M66 in einer Aufnahme des Hubble-Teleskops. Sternentstehungsgebiete sind an ihrer roten Farbe (Hα) zu erkennen. Kombination aus Infrarot, Hα und visuellen Filtern. Bild: NASA, ESA and the Hubble Heritage (STScI/AURA)-ESA/Hubble Collaboration. Acknowledgement: Davide De Martin and Robert Gendler, CC BY 4.0.

Das Wintersechseck hat sich zum nunmehr späten Anbruch der Dunkelheit erst nach 22 Uhr schon weit nach Westen geneigt – Sirius konnte ich Anfang Mai schon nicht mehr auffinden. Nach den Zwillingen zog das unscheinbare Sternbild Krebs über den abendlichen Meridian, das Ihr Euch nicht zu merken braucht, das ist einfach die sternarme Gegend östlich der Zwillinge. Unterdessen dominiert aber längst ein anderer Protagonist den Südhimmel, der Löwe, lat. Leo, und den solltet Ihr Euch unbedingt einprägen. Wenn Leo abends am Osthorizont aufsteigt, ist es Anfang März und der Frühling nicht mehr weit.

 

Historisches

Das Sternbild, das natürlich zu den Tierkreissternbildern gehört, hat eine so auffällige Form, dass sich die Assoziation eines liegenden Löwen geradezu aufdrängt. Die Mesopotamier, die Babylonier, die Ägypter, die Perser, die Syrer, die Griechen, die Inder, die alten Juden und Türken erkannten alle einen Löwen in diesem Sternbild. Der Ursprung des Sternbilds geht nach archäologischen Erkenntnissen auf die Sumerer 4000 v.u.Z. zurück, und es ist somit eines der ältesten Sternbilder. Die Babylonier nannten es UR.GU.LA, den Großen Löwen, und es markierte den Höchststand der Sonne in babylonischer Zeit. Der Hauptstern Regulus wurde auch als Königsstern bezeichnet.

Sternbild Löwe so, wie es am Himmel steht, und mit Orientierungsmarken.

Sternbild Löwe so, wie es am Himmel steht, und mit Orientierungsmarken. Der Sichel-Asterismus rechts ist hervorgehoben. Bild: Autor, Stellarium.

Bei den Griechen repräsentierte Leo den Nemëischen Löwen, ein Tier mit verzaubertem Fell, welches ihn unverwundbar machte. Er lebte nahe der Stadt Nemëa südlich Korinth und entführte junge Frauen in seine Höhle, die er als Köder benutzte, um Krieger anzulocken, welche die Jungfrauen retten wollten. Doch die Waffen der Krieger konnten dem Löwen nichts anhaben, und statt dessen wurden sie zur Beute des fiesen Ungeheuers. Den Löwen dennoch zur Strecke zu bringen war die erste von 12 Aufgaben, die König Eurystheus dem Herakles stellte, um dessen vorangegangene Untaten zu sühnen. Herakles (bei den Römern als Herkules bekannt) drang in die Höhle des Löwen ein und rang ihn mit bloßen Händen nieder; wobei ich zwei verschiedene Storys finde, mal wird der Löwe einfach erdrosselt, mal gelingt es dem antiken Superheld, das Biest im Sprung gleichzeitig an Voder- und Hinterpfoten zu packen und ihm dann den Rücken zu brechen. Wie dem auch sei, Löwe tot, Jungfrauen befreit, und Löwe von Zeus als Trophäe für die Herkulesaufgabe an den Himmel verpflanzt, zu unserer aller Ergötzung.

Die Chinesen sahen den vorderen (westlichen) Teil des Löwen, der im Westen als “Sichel”-Asterismus bekannt ist, als Teil des größeren Sternbilds Xuanyuan, das den Gelben Kaiser und seinen Lebensweg repräsentieren soll, z.T. als Drache, z.T. als Herrscher (der Stern Regulus).

 

Regulus

Der mit 1,3m hellste Stern im Löwen steht im Südwesten des Sternbilds, er ist quasi die Brust des Löwen und das untere Ende der Sichel. Der Name Regulus ist die Verkleinerungsform des lateinischen “rex/regis” und steht also für “kleiner König” oder “Prinz”.

