Quelle: Flickr, rosario fiore, Old Map (60), unmodifiziert; CC BY-ND 2.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/)

Jahrtausende lang konnten die Menschen die Sterne nur als Punkte am Himmel beobachten, chancenlos ihnen näher oder auf die Spur ihrer Natur zu kommen. Sie wurden zu Projektionsobjekten von Mythen und wurden als verlässlicher Kalender genutzt. Aber der Schlüssel, ihre Rätsel zu lösen, lag darin, ihre Örter genau zu messen – und das ist kein Grammatikfehler – in der Astronomie ist der Plural von (Stern-)Ort nicht Orte, sondern Örter. Die systematische Positionsmessung offenbarte im 16. Jahrhundert, dass die Erde und die anderen Planeten die Sonne umkreisen und im 19., dass die Sterne ferne Sonnen sind.

 

Horizont- oder Azimutalsystem

Wie gibt man die Position eines Sterns an? Im einfachsten Fall anhand der Himmelsrichtung und der Höhe über dem Horizont. Auf diese Weise habe ich Euch im letzten Artikel die Position von Venus und Merkur angegeben. Da die Himmelsrichtung keine besonders präzise Angabe ist und für die Höhe keine Streckenangabe sinnvoll sein kann – man kennt ja zunächst nicht die Entfernung des Sterns – verwendet man Winkelangaben, auch Polarkoordinaten genannt. Anstelle der Himmelsrichtung tritt dann der Azimut-Winkel (oder kurz Azimut), also der Winkel der Richtung am Horizont, über der man den Stern vorfindet. Jeder Winkel braucht eine Bezugslinie, von welcher er gezählt wird. In der Geodäsie ist es beim Azimut die Nordrichtung. In der Astronomie ist es hingegen üblicherweise die Südrichtung, wo nicht nur die Sonne, sondern auch die Sterne auf ihrem scheinbaren Lauf über den Himmel ihren höchsten Stand (Kulmination) erreichen und wo aus Sicht eine Nordhalbkuglers die spannendere Himmelshälfte liegt. Man kann den Azimut entweder von 0° bis 360° zählen, wobei er von Süden nach Westen hin wächst, oder man zählt ihn bis +180° in Richtung Westen und bis -180° in Richtung Osten.

Die Höhe über dem Horizont, meist eben einfach Höhe genannt, oder falls man Eindruck schinden will, auch lateinisiert als Elevation (“Erhebung”) bezeichnet, wird vom Horizont senkrecht nach oben bis zum Stern gemessen. Das folgende Bildchen verdeutlicht die Lage und Zählrichtung der Winkel:

359px-HorSys.svg

Azimutales Koordinatensystem mit den Polarkoordinaten Azimut und Elevation (Höhe). Quelle: Wikipedia, gemeinfrei.

Der Punkt senkrecht über dem Beobachter heißt Zenit, und manchmal wird der Winkel vom Zenit aus bis zu Stern, die Zenitdistanz verwendet. Der Großkreisbogen[1], der von der Südrichtung durch den Zenit bis zur Nordrichtung reicht, heißt Meridian (von lat. meridies = Mittag, denn auf dieser Linie steht die Sonne zur lokalen Mittagszeit).

Dieses Koordinatensystem wird als azimutales KoordinatensystemAzimutalsystem, Horizontsystem oder Alt-Az-System (vom englischen altitude für die Höhe) bezeichnet. Seine Verwendung ist immer dann sinnvoll, wenn man Positionsangaben aus der Sicht eines Beobachters machen möchte. Jedes gute Planetariumsprogramm kann die Position von Sternen und Planeten als Azimut und Elevation ausgeben. Wenn man sich von der Webseite Heavens-Above.com die Vorhersage einer Satellitenbahn oder der ISS ausgeben lässt, kann man anhand der Azimut-Angabe sofort die Himmelsrichtung ablesen, wo der Satellit auftauchen wird und anhand der maximalen Elevation abschätzen, ob er hoch über den Beobachter fliegt oder nur über den Horizont krebst.

Mit der Hand bei ausgestrecktem Arm kann man Winkel ganz gut schätzen: Fingernagel des kleinen Fingers: ca. 0,5°, Zeige-/Mittel-/Ringfingerkuppe ca. 1°, Daumenkuppe knapp 2°, fünf Finger gut 5°, Handspanne inkl. Fingerlänge ca. 15°. Im Azimut kann man rechte Winkel zwischen benachbarten Kardinalhimmelsrichtungen (Nord, West, Süd, Ost) gut halbieren oder dritteln und somit eine Alt-Az-Angabe auch ohne Hilfsmittel am Himmel aufspüren. Wenn man es genauer wissen will, kann man einen Kompass für den Azimut (oder für die Generationen Y/Z: eine Kompass-App) und einen selbstgebastelten Quadranten mit Lot für die Höhe verwenden (… oder eine Wasserwaagen-App).

 

Äquatoriales Koordinatensystem

Für die Angabe von Sternörtern taugt das Azimutalsystem jedoch nicht besonders, denn es ist orts- und zeitabhängig. Die Sterne stehen verschieden hoch, je nachdem ob man sich auf der Erde weiter nördlich oder südlich befindet, und sie ziehen schräge Bögen über den Himmel, während die Zeit vergeht. Alt-Az-Angaben sind immer nur Momentaufnahmen.

Ein zur Angabe von Sternpositionen wesentlich geeigneteres Koordinatensystem ist das äquatoriale Koordinatensystem, das sich am System der Breiten- und Längengrade der Erde orientiert. Es gibt einen Himmelsnordpol, in dem die Längengrade sich schneiden, und einen Himmelsäquator, zu dem die Breitengrade parallel verlaufen. Der Himmelsnordpol liegt in Richtung einer Achse parallel zur Erdachse durch den Standort des Beobachters. Er weist ungefähr in Richtung des Polarsterns (Polaris im Kleinen Bären). Der Himmelsäquator ist ein Großkreis senkrecht zu dieser Achse, der den Ost- und Westpunkt am Horizont schneidet. Die Polhöhe entspricht dabei genau der geographischen Breite β (Beta). Dies machten sich die Seefahrer vergangener Jahrhunderte zu Nutze, um ihre geographische Breite zu bestimmen. Sie brauchten lediglich die Höhe des Polarsterns über dem Horizont zu messen.

In den folgenden Grafiken sind äquatoriale Systeme für mehrere geographische Breiten dargestellt. Zuerst das Bild, das in etwa dem Anblick des Himmels von Europa aus entspricht. Während die Erde sich dreht, ziehen die Sterne Bahnen parallel zu den Breitenkreisen des äquatorialen Systems. Einige Sterne, die weniger Abstand als die Polhöhe vom Himmelsnordpol haben, gehen nie unter, man nennt sie Zirkumpolarsterne, sie kreisen über dem Horizont um den Himmelspol. Dafür gehen die Sterne in einer gleich großen Umgebung um den Südpol nie auf, man kann nur Sterne nördlich eines Breitengrads von β-90° sehen, also von Deutschland aus (β≈50°) Sterne nördlich -40° Breite.

Äquatoriales Koordinatensystem für nördliche Breite β. Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Äquatoriales Koordinatensystem für nördliche Breite β.
Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Am Nordpol fällt das Äquatorialsystem mit dem Horizontsystem zusammen. Aber auch hier folgen die Sterne den Breitenkreisen. Sie umkreisen den im Zenit befindlichen Himmelsnordpol und sind alle zirkumpolar. Man kann von hier aus nur die Sterne nördlich des Himmelsäquators sehen.

Äquatoriales Koordinatensystem für den Nordpol. Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Äquatoriales Koordinatensystem für den Nordpol.
Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Am Äquator sieht man sowohl den Himmelsnord- als auch -südpol am Horizont liegend und die Breitenkreise verlaufen senkrecht zum Horizont. Der Himmelsäquator verläuft von Ost nach West durch den Zenit. Im Laufe einer Erddrehung kann man den gesamten Himmel sehen. Kein Stern ist zirkumpolar.

