträgen ist deine Begeisterung immer zu spüren. Ich denke das macht den Unterschied.

    @Niels Danke auch an Niels, der die dazu passenden Formeln liefert. Mit alleinstehenden Formeln habe ich noch ein paar Defizite. Aber wenn Sie wie hier dann auch graphisch erklärt werden, klappt das wunderbar.

  18. #18 Karl-Heinz
    24. Oktober 2016

    @roel

    …dazu passenden Formeln…

    Wenn du wirklich mit der Formel rechnen möchtest, musst du aufpassen, dass sowohl Abszisse als auch die Ordinate die gleiche Einheit aufweisen.

    Das heißt, du musst die Ordinate (quasi unsere Zeitachse) mit c multiplizieren um ebenfalls eine Längeneinheit zu erhalten.

    Damit folgt ds^2 = c^2*dt^2 – (dx^2 + dy^2 + dz^2)

    Für die differentielle Eigenzeit gilt: dτ = ds/c

    Wobei c die Lichtgeschwindigkeit ist.

  19. #19 MartinB
    24. Oktober 2016

    @Karl-Heinz
    Das mit den Einheiten hatte ich ja im Text auch erklärt, indem ich Distanzen in Lichtsekunden messe.

  20. #20 Karl-Heinz
    24. Oktober 2016

    @MartinB
    Wenn die Ordinate (Zeitachse) auch die Einheit Lichtsekunde hat, dann bin ich zufrieden. Kommt im Text nicht so richtig rüber, da du von Sekunden sprichst. Habs nur deswegen bekritelt, da man der Versuchung schwer widerstehen kann bei dt in Sekunden einzusetzen, was geometrisch vielleicht richtig mathematisch aber total falsch ist.

  21. #21 roel
    *******
    24. Oktober 2016

    @Karl-Heinz Danke. Wenn es um Formeln geht, habe ich lieber einen Tipp zu viel, als einen zu wenig. Ich weiß dann, wo (dieses Mal) du ein potentielles Problem siehst und wo ich dann lieber noch ein zweites und drittes Mal drüber schaue.

  22. #22 Karl-Heinz
    24. Oktober 2016

    Interessant sind auch folgende Unterscheidungen.

    a) ds^2 =0 lichtartig
    b) ds^2 >0 zeitartig
    c) ds^2 <0 raumartig

    @roel
    Danke für deine Antwort
    Hatte schon befürchtet, dass der Hinweisen als Kritik aufgefasst wurde, was es auf keinen Fall ist. Eher das Gegenteil ist der Fall d.h. finde den Artikel sehr interessant und toll.

  23. #23 Karl-Heinz
    25. Oktober 2016

    @MartinB
    Upps …

    Versteh jetzt, wie du es gemeint hast.

    Du dividierst die Räumliche x-Achse durch die Lichtgeschwindigkeit c und bekommst als Einheit Sekunde heraus. Damit man aber weiß, dass es sich eigentlich um eine räumliche Distanz handelt, sprichst du von Lichtsekunden.
    Bei der Zeitachse sprichst du von Sekunden.

    Alles klar. Beide Achsen haben dieselbe Einheit (Sekunden bzw. Lichtsekunden)

  24. #24 MartinB
    25. Oktober 2016

    @Karlheinz
    Jupp, ich messe einfach Strecken in Einheiten von 300000km (1 Lichtsekunde).
    Da das hier zum einen ein schnell geschriebener Text war, den ich zum anderen möglichst simpel und auf die bilder fokussiert halten wollte, habe ich das nicht im Detail erklärt sondern nur kurz erwähnt.

  25. #25 roel
    *******
    25. Oktober 2016

    @Karl-Heinz Ich freue mich über jeden Hinweis und über jede Kritik. Nur wer Hinweise und Kritik ernst nimmt, kann sich auf Dauer verbessern.

  26. #26 Pilot Pirx
    5. November 2016

    Und nun der Witz für die Freunde der nichteuklidischen Geometrie: “Entschuldigung, aber Ihr Ball ist umgekippt.”
    Mal ganz ohne Spaß, gibt es Geometrien, in denen “Bälle umkippen” könnten bzw. sowas auch nur irgendwie sinnvoll wäre?

