Bei unserer Tour durch das Wintersechseck, das sich nun abends allmählich schon dem Westhorizont zuneigt, kommen wir östlich (für Mitteleuropäer: links) des Fuhrmanns bzw. nordöstlich des Orions zum Sternbild Zwillinge (lat. Gemini), welches das Tierkreissternbild mit der höchsten Deklination ist, d.h. die Sonne vollführt dort ihre sommerliche Wende nach Süden bzw. steht der Vollmond dort zum Jahreswechsel am höchsten. Die beiden Hauptsterne, Castor und Pollux bilden die linke obere Ecke des Wintersechsecks. Sie sind von ähnlicher Helligkeit und stehen auffällig nahe zusammen, so dass die Assoziation von himmlischen Zwillingen in der Tat nahe liegt. Tatsächlich ist Castor, nach Bayer α Geminorum genannt, eine Bezeichnung die eigentlich dem hellsten Stern der Zwillinge gebührt, mit 1,6 Größenklassen knapp 1/2 Größenklasse dunkler als Pollux, β Geminorum (1,14 Größenklassen), da hat der alte Meister nicht scharf genug hingeschaut.
Eineiige Zwillinge sind oft schwer auseinander zu halten, aber wer von den beiden Castor bzw. wer Pollux ist, kann man sich als Nordhalbkugler mit folgender Eselsbrücke leicht merken: man beachte den Vokal der jeweils letzten Silbe der beiden Namen. Von unseren Breitengraden aus gesehen ist Castor stets der obere der beiden Sterne, Pollux der untere. Nachdem das geklärt ist, wenden wir uns nun den beiden im Detail zu.
Pollux
Pollux ist ein gelb-orangefarbener Riesenstern vom Spektraltyp K0 III, etwas heißer und kleiner als der K-Riese Aldebaran im Stier. Pollux hat ca. 2 Sonnenmassen, rund 9 Sonnendurchmesser (12-13 Millionen km Durchmesser) und bei 4700 K Oberflächentemperatur 43 Sonnenleuchtkräfte. Wie Aldebaran dreht er sich sehr langsam, eine Rotation dauert 558 Tage oder ca. 1,5 Jahre. Pollux befindet sich 34 Lichtjahre von der Erde entfernt, ein Nachbar sozusagen.
Pollux ist ein Einzelstern, über den es ansonsten wenig spannendes zu berichten gäbe – hätte er nicht einen 2006 entdeckten Planeten, Pollux b, seit Dezember 2015 ganz offiziell Thestias genannt (nach der Mutter des Pollux), welcher Pollux in 591,2 Tagen oder 1,62 Jahren umkreist. Da er mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt wurde – er bringt Pollux beim Umlauf aufgrund seiner Schwerkraft zum Wackeln, welches sich durch kleinste periodische Schwankungen der Spektrallinien Pollux’ aufgrund des Dopplereffekts verrät – und nicht vor dem Stern durchzieht, können wir neben seiner Umlaufzeit nur seine Masse vermindert um den Faktor sin (i) messen, wobei i die unbekannte Neigung der Bahn-Drehachse gegen die Sichtlinie ist (wie wir das schon bei den Kugelsternhaufen von NGC 1052 DF-2 kennengelernt haben). Die Minimummasse von Thestias bei angenommenem i nahe 90° (Kantenblick auf die Bahn) beträgt 2,8 Jupitermassen. Sollten wir hingegen fast von oben auf die Bahnebene schauen (i nahe 0°), könnte die Masse auch deutlich größer sein und theoretisch sogar die mindestens 13 Jupitermassen eines Braunen Zwergs übertreffen. Pollux ist uns aber nahe genug und Thestias massiv genug, so dass man das Wackeln in Senkrechten zur Sichtlinie (also in der Projektion auf die scheinbare Himmelskugel) als winzige Verschiebung des Sterns in der Größenordnung von tausendstel Bogensekunden gerade eben noch messen kann und damit erhält man eine Obergrenze für die Masse. In dieser aktuellen Arbeit[1] wurde das auf der Basis von Daten des Astrometriesatelliten HIPPARCOS unter anderem auch für Thestias durchgeführt und auf eine Masse zwischen 2,8 und 12,8 Jupitermassen geschlossen, ein immer noch weiter Bereich, der die Braunen Zwerge haarscharf ausschließt. Die Messungen aus dem neuen GAIA-Katalog sollten die Masse besser einschränken können. In jedem Fall wird es sich bei Thestias um einen Gasriesen handeln, der trotz 1,71 AE Abstand vom hellen Pollux B mehr Strahlung abbekommt als unser Merkur von der Sonne, also wohl zu den Heißen Jupitern gerechnet werden darf.