Äquatoriales Koordinatensystem für den Äquator. Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Äquatoriales Koordinatensystem für den Äquator.
Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Schließlich die Situation für einen Ort am Südhimmel: hier nimmt der Himmelssüdpol die Rolle des Nordpols bei uns ein, aber es gibt keinen hellen Südpolarstern, nur das Kreuz des Südens, das in Richtung des Südpols zeigt. Der Himmelsäquator verläuft nördlich des Zenits, die Sonne kulminiert hier im Norden und die uns vertrauten Sternbilder, die dort sichtbar sind, stehen auf dem Kopf. Die Sternbilder im Umkreis des Nordpols gehen hier nie auf, die in Südpolnähe sind zirkumpolar.

Äquatoriales Koordinatensystem für südliche Breite β. Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Äquatoriales Koordinatensystem für südliche Breite β.
Bild: Autor, Erde: Pexels.com gemeinfrei.

Die “Höhe” eines Sterns wird gemäß des Breitengrads am Himmel als Winkelabstand vom Himmelsäquator gemessen. Dieser Winkel wird Deklination (lat. für Beugung) genannt, mit δ abgekürzt (kleiner griechischer Buchstabe Delta) und in Grad von 0° bis 90° auf der nördlichen Himmelshälfte, bzw. 0° bis -90° auf der südlichen Hälfte gezählt. Zur genaueren Angabe wird das Grad weiter in 60 Bogenminuten zu 60 Bogensekunden unterteilt; 30 Bogenminuten entsprechen in etwa dem Durchmesser der Sonnen- oder Mondscheibe. Die Deklination eines Sterns ändert sich nicht, wenn die Erde sich dreht, denn die scheinbare Drehung des Himmelsgewölbes erfolgt ja parallel zum Himmelsäquator entlang der Deklinationskreise.

Die Längenkoordinate wird entsprechend entlang des Himmelsäquators gemessen. Aber auf welchen Null-Längengrad bezieht man sich? Im einfachsten Fall (ortsfestes Äquatorialsystem) wieder auf den Meridian. Der entsprechende Winkel heißt dann Stundenwinkel. Der Stundenwinkel wird nicht in Grad, sondern (wen hätte es gewundert?) in Stunden gemessen, von 0h bis 24h mit weiterer Unterteilung in Minuten und Sekunden. Der Name drückt allerdings schon aus, dass er sich mit der Zeit ändert, denn natürlich wandern die Sterne aufgrund der Erddrehung genau wie im Horizontsystem von Ost nach West. Pro Stunde wächst der Stundenwinkel um eine Stunde.

Allerdings nicht pro gewöhnlicher Sonnenzeitstunde. Die Erde dreht sich nämlich nicht etwa in 24h einmal um sich selbst, sondern einmal in 23h 56m 4,1s (= 86164,091 s), dem Sterntag oder siderischen Tag (lat. sidus: das Gestirn; sideris: des Gestirns). [2]

Der Stundenwinkel ist außerdem ortsabhängig. Auf einem Längengrad 15° weiter östlich ist der Stundenwinkel eines Sterns 1h größer – er hat den Meridian schon eine Stunde früher überschritten, und auch die Sternzeit ist dort eine Stunde weiter, sie gilt nur lokal auf einem Längengrad der Erde – Zeitzonen wie bei der Sonnenzeit gibt es nicht. Dennoch haben wir eine Möglichkeit, aus dem Stundenwinkel eine feste Koordinate abzuleiten. Zu einer bestimmten Sternzeit hat ein Stern einen ganz bestimmten Stundenwinkel, und das gilt überall. Oder anders gesagt, die Sternzeit θ (Theta) minus dem Stundenwinkel t ist konstant.

Aber worauf beziehen wir die Sternzeit? Wann sind es 0:00 h? Man könnte versucht sein, einen Stern am Himmel festzulegen, und wenn dieser kulminiert, startet der Sterntag. Das ist aber keine gute Wahl, denn unser schönes Koordinatensystem hat einen kleinen Nachteil: es bewegt sich gegenüber dem Sternenhimmel. Und zwar nicht nur aufgrund der täglichen Drehung, die wir durch die Sternzeit und den Stundenwinkel in den Griff bekommen, sondern aufgrund einer Taumelbewegung der Erdachse. Wie jeder Kreisel auf dem Tisch vollführt auch der Kreisel Erde eine Präzessionsdrehung. Das heißt, der Himmelspol zeigt nicht für alle Ewigkeiten auf den Polarstern, das tut er nur zufällig im Augenblick (um genau zu sein liegt er derzeit ein 3/4 Grad neben dem Polarstern). Er kreist mit der Zeit um den Pol der Ekliptik, also den Ort am Himmel, der senkrecht über der Ebene der Erdbahn steht.

Die Präzessionsdrehung der Erde dauert allerdings 25800 Jahre, so dass wir nicht viel davon bemerken. Erst über Jahrtausende verändert sich die Lage des Himmelspols und damit auch des Äquators merklich relativ zum Sternenhimmel. In ca. 12000 Jahren wird der helle Stern Wega, der hellste Stern nördlich des Himmelsäquators, ein sehr viel beeindruckender Polarstern sein, wenn auch nicht so nahe am Himmelspol, wie Polaris es heute ist (und Alderamin wird auch einmal der Polarstern sein 🙂 )

Heute ist Polaris im kleinen Bären der Polarstern und der Frühlingspunkt liegt im Sternbild Fische. Bild: Autor; Erde: Courtesy NASA/JPL; Sternbilder: CdC/Stellarium, gemeinfrei

 

In 12000 Jahren wird Wega in der Leier Polarstern sein und der Frühlingspunkt im Sternbild Jungfrau liegen. Bild: Autor; Erde: pexel.com, gemeinfrei; Sternbilder: CdC/Stellarium, gemeinfrei

In unserem Koordinatensystem bedeutet das, dass die Sterne ebenfalls eine Taumelbewegung am Himmel durchführen, was keine gute Wahl für einen Nullpunkt der Längenzählung ist. Statt dessen verwendet man als Nullpunkt einen der Schnittpunkte des Himmelsäquators mit der scheinbaren Bahn der Sonne um die Erde, der Ekliptik, besser als Tierkreis bekannt, und nichts anderes als die Ebene der Erdbahn um die Sonne. Es gibt zwei solche Schnittpunkte. In dem einen wandert die Sonne von Süden nach Norden über den Himmelsäquator. Genau dann beginnt der Frühling, also heißt der Ort standesgemäß Frühlingspunkt. Im zweiten Punkt wandert die Sonne wieder von Norden nach Süden, das tut sie zum Herbstanfang im Herbstpunkt. Der Frühlingspunkt ist derjenige, der den Nullpunkt der Sternzeit und damit auch des Längengradwinkels eines Sterns bestimmt. Wenn der Frühlingspunkt kulminiert, also den Meridian überschreitet, dann sind es exakt 0:00h Sternzeit. Oder anders gesagt, für einen gegebenen Ort auf der Erde ist die Sternzeit gleich dem Stundenwinkel des Frühlingspunkts.

Und so erhalten wir unseren Bezugspunkt: Wir haben vorhin gelernt, dass θ-t für jeden Ort konstant sind. Diesen Wert nennt man Rektaszension und kürzt ihn mit α (Alpha) ab, der wie alle Längenwinkel am Himmel in Stunden, Minuten und Sekunden gemessen wird. Dieser geheimnisvolle Winkel ist nichts anderes als der Winkelabstand des Längengrads des Gestirns vom Frühlingspunkt. Kleiner Check: Wenn der Frühlingspunkt vor einer Stunde kulminierte, ist es am betreffenden Ort 1h Sternzeit. Dann beträgt der Stundenwinkel des Frühlingspunkts 1h. Sternzeit minus Stundenwinkel sind also 1h – 1h = 0h. Der Frühlingspunkt hat folglich eine Rektaszension von 0h (und das gilt natürlich für jeden Stundenwinkel und jeden Ort, die Größe α ist ja konstant). Er definiert folglich den nullten Längengrad.

Ein Gestirn, das um 2h Sternzeit kulminiert, hat gerade einen Stundenwinkel von 0h. Sternzeit minus Stundenwinkel sind dann 2h – 0h = 2h. Und das ist der Abstand vom Längengrad des Frühlingspunkts, der um 2h einen Stundenwinkel von 2h hat (Definition der Sternzeit). Die Sternzeit, zu der ein Stern kulminiert, entspricht seiner Rektaszension.

