Nur eine handvoll Menschen (und diese Puppe) haben bisher die Erde als Kugel im Weltraum gesehen - wie sieht sie von anderen Planeten gesehen aus? Bild: SpaceX, gemeinfrei.

Derzeit steht die Venus wieder strahlend hell und prominent am Abendhimmel. Derzeit ist sie mit ca. 140 Millionen km fast so weit von der Erde entfernt, wie diese von der Sonne. Wir können unsere Nachbarplaneten problemlos am Himmel sehen und genau so problemlos würde man von ihnen aus die Erde am Himmel sehen können. Wenn ich die Venus am Himmel sehe, denke ich manchmal, wie mag das wohl aus der anderen Richtung aussehen?

Noch hat kein menschliches Auge diesen Anblick erlebt. Von den knapp 600 Menschen, haben nur die 24 Astronauten, die mit Apollo zum Mond geflogen sind, die Erde als Kugel im samtschwarzen Weltraum gesehen. Aber wir haben Raumsonden ins All geschickt, und die haben uns Bilder gesendet, die einen kleinen Eindruck davon vermitteln, wie die Erde aus der Ferne aussieht.

 

Vom Mond

Vom Mond aus gesehen ist die Erde beeindruckend groß. Mit 1,8° Winkeldurchmesser durchmisst sie 3,7 Vollmonddurchmesser und hat die 13,4-fache Fläche der Mondscheibe. Da die Erde außerdem rund 40% des einfallenden Lichts reflektiert – im Gegensatz zum Vollmond, der nur 12% zurückstrahlt – erscheint sie hell strahlend am Himmel. In Größenklassen gemessen hätte sie ca. -16,9m. Das ist 50-mal so hell wie der Vollmond. Das entspricht ca. 12 Lux Beleuchtungsstärke, etwa so hell wie unter einer Straßenlaterne. Dies gilt natürlich nur bei “Vollerde”.

Einen Logenblick auf die Erde aus dem Mondorbit hat der amerikanische Lunar Reconnaissance Orbiter LRO, der über eine Weitwinkel- und eine Telekamera verfügt. Normalerweise schaut er damit nach unten, aber manchmal schauen die Kameras zu Kalibrierzwecken oder zum Beobachten der dünnen Mondexosphäre auch parallel über die Mondoberfläche, und dann kann die Erde manchmal ins Blickfeld geraten. Wie hier ins Blickfeld der Weitwinkelkamera (Wide Angle Camera, WAC):

Die Erde aus dem Mondorbit. Aufnahme mit der Weitwinkelkamera (Wide Angle Camera, WAC) des Lunar Reconnaissance Orbiter (LRO) aus der Gegend des Nordpols. Das Bild ist ein Komposit aus Aufnahmen durch 5 Schmalband-Farbfilter (604 nm, 643 nm und 689 nm für den Mond, 415 nm, 566 nm und 604 nm für die Erde), das die natürlichen Farben bestmöglich reproduzieren soll. Die Helligkeit des Mondes ist im richtigen Verhältnis zu derjenigen der Erde wiedergegeben. Das Bild stammt vom 2. Februar 2014. Bild: LROC WAC M1145896768C, NASA/GSFC/Arizona State University, NASA Standardlizenz.

Auch das folgende Bild ist mit beiden Kameras des LRO aufgenommen, der WAC und der Telekamera NAC (Narrow Angle Camera). Das Problem der WAC ist, dass sie nur eine einzelne Bildzeile mit rund 10.000 Pixeln aufnimmt und das Bild sich erst dadurch zu einer Bildfläche zusammensetzt, dass sich der Mondorbiter um den Mond herum bewegt. Dadurch ergeben sich perspektivische Effekte, die für die Erde im Hintergrund ganz andere sind als für den viel näheren Mond im Vordergrund. Deswegen wurde hier der Mond mit der NAC aufgenommen, die Erde jedoch mit der WAC. Damit das Erdbild hinreichend scharf wurde, wurde die Erde 20 bis 50 Mal aufgenommen (also manche Zeilen öfter, manche weniger oft) und diese Aufnahmen zu einem insgesamt schärferen Bild kombiniert.