  27. #27 MartinB
    6. November 2016

    @PilotPirx
    Bin jetzt nicht so der Geometrie-Guru (frag mal Thilo bei Mathlog). Ein Ball wäre ja die Sammlung aller Punkte die dichter als der Radius am Mittelpunkt wären – damit der Ball umkippen kann, müsste es trotzdem so sein, dass der Schwerpunkt nicht gleich dem Mittelpunkt ist – vielleicht kann man sowas in einer Geometrie bauen, wo es auf einer Seite des Radius “mehr Raum” gibt als auf der anderen, wenn der Ball dann auf einer Fläche liegt, die der “weniger Raum”-Seite näher ist und von der angezogen wird, dann würde der Schwerpunkt zu rotieren versuchen – oder auch nicht, weil ja beim Rotieren dann der Ball sich aus dem “mehr-Raum”-Bereich wegbewegen würde. Bin verwirrt, keine Ahnung, ob sowas geht…

  28. #28 Karl-Heinz
    6. November 2016

    @Pilot Pirx und MartinB

    Eine Kugel kann man nicht kippen sondern nur rollen. 😉

  29. #29 rolak
    6. November 2016

    nicht kippen

    Es mag ja durchaus recht lange her sein, daß Du mit so etwas gespielt hast, Karl-Heinz, aber generell müßtest Du doch Stehauf-Kugeln kennen. Die kann man kippen und dann stellen sie sich wieder ‘gerade’ hin.

  30. #30 Karl-Heinz
    6. November 2016

    @rolak

    In diesem Fall gebe ich dir recht.
    Ok, die Kugel kann auch eine Kippbewegung ausführen.
    Du hast meine Behauptung widerlegt. 🙂

  31. #31 MartinB
    6. November 2016

    @rolak
    Das war ja genau, was ich überlegt habe: Eine Kugel, deren Schwerpunkt nicht im Mittelpunkt ist, in dem Fall allerdings, weil auf einer Seite durch Raumkrümmung “mehr” Volumen da ist.

  32. #32 rolak
    6. November 2016

    genau, was ich überlegt

    Genau, und das hat mich auch sofort und kaum abwendbar an diese niedlichen Teile erinnert, MartinB, die mir entgegen Deines äquivalenten Konstruktes schon bekannt waren und auch sonst wohl deutlich einfacher vorstellbar gewesen wären.

  33. #33 Trendelenburg
    8. November 2016

    1. In dem hier besprochenen Fall handelt es sich um eine eindimensionale Bewegung des Teilchens in Richtung der x-Achse. Das sollte man sich immer vor Augen halten.
    Die Weltlinien in Weg-Zeit Diagrammen erwecken den (leicht irreführenden) Eindruck, als würde sich da wirklich ein Teilchen in eine bestimmte Richtung bewegen.
    Auch die vorgeschlagene Veranschaulichung auf Basis eines Weg-Zeit-Diagramms ist also keine Veranschaulichung dessen, was mit Raum und Zeit bei einer linearen Bewegung tatsächlich vor sich geht, sondern nur eine Veranschaulichung der mathematischen Bezüge der Zeit- und Raumkoordinaten iS der Lorentz-Transformation, wie sie auch das Minkowski- oder das Loedel Diagramm leistet. Nur werden hier nicht Koordinatenachsen scherenhaft verdreht, sondern Quadrate ineinander verschoben.
    Manchen wird diese Veranschaulichung tatsächlich verständlicher sein als das Minkowski Diagramm. Aber seien wir ehrlich: all das ist nur eine Art Rechenschieber für die Lorentz-Transformation ohne Aussage darüber, was tatsächlich vor sich geht.