Regulus steht eine Vollmondbreite nördlich der Ekliptik, daher begegnet er öfters Sonne und Mond. Letztes Jahr bei der großen Sonnenfinsternis in den USA stand er ganz in der Nähe der verfinsterten Sonne. Die Sonne passiert ihn stets mit ihrem halben Durchmesser Abstand knapp südlich, aber die Planeten und vor allem der Mond können ihm näher kommen. Mit Aldebaran, Antares und Spica ist er einer der 4 Sterne 1. Größe, die vom Mond bedeckt werden können. 2017/18 gab es eine Serie von Bedeckungen durch den Mond, aber da die Mondbahn sich ständig verschiebt, verpasst er Regulus seit diesem März (am 1. März gab es noch eine Bedeckung, am 28. nicht mehr). Die nächste enge Begegnung findet am frühen Morgen des 22. Mai statt, allerdings erst nach dem Untergang der beiden von Mitteleuropa aus. Für dieses Jahr gibt es wohl keine hierzulande beobachtbaren Konjunktionen von Mond und Regulus mehr zu sehen, lange verbleibt der Löwe auch nicht mehr am Abendhimmel.

Regulus ist mit 79,3 Lichtjahren nicht allzu weit von der Sonne entfernt. Durch eine lunare Bedeckung konnte 1980 sein Winkeldurchmesser zu 1,3 mas bestimmt werden, das entspricht in dieser Distanz wenig mehr als 3 Sonnendurchmessern. Der jüngste Wert beträgt 1,19 mas und wurde 2009 interferometrisch bestimmt. Tatsächlich handelt es sich bei Regulus um einen Mehrfachstern, die Angabe bezieht sich auf die größte und hellste Komponente, Regulus A, einem B8 IV Unterriesen mit 3,8 Sonnenmassen und 288 Sonnenleuchtkräften. A hat einen unsichtbaren Begleiter von 0,3 Sonnenmassen (oder auch mehr, weil die Inklination nicht bekannt ist), der sich alleine dadurch verrät, dass er die Spektrallinien des B8-Sterns zum periodischen Schwingen bringt. Die Umlaufzeit beträgt 40 Tage.

Wie viele B-Sterne ist auch Regulus ein schneller Rotierer. Er dreht sich einmal in 15,9 h, was für eine starke Abplattung sorgt, er befindet sich mit einer Rotationsgeschwindigkeit am Äquator von 320 km/s kurz vor dem Zerreissen und ist an den Polen deutlich heißer als am Äquator, wo die Fliehkraft den Gewichtsdruck des Gases merklich senkt. Da der Stern einen ungewöhnlich hohen UV-Licht-Anteil zeigt, ist die bevorzugte Theorie, dass der Begleiter ein eine Milliarde Jahre alter Weißer Zwerg ist (Regulus selbst sollte vom Sterntyp her eigentlich höchstens 150 Millionen Jahre alt sein) der zum Einen den UV-Anteil des Spektrums beiträgt und zum Anderen durch seine Expansion zum Riesen Gas an den B-Stern verloren hat. Das Gas floss über die Roche-Grenze in einen Orbit um den anderen Stern hinüber, sammelte sich dort in einer Akkretionsscheibe und spiralte aus dieser auf den Stern hinunter, immer im gleichen Drehsinn, was dessen Rotation immer mehr beschleunigte. Der Weiße Zwerg wäre damit der ursprünglich massivere Stern gewesen, der sich schneller entwickelte und zuerst zum Riesen wurde. Durch den Massentransfer tauschten die beiden Sterne dann ihre Rollen und sorgten für eine Schein-Verjüngung des B-Sterns durch seinen heute viel höheren Energieumsatz als vor dem Transfer.

In satten 3 Bogenminuten Abstand befindet sich das binäre Paar Regulus BC, die 8,1m und 13,5m helle K- bzw. M-Zwerge sind. Der hellere von ihnen bringt es auf eine halbe Sonnenleuchtkraft. Man geht davon aus, dass die beiden Sterne die A-Komponenten umkreisen.