Eine weitere Aufnahme von Erde und Mond vom LRO beim Überflug der Nordpolarregion mit Logenblick auf Afrika und die Sahara (und einer Wolkenlücke über Deutschland). Das Bild entstand am 12. Oktober 2015. Komposit aus Bildern der Telekamera (Narrow Angle Camera, NAC) für den Mondvordergrund und zahlreichen Scans mit der WAC für die Erde. Filter für die Erde wie oben. Bild: LROC WAC M1145896768C, NASA/GSFC/Arizona State University, NASA Standardlizenz.

Die Farben geben nur ungefähr den Eindruck des menschlichen Auges wieder, weil die WAC nur schmale Frequenzbänder durch ihre 6 Filter sieht, die zudem nicht den Grundfarben Rot, Grün und Blau entsprechen. Wie im oberen Bild wurden hier die Filter 604 nm (Orangefarben), 556 nm (Gelbgrün) und 415 nm (Violett) verwendet. Der Mond selbst ist in Schwarz-Weiß abgebildet und in der Helligkeit verstärkt. Daher wirkt das Ergebnis ein wenig künstlich, aber die Detailschärfe ist beeindruckend.

Komplette Bilder nahm hingegen die HDTV-Kamera der japanischen Mondsonde Kaguya auf, die im folgenden Video vom November 2009 den Südpol des Mondes überflog, wobei sie einen Erduntergang filmte. Damit die Erde wie gewohnt mit Norden nach oben erscheint, wurde das Originalvideo invertiert. Die beiden HDTV-Kameras (Weitwinkel und Tele) dienten hauptsächlich zu PR-Zwecken und daher entspricht ihre Wiedergabe ziemlich genau dem, was das menschliche Auge sehen würde.


Video: JAXA/NHK

Der LRO kreist immer noch eng um den Mond in 20 km – 165 km Höhe. Deutlich mehr Abstand hatte ein anderer Besucher von der der Erde gegenüber liegenden Seite des Mondes, die chinesische Sonde Chang’e 5-‘T1, eine Testmission für die erst in diesem Jahr geplante Mission Chang’e 5, die Proben von der Mondoberfläche zur Erde bringen soll. Die Sonde flog an der Rückseite des Mondes vorbei und erreichte dabei 540.000 km Entfernung von der Erde. Das folgende Bild zeigt Mond und Erde auf einem Bild aus ca. 16.000 km Entfernung zum Mond (von mir grob überschlagen aus den Abmessungen von Erde und Mond) und soll laut Quelle am 28. Oktober 2014 aufgenommen worden sein.

Die Erde hinter der erdabgewandten Seite des Mondes, aufgenommen am 28. Oktober 2014 von der chinesischen Mondsonde Chang’e-5 T1. Bild: Planetary Society, CAST.

Man sieht größtenteils die von der Erde nicht sichtbare Rückseite des Mondes mit dem dunklen Mare Moscoviense (dunkler Fleck nahe der Mitte) und am linken Rand auf 9 Uhr-Position das Mare Marginis und Mare Smythii. Oben am linken Rand bei 11 Uhr das Mare Humboldtianum und der kleine dunkle Fleck auf 7 Uhr ist der Krater Tsiolkowski.

 

Von unterwegs

Das Pärchen Erde-Mond war auch stets ein gerne verwendetes Motiv für Raumsonden, die sich von der Erde entfernten oder sich bei Flybys Schwung an der Erde holten. Einerseits um die Instrumente zu testen und zu kalibrieren, anderseits natürlich auch, weil es coole Bilder ermöglichte.

Zum Beispiel diese schöne Animation einer vollen Erdumdrehung, aufgenommen am 2./3. August 2005 von der Raumsonde Messenger, als sie sich auf den Weg zum Merkur machte. Während dieser Zeit entfernte sie sich von zu Beginn 65.600 km auf 436.000 km – weiter als die Entfernung des Mondes von der Erde (im Mittel 384.000 km).