    2. Wie können wir uns veranschaulichen, was tatsächlich vor sich geht?
    Die Relativität von Zeit und Raum hat eine einzige Ursache: die Kausalausbreitung ist endlich. Ideal wird das repräsentiert durch die endliche “Lichtgeschwindigkeit”.
    Wenn nun zwei zueinander in Richtung der x Achse bewegte Beobachter (Beobachter 1 “ruht”, Beobachter 2 sei “bewegt”) zum Zeitpunkt des Ereignisses ihrer Begegnung (Ereignis 1) je einen Lichtstrahl in die Bewegungsrichtung aussenden, dann bedeutet das, dass sich die Photonen an der Spitze ihrer beiden Lichtstrahlen gemeinsam ausbreiten, bis sie irgendwo bei einem Ereignis 2 absorbiert oder reflektiert werden (die Koordination der Photonen tritt hier von selbst ein, weil ja nur eine gemeinsame Aussenderichtung in Frage kommt). Kein Photon kann ein anderes Photon überholen oder hinter diesem zurückbleiben.
    Wenn nun der Beobachter 2 fast so schnell ist wie das Licht, dann wird sein Lichtstrahl 2 gegenüber dem Lichtstrahl 1 sehr kurz sein.
    Aber Vorsicht: die Verhältnisse dieser beiden Lichtstrecken berechnen sich nicht nach Newtonscher Mechanik, sondern nach der relationalen Symmetrie des Lichts unter Berücksichtigung der vier Axiome der Kinematik: die Zeit ist homogen, der Raum ist homogen und isotop, es gilt das galileische Relativitätsprinzip. Für die Lichtstrahlen in die Gegenrichtung muss dasselbe herauskommen! Das bedeutet, dass das Verhältnis der beiden Lichtstrahlen bei v gegen c gegen unendlich:1 wird (und nicht etwa nur 300000:1)!
    Mit anderen Worten: die Strecke, die der Lichtstrahl 1 vom Ereignis 1 zum Ereignis 2 zurückgelegt hat, ist zB 10, die Strecke, die der Lichtstrahl 2 vom Ereignis 1 zum Ereignis 2 zurückgelegt hat, ist zB 1. Aus der Sicht des Beobachters 1 sind daher – bei einer Streckeneinheit von einer Lichtsekunde – bis zum Ereignis 2 10 Sekunden vergangen, aus der Sicht des Beobachters 2 nur 1 Sekunde.
    Aus Sicht des Beobachters 1 hat nun der Beobachter 2 bis dahin die Strecke 9 zurückgelegt.
    Aus Sicht des Beobachters 2 hat er zum Zurücklegen dieser Strecke von 9 nur 1 Sekunde “Lebenszeit Tau” benötigt. Dieses Verhältnis 9/1 nennt man Eigengeschwindigkeit. Sie kann größer werden als die Lichtgeschwindigkeit.
    Warum konnte der Beobachter 2 so schnell sein? Weil sich die Ruhelänge der zurückzulegenden Strecke, die aus der Sicht des 1 “9” betragen hat, aus der Sicht des 2 entsprechend verkürzt hat, sodass er mit der Relativgeschwindigkeit v (kleiner als c) trotzdem so weit kommen konnte. Die Verkürzung ergibt sich als unmittelbare Folge des merkwürdigen Verhaltens der Photonen an der Spitze der beiden Lichtstrahlen, ganz gleich, wie sich die Beobachter zueinander bewegen.
    Der Beobachter 2 ist sozusagen mit zunehmender Relativgeschwindigkeit mit “Siebenmeilenstiefeln” unterwegs. Seine Eigengeschwindigkeit könnte beliebig groß gedacht werden. Er könnte ungeheure Entfernungen zurücklegen, weil bei ihm fast keine Zeit vergeht, während an ihm aus seiner Sicht seines “Ruhens” ein fast auf Null kontrahierter Weg vorbeifliegt.
    Das hat aber nichts damit zu tun, dass er langsamer altern würde als der Beobachter 1. Auch der Beobachter 2 ist nämlich genau so effektiv bei seinen Reisen, was unmittelbar einleuchtet, wenn man zwei “koordinierte” Lichtstrahlen in die Gegenrichtung betrachtet.
    So weit der unmittelbare “sinnliche” Zugang zur SRT.

    3. Eine gute Veranschaulichung der mathematischen Verhältnisse, die die Strecken anhand der koordinierten Photonen in Abhängigkeit von der Relativgeschwindigkeit haben, sind die Verhältnisse der Brennstrahlen einer Ellipse bzw. – bei drei Raumkoordinaten – eines Ellipsoids. Es handelt sich im Grunde um die Weiterentwicklung des Beispiels mit dem Raumschiff, in dem ein Lichtstrahl auf- und abpendelt und der aus Sicht des Beobachters auf der Erde eine längere Strecke zurücklegen muss. Mit dieser Ellipse versteht man in anschaulicher Weise den relativistischen Dopplereffekt in alle Raumrichtungen, den relativistischen Impuls und die relativistische Energie.