Das Castor-System
Der eigentliche Star der Zwillinge ist der Stern Castor, eingedeutscht auch Kastor. Schon im kleinen Teleskop kann man den 51 Lichtjahre weit entfernten Stern als Doppelstern erkennen.
Die beiden Komponenten, Castor A und B, hatten in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen Abstand von nur 1,8″ (Bogensekunden), was für kleinere Amateurteleskope schon schwierig aufzulösen war. Da sich die Sterne zu dieser Zeit nahe ihres Periastrons (engster Punkt auf der Umlaufbahn) befanden, wo sie nach dem 2. Keplerschen Gesetz am schnellsten unterwegs sind, hat sich der Abstand seitdem zügig auf heute 5″ vergrößert, was dank des geringen Helligkeitsunterschieds der beiden Sterne auch die einfachsten Teleskope noch splitten können. Bis zum Jahr 2100 wird der Abstand auf 6,5″ wachsen und danach wieder schrumpfen. Wir blicken flach auf die Bahn, so dass es um das Jahr 2250 ein zweites Entfernungsminimum geben wird, welches von einem Ort senkrecht über der Bahn aus betrachtet als fernster Punkt der beiden Sterne (Apastron) erkennbar wäre. Uns Erdlingen erscheint es perspektivisch verzerrt enger als es ist, jedoch weniger eng als der Abstand in den 1970ern. Der gesamte Umlauf dauert 445 Jahre.
Beide Komponenten sind vom Spektraltyp A, weiße Hauptreihensterne von 10.000 K bzw. 9.000 K Temperatur mit 2,8 und 3,0 Sonnenmassen, 2,4 bzw. 3,3 Sonnendurchmessern und 34 bzw. 15 Sonnenleuchtkräften.
Aber da ist noch mehr: in ca. einer Bogenminute Entfernung findet sich ein Sternchen 9. Größenklasse, das nur im Teleskop erkennbar ist, welches die beiden Hauptkomponenten umkreist, Castor C. Der Abstand beträgt in Wahrheit 0,0158 Lichtjahre oder 1000 AE, der tausendfache Abstand zwischen Erde und Sonne, und ein Umlauf von C um A und B dauert rund 14000 Jahre. Dazu gibt es eine schöne Animation, die den Umlauf von A und B umeinander auf 1 s verkürzt und zeigt, wie sich die Sterne um einen gemeinsamen Schwerpunkt (Baryzentrum) bewegen, wobei A und B ein eigenes Baryzentrum umkreisen, das eine elliptische Bahn vollführt.
Aber jetzt kommt’s: Jeder der drei Sterne ist zusätzlich ein spektroskopischer Doppelstern. Es sind in Wahrheit 6 Sterne, die da umeinander tanzen. C besteht aus zwei roten Zwergsternen Ca und Cb von praktisch identischer Masse (0,6 Sonnenmassen), Größe (0,62 Sonnendurchmesser) und Leuchtkraft (0,07 Sonnenleuchtkräfte), die in gerade einmal 20h umeinander wirbeln, wobei sie sich gegenseitig bedecken und verdunkeln – wir blicken fast genau auf die Kante der Bahn. Daher ist Castor C ein Bedeckungsveränderlicher, der zusätzlich den Namen YY Geminorum trägt (siehe unten).
Auch A und B werden von Roten Zwergen (Ab und Bb; die Hauptkomponenten heißen dann Aa und Ba) begleitet, die sie in 9,2 bzw. 2,9 Tagen umkreisen. Ihre genauen Massen und Durchmesser sind nicht bekannt, aber sie dürften Ca und Cb ähneln.
