Die Internetplattform MeinProf.de zur Bewertung von Lehrenden an Hochschulen bekam gestern einen Bußgeldbescheid vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit. Den Betreibern wird vorgeworfen gegen 2 Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes verstoßen zu haben. Ist diese Entscheidung vertretbar? Meiner Meinung nach nicht…


i-5ebd45f1c5ec3d7034ac9726c1d413a1-MeinProf_small.pngWas und wozu ist MeinProf.de ?

MeinProf.de ist (ähnlich wie Spickmich.de) eine Internetplattform bei der Studierenden an deutschen (und auch österreichischen und schweizer) Universitäten und Fachhochschulen ihre Professoren und Dozenten bewerten können. Für knapp 37000 Dozenten und 75000 Lehrveranstaltungen wurden bis jetzt etwa 300000 Bewertungen abgegeben.

Ich halte MeinProf.de für eine äußerst sinnvolle Einrichtung! Darüber, wie wichtig gute Lehre für die Wissenschaft ist, habe ich ja schon früher geschrieben. Um aber feststellen zu können, ob Lehrende gut sind oder nicht und wo Raum für Verbesserungen ist, muss es Evaluierungen geben. Leider gibt es keine zentrale Stelle, die”offizielle” für die Begutachtung der Lehre an deutschen Hochschulen zuständig ist. Manche Universitäten evaluiere

n ihre Lehre und manche nicht. Es gibt keine gemeinsamen Standards und nicht alle Ergebnisse werden veröffentlicht.

MeinProf.de bietet hier eine Alternative. Unabhängig von den einzelnen Universitäten h

aben alle Studenten die Möglichkeit, ihre Dozenten zu bewerten. Leider hat das vielen nicht gepasst – besonders die Lehrenden, die schlecht bewertet wurden, bemühten sich darum, diese Bewertungen wieder zu löschen. Manche Hochschulen verlangten von MeinProf.de gleich pauschal alle Einträge aller Dozenten der jeweiligen Uni zu löschen. Es wurde geklagt – und MeinProf.de bekam bis jetzt immer recht (siehe dazu z.B. den Artikel bei Spiegel Online)

Verletzung des Bundesdatenschutzgesetzes?

Der Datenschützer Alexander Dix warf

MeinProf.de nun vor “geschäftsmäßig nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten an
Dritte übermittelt, ohne die betroffenen Personen hierüber zu
benachrichtigen”
und “nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten an Dritte
weiterzugeben, ohne die Gründe oder die Art und Weise der glaubhaften
Darlegung eines berechtigten Interesses […] abzufragen und mindestens
stichprobenartig zu überprüfen”
und verhängte ein Bußgeld von 2000 Euro. Die Betreiber von MeinProf.de antworten in einer Presseaussendung: “Der Anwalt von MeinProf […] hält die Rechtsauffassung des
Datenschutzes für falsch: “Jeder hat das Recht seine Meinung frei zu
äußern und kann nicht nur den Inhalt, sondern auch den Ort und damit
die Verbreitung seiner Äußerung frei bestimmen.”
Der Berliner Datenschutz besteht auch auf einer Schließung des Portals für die Öffentlichkeit; Bewertungen sollen nur für diejenigen einsehbar sein, die nachweisen können, dass sie auch an der entsprechenden Lehrveranstaltung teilgenommen haben. Dadurch würde natürlich das komplette Konzept von MeinProf.de ad absurdum geführt werden. Die Studenten sollen sich ja vor Besuch der Lehrveranstaltungen über die Qualität der Dozenten informieren können. Es wird außerdem gefordert, alle Dozenten postalisch (!) darüber zu informieren, wenn neue Bewertungen einlangen und alle bisher bewerteten Personen nachträglich schriftlich zu informieren.