  34. #34 Jay
    23. März 2017

    Hallo,

    ich bin (offenbar später als die anderen, die hier kommentiert haben) auf diesen Text in Deinem Blog gestoßen. Eigentlich habe ich das Gefühl, den Text verstanden zu haben.

    Das “eigentlich” bezieht sich auf die ersten Grafiken. Nehmen wir die erste. Der Abstand eines Objekts im Raum vom Ursprung des Koordinatensystems. Ich habe also X, Y und ein Objekt, so weit, so klar. Allerdings ist in dieser Grafik auch ein s enthalten. Die Bedeutung des s ist hier – wie auch in den folgenden Grafiken – nicht erklärt.

    Wenn s² die Fläche darstellt, dann müsste s ja das Objekt darstellen, oder? Wieso aber ist der Punkt s einfach irgendwo nahe der Mitte (zwischen Ursprung des Koordinatensystems und dem eigentlichen Objekt) des Objekts eingetragen?

    thx

    jay

  35. #35 Karl-Heinz
    23. März 2017

    @Jay

    Das s in der obigen Grafik, ist das Linienelement (Strecke bzw. Anstand) zwischen Punkt 1 und Punkt 2.

    Im räumlichen Koordinatensystem kannst du den Abstand zwischen 2 Punken direckt messen. Falls du das ganze in x,y,z Komponenten zerlegt hast, musst halt die einzelnen Komponenten messen und den Abstand wie folgt berechnen.
    s =Wurzel ( delta x * delta x + delta y * delta y + delta z * delta z)

  36. #36 MartinB
    24. März 2017

    @Jay
    Das “s” steht einfach für “strecke”, und du hast recht, ich habe das im Text nirgends hingeschrieben (und dabei predige ich meinen Studis immer, dass man jedes Formelzeichen explizit erklären muss….)
    Ich habe das mal eingebaut, danke für den Hinweis

  37. #37 Jay
    24. März 2017

    Vielen Dank, Martin!

  38. #38 Karl-Heinz
    24. März 2017

    @Jay

    P0(t,x,y,z)=(0 Ls, 0 Ls,0 Ls, 0 Ls)
    P1(t,x,y,z)=(5 Ls, 2 Ls, 1 Ls, 2 Ls)

    Wie groß ist s^2 bzw. s in Ls (Lichtsekunden)?

  39. #39 Karl-Heinz
    26. März 2017

    Lösung: ∆s^2 =(25-4-1-4) =16 ==> ∆s=4

    Von https://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/SRT/Geometrie.html

    Ist ∆s^2 > 0, so ist es möglich, mit einer Geschwindigkeit v < c von einem zum anderen Ereignis zu gelangen. Man sagt dann, die beiden Ereignisse liegen zeitartig zueinander. In diesem Fall gibt es ein Inertialsystem I', in dem sie am selben Ort stattfinden. (Um es in der zweidimensionalen Theorie mit Koordinaten (t, x) zeichnerisch zu finden, muss dessen t'-Achse lediglich parallel zur Strecke P0P1 gewählt werden). Das frühere kann das spätere Ereignis beeinflussen.
    ∆s 2 ist hier das Quadrat der Eigenzeit, die für eine Uhr vergeht, die sich geradlinig gleichförmig vom früheren zum späteren Ereignis bewegt. (Beweis: Im Inertialsystem I' finden beide am selben Ort statt, daher ist ∆x' = 0, woraus ∆s 2 = ∆t'^2 folgt. ∆t' ist aber gerade die Zeit, die für die besagte Uhr vergeht).

  40. #40 Karl-Heinz
    26. März 2017

    @Jay

    Wie groß ist die Geschwindigkeit des Inertialsystem I’, damit beide Ereignise vom oben genannten Beispiel am selben Ort stattfinden? 😉

  41. #41 Karl-Heinz
    26. März 2017

    Lösung:Die Geschwindigkeit des Inertialsystem I’ ist ∆l(x,y,z)/∆t = Wurzel(4+1+4)/5 = 3/5.
    Da 1 gleich c entspricht ==> v von I’ = 3/5c.
    Zur Kontrolle berechnen wir noch die Zeitdilatation und vergleichen es mit s.
    t’ =t* Wurzel(1-v^2/c^2) = 5* 0.8 = 4 Sekunden.