 

Andere Sterne

Am gegenüberliegenden Ende des Löwen findet man den Stern β Leonis, Denebola, was so viel wie “Schwanz des Löwen” bedeutet (von danab al-asad im arabischen). Denebola ist ein weißer A-Stern mit 1,8 Sonnenmassen, 1,7 Sonnendurchmessern und 15 Sonnenleuchtkräften in 36 LJ Entfernung, nur halb so weit entfernt wie Regulus. Der Stern ist von einer Staubscheibe in 39 AE Abstand umgeben, die vom ESA Herschel-Teleskop aufgenommen werden konnte. Auch Denebola ist ein schneller Rotierer. Die an den Spektrallinien messbare Rotationsgeschwindigkeit (· sin(i)) beträgt 128 km/s.

Am Hals des Löwen befindet sich der Stern γ Leonis, Algieba, was eigentlich “Stirn des Löwen” heißen soll  (von arabisch al-jabhah). Der Stern ist Amateuren als relativ leicht zu trennender visueller Doppelstern mit 4,6″ Abstand bekannt. Ein Dreizöller sollte ihn bei ruhiger Luft mit 100-facher Vergrößerung knacken. Die beiden Komponenten sind K0- und G7-Riesen der Leuchtkraftklasse III mit goldgelbem Licht. Die Einzelhelligkeiten betragen 2,4m und 3,6m, in Summe 2,1m. Sie befinden sich in 130 Lichtjahren Entfernung und umkreisen sich in mehr als 500 Jahren. Die hellere K0-Komponente hat bei nur 1,23 Sonnenmassen 32 Sonnendurchmesser und 320 Sonnenleuchtkräfte. Die Masse der G7-Komponente ist nicht genau bekannt, da ihre Eigenbewegung noch nicht lange genug beobachtet wurde. 2009 wurde ein Planet von 8,78 Jupitermassen (· sin(i)-1) in 1,19 AE Abstand von der K0-Komponente mit einem südkoreanischen Teleskop unter Verwendung der Radialgeschwindigkeitsmethode gefunden (es muss nicht immer Kepler sein…). Die Umlaufzeit beträgt 429 Tage.

 

Feuerräder

Leo steht etwas  abseits der Milchstraße, die durch das Wintersechseck verlief. Deshalb stehen hier weniger helle Sterne, aber man blickt aus der Milchstraße hinaus in die Abgründe dahinter. Und findet dort eine Menge Galaxien, alleine 5 mit Messier-Nummer, die also potenzielle Objekte für gute Feldstecher oder kleine Teleskope sind. 4 davon sind Spiralgalaxien. Sie sind alle zwischen 32 und 38 Millionen Lichtjahren entfernt und bilden die auffälligsten Mitglieder zweier Galaxiengruppen.

Die eine Gruppe (Leo I) befindet sich südlich der Mitte des Rumpfes des Löwen und enthält die Spiralgalaxien M95, M96 und die elliptische Galaxie M105, sowie mindestens 21 weitere, lichtschwächere Mitglieder. Das mit 10,1m hellste Mitglied Messier 96 ist dabei mit 100.000 LJ Durchmesser ungefähr so groß wie die Milchstraße und mit 100 Milliarden Sternen halb so dicht bevölkert. Wir sehen die Scheibe unter einem Winkel von ungefähr 50° Neigung. Einer der Spiralarme wirkt ein wenig verbogen, weil die Galaxie vor einer Milliarde Jahren mit einer anderen Galaxie kollidiert ist.

Spiralgalaxie M96 vor zahlreichen Hintergrundgalaxien, aufgenommen mit dem FORS1-Instrument des Very Larg Telescope. Bild: ESO/Oleg Maliy, CC-BY 4.0.

Spiralgalaxie M96 vor zahlreichen Hintergrundgalaxien, aufgenommen mit dem FORS1-Instrument des Very Large Telescope. Bild: ESO/Oleg Maliy, CC BY 4.0.

Messier 95 ist mit 46.000 Lichtjahren wesentlich kleiner und mit 11,4m auch deutlich weniger hell, was sie zu einem schwierigen Objekt für den Feldstecher macht. Sie enthält ungefähr 40 Milliarden Sterne. Wir sehen sie fast senkrecht von oben. Sie zeigt einen zentralen Balken, wie ihn auch unsere Milchstraße besitzt und veranschaulicht schön deren Form.

Spiralgalaxie M95. Schön ist der zentrale Balken und die Staubwolken im ihn umgebenden Ring zu erkennen. Bild: ESO, CC BY 4.0.

