Bei 5 Stunden Mondfinsternis (Achtung, nur 1:42h total) und wenn man sowieso schon im Dunklen draußen ist, bleibt noch ein wenig Zeit, den übrigen Himmel anzuschauen. Hier ein paar Highlights für Freitag Abend. Sozusagen als Pflicht-Begleitprogramm zur Mondfinsternis.
Planetenparade
Wir hatten im März eine tolle Gelegenheit, Merkur nahe bei der Venus zu sehen. Anfang dieses Monats war Merkur schon wieder kurz sichtbar, aber nicht so leicht wie im März. Dafür haben wir am Finsternisabend (und auch in den nächsten Wochen) alle anderen mit bloßem Auge sichtbaren Planeten wie auf einer Perlenschnur aufgereiht nebeneinander. Wer noch nie die den Menschen seit Urzeiten bekannten Planeten Venus, Jupiter, Saturn und Mars mit eigenen Augen gesehen hat, der hat derzeit einen Logenplatz an der Planetenparade.
Als ersten “Stern” am Himmel wird man im Westen kurz nach Sonnenuntergang, wenn der Himmel noch blau ist, die Venus entdecken, die aber bald nach Einbruch der Dunkelheit untergeht. Die fast erdgroße Venus, von der wir immer nur ihre weiße Wolkendecke sehen, in der es Schwefelsäure regnet und unter der 90 Atmosphären Druck bei 500°C herrschen, zeigt Phasen wie der Mond. Derzeit ist sie nur halb beleuchtet. In einem guten Fernglas, das auf Stativ steht oder aufgestüzt wird, sollte das erkennbar sein. Wie sich die Venusphase und -größe bis in den Oktober weiterentwickelt, zeigt diese Grafik.
Weiter links (östlich) und etwas höher taucht als zweites Objekt der Jupiter auf, dessen galileische Monde schon im Fernglas zu sehen sind. Jupiter ist der größte Planet des Sonnensystems und hat mehr Masse als alle anderen Planeten zusammen. Sein größter Mond Ganymed ist mit 5260 km Durchmesser größer als der Planet Merkur mit nur 4880 km und die etwas kleinere Callisto ist mit 4820 km von ähnlichem Kaliber (unser Erdmond durchmisst 3480 km). Im Feldstecher können wir am Finsternisabend alle 4 Monde sehen: die kleine Io links (östlich) vom Planeten, Callisto rechts unten dicht bei ihm, dann weiter rechts Ganymed und rechts außen die eisige Europa. Wenn man nach 2h nochmal schaut, hat sich Callisto schon deutlich nach links verschoben auf seinem Umlauf um den Planeten. Hier der Anblick gegen 22:30h:
Noch weiter links, fast im Süden, steht der wesentlich dunklere, da entferntere (sowohl von der Lichtquelle Sonne, als auch vom Betrachter) Planet Saturn, der wegen seines Ringsystems berühmt ist. Um dieses zu sehen, benötigt man wenigstens die 20-30fache Vergrößerung eines kleinen Teleskops. Im Fernglas sollte man aber rechts oberhalb des Planeten seinen Mond Titan sehen können, der etwa so groß wie Ganymed ist und über eine Atmosphäre dichter als die der Erde verfügt. Man muss sich mal kneifen und dabei vor Augen führen, dass dort eine europäische Landesonde auf dem Boden liegt, die uns Fotos von seiner Oberfläche gesendet hat.
Und links unter dem Mond befindet sich der Planet Mars in Oppositionsstellung und damit so hell wie selten; derzeit heller als Jupiter, aber wegen seiner tiefen Stellung am Horizont erscheint er während der Finsternis dunkler als dieser. Mars ist uns so nah wie seit 2003 nicht mehr, weil seine Bahn stark elliptisch ist und ihn die Erde ca. alle 2 Jahre an anderer Stelle auf seiner Bahn innen überholt, mal am sonnennächsten Punkt wie diesmal, mal am sonnenfernsten. Mit fast 25 Bogensekunden ist er richtig groß geworden und zeigt Oberflächendetails – natürlich nur im Teleskop. 2002 entstand ein Hoax, als eine Mail die Runde machte, in der stand, dass Mars am Oppositionsdatum am 27. August 2003 bei 75-facher Vergrößerung so groß wie der Mond mit bloßem Auge erscheine. Die Mail wurde in den sozialen Netzen verbreitet als “Mars erscheint mit bloßem Auge am 27. August so groß wie der Mond” und dieses Mem kam alle Jahre wieder zum betreffenden Datum. Nein, Mars ist ohne Teleskop nur ein Punkt, aber im Teleskop ist er gerade jetzt besonders groß und die ersten großartigen Detailbilder machen schon die Runde. Allerdings hat derzeit ein Sturm auf dem Planeten eine Menge Staub aufgewirbelt, der gerade erst beginnt, sich wieder zu lichten. Die Amateurastronomen hoffen derzeit auf klaren Himmel – auf der Erde wie auch auf Mars.