Dieses erstaunliche Mehrfachsystem sieht also im Ganzen so aus:
Geminga
Nicht weit von γ Geminorum (Alhena) am Pollux gegenüber liegenden Ende der klassischen Sternzuglinien (siehe Karte oben) befindet sich eine 1972 vom italienischen Astronomen Giovanni Bignami mit Hilfe des amerikanischen Satelliten SAS-2 entdeckte Gammastrahlenquelle, eine der ersten entdeckten solchen Quellen überhaupt und die zweithellste Quelle von Gammastrahlung oberhalb von 100 MeV am Himmel. Bignami nannte die Quelle Geminga, abgeleitet von Gemini Gamma Ray Source, und im milanesischen Dialekt bedeutet gh’è minga (mit “gh” wie das deutsche G ausgesprochen, vergleiche “Spaghetti”) soviel wie “da ist nichts”, was damals sehr passend war, weil man keinerlei optisches Konterfei aufspüren konnte. Deshalb war zunächst nicht klar, worum es sich handelte. Erst 1991 konnte das Röntgenteleskop ROSAT eine Pulsation mit einer Dauer von 0,237 s in Gemingas Strahlung nachweisen, so dass man heute davon ausgeht, dass es sich um einen Pulsar handelt, der jedoch keine Radioquelle ist und einer Supernova vor ca. 300.000 Jahren entstammt. Er ist ca. 800 Lichtjahre entfernt und rast mit 205 km/s durch das interstellare Medium. Es kommt oft vor, dass asymmetrische Supernovaexplosion die entstehenden Neutronensterne wie ein Raketenantrieb beschleunigen, was offenbar auch bei Geminga der Fall war.
Messier 35
Die Zwillinge enthalten einen hübschen offenen Sternhaufen, der ein wenig Optik verträgt, wenn man das Sternbild nicht gerade unter perfektem, mondlosem Himmel betrachten kann. Ein Feldstecher zeigt gegenüber von Alhena (da, wo die Sternzuglinien Castors Füße andeuten) einen Sternhaufen, der ungefähr den Durchmesser des Mondes hat, aber kleiner erscheint. Im Feldstecher gelingt es, ihn in einzelne Sterne aufzulösen und im kleinen Teleskop mit großem Blickfeld entfaltet er seine ganze Sternenpracht. Charles Messier nahm ihn einst als 35. Eintrag in seine Liste kometenähnlicher Objekte auf, deswegen wird er als Messier 35 oder M35 bezeichnet. Er ist 2800 Lichtjahre entfernt und enthält ungefähr 1600-3200 Sternmassen im Zentrum, wie mit einer dem Virialsatz ähnlichen Ansatz anhand der Bewegung der Sterne abgeschätzt wurde. Das Alter des Sternhaufens soll 90-110 Millionen Jahre betragen.
Gleich benachbart findet sich ein noch fernerer und lichtschwächerer offener Sternhaufen, NGC 2158 in 9000 Lichtjahren Entfernung, der ohne Teleskop jedoch unsichtbar bleibt.
Die Geminiden
Jedes Jahr in der ersten Dezemberhälfte, vor allem um den 13.-14. Dezember, sind die Zwillinge die scheinbare Quelle eines Meteorschwarms, der Geminiden, für mich der schönste des ganzen Jahres. Die Geminiden sind überwiegend helle, langsame Sternschnuppen, die über den ganzen Himmel verteilt auftreten, deren Bahnen jedoch alle auf einen gemeinsamen Ursprungspunkt am Himmel nahe bei Castor, den Radianten, zurückgehen (weil sie von dort “ausstrahlen”, lat. radiare). Dies ist, wie bei allen Meteorschwärmen, ein perspektivischer Effekt, die Meteore bewegen sich parallel aus dieser Richtung auf uns zu, und scheinen beim Näherkommen, in alle Richtungen auseinander zu laufen, wie Schneeflocken, die uns bei einer nächtlichen Fahrt durch einen Schneeschauer beim Blick nach vorne entgegen kommen.