Spiralgalaxie M95. Schön ist der zentrale Balken und die Staubwolken im ihn umgebenden Ring zu erkennen. Bild: ESO, CC BY 4.0.

Die andere Gruppe ist nicht etwa Leo II (die Gruppe gibt es auch, sie enthält aber schwächere Galaxien), sondern das Leo-Triplett, das aus drei nahe benachbarten Spiralgalaxien besteht. Es misst nur 35′ x 19′ und hat damit ungefähr die Größe des Vollmonds, passt also gemütlich ins Blickfeld der meisten Teleskope.

Die beiden kleineren Spiralen in Schrägansicht Messier 65 und Messier 66 sind 10,3m und 8,9m hell, die in Kantenansicht stehende Galaxie NGC 3628 10,2m. Obwohl sie den beiden anderen Spiralen so nahe ist und vergleichbar hell, hat Charles Messier sie übersehen – sie wurde erst von William Herschel entdeckt. Das Foto unten zeigt auch, warum: die Helligkeiten der beiden Spiralen M65 und M66 rechts sind im Zentrum konzentriert, während NGC 3628 ihr Licht ziemlich gleichmäßig über eine größere Fläche verteilt. Wenn man die tollen Fotos heutiger Kameras betrachtet, vergisst man, dass das Aufspüren einer Galaxie mit dem bloßen Auge eine Herausforderung ist. M65 und M66 sollten im 10×50-Feldstecher aufspürbar sein, vorausgesetzt einen stockfinsterem Himmel. Für NGC 3628 braucht es dagegen ein 6-Zoll-Teleskop. Da wir genau auf ihre Kante sehen, zeigt NGC 3628 genau wie unsere Milchstraße ein zentrales Staubband, weswegen sie auch als “Hamburger-Galaxie” bekannt ist – gewissermaßen mit einem Staub-Patty. Sie durchmisst wie unsere Milchstraße 100.000 Lichtjahre.

Leo Triplet in einer Infrarot-Rot-Grün-Aufnahme des 3,6m-VLT-Survey-Teleskops. Bild: ESO/INAF-VST/OmegaCAM. Acknowledgement: OmegaCen/Astro-WISE/Kapteyn Institute.

Leo-Triplett in einer Infrarot-Rot-Grün-Aufnahme des 3,6m-VLT-Survey-Teleskops. Bild: ESO/INAF-VST/OmegaCAM. Acknowledgement: OmegaCen/Astro-WISE/Kapteyn Institute, CC BY 4.0.

Nicht sichtbar im obigen Bild, aber auf diesem ist ein 300.000 LJ langer Schweif, den die Galaxie hinter sich her zieht, der aus einer Interaktion mit den beiden anderen Galaxien hervorging. Dabei wurden durch Gezeitenkräfte Sterne und Gas aus der Galaxie herausgezogen, welches dann seinerseits begann, Sterne zu bilden.

Zu den beiden anderen Spiralen möchte ich ergänzen, dass sie 90.000 LJ (M65, im Bild rechts oben ) und 100.000 LJ (M66, rechts unten) durchmessen und beide ungefähr 200 Milliarden Sterne enthalten. M65 zeigt Spuren der Interaktion mit NGC 3628, asymmetrische Spiralarme und ein verschobenes Zentrum.

Feuerregen

Schließlich beherbergt der Löwe den Radianten eines der bedeutendsten Meteorschwärme, der (was sonst?) Leoniden. Ihr Radiant, also der Punkt am Himmel, aus der die Meteore zu kommen scheinen, liegt in der Nähe von Algieba am östlichen Rand der Sichel-Schneide. Die meisten Meteorschwärme sind eher bescheiden, auch wenn sie, wie etwa die Perseiden, mit einer Zenithal Hourly Rate (ZHR) von 100 geführt werden – das ist die theoretische Zahl der Meteore pro Stunde, wenn der Radiant im Zenit stünde, und man optimale, mondlose Bedingungen hätte, die auch die schwächsten Meteore noch erkennbar machten. Die ZHR kann unter Umständen auch nur 10 Minuten lang erreicht werden. Und wenn man alle 2-4 Minuten einen Meteor sehen kann, ist der Schwarm schon als üppig zu bezeichnen. Grundsätzlich werden Meteorschwärme von der Presse overhyped.