Damit haben wir Koordinaten festgelegt, mit denen der Ort eines Sterns weltweit gültig eindeutig definiert werden kann: sein Breitengrad ist die Deklination δ, gemessen als Winkel über dem Himmelsäquator (oder negativ darunter), und sein Längengrad ist seine Rektaszension α, gemessen als Winkelabstand vom Längengrad durch den Frühlingspunkt, aufsteigend von West nach Ost. Diese System rotiert mit den Sternen und heißt rotierendes Äquatorialsystem. Wenn man die Sternzeit kennt (dafür hat jede gute Sternwarte eine Uhr), dann weiß man anhand der Differenz zwischen Sternzeit und Rektaszension sofort den Stundenwinkel und ob das Objekt somit am Himmel zu sehen sein sollte, oder sich unter dem Horizont befindet. Man sieht, das ganze hat System.

 

Die Epoche

Der Frühlingspunkt rotiert mit konstanter Geschwindigkeit in 25800 Jahren einmal um den Tierkreis herum. Damit verschieben sich die Koordinaten aller Sterne permanent, wenn auch nur geringfügig in einem Menschenleben, aber man möchte ja exakte Messungen machen können. Daher muss man bei der Angabe der Koordinaten eines Sterns angeben, auf welchen Frühlingspunkt man sich bezieht. Dies tut man durch Angabe einer Epoche, die einen exakten Zeitpunkt festlegt, dessen Frühlingspunkt zu verwenden ist (auf die Epoche werden auch z.B. die Bahnelemente der Planeten bezogen). Seit 1984 bezieht man sich dabei auf das Julianische Datum, einer fortlaufenden Tageszählung seit einem bestimmten Startdatum, die das Rechnen mit Zeitdifferenzen erleichtert. Die mit J2000.0 bezeichnete Epoche bezieht sich auf das Julianische Datum  2451545,0, welches dem 1. Januar 2000, 11:58:55,816  Uhr Weltzeit (UTC) entspricht.[3]

Standardepochen für die äquatorialen Koordinaten werden üblicherweise auf volle 50 Jahre festgelegt (es gilt hier die einfache alte julianische Schaltregel mit einer Jahreslänge von exakt 365,25 Tagen und somit einem Schaltjahr alle 4 Jahre). Derzeit verwenden wir also Koordinaten der Epoche J2000.0. Eine andere verbreitete Bezeichnung der Epoche ist “Äquinoktium J2000.0”. Äquinoktium ist lateinisch für die Tag- und Nachtgleiche, also den Zeitpunkt, wenn Tag und Nacht gleich lang sind, und das ist der Fall, wenn die Sonne im Frühlingspunkt steht. Ab dem Jahr 2025 wird man auf die Epoche J2050.0 wechseln, da sie die Sternörter der tatsächlichen aktuellen Position des Frühlingspunkts von diesem Zeitpunkt an besser annähern wird, als die dann weiter zurück liegende Epoche zuvor.

Bis 1984 galt noch eine andere Definition der Epochen, die auf den Astronomen Friedrich Bessel zurück geht. Das Besselsche Jahr verwendet die Jahreslänge des auch für uns Normalbürger gültigen gregorianischen Kalenders von 365,2425 Tagen mit der entsprechenden Schaltjahresregel “Schaltjahre sind durch 4 teilbar, aber nicht durch 100, jedoch durch 400”.

Das Besseljahr beginnt der Definition nach genau dann, wenn die “mittlere Sonne” einen Winkelabstand vom Frühlingspunkt von 280° hat. Die mittlere Sonne bezeichnet eine fiktive Position am Himmel, welche innerhalb eines gregoriansichen Jahres mit konstanter Geschwindigkeit einmal um die Ekliptik läuft. Die wahre Sonne bewegt sich nämlich nicht gleichmäßig schnell durch die Ekliptik, da die Erdbahn eine Ellipse ist, auf der die Erde schneller um die Sonne läuft, wenn sie der Sonne näher ist. Der Winkel von 280° ist nicht ganz zufällig gewählt, sondern fällt in die Nähe des ersten Januars, was aufgrund der Schaltjahresregel von Jahr zu Jahr ein wenig variiert. Eine Bessel-Epoche beginnt zu Beginn eines Besseljahres und wird mit einem führenden B gekennzeichnet. Da auch Bessel-Standardepochen 50 Jahre lang sind, hieß die letzte von ihnen B1950.0.

 

Weitere Koordinatensysteme

Neben den vorgestellten Koordinatensystemen sind noch zwei weitere gebräuchlich, das ekliptikale Koordinatensystem und das galaktische Koordinatensystem.

Beim ekliptikalen System bildet die Ebene der Erdbahn, die Ekliptik, die Grundebene, welche die Funktion des Äquators erfüllt, und die Pole der Ekliptik sind die zugehörigen Himmelspole. Der Nordpol der Ekliptik befindet sich im Sternbild des Drachen, 23,44° vom Himmelspol entfernt (was der Schiefe der Erdachse entspricht). Der Süpol liegt am Südhimmel im Sternbild Schwertfisch. Als Nullpunkt der Länge gilt auch hier der Frühlingspunkt für eine gegebene Epoche. Im ekliptikalen System verwendet man die ekliptikale Breite β (Beta) und Länge λ (Lambda) als Koordinaten, die in Grad, Minuten und Sekunden oder dezimalen Grad gemessen werden. Die Länge wird dabei vom Frühlingspunkt ausgehend in östlicher Richtung hochgezählt. Das System ist immer dann interessant, wenn Angaben über das Sonnensystem gemacht werden. Beispielsweise werden bei der Angabe von Parametern der Planetenbahnen wie zum Beispiel die Richtung des sonnennächsten Punkts oder der Schnittlinie der Bahn mit der Ekliptik ekliptikale Koordinaten verwendet.

Das galaktische System orientiert sich hingegen an unserer Milchstraße, der Spiralgalaxie, in der wir uns befinden. Die Grundebene ist hier die zentrale Ebene der Milchstraße, galaktische Ebene oder galaktischer Äquator genannt, die durch die Definition des galaktischen Nordpols eindeutig festgelegt ist; dieser wurde 1958 auf α = 12h 49min Rektaszension und δ = +27,40° Deklination festgelegt. Das galaktische Zentrum sollte als Nullpunkt der Längengrade definiert sein und wurde auf α = 17h 42,4min  und δ = -28,92° bezogen auf die Epoche B1950.0 festgelegt, ein Ort, der sich im Sternbild Schütze befindet. Später zeigte sich, dass das damals noch nicht bekannte supermassive schwarze Loch Sagittarius A* im exakten Zentrum der Milchstraße ca. 4 Bogenminuten von dieser Koordinate entfernt liegt, aber man behielt das Koordinatensystem trotzdem unverändert bei. Im galaktischen System verwendet man die galaktische Breite b als Winkelabstand über der galaktischen Ebene und die galaktische Länge l als Längengrad relativ zum wie oben definierten galaktischen Zentrum, aufsteigend von West nach Ost. Galaktische Koordinaten sind dann sinnvoll, wenn man Objekte innerhalb der Milchstraße beschreiben möchte.

 

Zusammenfassung

Wir haben im vorliegenden Artikel eine Menge neuer Begriffe kennengelernt, die ich hier noch einmal mit ihrer Definition übersichtlich zusammenfassen möchte, so dass ich mich später auf diesen Grundlagenartikel beziehen kann. Hoffe, Ihr habt die Druckbetankung gut überstanden…