Die Quelle der Geminiden ist anders als bei fast allen anderen Meteorschwärmen (mehr Bilder) kein Komet, sondern der Asteroid 3200 Phaethon, dessen stark elliptische Bahn alle Bahnen der inneren Planeten (Merkur, Venus, Erde, Mars) kreuzt und sich der Sonne bis auf 0,14 AE nähert – 20,9 Millionen km, weniger als die Hälfte der Sonnenentfernung des Merkurs. Man spekuliert, dass unter der großen Hitze (bis zu 750° C) das Gestein Risse bekommt und Staub- und Geröllpartikel freisetzt, die sich um den Asteroiden verteilen. Dieser kommt der Erde zwar nie näher als 2,9 Millionen km (7,5 Mondentfernungen), aber sein Staub verteilt sich durch den Einfluss der Sonne weit genug von seiner Bahn weg, dass er die Erde gewissermaßen als “Asteroidenhagel” trifft, wann immer sie in der Nähe seiner Bahn vorbei zieht, und das ist jedes Jahr um den 13.-14. Dezember der Fall. Im Dezember letzten Jahres war auch Phaethon in der Nähe dieses Orts, er näherte sich der Erde am 16. Dezember 2017 bis auf 10,3 Millionen km (27 Mondentfernungen), und konnte mit Radarstrahlen abgetastet und vermessen werden. Er durchmisst demnach 6 km. Nichts, was man in den Vorgarten fallen sehen möchte. Um genau zu sein, in keinen Vorgarten irgendwo auf der Welt, denn er hat schon die Größenordnung des Dinosaurierkillers von Chicxulub. Aber, wie gesagt, es besteht auf voraussehbare Zeit keine Gefahr, da die Bahn von Phaethon mit sehr viel Abstand zur Erdbahn verläuft.
Das Anschauen des Geminidenschwarms, der schon am frühen Abend gut beobachtet werden kann, möchte ich den Lesern gerne ans Herz legen. Wenn es kurz vor dem 3. Advent dieses Jahr wieder soweit ist, werde ich auf die Geminiden zurück kommen.
… und eine Zwergnova
Unterhalb von Pollux, etwa in Verlängerung des linken Arms am linken Bildrand der Karte oben, befindet sich das Objekt U Geminorum. Der lateinische Buchstabe verrät, dass es sich um einen veränderlichen Stern handelt, denn die werden mit den Buchstaben R, S, T, U etc. im selben Sternbild bezeichnet. Wenn man so bei Z ankommt, geht es mit RR, RS, RT,…, RZ, SS, ST, … , ZZ weiter; reicht das noch nicht, setzt sich die Kette mit AA, AB, …, AZ, BB, BC,… QZ fort, wobei J nicht verwendet wird; und wenn das dann auch noch nicht reicht, dann heißen die weiteren veränderlichen Sterne V335, V336, etc. Astronomen sind schon ein seltsames Volk!
Veränderliche Sterne ändern ihre Helligkeit mehr oder weniger periodisch, und es gibt die unterschiedlichsten Klassen. Bedeckungsveränderliche haben wir schon kennengelernt, aber es gibt auch pulsierende Sterne, die wirklich intrinsisch heller werden, wie etwa Beteigeuze. Die meisten dieser veränderlichen Sterne werden nur um höchstens eine Größenklasse heller. Nicht so die sogenannten Zwergnovae, bei denen sind auch mal 5 bis 7 Größenklassen drin, entsprechend einem Faktor 100 bis 500 in der Helligkeit! So kann ein vorher gänzlich unsichtbarer Stern plötzlich sichtbar werden und als scheinbar neuer Stern – lat. nova stella – am Himmel erscheinen. Was passiert da?
Auch wenn der Name “Nova” an die bekannten Supernovae erinnert, ist der Mechanismus im Vergleich zur klassischen Typ-II-Supernova (Kernkollaps zum Neutronenstern oder Schwarzen Loch läßt die Hülle explodieren) ein ganz anderer. Eine Nova entsteht aus einem Sternenpaar, bei dem zunächst der massivere Stern sich zum Roten Riesen und anschließend zum Weißen Zwerg entwickelt, d.h. er schwillt erst an, bläst einen Großteil seiner Atmosphäre und seines Wasserstoffs davon, und der heliumreiche Kern schrumpft nach Ende den Fusionsreaktionen auf die Größe der Erde, enthält aber rund eine Sonnenmasse an dicht gepackter Materie im Zustand der Entartung. Die Atome und damit die Elektronen werden durch die Schwerkraft des Weißen Zwergs dicht zusammengedrängt, ihre möglichen Orte werden damit stark beschränkt. Nach der Heisenbergschen Unschärferelation kann aber nicht gleichzeitig den Ort und die Geschwindigkeit (besser: Impuls, das ist Masse mal Geschwindigkeit) eines Quantenteilchens beliebig genau bestimmt sein, d.h. die Elektronen müssen notwendigerweise mit großen Geschwindigkeiten und damit Energien und Temperaturen unterwegs sein. Diese erzeugt den Entartungsdruck, der den Weißen Zwerg stabilisiert. Je höher die Masse, desto dichter wird die Materie, der Stern wird noch kleiner und noch heißer.