Die Leoniden sind mit einer ZHR von unter 20 normalerweise ziemlich erbärmlich. Das war in der Nacht vom 12. auf den 13. November 1833 in Amerika dramatisch anders. Die ZHR muss etwa 150.000 erreicht haben, (mehr als 40 Meteore pro Sekunde!) und binnen 9h sollen 240.000 Meteore niedergegangen sein. Sie kamen manchmal in Wellen und waren dann zu zahlreich, um sie zu zählen. Manche waren so hell, dass sie Schatten erzeugten, und eine schnelle Folge mehrerer Boliden, hell wie der Mond, erschreckte einige Beobachter. Ihre Rauchspuren blieben in der Hochatmosphäre bis zu 20 Minuten erhalten und wurden von den Winden dort verzerrt. Ein heller Feuerball hinterließ eine sich schlängelnde Spur und wurde von den Leuten “die Schlange” getauft.

In Europa, wo es ein paar Stunden früher dunkel wurde: nichts von alledem. Aber das Thema wurde von der Presse aufgenommen. Niemand hatte eine Erklärung für dieses monumentale Ereignis. Meteore, dachte man damals, seien eine Erscheinung der Atmosphäre. Das Ereignis beeindruckte Abraham Lincoln so sehr, dass er noch Jahre später darauf Bezug nahm. Der Mormonengründer Joseph Smith prophezeite die baldige Rückkehr des Christus. Die schwer traumatisierten Cheyenne schlossen einen Friedensvertrag mit den Weißen und die Lakota starteten gar eine neue Kalenderzählung.

Leoniden 1833. Holzstich von Adolf Vollmy (1889). WIkimedia Commons, gemeinfrei.

Leoniden 1833. Holzstich von Adolf Vollmy (1889). Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Schon 1834 lieferte der amerikanische Astronom Denison Olmsted die richtige Erklärung: die Erde war durch einen dichten Partikelschwarm im Weltraum gezogen, der möglicherweise von einem Kometen stammte. Es wurde bekannt, dass Alexander von Humboldt schon 1799 in der Karibik einen starken Leoniden-Ausbruch beobachtet hatte und der Yale-Professor Hubert A. Newton fand in den 1860ern alte Aufzeichnungen von 13 weiteren Stürmen bis zurück ins Jahr 902, so dass man die 33,25 jährige Periode erkannte. 1866 kam es zu einem weiteren weniger intensiven Sturm mit bis zu 7000 Meteoren pro Stunde, diesmal in Europa. 1866 wurde der Komet Tempel-Tuttle entdeckt und man erkannte schnell, dass sein Orbit dem der Meteoroiden entsprach. Seine Bahn kam der Erdbahn mit 1,2 Millionen km recht nahe (rund 3 Mondbahnradien). Wenn der Komet nach seiner Passage des sonnennächsten Punkts (Perihel) seiner Bahn in der Nähe der Erdbahn gewesen war, kurz bevor oder nachdem die Erde den nächsten Punkt zur Kometenbahn passiert hatte, dann konnte es zu den spektakulären Leoniden-Stürmen kommen. Aber so einfach wie das klingt, war es nicht.

Auch 1867 und 1868 brachten intensive Ausbrüche mit bis zu 5000 bzw. 1800 Meteoren pro Stunde, und dann war wieder jahrelang Ruhe. 1900 und 1901 brachten noch einmal 1000 bzw. 1800 Meteore zu Stande, und man dachte nun, das sei es wohl gewesen.  Nachdem es in den 1930ern komplett ruhig geblieben war, kam es  am 17. November 1966 zu einem Sturm, der es mit dem 1833er aufnehmen konnte, wieder über den USA. Der Komet war aber schon 561 Tage zuvor an der Erdbahn vorbei geflogen; im Jahr davor waren sich Erde und Komet näher gekommen, aber die ZHR hatte nur 120 betragen.

Lage der in den Jahren 1833, 1966 und 1999 vorhanden Staubströme des Kometen und die Jahre ihrer Freisetzung. Dunkle Ströme sind dichter. Das grüne Kreuz markisert die Position und das Jahr, wann Komet Tempel-Tuttle die Bahn passierte. Das letzte Bild war die Vorhersage für 1999. Bild: Komposit aus Plots von David Asher, Armagh Observatory. Reproduktion für private und bildungsbezogene Anwendungen gestattet.