  • Alt-Az-System
    alternative Bezeichnung für das azimutale Koordinatensystem
  • Äquatoriales Koordinatensystem
    Koordinatensystem beruhend auf dem Himmelsäquator als Grundebene mit der Deklination δ in Winkelgrad als Angabe der Breite; in der ortsfesten Variante bildet der Meridian die Längenreferenz und die Länge wird als Stundenwinkel aufsteigend nach Westen in Stunden, Minuten und Sekunden angegeben; in der rotierenden Variante bildet ein Großkreis durch den Frühlingspunkt und die Himmelspole die Längenreferenz, und die Länge wird als Rektaszension α aufsteigend nach Osten in Stunden, Minuten und Sekunden angegeben
  • Äquinoktium
    Datum einer Tag- und Nachtgleiche; auch ein alternativer Begriff für die Epoche, die sich auf den Frühlingspunkt eines angegebenen Jahres bezieht.
  • Azimut
    Winkel entlang des Horizonts, gezählt vom Meridian an in westlicher Richtung. In der Astronomie wird traditionsgemäß der südliche Meridian als 0° gezählt, in der Geodäsie die Nordrichtung.
  • Azimutales Koordinatensystem
    beobachterbezogenes Koordinatensystem beruhend auf dem Horizont als Grundebene, dem Meridian als Längenreferenz mit den Koordinaten Azimut und Höhe in Winkelgraden.
  • Deklination δ
    Breitenkoordinate des äquatorialen Koordinatensystems, gemessen als Winkelabstand eines Gestirns in Grad, Minuten und Sekunden vom Himmelsäquator in Richtung des Himmelspols (positiv in Richtung Nordpol, negativ in Richtung Südpol)
  • Ekliptik/Tierkreis
    Scheinbare jährliche Bahn der Sonne über den Sternenhimmel, verursacht durch den Umlauf der Erde um die Sonne, auch als Tierkreis bekannt; identisch mit der Ebene der Erdbahn um die Sonne; Referenzebene im ekliptikalen Koordinatensystem und für die Definition des Frühlingspunkts
  • Elevation/Höhe h
    Breitenkoordinate im azimutalen Koordinatensystem, gemessen in Winkelgrad aufsteigend in senkrechter Richtung vom Horizont zum Zenit.
  • Epoche, Standardepoche
    Bezugsjahr für die Position des Frühlingspunkts, auf den sich ekliptikale und äquatoriale Koordinaten oder Bahnelement der Planeten beziehen; Epochen wurden bis 1984 in Besseljahren und werden seitdem in julianischen Jahren gemessen (gekennzeichnet durch führendes B oder J) und gelten für die jeweiligen Jahresanfänge; Standardepochen werden im allgemeinen in 50 Jahresschritten festgelegt (Beispiel: J2000.0); meist wird die dem wahren Frühlingspunkt zeitlich nächstgelegene Epoche bei der Angabe von Koordinaten verwendet
  • Frühlingspunkt
    Schnittpunkt des Himmelsäquators mit der Ekliptik, an welchem die Sonne den Himmelsäquator von Süden nach Norden überschreitet; bildet den Längenreferenzpunkt für das rotierende äquatoriale und das ekliptikale Koordinatensystem
  • Himmelsäquator
    Projektion des Erdäquators auf die Himmelskugel; der Himmelsäquator schneidet im Ost- und Westpunkt den Horizont und erreicht im Meridian seine maximale Höhe; er bildet die Ebene senkrecht zur Polachse durch Himmelsnord- und Südpol; er dient als Breitenreferenz im äquatorialen Koordinatensystem und zur Definition des Frühlingspunkts
  • Himmelspol
    Projektion der Erdachse auf die Himmelskugel; der Himmelsnordpol befindet sich in der Nähe des Polarsterns Polaris im Kleinen Bären, der Himmelssüdpol am gegenüberliegenden Punkt des Himmels im Sternbild Oktant, das von Europa aus nicht zu sehen ist; an den Himmelspolen schneiden sich die Längenkreise des Äquatorialsystems
  • Horizontsystem
    alternative Bezeichnung für das azimutale Koordinatensystem
  • Kulmination
    Extremstand eines Gestirns beim Erreichen des Meridians;  man unterscheidet zwischen oberer und unterer Kulmination (Höchststand, maximale Elevation bzw. Tiefststand, minimale Elevation); da der Tiefststand außer bei zirkumpolaren Sternen unsichtbar unter der Horizontlinie stattfindet, bezieht sich der Begriff Kulmination im allgemeinen auf den Höchststand eines Gestirns.
  • Meridian
    Großkreis durch die Nord- und Südrichtung und den Zenit, in welchem Gestirne kulminieren
  • Polhöhe
    Elevation des Himmelspols; entspricht der geographischen Breite des Beobachtungsorts
  • Präzession des Frühlingspunkts
    Rotation des Frühlingspunkts um die Ekliptik verursacht durch die Taumelbewegung (Präzession) der Erdachse; ein Umlauf dauert 25800 Jahre; bedingt die Definition von Epochen für die Gültigkeit von Koordinatenangaben, die sich auf den Frühlingspunkt beziehen
  • Rektaszension α
    Längenkoordinate des rotierenden äquatorialen Systems, gemessen entlang des Himmelsäquators in Stunden, Minuten und Sekunden, aufsteigend von West nach Ost, mit dem Frühlingspunkt als Nullreferenz
  • Sternzeit θ
    Stundenwinkel des Frühlingspunkts für einen gegebenen Ort; dient zur Berechnung der Kulminationszeit eines Gestirns; es gilt Θ-t=α (Sternzeit – Stundenwinkel = Rektaszension)
  • Stundenwinkel
    Längenkoordinate des ortsfesten äquatorialen Systems, gemessen entlang des Himmelsäquators in Stunden, Minuten und Sekunden, aufsteigend von Ost nach West, mit dem Süd-Meridian als Nullreferenz
  • Zenit
    Koordinatenort senkrecht über dem Beobachter
  • Zenitdistanz
    Winkelabstand einer Koordinatenorts vom Zenit = 90°-Elevation
  • Zirkumpolarsterne
    Sterne, deren Winkelabstand vom Himmelspol geringer ist als dessen Polhöhe über den Horizont und die demgemäß niemals den Horizont unterschreiten; abhängig vom Breitengrad des Beobachterstandorts auf der Erde

 

[1] Ein Großkreis auf einer oder um eine Kugel ist ein Kreis, der den Mittelpunkt der Kugel im Zentrum hat, wie etwa die Längengrade oder der Äquator; Breitengrade verschieden vom Äquator sind hingegen keine Großkreise.

[2] Dass der Sonnentag rund 4 Minuten länger als der Sterntag ist, liegt daran, dass die Sonne einmal im Jahr rund um den ganzen Himmel zu wandern scheint (in Wahrheit wird sie natürlich von der Erde umkreist), was einer Verschiebung von fast exakt einem Grad (0,9856°) pro Tag nach Osten entspricht (360°/365,2422 Tage). Diesen Winkel muss sich die Erde am Ende eines Sterntags weiter drehen, um die Sonne wieder in derselben Richtung zu sehen – etwa von Mittag zu Mittag über dem gleichen Längengrad. 86164s/360° · 0,9856° entsprechen 235,909 s = 3 Minuten 55,909 s. Um diesen Betrag ist der Sonnentag länger als der Sterntag, und wir richten unser Leben natürlich nach dem Tageslicht und nicht etwa nach dem Aufgang des Sirius. Deshalb ist unser bürgerlicher Tag 24h = 86400s lang.

[3] Der krumme Wert ergibt sich aus den angehäuften Schaltsekunden des bürgerlichen Gregorianischen Kalenders, die eingeführt wurden, um Veränderungen der Erdrotation aus dem Kalender zu tilgen – etwas was man bei einem für Himmelsereignisse verwendeten Kalender nicht tun möchte. Deswegen läuft das Julianische Datum stur weiter, gezählt in Tagen seit dem 1. Januar −4712 (4713 v. Chr.) 12:00h Weltzeit.

Kommentare (33)

  1. #1 rolak
    8. März 2018

    Tapfer aufgedröselt, die diversen Varianten…

    36,2

    Ach, wie schnell doch so ein Jahr vergeht^^ Da ist Dir eine ‘5’ unterschlagen worden, Alderamin.

  2. #2 Alderamin
    8. März 2018

    @rolak

    Thx, ist korrigiert.

  3. #3 Name auf Verlangen entfernt
    Prag
    8. März 2018

    Vorbildlich anschaulich gemacht. So sollte es sein!

  4. #4 hmann
    8. März 2018

    In welchem Koordinatensystem rechnet die NASA, wenn sie die Position von Raumsonden berechnet?

  5. #5 Alderamin
    8. März 2018

    @hmann

    Die Planetenpositionen werden in ekliptikalen Koordinaten mit dem Frühlingspunkt gemäß J2000.0 berechnet, aber in cartesischen Koordinaten mit dem Baryzentrum des Sonnensystems als Ursprung, dem Frühlingspunkt als x-Achse (y-Achse ist dann bei 90° ekliptikaler Länge) und dem ekliptikalen Nordpol als z-Achse, nennt sich HAE-J2000 (Heliocentric Aries Ecliptic; Aries weil der Frühlingspunkt auch “Widderpunkt” heißt [Widder = lat. Aries], obwohl er schon in den Fischen steht, die Präzession lässt schön grüßen).