Video: NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington

Man sieht sehr schön, wie sich halb links die Sonne spiegelt. Selbst über Land lässt ihre Reflexion die Wolken hell erstrahlen.  Das Video wurde mit der Weitwinkelkamera des Messenger aufgenommen und besteht aus 358 Einzelbildern. Man hat also richtig viel Aufwand betrieben, um das Video zu erstellen.

Die europäische Rosetta-Sonde nahm auf dem Weg zum Kometen Tschurjumow-Gerassimenko dreimal Schwung beim Passieren der Erde auf (und einmal am Mars). Bei der zweiten Passage am 13. November 2007 nahm sie mit der hochauflösenden OSIRIS-Kamera unter anderem die Erdsichel im Gegenlicht auf. Dieses Bild ist unten mit einer lang belichteten Aufnahme der Nachtseite der Erde kombiniert, auf der sich deutlich die Kontinente anhand der beleuchteten Städte abzeichnen. Die Sichel nahe dem rechten Rand bei 2 Uhr ist die Küste Chinas, rechts oberhalb der Bildmitte das Dreieck des indischen Subkontinents, links davon der mittlere Osten, die arabische Halbinsel mit dem hellen Nildelta und oben links am Rand die Mittelmeerküsten, Sizilien, der italienische Stiefel und die französisch-spanische Küstenlinie. Ganz oben am Rand auf 10:30 das helle Belgien und die Rhein-Ruhr-Region.

Aufnahme der Erdsichel und Nachtseite der Erde mit der OSIRIS-Weitwinkel-Kamera der Kometensonde Rosetta bei ihrem zweiten Erdvorbeiflug am 13. November 2007, ca. 2h vor der größten Annäherung aus 75.000-80.000 km Entfernung. Die Aufnahme ist ein Komposit aus mehreren kurzbelichteten Aufnahmen der Sichel durch Schmalbandfilter verschiedener Farben und einer 5-Sekunden-Aufnahme durch ein Rotlichtfilter für die Lichter auf der Nachtseite. Bild: ESA, ©2005 MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/RSSD/INTA/ UPM/DASP/IDA, ESA Lizenz.

Das erste Portrait von Erde und Mond aus der Ferne schoss die Voyager-1-Sonde 13 Tage nach ihrem Start am 18. September 1977 aus einer Entfernung von knapp 12 Millionen km – weit genug entfernt, dass das bloße Auge den Mond nicht mehr als Scheibe hätte erkennen können (1′ Durchmesser), die Erde bei guten Augen so eben noch (3’40”). Aber Voyager hatte eine leistungsstarke Kamera in Form eines 176 mm Cassegrain-Objektivs mit 1500 mm Brennweite und 0,4° Gesichtsfeld mit einer Vidicon-Bildaufnahmeröhre als Sensor, sowie diversen Farbfiltern.

Das erste gemeinsame Portrait von Erde und Mond durch Voyager 1 am 18. September 1977 aus 11,66 Millionen km Entfernung. Auf der beleuchteten Seite Ostasien und der Pazifik. In der Bildmitte im Erdschatten läge ungefähr der Himalaja. Komposit aus 3 Aufnahmen durch verschiedene Farbfilter. Bild: NASA / JPL, NASA Standardlizenz.

Bei dem Bild wurde die Helligkeit des Mondes um den Faktor 3 erhöht, damit er überhaupt im Bild erkennbar ist – so viel heller ist die Erde.

Nur halb so weit entfernt, 6,2 Millionen km, war die Jupitersonde Galileo am 16. Dezember 1992, als sie 8 Tage nach ihrem zweiten Vorbeiflug an der Erde in nur 30 km Entfernung ihre Kamera zurück auf Erde und Mond richtete, die strategisch günstig fast in einer Linie standen (also in Konjunktion, wie der Astronom sagt), wobei der Mond der Sonde näher war – man blickt hier also auf die Rückseite des Mondes. Die dunkle Stelle unten ist das Südpol-Aitken-Becken. Die Helligkeit des Mondes wurde auch hier angehoben. Auf der Erde erkennt man unten den antarktischen Kontinent im Südhemispheren-Sommer.

