Wenn es um die Seltsamkeiten der Quantenphysik geht, dann ist meistens von Dingen wie “Verschränkung”, “Nichtlokalität” und so weiter die Rede. (Klickt rechts in der Tag-Wolke oder bei den Artikelserien, wenn ihr meine Auslassungen dazu lesen wollt.) Ein Aspekt wird allerdings selten ganz explizit diskutiert (außer gelegentlich, wenn es um Quantencomputer geht): Das Quantenuniversum ist unglaublich viel komplexer als ein vergleichbares klassisches Universum. (Eine Ausnahme ist “Road to Reality” von Penrose, dort wird die Komplexität sehr ausführlich erklärt- leider habe ich das Buch von Penrose nicht dabei und habe mir alles selbst zusammengerechnet – ich hoffe, ich habe keinen Unsinn gemacht. Falls doch, beschwert euch in den Kommentaren….)
Was meine ich mit Komplexität? Ganz einfach: Die Menge an Informationen, die ich benötige, um das Universum zu beschreiben. Wenn man die quantifizieren will, steht man allerdings schnell vor dem Problem, dass man über lauter Unendlichkeiten redet: Schon eine einzige Positionsangabe im Raum benötigt drei reelle Zahlen, also drei zahlen mit unendlich vielen Nachkommastellen. Man kann sich mit konstruktionen wie behelfen, um zu sagen, dass man 3 reelle Zahlen angeben möchte (so macht Penrose das auch), aber das ist ein bisschen unübersichtlich.
Ich mache es mir hier (wie so oft) einfacher – ist ja kein Lehrbuch, sondern ein Blog, da darf man mathematisch auch ein bisschen lax sein. Ich nehme einfach an, dass es nur endlich viele Raumpunkte gibt – je nachdem, wie die Quantennatur unserer Raumzeit genau funktioniert, mag das ja sogar richtig sein (auch wenn die Raumpunkte dann selbst auch Quantennatur haben müssten, aber das Fass mache ich heute nicht auf).
Um die Sache noch einfacher zu machen, betrachte ich ein Universum, das ziemlich klein ist – es soll genau 256 unterschiedliche Raumpunkte haben. Ich betrachte hier nur den Raum, nicht die Zeit. Die Zeit fügt am Ende eine Dimension hinzu, viel mehr ändert sie eigentlich nicht, was die Komplexität angeht.
Meine Frage hier soll also lauten: Wie viele Informationen brauche ich, um den Zustand des Universums zu einer bestimmten Zeit zu charakterisieren?
Klassische Teilchen
Nehmen wir erst mal an, die Welt wäre vollkommen klassisch. Teilchen wie Elektronen sind kleine Punkte – in unserem 256-Punkt-Universum ist ein Elektron also an einem von 256 möglichen Orten. Um zu wissen, wo das Elektron ist, muss ich also nur die zugehörige Zahl kennen: Das Elektron ist am Ort 27, oder 149 etc.
Um eine Zahl zwischen 1 und 256 eindeutig zu kennzeichnen, brauche ich eine Informationsmenge von einem byte. (Ein Byte sind 8 bit, ich kann also in bit-Schreibweise Zahlen zwischen 00000000 und 11111111 darstellen. Ich habe 8 mal die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten, also insgesamt .)
Was passiert, wenn wir zwei Elektronen haben? Dann kann jedes an einem Ort sein (und die kleine Schwierigkeit, dass Elektronen nicht unterscheidbar sind und dass nie zwei am selben Ort sein können, ignoriere ich hier), also muss ich für jedes Elektron eine solche Zahl haben, macht also 2 Byte an Information. Für 3 Elektronen sind es entsprechend 3 Byte usw.
Die Zahl an Informationen, die ich brauche, um den Zustand des Universums zu beschreiben, ist also einfach
(Zahl der Teilchen) * (Information zur Bestimmung eines Raumpunkts).
Nachtrag: Für ein Teilchen braucht man eigentlich zur Charakterisierung auch noch die Geschwindigkeit, nicht nur den Ort. Dann multipliziert sich die Zahl der Informationen mit einem Faktor 2 (weil ich für die Geschwindigkeit einfach sagen kann, in welchem Raumpunkt das Teilchen einen Moment später ist). Das ändert an den Verhältnissen hier nicht nennenswert etwas.
Klassische Felder
In der klassischen Physik gibt es nicht nur Teilchen, sondern auch Felder – zum Beispiel das elektrische oder das Magnetfeld. Ein Feld hat an jedem Punkt des Raums einen Wert (beim elektrischen Feld so etwas wie 8 Volt pro Meter, beim Magnetfeld 17 Tesla oder 0.0005 Tesla).
Um die Informationen eines Felds zu beschreiben, muss ich also an jedem meiner 256 Raumpunkte eine Zahl speichern. Auch hier haben wir wieder das kleine Problem, dass es eigentlich eine reelle Zahl sein sollte, die unendlich viele sich nicht wiederholende Nachkommastellen hat. Ich mache es mir einfach, und nehme an, dass ich die Zahl im Computer mit einer bestimmten, endlichen Genauigkeit speichere. Bei numerischen Berechnungen nimmt man meist Zahlen mit doppelter Genauigkeit, damit kann man etwa 15 Nachkommastellen korrekt angeben und in Exponentialschreibweise Größen zwischen und darstellen. Eine Zahl mit doppelter Genauigkeit benötigt genau 8 Byte.
Für physikalische Anwendungen ist das tatsächlich nicht wirklich ausreichend – wenn Systeme chaotisch werden, dann schaukeln sich auch Effekte an der 20. oder 30. Nachkommastelle schnell auf, aber hier geht es nur ums Prinzip.
Um also ein einzelnes Feld darzustellen, brauche ich am jedem der 256 Raumpunkte eine Zahl mit 8 Byte darstellen, insgesamt bin ich also bei 256 * 8 Byte = 2048 Byte:
Zahl der Raumpunkte * (8 Byte).
Wenn ich zwei Felder habe (beispielsweise elektrisches und magnetisches), dann muss ich entsprechend zwei solche Felder abspeichern, bei drei Feldern drei usw.
(Zahl der Felder) * (Zahl der Raumpunkte) * (8Byte).
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