Ich persönlich bin kein Jurist und kenne mich auch mit den Gesetzen zum Datenschutz nicht sonderlich gut aus – aber ich halte die Anschuldigungen für etwas überzogen. Bei MeinProf.de wird die Qualität der Lehre bewertet, man kann Dozenten z.B. in den Kategorien “Fairness”, “Verständlichkeit” und “Unterstützung” benoten. Ich würde das nicht unbedingt als “nicht allgemein zugängliche personenbezogene Daten” bezeichnen. Lehre an den Hochschulen ist ja nichts, was im Geheimen abläuft (zumindest sollte es das nicht sein) – also meiner Meinung nach durchaus “allgemein zugänglich”. Aber als juristischer Laie möchte ich da nicht allzuviel dazu sagen – es wird sich zeigen, wie die Gerichte in diesem Fall entscheiden.

Konkrete Probleme

Natürlich gibt es Dinge, die an MeinProf.de zu kritisieren sind. Das größte Problem ist sicherlich noch die Unvollständigkeit der Daten. Dort scheint nur auf, wer von den Studenten bewertet wird. Und das sind natürlich längst nicht alle Dozenten. Insofern ist es schwierig, allgemein gültige Schlüsse aus den MeinProf.de Bewertungen zu ziehen. Aber das ist weniger ein Problem des zugrunde liegenden Systems sondern eher ein Problem des Marketings. Hinzu kommt, dass bei vielen Dozenten noch zu wenig Bewertungen vorliegen, um einigermaßen vernünftige statistische Aussagen machen zu können. In der Kategorie “Naturwissenschaft” der Uni Jena findet man z.B. 51 Einträge. Nur 9 davon haben allerdings genug Bewertungen bekommen damit eine Gesamtbewertung für den jeweiligen Dozenzen gebildet werden konnte. Hier fällt es den Studenten dann natürlich schwer, sich ein Bild zu machen. Wenn nur ein oder zwei Dozenten einer Fachrichtung bewertet worden sind, dann nutzt das nichts bei einer eventuellen Entscheidungsfindung, welche Kurse man besuchen soll und welche nicht.

Betrachtet man beispielsweise die Dozenten des Instituts für Astronomie der Universität Jena, dann findet man dort genau 3 Personen: mich, und zwei Kollegen. Und meine beiden Kollegen haben nur zwei bzw. eine Bewertung bekommen (und 12 Bewertungen für mich reichen zwar, um in die Durchschnittswertung aufgenommen zu werden; wirklich viel ist es aber trotzdem noch nicht). Über die Qualität der astronomischen Lehre an der Universität Jena lässt sich damit nicht viel aussagen. Aber wie gesagt – das ist ein Problem das sich hoffentlich im Lauf der Zeit von selbst lösen wird. MeinProf.de gibt es erst seit ein paar Jahren – und muss sich wohl teilweise erst durchsetzen.

Durchsetzen muss sich die Idee auch bei den Dozenten. Jeder Lehrende hat bei MeinProf.de auch die Möglichkeit, selbst ein Konto für sich anzulegen. Damit kann man dann z.B. auch Buchempfehlungen für die einzelnen Kurse abgeben oder Diskussionsforen zu den Lehrveranstaltungen anlegen und verwalten. Man kann sich seine Kurse bei MeinProf.de auch mit Passwort schützen lassen und dieses Passwort an seine Studenten weitergeben um sicherzustellen das keine “fremden” Bewertungen die Statistik verfälschen. Alles in allem eine nette und praktische Plattform – die aber leider viel zu wenig genutzt wird. An der gesamten Universität Jena gibt es nur 5 Dozenten, die sich selbst angemeldet haben.

Das spiegelt wohl leider den Status wieder, den die Lehre im wissenschaftlichen Leben vieler Hochschulmitarbeiter einnimmt. Dabei wäre es so wichtig, dass hier mehr auf die Qualität geachtet wird. Und ohne Evaluierung gibt es keine Verbesserungen. Schlechte Bewertungen mögen zwar schmerzhaft sein – aber wie soll man sonst wissen, was man besser machen muß? Ich kann jedem Dozent nur empfehlen, sich dort anzumelden. Und jedem Studenten, dort die Lehrveranstaltungen zu bewerten! (Wenn zufällig ehemalige Studenten von mir hier mitlesen: auf gehts! 😉 )

Trotzdem:

Ich hoffe sehr, dass MeinProf.de auch in Zukunft noch die Möglichkeit zur Verfügung stellt, die Lehre an den Hochschulen unabhängig zu evaluieren. So scheinen das auch die Betreiber selbst zu sehen: „Wir stellen uns darauf ein, das vor Gericht auszutragen. Es geht um
Transparenz und Qualitätsverbesserung der Lehre. Wir werden uns durch
den Bußgeldbescheid nicht aus der Bahn werfen lassen, sondern weiter
die Interessen der Studenten vertreten. Wir machen das für unsere
Kommilitonen.”