Lage der in den Jahren 1833, 1966 und 1999 vorhanden Staubströme des Kometen und die Jahre ihrer Freisetzung. Dunkle Ströme sind dichter. Das grüne Kreuz markiert die Position und das Jahr, wann Komet Tempel-Tuttle die Bahn passierte. Das letzte Bild war die Vorhersage für 1999. Bild: Komposit aus Plots von David Asher, Armagh Observatory. Reproduktion für private und bildungsbezogene Anwendungen gestattet.

In den 1980ern und 90ern wurde das Rätsel dann gelöst:bei jeder Perihel-Passage verursachte der Komet einen frischen, schmalen, langen Partikelschlauch, der vom Sonnenwind allmählich nach außen getrieben wurde.

Gleichzeitig sorgte der Einfluss des Jupiter dafür, dass sich die Bahnen des Kometen und der Partikel veränderten, z.B. konnte es zu einer 5:14-Resonanz kommen, bei der die größeren Staubpartikel von Swift-Tuttle 5 Umläufe um die Sonne vollendeten, wenn Jupiter 14 machte, was die Bahn der Staubpartikel stabilisierte. So entstand ein Muster aus dünnen langen Schläuchen in der Nähe der Kometenbahn, die teilweise viele Umläufe hinter sich hatten, bevor die Erde einen von ihnen traf. Durch Simulation der Partikelbahnen früherer Passagen gelang es Wissenschaftlern wie Robert H. McNaught, David J. Asher und insbesondere Esko Lyytinen und Tom van Flandern ziemlich präzise Vorhersagen für die Nacht vom 17. bis 18. November 1999 zu machen. Der Ausbruch sollte ergiebig werden mit mehreren 1000 Meteoren pro Stunde gegen 3h MEZ, aber kein Sturm vergleichbar mit 1833 oder 1966.

Satellitenbetreiber versuchten, ihre Geräte durch geeignete Ausrichtung vor dem erwarteten kosmischen Hagel zu schützen. Das Hubble-Weltraumteleskop wendete den Meteoroiden seine schmale Rückseite zu. Viele Astro-Amateure kauften sich Tickets und flogen nach Spanien, den nahen Osten oder Nordafrika, um einen klaren Himmel zu ergattern. Ich versuchte es, angesichts des vorhergesagten Wetters, vom heimischen Balkon aus, statt ins Grüne zu fahren. Leider war die Nacht durchgehend bewölkt, nur so gegen 3:10h gab es ein kleine Wolkenlücke, vielleicht handtellergroß bei ausgestrecktem Arm, und in dieser winzigen Lücke sah ich binnen weniger Minuten mehrere Meteore – was muss das für eine Show bei klarem Himmel gewesen sein! Tatsächlich ergab die spätere Auswertung, dass die ZHR immerhin ca. 3500 betragen hatte. Was die Stürme aus 1833 und 1966 wirklich surreal erscheinen lässt.

Nun sollte man meinen, 2032 oder 33 könnte vielleicht wieder ein Sturm entstehen, für den man dann ja doch mal eine Reise antreten könnte. Aber die Experten sagen vorher, dass der Komet 2029 eine Störung durch Jupiter erfährt, die ihn für zwei Umläufe weiter von der Erde entfernt. In diesem Jahrhundert soll es auch durch ältere Ströme keinen Leoniden-Sturm mehr geben. Schade.

 

…und noch ein König

Da Ihr hoffentlich am nächsten klaren Abend nach draußen geht, um herkulesmäßig den Löwen am Himmel zu bezwingen, haltet doch gleich auch Ausschau nach Südosten. Da befindet sich ein Stern, der es beinahe mit der am Himmel gegenüber im Nordwesten stehenden Venus aufnehmen könnte. Wer ihn noch nie gesehen hat – das ist der Jupiter, der König der Planeten, der so viel Masse in sich vereint wie alle anderen Planeten zusammen. Er steht im Moment im wenig auffälligen Sternbild Waage und ging am 10. Mai durch seine Oppositionsstellung, genau gegenüber der Sonne und aus unserer Sicht voll von ihr beleuchtet (wie der Vollmond).