Erde und Mond aus der Sicht der Jupitersonde Galileo 8 Tage nach ihrem zweiten Swing-by an der Erde im Dezember 1992. Komposit aus Aufnahmen mit Violett-, Rot- und IR-Filter. Bild: NASA / JPL, NASA Standardlizenz.

Für die Aufnahmen wurden Violett-, Rot- und Infrot-(1000 nm)-Filter verwendet. Die Kamera verwendete die gleiche Optik wie zuvor Voyager, aber statt der Röhrenkamera verfügte sie über einen CCD-Sensor mit 800×800 Pixeln, als eine der ersten Sonden überhaupt. Leider entfaltete sich die regenschirmartig zusammengeklappte Hauptantenne nicht, so dass sie unbrauchbar blieb und Galileo seine Aufnahmen mit 160 bits pro Sekunde über die eigentlich nur für Notfälle gedachte Rundstrahlantenne zur Erde funken musste. Daher gab es später nicht die erhofften Videos vom Jupiter.

Da die Bitrate in der Nähe der Erde höher war und man zu dieser Zeit  sonst nichts anderes aufzunehmen hatte, konnte die Sonde beim ersten Vorbeiflug an der Erde im Dezember 1990 jedoch dieses schöne Video eine kompletten Erdrotation (25 Stunden) aus nicht weniger als 2 Millionen Kilometern Entfernung aufnehmen und zur Erde übertragen.

NASA / JPL

 

Das nächste Filmchen wurde von der Kometensonde Deep Impact während ihrer Verlängerungsmission EPOXI im Mai 2008 aus einer Entfernung von nicht weniger als 49,6 Millionen Kilometern aufgenommen – das ist schon in der Größenordnung zur Entfernung des Mars von der Erde bei der größten Annäherung. Die Erde erscheint aus dieser Entfernung nur 53″ (Bogensekunden) groß, etwa so groß wie die Venus bei der größten Annäherung. Deep Impact trug jedoch ein 30 cm Teleskop mit 10,5 m Brennweite und einem 1008×1008-Pixel-CCD-Sensor, die einen damaligen Astro-Amateur schon neidisch gemacht hätte. Besonders schön am Video ist, dass etwa in der Mitte der Mond den Clip fotobombt und einen Transit vor der Erde vollzieht  – der erste Transit des Mondes vor der Erde, der jemals aufgenommen wurde. Auch hier sieht man wieder, wie dunkel er gegenüber der Erde erscheint und wie klein er im Vergleich zu ihr ist. Mehr Hintergrund zu dem Video auf dieser Seite.

Donald J. Lindler, Sigma Space Corporation/GSFC; EPOCh/DIXI Science Teams

Vom Merkur

Es gibt bisher offenbar kein gescheites Foto der Erde von der Venus aus. Aber vom weiter entfernten Merkur! Das folgende Bildchen wurde am 6. Mai 2010 von der Messenger-Sonde auf der Suche nach Vulkanoiden in der Nähe der Sonne aufgenommen – damit sind keine Aliens gemeint, sondern hypothetische Asteroiden innerhalb der Merkurbahn, benannt nach dem ebenso hypothetischen Planeten Vulkan innerhalb derselben, den man vor der Entdeckung der Relativitätstheorie für die Periheldrehung des Merkur verantwortlich gemacht hatte. Da die Vulkanoiden nahe der Sonne von der Erde aus schwer aufzuspüren wären, befand sich Messenger so nahe bei der Sonne in einer weit besseren Position, von der aus sie die Objekte beim Blick nach außen im vollen Sonnenlicht würde aufnehmen können. Allerdings fand sich kein Vulkanoid – der Strich am oberen Bildrand ist die Spur eines kosmischen Partikels, das den Sensor getroffen hatte.

Das Bild entstand aus einer Entfernung von 183 Millionen Kilometern zur Erde, die hier unten links begleitet vom Mond das hellste Objekt im Bild ist, und damit weiter von der Erde entfernt, als diese sich von der Sonne befindet. Tatsächlich befand sich Messenger hier noch nicht in der Umlaufbahn des Merkur, aber in der Gegend seiner Bahn. Die Erde hatte von hier aus eine Helligkeit von -3,5m und war damit eine knappe Größenklasse dunkler als die Venus von der Erde aus. Die Aufnahme wurde 10 Sekunden lang belichtet und verwendete keine Filter. Das Blickfeld der verwendeten Weitwinkelkamera ist 10,5°, etwa eine Handbreit bei ausgestrecktem Arm.