    Für die Raumsonden gibt es aber alle möglichen Koordinatensysteme, zum Teil planetozentrische (e.g. wenn man den Mars oder Jupiter umkreist), solche, die sich nach der Ausrichtung von Magnetfeldern richten, solche, die sich lokal auf die Raumsonde beziehen etc., zwischen denen umgerechnet werden muss.

    Hier gibt’s ein Papier dazu. Bin selbst erstaunt, wie viele Koordinatensysteme in Verwendung sind, danke für die Frage.

    Ich denke, ich werde auch mal einen Artikel nachschieben, wie Positionen anhand von Sternen gemessen werden (Bezugssysteme FK4, FK5, IERS, Transitinstrumente, HIPPARCOS und GAIA).

  6. #6 Jonas Schimke
    8. März 2018

    Wer hätte das gedacht: der Terminator postet etwas und ich kann nicht anders, als ihm zuzustimmen!

  7. #7 Name auf Verlangen entfernt
    8. März 2018

    ” … Aries weil der Frühlingspunkt auch “Widderpunkt” heißt [Widder = lat. Aries], obwohl er schon in den Fischen steht, die Präzession lässt schön grüßen).” – nur kurz, damit keine Verwirrung aufkommt: gerade neuere Forschungen der röm. Astronomie haben ergeben, dass die astronomischen Sektoren des Tierkreises nach dem Sonnenlauf und damit den Jahreszeiten benannt sind – nicht umgekehrt. Die “Sternbilder” wandern durch den Tierkreis, der bekanntlich der einzig reale Maßstab für die Orientierung am Himmel ist. Der Frühlingspunkt hat also das Sternbild erreicht, das nach der landwirtschaftlichen & sozialen Monatsqualität “Fische” benannt ist, er bleibt aber immer der Widder = Aries Punkt. Regulus – früher das Herz des Löwen – ist jetzt Anfang Jungfrau. Das wäre selbst dann noch gültig, wenn das Jahr nur 360 Tage hätte.

  8. #8 Alderamin
    8. März 2018

    @Markus

    gerade neuere Forschungen der röm. Astronomie haben ergeben, dass die astronomischen Sektoren des Tierkreises nach dem Sonnenlauf und damit den Jahreszeiten benannt sind – nicht umgekehrt

    Hast Du da mal einen Verweis auf eine entsprechende Arbeit darüber?

    Ich weiß zumindest über eine Arbeit, die das Gegenteil behauptet und erklärt, wie die Tierkreissternbilder (die übrigens nicht aus römischer, sondern mindestens babylonischer Zeit stammen) in drei Gruppen zu je 4 Sternbildern entstanden, die den Anfängen der jeweiligen Jahreszeiten zur damaligen, noch vorbabylonischen Zeit entsprachen. Darüber werden ich beizeiten auch mal was schreiben.

    Jedenfalls gab es den Widder schon vor 5000 Jahren. Der Frühlingspunkt war damals noch im Stier. Wäre also nach Deiner Theorie eher ein Stierpunkt…

  9. #9 Jonas Schimke
    8. März 2018

    @Name auf Verlangen entfernt,

    Das wäre selbst dann noch gültig, wenn das Jahr nur 360 Tage hätte.

    Was allerdings davon abhinge, aufgrund welches Faktors die hypothetische Jahreslänge 360 Tage betragen könnte.
    In der Tat bewegt sich die Erde auf längere Tage – also weniger Tage pro Jahr – zu, weil – verursacht durch die Gezeiten – die Tage allmählich länger werden (ca. 0,5 Microsekunden/Tag).

    Ein anderer – auch wieder hypothetischer – Faktor könnte in der Änderung der Erdbahn liegen, sodass diese dann nur noch 360 24-Stunden-Tage für einen Umlauf bräuchte, also anders als im ersten Beispiel eine kürzere Umlaufzeit um die Sonne hätte.

    Welcher Faktor würde also wie den Frühlingspunkt beeinflussen?

  10. #10 Name auf Verlangen entfernt
    Prag
    9. März 2018

    @ Alderamin: ich beziehe mich auf den Mathematiker und Astronomen Dr. Wolfgang Held und sein Buch “Im Zeichen des Tierkreises” (Verlag Freies Geistesleben) – Held ist Leiter der mathematisch/astronomischen Sektion in Dornach. Held war eigentlich auf der Suche nach einer Bestätigung für den sogenannten “siderischen” Tierkreis, den Anthroposphen so gern mögen (weil sie das davon entbindet, sich mit der Materie zu beschäftigen) – das ist der alternative Tierkreis, der der Präzession folgt. Was er fand, war das Gegenteil – die Antike bildete den Tierkreis ganz ohne Fixsternbezug ab – “Sternenloser Tierkreis”, S. 24 – ebenda …

    Wenn ich Deinem oberen Link zum Widder folge, lese ich, dass Widder 3000 vor Christus “Ackerbauer / Ackerbesteller” genannt worden sein soll – das erinnert eher an Wassermann – es scheint keinen Grund zu geben, die Sternenkonstellation wirklich mit dem Tierkreissektor “Widder” in Verbindung zu bringen – die Benennung ist ja – wenn sie diese Sternengruppe wirklich meint – völlig unterschiedlich.

    Grundsätzlich steht und stand der Frühlingspunkt niemals still, und dann wäre die Frage zu beantworten, wie Menschen überhaupt dazu kamen, einen Tierkreis zu fixieren, wenn nicht derjenige, der durch die Tag/Nachtgleiche festgelegt ist, als Maßstab diente?

    Was die Babylonische Astronomie/Astrologie betrifft, kenne ich nur Darstellungen von einzelnen “Häusern” – die man mit bestimmten Plantengöttern in Verbindung bringen kann – die 12er Teilung findet sich aber in der Strukturierung des Gilgamesh-Epos. Es gibt allerdings einen vollständigen Tierkreis, der auf 10 000 a. Chr. datiert wird als Höhlenmalerei – auch bereits mit 12 Zeichen (L. Frobenius, H. Obermaier: Hadschra Maktouba, Kurt Wolf-Verlag, München) – und natürlich die Abbildungen in der Höhle von Lascaux. Aber alle diese Tierkreise – insbesondere derjenige aus dem Gilgamesh-Epos – sind keine coelestischen Entsprechungen, sondern saisonale/jahreszeitliche Einteilungen/Rhythmen oder Hinweise, die den Bezug zum Fixsternhimmel erstmal nicht hergeben.

    Eine logische Überlegung hinsichtlich der landwirtschaftlichen Verhältnisse im Jahreskreislauf für babylonische/ägyptische Verhältnisse mag die Überlegungen abrunden: Schütze als Jagdzeit, Steinbock/Ziegenfisch als Zuchtzeit (der Herden), Wassermann = Technik als Bewässerung (Nil, etc.), Fische als Fernreisezeichen (Felder bereits bestellt und bewässert), Widder Zeit des Nachwuchses der Herden, Stier Milch & Käse nach “Abstillen”, Zwillinge Zeit des Handels im nahen Umfeld, Krebs Ausbau der Wohnstätte, Löwe – Fest und Opferzeit, Jungfrau Ernte, Waage – dionysischer Kult, ausgleichender Handel und Kunst/Fest – Skorpion kriegerischer Überfall, “fiese Aktionen” – und dann wieder Schütze, Jagd.

    @ Jonas Schimke: Die 360 Tage Einteilung ist Usus bei uralten Kalendersystemen (z.B. Maya-Kalender), so dass manche glauben, eine kosmische Katastrophe hätte die Erdbahn “erweitert”. Der Frühlingspunkt ändert sich ja nie, weil es nur um die Tag/Nachtgleiche geht. Die gibt´s auch bei 360 Tagen.

  11. #11 Jonas Schimke
    9. März 2018

    @Name auf Verlangen entfernt,

    Die 360 Tage Einteilung ist Usus bei uralten Kalendersystemen (z.B. Maya-Kalender),

    Die Maya hatten mehrere Kalendersysteme, aber auch ihr Haab-Kalender hatte 365 Tage.

    so dass manche glauben, eine kosmische Katastrophe hätte die Erdbahn “erweitert”.