Wenn der Himmel 20 Minuten nach Sonnenuntergang noch blau ist, kann man ihn bei klarer Luft schon erkennen; sobald es richtig dunkel ist, ist zieht er alle Aufmerksamkeit in dieser Himmelsgegend auf sich. Wer einen Feldstecher hat, sollte diesen benutzen, denn schon ein kleines Fernglas zeigt die 4 galileischen Monde des Jupiter, die täglich ihre Positionen ändern, während sie den Planeten umkreisen. Hier eine Seite, die einem die Stellung der Monde zu jedem Zeitpunkt ausrechnen kann. Auch Schatten der Monde auf dem Planeten oder Verfinsterungen durch Jupiters Schatten werden angezeigt (letztere entfallen zur Oppositionszeit). Diese Monde überzeugten Galileo Galilei davon, dass nicht alle Körper die Erde umkreisten, wie die Kleriker behaupteten, sondern dass Johannes Keplers Planetenmodell das richtige war. Schon 1676 erlaubte die Beobachtung der Bewegung der Monde dem Dänen Ole Rømer die Endlichkeit der Geschwindigkeit des Lichts nachzuweisen und nur zwei Jahre später Christian Huygens auf der Basis der 1673 erstmals bestimmten Astronomischen Einheit die Lichtgeschwindigkeit auf 212.000 km/s zu schätzen. Die Renaissance-Wissenschaftler wussten aus ihren bescheidenen Werkzeugen dennoch großartige Resultate zu ziehen.

 

Referenzen

Kommentare (8)

  1. #1 Captain E.
    17. Mai 2018

    Tja, wenn in einem Doppelsternsystem der kleinere (und womöglich auch leichtere) Stern ein Weißer Zwerg ist, muss man immer im Hinterkopf behalten, dass er zu Beginn der größere und schwerere gewesen sein muss. Sterne altern schneller, je schwerer sie sind, und ein Weißer Zwerg hat sein “Leben” eben schon hinter sich. Teile seiner abgestoßenen Hülle können dabei natürlich zum Teil beim Begleiter landen, der dadurch seinen Alterungsprozess beschleunigt.

  2. #2 Captain E.
    17. Mai 2018

    Übrigens: Laut der englischen Wikipedia ist Regulus sogar ein doppeltes Doppelsternsystem, besteht also aus (mindestens) vier Sternen.

  3. #3 Alderamin
    17. Mai 2018

    Die D-Komponente (die schon die 5. wäre) habe ich natürlich gesehen, aber der Artikel lieferte keinerlei Details über den Stern und nur die Aussage, dass er eine gemeinsame Eigenbewegung mit den anderen Sternen zeigt. So definitv scheint die Zugehörigkeit nicht belegt zu sein.

  4. #4 Captain E.
    17. Mai 2018

    @Alderamin:

    Na ja, wenn man sich trotz der relativ niedrigen Distanz von knapp 4,3 Lichtjahren immer noch nicht ganz sicher ist, ob Proxima Centauri die dritte (oder überhaupt eine!) Komponente von Alpha Centauri ist, mag das bei Regulus auch gerne offen bleiben. Irgendwann werden bestimmt beide Fragen abschließend geklärt werden.

  5. #5 Alderamin
    17. Mai 2018

    wenn man sich trotz der relativ niedrigen Distanz von knapp 4,3 Lichtjahren immer noch nicht ganz sicher ist, ob Proxima Centauri die dritte (oder überhaupt eine!) Komponente von Alpha Centauri ist

    Hm, war das nicht geklärt worden? Google, google… doch!

  6. #6 Captain E.
    17. Mai 2018

    Tja, man arbeitet sich so langsam durch. 🙂

  7. […] Zonen gehäuft, welche der Erde nicht in jedem Jahr nahe kommen, wie das z.B. bei den Leoniden der Fall ist. Trifft die Erde eine dichte Zone von Meteoren, so kann es zu einem Meteorsturm […]

  8. […] die Tauriden (1.10.-25.11) und die Leoniden (14.-21. November). Der Radiant der Leoniden in der Sichel des Löwen stand an der Position des Flugzeugs 60° hoch im Süden und derjenige der Tauriden zwischen den […]