Erde und Mond von der Messenger-Merkur-Sonde aus gesehen. Bild: NASA, NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington, NASA Standardlizenz.

Ein besonderer Schnappschuss gelang dem Messenger-Team am 8. Oktober 2014, diesmal wirklich aus dem Merkurorbit: die Aufnahme einer Mondfinsternis vom Merkur aus! Das Video besteht aus 31 Bildern mit 2 Minuten Abstand, aufgenommen mit der Telekamera (Narrow Angle Camera) zwischen 9:18 und 10:18 UTC und zeigt den Eintritt des Mondes in den Kernschatten der Erde. Der Mond wurde hierbei 25-fach aufgehellt und das Bild 2-fach gezoomt, damit er besser zu erkennen ist.

NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington

Vom Mars

Bilder der Erde von einer Planetenoberfläche aus gesehen gibt es nur vom Mars – sie entsprechen am ehesten dem Kriterium, die Erde als Planet am Himmel zu zeigen. Ich erinnere mich, dass ich irgendwann 1996 während der Pathfinder Mission den am Projekt beteiligten Wissenschaftler Matthew Golombek angemailt hatte, was er von der Idee halte, die Erde vom Mars aus aufzunehmen, um den Menschen zu zeigen, wie weit weg der Lander von der Erde entfernt war, und Golombek antwortete mir tatsächlich, dass man dies für später plane, wenn die wichtigeren Aufnahmen gemacht worden seien. Es kam jedoch nie zu der Aufnahme, aber acht Jahre später holte das Team der Mars Exploration Rover mit Golombek als wissenschaftlichem Leiter die Aufnahme mit dem Rover Spirit nach – es wurde das erste Bild der Erde von der Oberfläche eines anderen Planeten.

Mars-Rover Spirit nahm am 7. März 2004 die Erde in der Morgendämmerung des Mars, 1h vor Sonnenaufgang auf. Mosaik aus mehreren Bildern der Navigationskamera, kombiniert mit 4 Aufnahmen der Erde mit der höher auflösenden Panoramakamera. S/W-Aufnahme nachkoloriert von Jason Major. Bild: Flickr, mit freundlicher Genehmigung von Jason Major, CC BY-NC-SA 2.0; Originalaufnahme NASA/JPL/Cornell/Texas A&M, NASA Standardlizenz.

Das Bild zeigt die Erde als Morgenstern am Himmel des Mars, eine Stunde vor Sonnenaufgang. Sie befand sich zu dieser Zeit 257 Millionen km vom Mars entfernt, noch weiter entfernt als dieser von der Sonne, und sie war etwa -2,9m hell, heller als Jupiter aber dunkler als Venus von der Erde aus gesehen. Man musste ein wenig zaubern, um mit den beschränkten Mitteln des kleinen Rovers die Erde mit dem Hintergrund ablichten zu können. Die Erde war zu lichtschwach, um mit Farbfiltern aufgenommen werden zu können, und um sie überhaupt zu sehen, musste sie mit der Panoramakamera aufgenommen werden, die ein kleines Blickfeld hat, das den Vordergrund nicht im gleichen Bild mit einem Schuss hätte ablichten können. Man musste für den Vordergrund die Navigationskamera mit größerem Blickfeld verwenden. Der Mond ist leider zu lichtschwach, um auf dem Bild sichtbar zu sein.

Den Mond lieferte am 31. Januar 2014 der Curiosity Rover nach. Die folgende Aufnahme entstand mit dem linken “Auge” der Mastcam, welches 53 mm Öffnung und 34 mm Brennweite hat. Das Bild entstand 80 Minuten nach Sonnenuntergang, und die Erde war 160 Millionen Kilometer entfernt. Hier die Version mit einem vergrößerten Ausschnitt mit Erde und Mond. So ungefähr werden spätere Astronauten auf dem Mars ihre Heimatwelt aus der Ferne sehen können.