    Tja, manche glauben so manches und sei es noch so weit hergeholt. Kaum anzunehmen, dass es zu einer Zeit, als es schon hochentwickelte Kulturen, wie z. B. die der Maya gab, sich eine kosmische Katastrophe von derart gewaltigem Ausmaß, dass sogar die Erdbahn verschoben wurde, hätte ereignen können, ohne dass entsprechende Spuren darüber in Natur und Überlieferung vorhanden wären.

    Der Frühlingspunkt ändert sich ja nie, weil es nur um die Tag/Nachtgleiche geht. Die gibt´s auch bei 360 Tagen.

    Ist mir seit längerem bekannt. Aber bei 360 Tagen würde das dann zu einem schnellen Auseinanderdriften von Kalender und jahreszeitlich bedingtem Klima führen, mit katastrophalen Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sodass ein 360-Tage-Kalender sich als wenig praktisch erwiesen hätte.

  12. #12 Alderamin
    9. März 2018

    @Markus

    ich beziehe mich auf den Mathematiker und Astronomen Dr. Wolfgang Held und sein Buch “Im Zeichen des Tierkreises” (Verlag Freies Geistesleben)

    Na ja, Du sprachst von “neueren Forschungen”, da dachte ich eher an die wissenschaftliche Originalquelle. Dass jemand Waldorfpädagogik in Astronomie und Mathematik studiert hat, macht ihn noch nicht zu einem Astronomen oder Historiker (der hier eher gefragt wäre). Irgendwelche Facharbeiten von Herrn Held finde ich jetzt nicht, nur Bücher wie “Der siebenfache Flügelschlag der Seele: Leben mit dem Rhythmus der Woche”. Hmm.

    Was er fand, war das Gegenteil – die Antike bildete den Tierkreis ganz ohne Fixsternbezug ab – “Sternenloser Tierkreis”

    So, so. Eine unsichtbare, gedachte Linie am Himmel definiert also eine Menge von Tierbezeichnungen (plus einer weiblichen Person, zwei Geschwistern, einem Bogenschützen, einem Wasserträger und einem Gebrauchsgegenstand), die sich rein zufällig in derselben Anordnung, aber versetzt, in den zufälligen Mustern der Sterne wiederfinden, die die Menschen des Altertums in ihnen zu erkennen glaubten? Wobei der “Löwe“, der “Skorpion” und der “Stier” (der Kopf mit den Hörnern) tatsächlich ganz gut mit diesen Formen assoziierbar sind und die Zwillinge Castor und Pollux auf zwei benachbarten sehr ähnlich hellen Sternen beruhen. Eine unsichtbare Linie definiert also angeblich Figuren, die es sichtbar ganz unabhängig davon auch nochmal gibt, und nicht umgekehrt? Sehr steile These.

    es scheint keinen Grund zu geben, die Sternenkonstellation wirklich mit dem Tierkreissektor “Widder” in Verbindung zu bringen

    Das Sternbild Widder liegt jedenfalls sehr eindeutig zwischen dem Wassermann und den Fischen, wie auch immer sein mythologischer Ursprung gewesen sein mag.

    In der Astronomie kennen wir keine “Tierkreissektoren”, nur Tierkreissternbilder, die ganz offensichtlich sehr verschieden groß sind (etwa Krebs oder Widder vs. Wassermann oder Löwe), nicht alle 30° breit, und mittlerweile offiziell definierte Grenzen haben, die ihrer Ausdehnung Rechnung tragen. Die Ekliptik verläuft denen gemäß auch ein Stück durch den Schlangenträger; wer zwischen dem 30.11. und 17.12. geboren ist, hat die Sonne zum Geburtstag im Schlangenträger. Das weißt Du auch alles sehr genau. Astrologie ist hier aber nicht das Thema.

    Grundsätzlich steht und stand der Frühlingspunkt niemals still, und dann wäre die Frage zu beantworten, wie Menschen überhaupt dazu kamen, einen Tierkreis zu fixieren, wenn nicht derjenige, der durch die Tag/Nachtgleiche festgelegt ist, als Maßstab diente?

    Der Tierkreis ist nicht durch die Tag- und Nachtgleiche festgelegt, sondern durch die Bahn der Sonne, der Planeten und des Mondes, die sich ja alle aufgrund ihrer Entstehung aus einer rotierenden Staubscheibe ungefähr in einer Ebene bewegen. Der Frühlingspunkt ist nur ein Punkt auf der Ekliptik, nämlich eine der beiden entgegengesetzten Richtungen der Schnittlinie zwischen der Äquatorebene und der Erdbahn, die sich zwangsläufig ergeben, weil beide Ebenen durch den Mittelpunkt der Erde verlaufen und gegeneinander verkippt sind. Daher eignet sich der Frühlingspunkt hervorragend als gemeinsamer Nullpunkt sowohl im äqautorialen wie auch ekliptikalen Koordinatensystem.

    Wenn man die Geometrie kennt, ist es einfach einzusehen, warum die Planeten, Sonne und Mond in den Tierkreissternbildern bleiben, aber für unsere Vorfahren war das Himmelsgewölbe ja eine von der Erde verschiedene Struktur und es war nicht ohne weiteres einzusehen, warum sich die Sonne und Planeten immer auf dieser Linie bewegen; natürlich wurde das mystifiziert und die entsprechenden Sternbilder waren selbstverständlich gegenüber anderen herausgehoben.

    Die 360 Tage Einteilung ist Usus bei uralten Kalendersystemen (z.B. Maya-Kalender)

    Ein 360-Tage-Kalender richtet sich eher nach dem Mond (29,53 Tage Umlaufzeit, ca. 30 Tage für eine Lunation) und nicht nach der Sonne. Bei den Maya war nicht die Jahreslänge 360 Tage, sondern das war einer der Zählzyklen, die ganzzahlige Vielfache voneinander waren. Dass das Sonnenjahr 365 Tage hat, wussten die Maya sehr wohl. Ansonsten finde ich noch, dass die Assyrer einen Kalender mit 360 Tagen zu 12 Monaten à 30 Tagen hatten, aber auch gelegentlich einen Schaltmonat, um ihn wieder mit dem Sonnenjahr in Einklang zu bringen. Ist halt unpraktisch, dass die Umlaufzeit des Mondes um die Erde und die der Erde um die Sonne nichts miteinander zu tun haben, man es aber beiden recht machen will.

    so dass manche glauben, eine kosmische Katastrophe hätte die Erdbahn “erweitert”.

    Ein Ereignis, dass die Umlaufzeit der Erde abrupt um 5 Tage ändert, hätte niemand überleben können. Einen direkten Einschlag nicht (wir würden es selbst mit Atombomben nicht schaffen, auch nur einen Asteroiden von 1 km Durchmesser derart weit abzulenken; was für eine Energie wäre nötig, um die 2-billionenfach massivere Erde abzulenken?) und ein enger Vorbeiflug eines planetengroßen Körpers würde eine so große Gezeitenreibung verursachen, dass die Erdoberfläche komplett aufschmelzen würde, wenn es die Erde nicht gleich ganz auseinanderreissen würde.

    Die Tageslänge ändert sich über hunderte Millionen Jahre durch die abbremsende Wirkung der Mondgezeiten; bei den Dinosauriern war der Tag nur 22 Stunden lang. Die Jahreslänge ändert sich nicht, Drehimpuls und Bahnenergie sind Erhaltungsgrößen und die anderen Planeten, die ihren Drehimpuls mit dem der Erde austauschen könnten, sind weit genug weg, dass die Bahn der Erde über Milliarden Jahre stabil ist, sonst wären wir auch nicht hier. Nur der Mond ist nahe genug, aber der beeinflusst nicht die Jahreslänge.

  13. #13 Jonas Schimke
    9. März 2018

    @Alderamin,

    Sehr steile These.

    Das ist eines der Markenzeichen von Name auf Verlangen entfernt, dass er Thesen aufstellt, über die verständige Menschen nur den Kopf schütteln können. Da er aber weiß, dass er hier mit solchen platten Thesen selber nicht landen kann, lässt er eben “manche” für ihn in die Bresche springen.
    Auch darüber hinaus ist wirres Gerede sein Metier, wie ein Blick auf seinen Webauftritt unschwer erkennen lässt:

    Heute nun gerade eben hat Merkur ins Zeichen Widder gewechselt und Venus ist auch schon dort. Merkur wird am 19.03 eine zweite Konjunktion mit Venus haben, weil er sich vor seiner Rückläufigkeit (ab 23.03.2018 bis 15.04.2018, plus minus Schatten!) verlangsamt und Venus schneller ist.