  42. #42 MartinB
    26. März 2017

    @Karl-Heinz
    So richtig erschließt sich mir nicht, warum du hier Aufgaben postest…

  43. #43 Karl-Heinz
    26. März 2017

    @MartinB
    Kein Problem ich unterlasse das in Zukunft.

  44. #44 Peter Neumeyer
    Reinheim
    6. September 2019

    Eine sehr schöne Veranschaulichung!

  45. #45 MartinB
    6. September 2019

    @Peter
    Freut mich. Die findet sich (mit vielen anderen schönen Veranschaulichungen) natürlich auch in meinem Buch, um mal etwas Werbung zu machen…

  46. #46 Trendelenburg (Peter Strohmayer)
    10. April 2020

    @Niels #9
    @Martin B. #10

    M.B.s pädagogische Verdienste und seine Expertise auf vielen Gebieten der Physik kommen uns sehr zu Gute. Aber Kritik muss sein.
    Solche Skizzen vermitteln nur ein vages und wertloses Gefühl, man hätte etwas von der SRT verstanden.

    Die ersten Skizzen stellen den Rechenvorgang für den räumliche Abstand s zweier Punkte iSd euklidischen Metrik s2 = x2+y2 anschaulich dar. Man muss das Koordinatensystem allerdings “im Kopf” drehen und sich vorstellen, dass die Summen (∆x’2+∆y’2 usw) gleich bleiben müssten. Das geht. Embacher https://homepage.univie.ac.at/franz.embacher/SRT/Geometrie.html beweist das geometrisch.

    Der Grund für diese Konstanz ist der Satz des Pythagoras. Der wird sowohl von M.B. als auch von Embacher vorausgesetzt und nicht anschaulich gemacht. Das ist allerdings anderswo vielfach geschehen.

    Die Skizzen für den raumzeitlichen Abstand s zweier Ereignisse iSd minkowskischen Metrik stellen wieder nur einen Rechenvorgang, diesmal s2 = Tau2 = t2-x2 anschaulich dar. Man ist allerdings im Verständnis noch reduzierter als bei den euklidischen Skizzen, denn jetzt kann man kein Koordinatensystem “im Kopf” drehen oä und vermuten, dass eine bestimmte Fläche (die den raumzeitlichen Abstand repräsentiert) gleich bleiben müsste. Oder habe ich eine solche Aussage der Skizzen nicht durchschaut? Die zeigen doch verschiedene Ereignisse, nicht gleiche Ereignisse aus der Sicht verschiedener Systeme. (Die verkippten Minkowski-Diagramme, die irgendwie an eine Drehung erinnern, könnten dies wegen der verzerrten Maßstäbe nicht anschaulich machen). Embacher versucht auch gar nicht, in Analogie zur Konstanz des euklidischen Abstands die Konstanz des raumzeitlichen Abstands anschaulich begreifbar zu machen, sondern beschränkt sich darauf, eine Analogie zwischen euklidischer Drehung und Lorentz-Transformation zu behaupten.

    Der Grund für diese Konstanz einer Flächendifferenz ist die Konstanz der “Lichtgeschwindigkeit”. Dieser zwingende Grund wird sowohl von M.B. als auch von Embacher über die “fertige” Lorentz-Transformation vorausgesetzt, aber nicht anschaulich gemacht. Das ist mW noch nie geschehen. So wie beim Pythagoras auch die Notwendigkeit der merkwürdigen Metrik der Raumzeit (ausgehend von c) anschaulich zu machen, wäre etwas, was einen weiterbringen würde.

  47. #47 MartinB
    11. April 2020

    @Trendelenburg
    So ganz verstehe ich die Kritik nicht – dieser Blogtext soll einen Aspekt der SRT verdeutlichen. Was du gerne hättest – eine Erklärung der Abstandsformel, des Zusammenhangs mit der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit, den Satz des Pythagoras anschaulich machen usw. – kann man machen, das geht aber nicht in einem Blogtext. Da müsste man schon ein Buch schreiben. Man könnte so ein Buch vielleicht “Die Entdeckung der Raumzeit” nennen, das wäre ja mal ne Idee 😉

  48. #48 Peter Strohmayer
    11. April 2020

    @Martin B
    #45 ist völlig legitim.