Erde und Mond am 31. Januar 2014 in der Abenddämmerung vom Curiosity-Rover auf dem Mars aufgenommen. Bild: NASA/JPL-Caltech/MSSS/TAMU, NASA Standardlizenz.

Noch ein Bild von Erde und Mond aus dem Marsorbit. Deutlich besser als die Marsrover mit ihren kleinen Kameras ist der Mars Reconnaissance Orbiter MRO mit der HiRISE-Kamera bestückt, einem 50 cm durchmessenden Teleskop mit 12 m Brennweite. Mit HiRISE kann der MRO die Marsoberfläche mit 30 cm Auflösung auf einem Blickfeld von 1,2 km Breite vom Marsorbit aus ablichten. Am 3. Oktober 2007 nahm HiRISE jedoch die Erde aufs Korn und lieferte dieses spektakuläre Bild aus 142 Millionen Kilometer Entfernung:

Die Erde aus der Marsumlaufbahn aufgenommen. Bild des Mars Reconnaissance Orbiters MRO mit der HiRISE-Kamera. Die Erde durchmisst hier 90 Pixel, der Mond 24, entsprechend einer Auflösung von 142 Kilometer pro Pixel. Man erkennt unten rechts auf der Erde die Westküste Südamerikas. Die Helligkeit des Mondes wurde stark angehoben. Bild: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona, NASA Standardlizenz.

Man müsste als Mars-Astro-Amateur schon eine gute Ausrüstung einsetzen, um ein solches Bild von Erde und Mond zu erstellen.

 

Vom Saturn

Am 19. Juli 2013 war der Tag, als die ganze Erde lächelte – jedenfalls stellte sich Cassini-Bildgebungsteam-Leiterin Carolyn Porco dies so vor und betrieb vor der Erstellung des geplanten Bildes ein wenig Publicity und ließ über die Medien und die Organisation Astronomers without Borders Events organisieren, um auf ihr Projekt aufmerksam zu machen. Denn an diesem Tag befand sich die Cassini Sonde von der Erde aus gesehen 1,2 Millionen km weit hinter dem Saturn, der die Sonne aus ihrer Sicht verfinstern würde. Bei dem geplanten Gegenlichtfoto – solche sind besonders geeignet, um neue Ringe zu entdecken – würde die Erde wie auch Mars und Venus dicht neben Saturn mit auf dem Bild zu sehen sein. Die Menschen auf der Erde sollten genau zur Zeit, zu der ihr Licht nach 1h20m Laufzeit beim Saturn einträfe, der Sonde zuwinken. Diese befand sich 1,44 Milliarden km von der Erde entfernt, 9,5 Mal so weit wie die Erde von der Sonne. Das Bild wurde aus 141 von insgeamt 323 Einzelaufnahmen zusammengesetzt und überblickt ein Blickfeld von 652.000 km Breite um Saturn herum. Hier ist das Ergebnis:

Sonnenfinsternis durch Saturn aus Sicht der Cassini-Raumsonde 1,2 Millionen km hinter dem Saturn. Im Gegenlicht leuchten die Ringe, die auch die Rückseite des Planeten beleuchten. Ganz außen blau schimmernd ein vom Saturnmond Pallene erzeugter Staubring, der zuvor bei einer solchen Gegenlichtaufnahme von Cassini entdeckt worden war. Neben Saturn die inneren Planeten Venus, Erde und Mars. Bild: NASA/JPL-Caltech/SSI, NASA Standardlizenz.

Selbst in der 9000 Pixel breiten Vollversion des Bildes ist die Erde nur ein kleines Pünktchen und der Mond gar nicht zu sehen, daher noch ein Ausschnitt aus dem Teilbild, das die beiden enthält, 5-fach gezoomt. Man sieht den Farbkontrast der beiden Objekte, wobei dem Mond wieder mit einem Kontrastboost unter die Arme gegriffen wurde.