Hier der Anblick der Planetenparade am heutigen Abend gegen 22:30:
Alexander Gerst kommt auf Besuch
Zwischen 22:29 und 22:39 kommt die internationale Raumstation vorbei und überfliegt Deutschland fast zentral. Sie sieht aus wie ein sich näherndes Flugzeug, aber ohne Blinklichter, und kommt aus westlicher Richtung. Die Helligkeit ist im Maximum, wenn die Station über den Beobachter fliegt, ungefähr so groß wie die der Venus. Die ISS kommt von Westen her und gewinnt dann schnell an Helligkeit und Höhe. Auf dem Bild unten sieht man ihre Bodenspur, d.h. die Linie, die sie direkt überfliegt. Wer sich dort befindet, hat sie zur angegebenen Zeit im Zenit, wer südlicher wohnt, sieht einen mehr oder weniger stark nach Norden gebogenen Kurs, während unsere Plattdütschen sie knapp südlich des Zenits ihren höchsten Punkt erreichen sehen.
Die ISS kommt nach einer Erdumkreisung knapp 1,5 h später sogar noch einmal vorbei:
Die Linie wird kurz von 0:12 gestrichelt, um 0:11 und 47 Sekunden tritt die ISS nämlich in den Erdschatten ein, was immer sehr hübsch aussieht, wenn sie im Licht der von ihr aus gesehen untergehenden Sonne goldig verfärbt wird, bevor sie verblasst.
Genaue Vorhersagen mit den Passagezeiten und einer Himmelskarte jeder Passage findet man auf heavens-above.com. Der Link ist vorbesetzt auf Köln, sollte aber für exakte Vorhersagen für Euren jeweiligen Ort geändert werden (oben rechts auf den Ort klicken, dann Ortsnamen oder Ort auf Weltkarte einstellen und unten aktualisieren).
Flashy Satelliten
Wenn man den Ort bei heavens-above.com genau eingegeben hat, lohnt es sich auch, nach Iridium-Flares suchen zu lassen. Die alten Iridium-Satelliten, mit denen man per Satellit telefonieren konnte, und die derzeit alle ersetzt werden, haben drei türgroße, spiegelblanke Flächenantennen, und wenn der Winkel zwischen Sonne, Satellit und Beobachter genau stimmt, spiegelt sich die Sonne extrem hell in ihnen, weitaus heller als die Venus oder die ISS. Man kann diese Iridium Flares sogar am hellen Tag sehen. Für heute Abend spuckt heavens-above.com unter “Iridium Flares (Iridium-Flackern)” für Köln (Zentrum) zwei Ereignisse aus, wobei eines mit -8,2 Größenklassen die höchste Helligkeit erreicht, die solche Flares haben können. An der km-Zahl bis zur Mittelachse kann man sehen, in welcher Richtung und wie weit entfernt der Ort liegt, wo die maximale Helligkeit erreicht wird, und deshalb muss die Position möglichst genau eingegeben werden. Wenn man auf den Link unter der Uhrzeit klickt, bekommt man eine Himmelskarte und auch eine Landkarte mit der Zentrallinie des Flares angezeigt. Wer Glück hat, sieht vielleicht den einen oder anderen Flare. Nutzt Eure Chance, die neuen Iridium-Satelliten verursachen sie nicht mehr, sie werden bald Geschichte sein.
Das Sommerdreieck
Zuletzt noch ein Blick auf den Sternenhimmel. Gegen 22:30 steht hoch über dem verfinsterten Mond das Sommerdreieck aus den Sternen Deneb im Schwan, Altair im Adler, und Wega (engl. Vega) in der Leier. Wie beim Wintersechseck handelt es sich hierbei nicht um ein eigenes Sternbild, sondern einen Asterismus, also eine nicht-offizielle Konstellation, die Sterne mehrerer Sternbilder umfassen kann (wie das Sommerdreieck) oder auch nur einen Teil eines Sternbilds (wie der Große Wagen als Teil des Großen Bären).
Diese drei werden uns noch bis spät in den Herbst begleiten, und demnächst werde ich ein wenig über diese Himmelsgegend erzählen. Wega ist der hellste Fixstern des Nordhimmels, nur Sirius ist aus unseren Breiten heller. Der Schwan, dessen Schwanz Deneb bildet, wird auch “Kreuz des Nordens” genannt und erinnert wirklich an die Form eines Schwans im Flug mit ausgebreiteten Flügeln. In der Nähe von Deneb befindet sich eine dichte Sternenwolke in der Milchstraße, die im Fernglas sehr eindrucksvoll aussieht. Auf der halben Strecke zwischen Wega und Altair findet man im Fernglas den Kleiderbügel-Asterismus (engl. Coathanger; siehe Bild), der in der Tat wie ein auf dem Kopf stehender Kleiderbügel anmutet. Es handelt sich dabei um den kleinen Sternhaufen Collinder 399. Sucht mal nach ihm, wenn es klar und dunkel ist.
Und nun viel Spaß beim Beobachten!!
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