  49. #49 Christian
    Wien
    26. Mai 2020

    Re: Ich bin aber gespannt auf Eure Meinung – ist das eine hilfreiche Veranschaulichung oder ist die Konstruktion zu wirr?

    Deine Veranschaulichung ist sehr gut – danke dafür!
    Kennst du vielleicht auch eine Veranschaulichung für folgendes? In Brian Greens Buch “Das elegante Universum” heißt es: “Vor Kaluzas Hypothese hielt man Gravitation und Elektromagnetismus für zwei Kräfte, die nichts miteinander zu tun haben. … Nach seiner Theorie sind sowohl Gravitation wie Elektromagnetismus mit Krümmungen in der Raumstruktur verknüpft. Die Gravitation wird durch Krümmungen in den vertrauten drei Raumdimensionen übertragen, während der Elektromagnetismus von Krümmungen übertragen wird, die die neue, aufgewickelte Dimension einbeziehen.” In Gian Francesco Giudices Buch “Odyssee im Zeptoraum” lese ich beispielsweise folgendes: “Da sich die physikalischen Gesetze der QED mit der Eichsymmetrie allein vollständig bestimmen lassen, erscheint uns die Gravitationskraft des verborgenen Raums wie die elektromagnetische Kraft.”

    Wenn ich jetzt die von uns als dreidimensional wahrgenommene Welt mit einer hyothetischen zweidimensionalen Welt in Beziehung bringe, wie lassen sich die obigen Aussagen dann in einem solchen Umfeld veranschaulichen? Elektrizität und Magnetismus sind bipolar, Gravitation ist monopolar. Wenn uns die Gravitationskraft in Richtung der vierten Raumdimension als elektromagnetische Kraft erscheint, dann muss die Gravitation auch bipolar sein, oder? Ich scheitere jedenfalls an einer Veranschaulichung im 3D-2D-Analogon.

  50. #50 MartinB
    26. Mai 2020

    @Christian
    Auf Anhieb habe ich dazu keine tolle Idee, wie man das anschaulich machen kann. Ob eine Kraft bipolar ist oder nicht (ob sich also gleich oder gegensätzlich geladenes anzieht) hängt direkt am Spin des Austauschteilchens, wie du in meiner sehr langen Quantenfeldtheorieserie nachlesen kannst. Wie man das mit Kaluza-Klein zusammenbringt, weiß ich nicht; ich gebe auch zu, dass ich eine instinktive Abneigung gegen all diese Extra-Dimensionen habe und mich deswegen nie im Detail damit beschäftigt habe. Ich glaube, bei Penrose in Road to Reality steht was dazu, bin aber gerade nicht sicher. Ich verstehe aber auch nicht, wie da bei dir eine zweidimensionale Welt ins Spiel kommt.

  51. #51 Christian
    Wien
    30. Mai 2020

    > Auf Anhieb habe ich dazu keine tolle Idee, wie man das anschaulich machen kann.

    Na geh …

    > Ich verstehe aber auch nicht, wie da bei dir eine zweidimensionale Welt ins Spiel kommt.

    Naja, eine – im wahrsten Sinn des Wortes – Veranschaulichung in vier Raumrichtungen kann nicht funktionieren, deswegen habe ich jeweils eine Dimension gestrichen und versucht, mir ganz allgemein eine Kraft in drei Dimensionen vorzustellen, die innerhalb einer zweidimensionalen Welt eine Wirkung zeigt und aus Richtung der dritten Dimension innerhalb der zweidimensionalen Welt eine andere Wirkung zeigt. Wie gesagt, bin ich gescheitert – auch im Hinblick auf monopolar und bipolar.

    > ich gebe auch zu, dass ich eine instinktive Abneigung gegen all diese Extra-Dimensionen habe

    String-Theoretiker bist du also keiner?!