Vergrößerter Ausschnitt mit Erde und Mond aus 1,44 Milliarden km Entfernung. Komposit aus Rot-, Grün- und Blau-Filter-Aufnahmen mit natürlicher Farbgebung. Der Mond wurde kontrastverstärkt und das Bild 5-fach digital vergrößert. Bild: NASA/JPL-Caltech/SSI, NASA Standardlizenz.

Von jenseits der Planetenbahnen

Von noch weiter weg entstand schließlich das “Pale Blue Dot”-Bild (“blasser blauer Punkt [im All]”), das am 14. Februar 1990 von der Raumsonde Voyager 1 aufgenommen wurde und anlässlich seines 30. Geburtstags diesen Monat noch einmal überarbeitet neu veröffentlicht worden war. Es geht auf eine Idee von Carl Sagan zurück, der als letzte Aufnahmen von Voyager vor der endgültigen Abschaltung ihrer Kamera ein Familienportait der Planeten des Sonnensystems aufnehmen lassen wollte, natürlich vor allem auch von der Erde. Bis auf Merkur und Pluto (damals noch Planet) gelang das auch mit insgesamt 60 Einzelbildern, aufgenommen aus 6 Milliarden km Entfernung, 40 Astronomischen Einheiten oder etwa so weit wie Plutos mittlere Entfernung von der Sonne. Da die Erde so nahe an der Sonne stand, blendete diese – immer noch so hell wie 250 Vollmonde – die Kamera, obwohl sie gar nicht im Blickfeld war, und verursachte Reflexe im Bild, unter einem von denen die nur 4m dunkle Erde im Originalbild kaum zu erkennen ist. Zum Vergleich: Alkor, das “Reiterlein” neben Mizar, dem mittleren Deichselstern im großen Wagen, hat eben jene Helligkeit. In der Überarbeitung wurden modernere Bildverarbeitungsmethoden angewendet, um das Pixel mit der Erde besser hervor zu heben. Hier das Ergebnis:

2020-Überarbeitung des Pale-Blue-Dot-Bildes der Erde, aufgenommen am 14. Februar 1990 von der Voyager-1-Sonde aus 6 Milliarden km Entfernung von der Erde. Bild: NASA/JPL-Caltech, NASA Standardlizenz.

Dies ist das bislang fernste von der Erde aufgenommene Foto – die Voyager Sonde ist längst schon mehr als dreimal so weit von der Erde entfernt.

Ich möchte den Artikel mit Sagans Worten zum Original-Blue-Dot-Bild (1994) beenden, denn diesen ist nichts hinzu zu fügen:

Schau’ noch einmal auf diesen Punkt. Das ist hier. Das ist unser Zuhause. Das sind wir. Darauf haben alle, die du liebst, alle, die du kennst, alle, von denen du je gehört hast, alle Menschen, die es jemals gab, ihr Leben verbracht. All unsere Freude und all unser Leid, Tausende von stolzen Religionen, Ideologien und Wirtschaftsdoktrinen, jeder Jäger und jede Jägerin, jeder Held und jeder Feigling, jeder Schöpfer und jeder Zerstörer der Zivilisation, jeder König und jeder Bauer, jedes verliebte junge Paar, jede Mutter und jeder Vater, jedes hoffnungsfrohe Kind, jeder Erfinder und jeder Wissenschaftler, jeder Moralprediger, jeder korrupte Politiker, jeder “Superstar”, jeder “große Führer”, jeder Heilige und jeder Sünder in der Geschichte unserer Spezies lebten dort – auf einem Staubkorn, das in einem Sonnenstrahl schwebt. […]

Es heißt, dass die Astronomie bescheiden mache und den Charakter bilde. Es gibt vielleicht keine bessere Verdeutlichung der Torheit menschlicher Überheblichkeit als dieses ferne Bild unserer winzigen Welt. Für mich unterstreicht es unsere Verantwortung, freundlich miteinander umzugehen und den blassblauen Punkt, die einzige Heimat, die wir je kannten, zu bewahren und zu pflegen.