Nachdem der erste Stern zum weißen Zwerg geworden ist, schwillt irgendwann der weniger massive zum Riesen an und kann unter Umständen so groß werden, dass Materie über die Zone zwischen ihm und dem Weißen Zwerg, wo die Gezeitenkräfte des Weißen Zwergs stärker werden als der Zusammenhalt des Riesen (Roche-Grenze), zu dem Zwerg hinüber fließen kann. Das Gas sammelt sich dabei zuerst in einer Akkretionsscheibe um den Weißen Zwerg an, baut dort Bewegungsenergie ab und kann so auf den Weißen Zwerg hinab regnen. Bei einer klassischen Nova sammelt sich das wasserstoffreiche Gas dort an und erhöht unter dem Entartungsdruck auf dem Stern seine Temperatur, bis es bei ca. 20 Millionen K explosiv zu fusionieren beginnt. Der Fusionsblitz sprengt die Wasserstoffhülle ab und der Stern wird in eine expandierende heiße Wolke aus radioaktiv zerfallenden Isotopen gehüllt, die ihn viel größer und heller erscheinen lassen, als es der Weiße Zwerg zuvor war – der vorher am Himmel unsichtbare Stern wird zum “neuen Stern”.
Bei einer Zwergnova kommt es jedoch (noch) nicht zu einer Explosion auf dem Weißen Zwerg, sondern zu einer Instabilität in der Akkretionsscheibe, eine Veränderung der Viskosität des Gases oberhalb einer bestimmten Temperatur, die für vermehrten Durchfluss durch die Scheibe und damit deren Aufheizung und Aufhellung sorgt. Durch das schnellere Abfließen leert sich die Akkretionsscheibe und kühlt wieder ab, so dass der Prozess von vorn beginnt und sich binnen Tagen bis Jahren wiederholen kann.
Wenn sich genug Material angesammelt hat, kann die Zwergnova schließlich aber doch zur klassischen Nova werden. Und sammelt sich zwischen den Nova-Ausbrüchen immer mehr Materie auf dem weißen Zwerg an, bis er die nach dem indischen Astronomen Subrahmanyan Chandrasekhar benannte obere Massengrenze für weiße Zwerge von 1,44 Sonnenmassen erreicht. Dort wird die Bewegungsfähigkeit der Elektronen durch die Lichtgeschwindigkeit nach oben beschnitten, der Entartungsdruck kann nicht weiter steigen und der Schwerkraft entgegenwirken, und der Stern muss zusammenbrechen. Er explodiert dann vollständig als Supernova vom Typ Ia, die wir in einem zukünftigen Artikel als Standardkerzen für die Entfernungsmessung näher betrachten werden. So kann eine Zwergnova doch irgendwann einmal “super” werden.
U Geminorum war die erste entdeckte Zwergnova überhaupt, aber sie ist nicht ganz der typische Fall. Hier umkreisen sich nämlich ein Weißer Zwerg (1,2 Sonnenmassen) und ein Roter Zwerg (0,42 Sonnenmassen) extrem eng mit nur 1 Million km Abstand (1,5 Sonnen-Halbmesser) in wenig mehr als 4h, so dass es auch hier zu einem Massentransfer vom Roten Zwerg zum Weißen Zwerg kommt. Mit zwischen 62 und 257 Tagen schwankender Periode kommt es zu Zwergnova-Ausbrüchen, bei denen der Doppelstern für 10-20 Tage um das bis zu 100fache heller wird. Das kuriose System befindet sich ca. 270 Lichtjahre von uns entfernt.
Kommentare (19)