Weiterführende Informationen:


Flattr this

Kommentare (18)

  1. #1 Debora Weber-Wulff
    29. April 2008

    Na ja, aber es gibt ja auch handfeste Probleme. Ich würde gerne als Dozentin die einzelne Einträge kommentieren können.

    Und es gibt Fälle von Mobbing, gerade gegen weibliche Dozentinnen, die dann Kommentare über ihr Aussehen oder anzügliche Bemerkungen dort vorfinden. Inhaltliche Kritik ist fein, aber die Haarfarbe oder Ausschnitt haben hier nichts zu suchen.

    Und mir ist ein Fall bekannt, wo ein Student mit Erpressung gedroht hat: entweder machen Sie das und das, oder ich werde Sie bei meinprof.de anschwärzen!!!!!

    Dozenten sollten also auch zu einzelne Einträge sich äussern können. Man will nicht unbedingt hier ein Forum für ein Kurs aufbauen, denn man weiss nciht, was mit den Daten geschieht. Lieber so was auf einer Server der Hochschule hosten.

    Und nebenbei bemerkt – an FHs hat man oft keine Wahl. Nur ein Dozent oder eine Dozentin bietet ein Pflichtkurs an. Da muss man nehmen, was angeboten wird.

  2. #2 corax
    30. April 2008

    Alle Leute mit Klarnamen und am Seitenende: „powerd bei amazon.de“ sehr schön.
    Ich glaub hier bei Scienceblogs haben etliche das Internet (damit mein ich den Datenschutz) überhaupt auch nur ansatzweise begriffen.
    Mein.prof ist kommerziell oder woher stammt das Geld?
    Kommerzielle wollen Geld verdienen. Wer hindert Kommerzielle daran zukünftig erhobene Daten zu veräußern? Versteht denn niemand was Unternehmen wie gugel aus Daten und Bewegungsprofilen heute schon extrahieren können?
    Und wer will das alles jemals wieder zurück in die „box“ kriegen?

    Man kann Profs auch ohne Klarnamen bewerten, per Hash, Synonym oder sonstwie, aber der Prof kann seinen Klarnamen nicht ändern.
    Und das Netz vergisst nicht, (zumindest das nicht was es soll)
    (was nicht die Schuld des Netzes ist)(denn dafür wurde es entwickelt).

  3. #3 Thomas
    30. April 2008

    Erstmal danke für den guten Artikel 🙂

    Dann zum Kommentar von Frau Weber-Wulff. Vielen Dank für den Input! Wir arbeiten kontinuierlich am Portal. Derzeit gibt es schon die Möglichkeit ein allgemeines Kommentar zum Kurs anzulegen. In dem geben einige Dozenten einen Überblick über den Inhalt oder sonstige Hinweise. Manche nutzen es auch um ihre Lehrmethode zu erläutern. Außerdem gibt es jetzt auch schon ein Forum in dem sich ganz unabhängig (oder auch konkret zu einer Bewertung) ausgetauscht werden kann.

    Das Kommentar zur einzelnen Bewertung nehmen wir aber in unsere ToDo Liste auf.

    Falls sie Fälle von Mobbing kennen, melden sie sich bitte bei uns. Wir versuchen das Portal natürlich sauber zu halten. Weder Liebeserklärungen noch untergriffige Einträge haben bei uns was zu suchen!

    Das mit der Erpressung ist uns neu. Hierfür würden wir spontan anbieten den Kurs sperren zu lassen. Wir haben die Möglichkeit Passwörter oder gar TANs zu erstellen.