Kommentare (8)

  1. #1 knorke
    25. Februar 2020

    wow. Einfach nur wow. Dass die Erde wirklich so krass bunt herumleuchtet und dass sie so gut zu sehen ist von unseren Nachbarplaneten weiß man zwar theoretisch, aber es mal mit eigenen Augen zu sehen ist schon was Anderes. Man fühlt sich direkt winzig.
    Vielen Dank für die tolle Sammlung.

  2. #2 Tina
    25. Februar 2020

    Sehr beeindruckende Bilder. Vielen Dank für diese schöne Sammlung und diesen schönen Artikel. Es wird einem (neben der Winzigkeit der Erde im All) auch wieder bewusst, dass es bisher noch gar nicht so viele Missionen gab, die richtig weit draußen waren. Und dass das Pale-Blue-Dot-Foto schon 30 Jahre alt ist und es bisher auch kein neueres Bild aus einer so großen Entfernung gibt.

  3. #3 René
    25. Februar 2020

    Schön. Ein Artikel zum Verschlingen und Herumzeigen. Danke. ツ

  4. #4 Alderamin
    25. Februar 2020

    @Tina

    Und dass das Pale-Blue-Dot-Foto schon 30 Jahre alt ist und es bisher auch kein neueres Bild aus einer so großen Entfernung gibt.

    Tja, warum eigentlich nicht? New Horizons ist längst weiter weg (47,31 AE, das sind über 7 Milliarden Kilometer) und hat eine deutlich bessere Kamera als Voyager sie hatte. Vielleicht fürchtet man, sie könne beim Blick auf die Sonne beschädigt werden – auch das Voyager-Bild nahm man erst von so weit draußen und als letztes auf, weil man fürchtete, die Kamera könne beim Blick in die Sonne Schaden nehmen.

    New Horizons soll möglicherweise noch ein KBO anfliegen und die Sonde soll auch selbst nach solchen suchen. Der RTG-Strom reicht noch bis in die 2030er – vielleicht gibt’s dann ja ein neues Pale Blue Dot Bild von J³WD.

  5. #5 Alderamin
    25. Februar 2020

    @Tina & myself

    Ha, angeblich war das Bild schon für 2019 geplant gewesen. Vielleicht hat man es aufgeschoben, vielleicht ist aber auch schon auf Platte und muss nur noch übertragen werden – die Übertragung von Arrokoth-Bildern dauert bis ins Jahr 2020 hinein und hat sicherlich Priorität. Mal schauen, könnte schneller gehen als gedacht.

  6. #6 jml
    25. Februar 2020

    Vielen Dank für diese Bilder!
    Und für den Artikel natürlich auch. Ich bin, nun ja, gerührt. Und Sagans Worte beschreiben das sehr genau.

  7. #7 a. b. aus c.
    26. Februar 2020

    sehr schöner artikel, danke dafür! dieses blog ist schnell mein liebst-gelesenes geworden und seitdem immer geblieben. wenn’s nach mir ginge könnten täglich 5 artikel erscheinen 🙂
    TIL: der mond hat nur eine albedo von 0,12 ?!
    immer wenn man bilder sieht – und das sind ja dann die die man im kopf hat, zusammen mit dem eindruck den der mond am himmel macht – erscheint er fast grell hellgrau. aber 0,12… das ist ja nicht mal mittelgrau.
    das war mir nicht bewusst. klar, hätte ja nur mal nachschlagen müssen… aber, offenbar nie getan bzw. den wert nie bewusst überdacht

  8. #8 Alderamin
    26. Februar 2020

    @a. b. aus c.

    Danke. Musste leider die Schreibaktivitäten aus beruflichen Gründen jüngst etwas zurückschrauben. Wenn ich mal eine Weile nichts geschrieben habe wie im November, dann hatte ich 55+h/Woche. Ein Artikel pro Woche ist das Ziel.

    Ad Albedo: schau’ Dir den Mond am hellen Tage an, dann ist er doch recht blass. 0,12 ist gar nicht mal sooo wenig (nur halt wenig gegen die Erde, die viermal mehr reflektiert und 16mal mehr Fläche hat, was auch zur Gesamthelligkeit beiträgt.

    Tschurjumow-Gerassimenko hat nur 5% Albedo – etwa so viel wie Holzkohle.