Wie fliegt man zur ISS? Man wartet, bis die Bahn der Raumstation über den Startort verläuft – was sie regelmäßig tut, denn die Erde dreht sich unter der Umlaufbahn weg, die sich deswegen mit jedem Umlauf gegenüber dem Erdboden ein wenig nach Westen verschiebt (etwa 1800 km pro Umlauf auf dem Breitengrad 45,6° von Baikonur) – und fliegt ihr hinterher. Auf einer etwas niedrigeren Umlaufbahn ist die Umlaufzeit um die Erde kürzer, und so holt man die ISS von unterhalb ein. Man muss dann nur noch im richtigen Moment den erdfernsten Punkt der Bahn anheben, indem man am dem angepeilten Treffpunkt gegenüberliegenden Ort auf der Bahn etwas Schub gibt, um die ISS einen halben Umlauf später zu treffen. Ein kurzer Schub dort gleicht die Geschwindigkeit derjenigen der ISS an und zirkularisiert die Bahn. Den Rest erledigt man dann mit den Steuerdüsen.
Wegen des Überflugs hat man von der ISS regelmäßig einen Logenblick auf startende Raumschiffe. Wir hatten schon beim missglückten Start von Sojus MS-10 ein von Alexander Gerst aufgenommenes Foto (vorletztes Bild) der startenden Rakete (bzw. ihrer Rauchsäule) gesehen.
Nun liefert uns die Besatzung der Expedition 57 ein spektakuläres Video vom nächtlichen Start eines Progress-Frachtschiffs, das am vergangenen Freitag, dem 16. November (wie zuvor die MS-10-Kapsel) mit einer Sojus-FG-Rakete von Baikonur aus gestartet wurde, diesmal ohne Probleme. Das Licht des fast vollen Mondes strahlt dabei die Wolken von oben an und man sieht die beleuchteten Städte am Erdboden, die dünne Atmosphäre und die Sterne am Himmel. Die aufsteigende Rakete ist als bewegter Punkt erkennbar. Im Orbit macht sie ein Manöver, bei dem sich die Verbrennungsgase weit ausbreiten. Schließlich sieht man, wie die Kernstufe der Sojus-Rakete in der Atmosphäre verglüht.
Solche Aufnahmen sind heute dank hochempfindlicher Consumer-Kameras mit riesigen ISO-Zahlen möglich, ansonsten wäre alles wegen der schnellen Bewegung der ISS verwischt.
Das Video wurde von Ricardo Rossi von der italienischen ISAA (Italian Space and Astronautics Association) aus zahlreichen Fotoaufnahmen zu einem flüssigen Video animiert und auf Youtube unter CC BY-NC-SA 4.0-Lizenz abgelegt. Es sieht aus wie aus einem Science-Fiction-Film, aber hier schlägt die Realität eindeutig mal die Special Effects aus Hollywood!
Am besten schaut man es sich im Vollbild an (unten auf Youtube klicken, wenn der Browser dies verweigert). Viel Spaß!
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