    Warum kein Forum bei uns? Auf den Systemen der Hochschule würde ich als Student zB nicht bewerten wollen. Bei uns liegen die Daten verschlüsselt vor. Den Systemen der Uni trau ich nicht – war selbst mal Admin und hatte einen kleinen Einblick 😉

    Zu dem Punkt an einer FH hat man oft keine Wahl. Ja, das ist leider so. Sollte aber kein Grund sein kein Feedback zu geben. 🙂

    Lieben Gruß aus Berlin

  4. #4 Thomas
    30. April 2008

    und dann gleich zu corax

    MeinProf ist ein gemeinnütziger e.V. das Geld stammt aus den Werbeanzeigen und ermöglicht es uns eine Hand voll Server damit zu betreiben. – kurzes nachlesen hätte genügt 😉

    Uns hindern unsere AGB und der Anstand daran Daten Daten unsere Nutzer zu verkaufen. Außerdem sind wir kein Social Network welches das erstellen genauer Userprofile ermöglicht – sprich das würde eh keiner Wissen wollen. Der “Wert” unserer Daten liegt in der Aggregation der Bewertungen – so konnten wir eine Auswertung der Lehrqualität aller Hochschulen erstellen und so zB feststellen, dass Studenten der Fachhochschulen im Schnitt ihre Hochschulen besser bewerten als Studenten der Universitäten.

    Das Netz vergisst! Wenn man das will. Unsere Seite ist schon lang nicht mehr bei Archive.org zu finden. Außerdem arbeiten wir an einem System mit dem alte Bewertungen keine Relevanz mehr haben und auch nicht sichtbar sind. Nur so kann sich auch ein Dozent verbessern.

    Um das noch einmal klar zu stellen uns ist Datenschutz wichtig! Und wir arbeiten gern mit Dozenten und Studenten zusammen um das System zu verbessern.

  5. #5 corax
    30. April 2008

    @ Anonym auf die Hauptseite von XYZ verlinkender Thomas,

    Uns hindern unsere AGB und der Anstand daran Daten Daten unsere Nutzer zu verkaufen. Außerdem sind wir kein Social Network welches das erstellen genauer Userprofile ermöglicht – sprich das würde eh keiner Wissen wollen.

    Verarschen kann ich mich alleine. Social-Network-Daten gelten als Goldgrube, was ABGen wert sind kann man leicht in jedem juristischem blog nachlesen, und wenn ein e.V. jetzt schon mit amazon!!! kooperiert, sollte man Bescheid wissen. „Um die geringfügigen Unkosten zu decken.“ Ja, nee is klar. Erzähl das gefälligst jemand anderem, AXYZ!”§!
    Gemeinnütziger Verein; mir nützt er jedenfalls nicht, und der TÜV bewertet auch AKWs oder angebliche Ökostromzertifikate.

    Schreib doch hin wer du bist und von wem du dein Geld bekommst, A….!

  6. #6 florian
    30. April 2008

    @Corax: Bitte in einem vernünftigen Ton diskutieren! Wenn die Diskussion hier in Beleidigungen ausartet, muss ich die Kommentare löschen!

    @Debora: Also das beleidigende Bewertungen bei MeinProf.de nicht tragbar sind, ist selbstverständlich (deswegen hatte ich im Artikel auch gar nicht erst was darüber geschrieben). Aber soweit ich das mitbekommen habe, kümmern sich die Betreiber da auch gut darum und löschen sowas sofort bei bekanntwerden. Es kann ja auch jeder selbst anstößige Bewertungen melden.
    Darüber, ob Dozenten Bewertungen kommentieren sollen können, kann man nachdenken. Ich fürchte aber, dass das dann erst Recht zu Streitereien führen könnte. Die Sache mit der studentischen Erpressung ist ein ziemlich starkes Stück. Wenn ein Student das bei mir versuchen würde, dann würde ich es allerdings darauf ankommen lassen und bei MeinProf dann eine Löschung dieser Bewertung anstrengen.

  7. #7 Thomas
    30. April 2008

    @corax

    “Social-Network-Daten gelten als Goldgrube” – ja – erstens _gelten_ und zweitens MeinProf ist kein Social Network. Das widerspricht ja der Grundidee. Auf MeinProf muss man als Student anonym bleiben können. Somit verbieten sich Userprofile welche Gewohnheiten, persönliche Präferenzen sowie soziodemografische Daten abfragen. Nur diese Kombination ist ja für die Werbeindustrie interessant.