    Als würden zwei Schmetterlinge umeinander tanzen; – nun – fast; – denn da ist auch noch die Quadratur zu den Steinbock-Schwergewichten Saturn & Pluto & Lilith (Venus/Pluto Quadrat am 23.03.2018) – die Venus und Merkur in ihrer Aufbruchsstimmung ganz entschieden hemmen – als fehlte für wahren Aufbruch noch die Struktur, der Boden einer bereiteten Regelhaftigkeit. Und genau so fühlt es sich auch an.

    Für mich fühlt sich das ziemlich meschugge an. 🙂

    Ich fürchte, eine sinnvolle Diskussion ist mit ihm gar nicht möglich. Ob das wohl auch der Grund ist, weshalb Florian Freistetter ihn gesperrt hat?

  14. #14 Jonas Schimke
    9. März 2018

    Auch über Wolfgang Held gibt es Interessantes zu berichten:

    Held, Wolfgang, Sternkalender Ostern 2018 bis Ostern 2019
    Sieben Sterne im Sommer. Der große Planetenbogen im August 2018

    Drei Sterne, drei Planeten und der Mond – sieben Gestirne – spannen im Sommer 2018 einen grandiosen Bogen über den Sommerhimmel. Vom überschwänglichen Strahl der Venus über das scharfe Glitzern des roten Skorpionssterns bis zum transzendenten Schimmer Saturns sind die Lichter der Sternenwelt versammelt. Es ist eine jene Sternstunden des Nachthimmels, in denen die einzelnen kosmischen Welten zu einem Organismus an Beziehung zusammenkommen. Solch Himmelsschauspiel zu verfolgen ist eine Inspirationsquelle, um all die Beziehungen und seelischen Begegnungen auf der Erde zu gestalten, denn der Blick hinauf zum Sternenhimmel, ist auch ein Blick nach innen. Unendlichkeit und Innerlichkeit zeigen sich als zwei Seiten einer Medaille. Mit großen Abbildungen, imaginativen Erklärungen und überraschenden Hinweisen ist der Sternkalender Monat für Monat ein Begleiter, um den äußeren Kosmos mit dem inneren Kosmos zu verbinden.

    Ich schätze, wer “inneren und äußeren Kosmos” miteinander verbinden will, ist kein Astronom, sondern eher ein verkappter Astrologe, von dem man keine sinnvollen Informationen erwarten kann.

  15. #15 Alderamin
    9. März 2018

    @Jonas Schimke

    Er hat halt ein anderes Zielpublikum als ich. Solange er halbwegs sachlich hier auftritt und nicht rumtrollt, Werbung macht oder dergleichen, habe ich keinen Grund, ihn zu sperren. Für ihn gilt natürlich das, was für jeden gilt: wenn jemand eine Behauptung tut, sollte er sie auf Nachfrage belegen können, und je abseitiger die Behauptung, desto stärker sollte die Quelle sein.

    Ich möchte an dieser Stelle aber auch keine Grundsatzdiskussion zur Astrologie oder der Bedeutung/Entstehung des Tierkreises führen – zu letzterem gibt es in absehbarer Zeit mal einen Artikel, da nehme ich Anregung zu diesem Thema sogar gerne auf. Das sind ungemein interessante Geschichten aus grauer Vorzeit.

  16. #16 Jonas Schimke
    9. März 2018

    @Alderamin,

    … habe ich keinen Grund, ihn zu sperren. …

    Ich fürchte, hier liegt ein Missverständnis vor. Ich wollte keinesfalls dazu aufrufen, Name auf Verlangen entfernt hier zu sperren, eine solche Entscheidung steht mir sowieso nicht zu. Ich bin doch sehr für freies Rederecht und jeder mag sich in Blogs mit Unsinn so blamieren, wie er möchte. Ist ja auch eine Erkenntnis, wenn man gewiss wird, dass der Meinungsgegner nur Unfug auf der Pfanne hat.

    Wenn überhaupt, ist es eher eine Aufforderung an Name auf Verlangen entfernt, hier nicht den gleichen unterirdischen, bzw. in seinem speziellen Fall, “überirdischen” Quatsch zu posten, den er sonst üblicherweise verbreitet. Ich lass’ mich überraschen. Möglicherweise ist sogar er noch lernfähig.

  17. #17 Alderamin
    9. März 2018

    @Jonas

    Hatte ich auch nicht so aufgefasst. Wollte nur sagen, er kann hier im Rahmen der Netiquette beliebige Dinge erzählen, er muss nur selbst dafür sorgen, dass er damit jemanden überzeugt, und wenn’s mich nicht überzeugt, dann sag ich das auch.

    Mir wär’s auch lieb, wenn andere nicht unnötig sticheln würden. Wer ein Argument hat, kann das auch sachlich kundtun, dann kommt es viel besser an. Ad hominems sind hingegen keine Argumente.

  18. #18 scilo
    Markus Termin
    9. März 2018

    “Florian Freistetter ihn gesperrt hat?”

    Ach so , und ich dachte den gibts nicht mehr.

    Bitte nicht sperren , zumindest nicht komplett.
    Man vergisst ja so leicht dass es auch die gaaanz
    anderen Meinungen gibt

  19. #19 Jonas Schimke
    9. März 2018

    @Name auf Verlangen entfernt,

    Man vergisst ja so leicht dass es auch die gaaanz anderen Meinungen gibt

    Nun, es gibt Menschen, die ihre Meinungen auf Fakten basieren, dazu gehören definitiv Alderamin und Florian Freistetter und dann gibt es solche, die bilden ihre Meinung aus Mythen und sonstigen Falschvorstellungen, dazu gehören z. B. die Astrologen. 🙂

  20. #20 Jonas Schimke
    9. März 2018

    @scilo,

    oops, da habe ich wohl zu flüchtig gelesen. Das war ja gar nicht der Name auf Verlangen entfernt, der das gesagt hat. Aber ich denke, meine Antwort passt trotzdem für ihn.

  21. #21 Name auf Verlangen entfernt
    Prag
    9. März 2018

    @ Alderamin: Ich verabschiede mich mal gleich wieder – es war nicht meine Absicht, Deinen tollen Post mit einer off-topic Thematik irgendwie zu schmälern oder gar mich in den Vordergrund zu rücken, und solches scheint ja unweigerlich zu passieren. Sorry.

    Mir bleibt – inhaltlich – die Frage, wie denn die Menschheit dazu kam, einen Tierkreis zu fixieren, der sich kontinuierlich zu bewegen scheint? 72 Jahre für 1 Grad sind auch für alte Zivilisationen, sofern sie über Aufzeichnungen verfügen – ein ganz offensichtlicher move. Deswegen halte ich die soziale/agrarische Entstehung des Tierkreises auf Grund der Tag/Nachtgleichen für die einzig mögliche Erklärung – es ist ja nicht so, dass die Sternbilder als Widder, Stier, etc. in den Himmel gemalt sind – andere Kulturen kennen andere Einteilungen der Fixsterne.

  22. #22 Jonas Schimke
    10. März 2018

    @Alderamin,

    Ich verabschiede mich mal gleich wieder

    Hat er wohl gemerkt, dass er hier mit seinen kruden Thesen auf Granit beißt und nicht die Kenntnisse besitzt, um sinnvoll mitdiskutieren zu können. Dem Thread wird es gut tun.

    Um auf seine Frage einzugehen: Den Ablauf eines Jahres zu kennen, war für unsere Vorfahren nach der Sesshaftwerdung wegen Saat und Ernte überlebenswichtig. Dabei war es natürlich viel einfacher, sich nach Sternenkonstellationen zu orientieren, als die Tageslänge zu messen. Und auf ein paar Tage mehr oder weniger kam es auch nicht an.

    Bei uns im Norden zeigte das Auftauchen der Plejaden den Beginn der Aussaat an, wie wir von der Himmelsscheibe von Nebra wissen.