    > Die findet sich (mit vielen anderen schönen Veranschaulichungen) natürlich auch in meinem Buch, um mal etwas Werbung zu machen…

    Also dieses? Martin Bäker: Isaac oder Die Entdeckung der Raumzeit, Springer-Verlag

    Apropos Veranschaulichung: In einem anderen Blog hast du dich über Leute empört, die die euklidische Gummituch-Veranschaulichung zur Raumzeitkrümmung als Hinweis darauf sehen, dass unser Universum zumindest vier räumliche Dimensionen hätte. Ich habe dich daraufhin nach einer Alternativveranschaulichung gefragt und du hast mir ein Modell unterschiedlich heißer Metallplatten vorgestellt. Diese Veranschaulichung hat mir nicht getaugt, weshalb ich dir per Mail eine Veranschaulichung mit einem Glasblock, wo unterschiedliche Glassorten mit unterschiedlichem Brechungsindex eingearbeitet sind, beschrieben habe, sodass ein Lichtstrahl einen (mehrfach) gekrümmten Verlauf durch so ein Ensemble nehmen würde. In dieser Veranschaulichung habe ich also den Begriff Krümmung durch den Begriff Brechungsindex ersetzt, und bin eben nach wie vor mit drei Raumrichtungen ausgekommen.

    Da von dir niemals eine Rückmeldung dazu gekommen ist, könnte es sein, dass dich meine Nachricht nicht erreicht hat, oder hat mich etwa eine Nachricht von dir nicht erreicht?

  52. #52 MartinB
    31. Mai 2020

    @Christian
    “String-Theoretiker bist du also keiner?!”
    Nee, gar nicht. Ich halte die Grundidee (intuitiv und ohne physikalische Begründung) für falsch, weil ich davon ausgehe, dass eine fundamentale Theorie in irgendeiner Weise Zeit und Raum diskretisieren muss, während Stringtheorie ja eine Minkowski-Raumzeit annimmt. Scheint mir zu kurz gedacht.

    “Also dieses? Martin Bäker: Isaac oder Die Entdeckung der Raumzeit, Springer-Verlag”
    Jupp.

    An die Geschichte mit dem Brechungsindex kann ich mich nicht erinnern, es sei denn, du hast hier früher unter anderem Namen gepostet, da gab es mal eine sehr abstruse Diskussion….
    Ich denke, eine Veranschaulichung rein über den Brechungsindex kann eher die Zeitdilatation in der ART beschreiben, machen ja auch manche Leute, wenn sie sagen, dass in der gekrümmten Raumzeit die Lichtgeschwindigkeit sich ändern kann (was lokal nie stimmt, aber in manchen Koordinatensystemen so aussehen mag).

  53. #53 Christian
    Wien
    9. Juni 2020

    Die Veranschaulichung, in der ich Raumkrümmung durch optische Dichte ersetze, sieht so aus: Ich stelle mir einen Block aus Quarzkristallglas (Brechungsindex 1,46) vor, in den Kugeln aus Gläsern von unterschiedlichem Brechungsindex eingelassen sind: Diese Kugeln haben dann etwa einen Kern aus Lanthan-Schwerflintglas (Brechungsindex 1,85), an den dann Kugelschalen aus Schwerflintglas (Brechungsindizes 1,73 – 1,81) angrenzen, an die dann wiederum eine Kugelschale aus Flintglas (Brechungsindex 1,62) angrenzt, und das ganze immer so weiter, bis man bei einer Kugelschale aus Fluor-Kronglas (Brechungsindex 1,49) angelangt ist, das dann an das Quarzglas grenzt. Kugeln mit Lanthan-Schwerflintglas-Kern sind das Gegenstück zu großen Massen, Kugeln, deren Kerne geringere Brechungsindizes aufweisen, stellen entsprechend geringere Massen dar. Das Quarzkristallglas entspräche dann den mikrogravitativen Bereichen im Universum. So ein Glasblock (mit Streuteichen) oder alternativ ein Block aus unterschiedlichen Acrylaten mit Fluoracrylatmonomer als Basisstruktur, durch den ein oder mehrere Laser-Strahlen geschickt werden, wäre ein hervorragendes Anschauungsobjekt für die Lichtkrümmung im Gravitationsfeld von Massen.
    Dass bei diesem Anschauungsmodell Effekte wie die Totalreflexion auftreten, die bei der Gravitation nicht vorkommt, ist schon klar, aber Ähnlichkeiten in der Natur kann man schon für eine Veranschaulichung heranziehen, wenn man die Unähnlichkeiten kommuniziert.