    Außerdem war es für einfache mathematische Aufgaben viel praktischer, mit der 12 als mit der 10 zu rechnen, denn erstere kann man durch 2, 3,4 und 6 teilen, die 10 nur durch 2 und 5. Also scheint es gar nicht so abwegig, einen Erdumlauf um die Sonne in 12 gleiche Abschnitte einzuteilen. Die nächste Aufgabe bestand nun nur darin, sich für jeden solchen Abschnitt auf eine leicht zu identifizierbare Sternenkonstellation zu einigen: schon waren die Sternbilder geboren.

    Somit konnte nun auch das “einfache” Volk anhand der Sternbilder die Jahreszeit ablesen und die Bauern hatten eine Orientierung für ihre Tätigkeit, von deren Erfolg des Schicksal des ganzen Volkes abhängig war.

    Denkbar aber auch, dass schon die Sammler und Jäger am Himmel Anhaltspunkte für bestimmte Wanderungen jagdbarer Tiere festmachen konnten, also z.B. wussten, dass, wenn Orion an einer bestimmten Stelle auftaucht, es nicht mehr lange dauert, bis die Büffelherde vorbeizieht.

    Die einzelnen Sterne dieser Stern-“Bilder” haben ja im 3-dimensionalen Raum überhaupt keine Beziehung zu einander, nur in der 2-dimensionalen Projektion, als die wir den Sternenhimmel kennen und sehen, lassen sich willkürlich solche Beziehungen konstruieren.

    Ist zwar nur eine These, aber ich denke nicht, dass man in die Sternbilder wesentlich mehr hineingeheimnissen sollte. Es sind ja auch nicht wirklich “Tier”-Kreiszeichen, denn 5 von 12 haben mit Tieren rein gar nichts zu tun: Waage, Schütze, Jungfrau, Wassermann, Zwillinge, was nahe zu legen scheint, dass es einfach nur um bildhafte Assoziationen ging und um nichts anderes.

    Dass die später aufkommende Astrologie dann mehr dahinter sehen wollte, ist deren Problem.

  23. #23 Alderamin
    10. März 2018

    @Markus

    Mir bleibt – inhaltlich – die Frage, wie denn die Menschheit dazu kam, einen Tierkreis zu fixieren, der sich kontinuierlich zu bewegen scheint?

    Die Sternbilder bewegen sich ja nicht, lediglich die Position der Sonne zum Frühlingsanfang, die ja immer wieder neu bestimmt wurde. Der Frühlingsanfang und die Sonnenwenden sind ja die Eckpunkte des Kalenders, nicht zufällig fallen Weihnachten und Ostern in die Nähe dieser Daten, und bei den Römern war anfangs der März der erste Monat des Jahres.

    Später wurde dann bei der systematischen Erfassung von Sternörtern die Definition von Koordinatensystemen nötig, und wie oben erläutert bietet sich der Frühlingspunkt als Nullpunkt für gleich zwei Koordinatensysteme an. Da die Astrologen mit den Planetenpositionen hantieren und es 12 Tierkreissternbilder gibt, ist es kanonisch, sein Koordinatensystem in 12 gleich große Segmente zu unterteilen, die am Frühlingspunkt beginnen.

    es ist ja nicht so, dass die Sternbilder als Widder, Stier, etc. in den Himmel gemalt sind – andere Kulturen kennen andere Einteilungen der Fixsterne.

    Nicht alle, aber wie gesagt, Löwe, Stier, Zwillinge, Skorpion passen sehr gut, mit etwas Fantasie auch der Wassermann (ich nehme an, als Astrologe würdest Du sie auch am Himmel wiederfinden; Wassermann, Stier, Zwillinge und Löwe sind im Moment abends recht prominent zu sehen). Gut, im Schützen sieht man eher ein Teekännchen mit Löffel. Sicher haben andere Kulturen andere Symbole gesehen, aber jede hat irgendwelche konkreten Symbole gesehen, und in unserem von der Levante ausgehenden Kulturkreis sind es eben jene Sternbilder, die dann auf den Tierkreis projiziert wurden – sicher nicht umgekehrt, weil die Ekliptik nur eine unsichtbare Ebene ist.

    Ich verabschiede mich mal gleich wieder – es war nicht meine Absicht, Deinen tollen Post mit einer off-topic Thematik irgendwie zu schmälern oder gar mich in den Vordergrund zu rücken, und solches scheint ja unweigerlich zu passieren.

    So schlimm war’s ja nicht. 😉

  24. #24 Jonas Schimke
    10. März 2018

    @Alderamin,

    Da die Astrologen mit den Planetenpositionen hantieren und es 12 Tierkreissternbilder gibt, ist es kanonisch, sein Koordinatensystem in 12 gleich große Segmente zu unterteilen, die am Frühlingspunkt beginnen.

    Hatten wir schon die Frage abschließend geklärt, was zuerst da war: die 12er-Einteilung oder die Sternbilder?

  25. […] oberhalb des Orion findet sich das Sternbild des Stieres, lat. Taurus, durch das die Ekliptik verläuft; es gehört also zu den Tierkreissternbildern. Zwei Asterismen sind sehr auffällig: der […]

  26. […] im Osten aufsteigt, im ganzen deutschsprachigen Raum gerade nicht zirkumpolar ist und Wega, von der Rektaszension und Stundenwinkel her fast gegenüber Capella stehend, nur nördlich von ca. 50° Breite zirkumpolar ist. Arktur, […]

  27. #27 Bullet
    3. April 2018

    Hab ich alles verpaßt. aber beim nachlesen bin ich über das hier gestolpert:

    Die “Sternbilder” wandern durch den Tierkreis, der bekanntlich der einzig reale Maßstab für die Orientierung am Himmel ist.

    Und das, wo man doch nur die “Sternbilder” sehen kann. MT wieder unter Drogen. 🙂

  28. […] die Überlappung werden die Ekliptikpole sogar jeweils kontinuierlich für 351 Tage beobachtet, zuerst der Südpol der Ekliptik, im zweiten […]

  29. […] Krebs. Bis heute heißt der nördliche Wendekreis daher Wendekreis des Krebses, obwohl die Präzession der Erdachse den Ort der Sonne zur Sonnenwende seit 1990 bereits in das Sternbild Stier verschoben hat (nahe dem […]

  30. […] der betreffenden Gegend ausgemacht. Die Zahlen hinter dem Buchstabenkürzel geben die Position an, 05h06 Rektaszension/+5,6° Deklination – d.h. knapp am Nordhimmel, das Neutrino wurde also nach dem Durchdringen eines […]

  31. […] den Nordpol und mal den Südpol in Richtung Sonne neigt (allerdings bezüglich des Sternhimmels die grobe Ausrichtung auf den Polarstern beibehält). Entsprechend neigt sie auch dem Mond mal den Nordpol und mal den Südpol zu, während […]

  32. #32 Ami Gilgore
    14. November 2020
  33. #33 Martin Timpe
    Bad Kreuznach
    30. Juli 2023

    Insgesamt eine sehr schöne Seite mit einer guten und klaren Beschreibung. Ich nehme hier konkret Bezug auf die beiden Abbildungen (Bildbeschreibung der ersten: “Heute ist Polaris im kleinen Bären der Polarstern und der Frühlingspunkt liegt im Sternbild Fische. Bild: Autor; Erde: Courtesy NASA/JPL; Sternbilder: CdC/Stellarium, gemeinfrei”), die die Bahn des Himmelpols als Folge der Präsession auf der Sternkarte darstellen sollen. Die grünen, kreisförmigen Drehrichtungspfeile am nördlichen “Ende” der Erdachse erscheinen mir (obwohl räumliche Dinge in zweidimensionaler Darstellung schnell missverständlich sind) den falschen Drehsinn aufzuzeigen gegenüber der Himmelskarte – oder sind zumindest sind sie missverständlich. So wie es hier dargestellt ist, scheint für mich der nördliche Himmelspol in Zukunft durch das Sternbild Drache und Herkules in Richung Leier zu wandern. Tatsächlich sollte er aber von Polaris auf der Kreisbahn in Richtung Kepheus und Schwan in Richtung Leier wandern. Bitte überprüfe doch noch einmal diese Abbildungen. Man könnte z.B. die grünen Drehrichtungspfeile durch Richtungspfeile auf der Bahnkurve der Sternkarte ersetzen.