    > Ich denke, eine Veranschaulichung rein über
    > den Brechungsindex kann eher die
    > Zeitdilatation in der ART beschreiben

    Auch! Wenn ich einen Körper in Richtung des Schwarzschild-Radius eines großen Schwarzen Lochs fallen ließe, dann würde ich von außen beobachten, dass sich dieser Körper dem Schwarzschild-Radius asymptotisch nähert und dabei in Fallrichtung immer kürzer wird. Von außen betrachtet “friert” die Bewegung dieses Körpers knapp oberhalb des Schwarzschild-Radius tatsächlich zunehmend ein. Ein Lichtstrahl hingegen behält seine Geschwindigkeit, wird aber, wenn man allfällig zurückgestreutes Licht von diesem von außen betrachtet immer rotverschobener, bis er dann am Schwarzschild-Radius eine unendliche Wellenlänge hätte, also von einem strahlungslosen Raumvolumen nicht zu unterscheiden wäre. Weil “Einfrieren” der Fallgeschwindigkeit bei gleichzeitiger Längenkontraktion und Rotverschiebung zwei Erscheinungsformen ein und desselben Effekts sind, kann man die Reduktion der Lichtgeschwindigkeit in optisch dichten Medien entsprechend interpretieren.
    Bei dem obigen Modell ging es mir aber vor allem darum, zu zeigen, dass eine Ablenkung von Photonen und allgemeiner Körpern in einem Schwerefeld nicht notwendigerweise eine Extradimension erfordert, in die sich der Raum ausstülpt, wie dies das Gummituchmodell suggeriert. Außerdem wird beim obigem Modell Gravitation nicht mit Gravitation veranschaulicht, wie das häufig am Gummituchmodell kritisiert wird.

  54. #54 MartinB
    9. Juni 2020

    @Christian
    Ob das dann noch besonders anschaulich ist, weiß ich aber nicht, man muss dann ja letztlich auch das Fermatsche Prinzip o.ä. erklären, so ganz unkompliziert ist das ja auch nicht, Mag aber sein, dass es Leute gibt, denen das hilft, müsste man ausprobieren.

    Beim zweiten Absatz bin ich mir nicht sicher, ob ich verstehe, was du meinst – ich sehe aber nicht, wie in einem Modell, bei dem ich räumlich eine skalare Größe (Brechungsindex) habe, die komplette Raumzeitkrümmung wiedergeben soll. Die Krümmung der Lichtbahnen kommt ausschließlich durch die langsamere Laufzeit zu stande, genau wie in Einsteins erstem Ansatz zur ART, wo es nur eine Zeitdilatation gab.

    Dass das ganze trotzdem ne gute Idee ist, bleibt aber unbenommen.

  55. #55 Peter Strohmayer
    Wien
    26. März 2021

    Zu #47: Ich habe den zeitartigen und den raumartigen Abstand sowie die konstante Differenz der Abstandsquadrate auf ein rechtwinkeliges Dreieck zurückgeführt:
    https://www.geogebra.org/m/dnehkeky
    und
    https://www.geogebra.org/m/hqhchvdu
    Vielleicht gibt es das schon irgendwo, dann umso besser.

  56. #56 MartinB
    27. März 2021

    @Peter
    Hab ich so noch nie gesehen.

  57. #57 pedalo
    Hamburg
    18. April 2021

    Danke für die lebhafte Debatte. Ich gestatte mir eine literarische Ergänzung: Das Problem wird auch in Sergej Snegows: “Menschen wie Götter” erörtert, s. https://de.wikipedia.org/wiki/Menschen_wie_Götter. Es galt in der DDR als das meist geklaute Bibliotheksbuch. Für mich bilden Euklid und Minkowski, Sein und Zeit, d.h. der Gang in die Abstände von Raum und Raumzeit, letztlich eine Möglichkeit, die historische Tiefendimension anschaulich in raum-zeitgemäße Stadtführungen zu integrieren, s. https://www.hamburg-by-rickshaw.de/ oder in die hochkulturelle Dimension der zeitlos Klassischen Musik, s. https://www.elb-plaza-philharmonie.guide/. So viel zur Konkretion. Danke fürs Teilen.