    Zu Amazon – es ist ein Feature und eine klare Win-Win Geschichte. Sprich wir nutzen die Datenbank von Amazon um es Studenten und Dozenten zu Lehrveranstaltungen _einfach_ Literatur empfehlen zu können. Natürlich bieten wir auch den Service direkt auf den jeweiligen Amazon Artikel zu gelangen. Wofür man bei Amazon (im Falle die Bestellung wird innerhalb von 24h durchgeführt) am Umsatz beteiligt wird. Solltest du dich mit dem Buchmarkt etwas beschäftigt haben, weißt du vielleicht wenn man nicht selbst ein Verlag ist, ist die Geschichte keine Goldgrube.

    “Schreib doch hin wer du bist und von wem du dein Geld bekommst, A….!”
    … gern “corax” – einfach meinen Namen Thomas Metschke googeln oder bei Xing eingeben

    @Debora und an Florian
    Nochmal zur Erpressung – also abgesehen dass wir wie gesagt den Zugriff technisch beschränken können (Passwort / TAN Liste) gehe ich davon aus das es sich um einzelne Personen dann handelt. Da ist der Punkt drauf ankommen lassen vielleicht wirklich gut. Nehmen wir an der Kurs ist bereits mit wenigstens einer Handvoll durchschnittlicher bis guter Bewertungen versehen. Ein wütender Student würde sich dann im Zweifel mit einer “5er” Bewertung und einem entsprechenden Kommentar selbst ins Abseits stellen.

    Dann zu den einzelnen Kommentaren – wir machen das jetzt schon indirekt – wir bieten den Dozenten an bei konkreten Fragen / Anmerkungen zu einer Bewertung uns anzuschreiben und wir leiten dann die Nachricht der Dozenten an die jeweiligen Bewerter weiter. So ist es schon zu _sehr produktiven_ Gesprächen gekommen.

  8. #8 Christian
    1. Mai 2008

    Dieses ständige Gezerre und Gezänk um meinProf oder spickmich kann ich ehrlich gesagt kaum mehr nachvollziehen. Es ist fast so, als ob die Mehrzahl der Beschäftigten in einigen Berufsständen (namentlich der im Bildungswesen Tätigen) eine wie auch immer geartete Evaluation ihrer Leistungen grundsätzlich ableht. Ich stelle mir vor, ich würde mich bei meinem Bäcker über die trockenen Brötchen beschweren, und er würde mir sinngemäß zu verstehen geben, dass ich nicht das Recht habe, seine Arbeit zu bewerten, da ich nicht die entsprechende Fachkenntnis / Ausbildung / Meisterprüfung mitbringe. Auch eine Hochschule ist heute in gewisser Weise ein Dienstleister. Ob das natürlich so gut ist, darüber kann man sich streiten – aber dass ein Dienstleister auch eine Evaluation ertragen muss, darüber eigentlich nicht.

    An unserer FH gibt es beispielsweise ein (papierbasiertes) Pflicht-Evaluationprogramm, dass von den Dozenten am Ende des Semesters durchexerziert werden muss – und da bekomme ich in manchen Fächern gute bis sehr gute und in anderen eben auch mal schlechte Bewertungen. Mit beidem habe ich kein Problem, vor allem da man bedenken muss, dass es häufig auch der Stoff selbst (und nicht nur der Dozent ist), der von den Studenten bewertet wird. Bei ganz spannenden Themen wie “Webdesign”, “Suchmaschinenoptimierung” oder “Marktforschung” sind die Bewertungen dann in der Regel auch grundsätzlich besser als bei z.B. mathematischen Grundlagenseminaren. Gelegentlich findet sich auf den Evaluationsbögen sogar der eine oder andere richtig brauchbare Kommentar, der einem hilft, die Veranstaltung fürs nächste Semester noch ein wenig zu optimieren – und genau darum geht es schließlich bei der Evaluation.

    Das Problem mit meinProf sehe ich eher darin, dass man aus den generellen Erfahrungen mit dem Online-Voting eigentlich nur den Schluss ziehen kann, dass in der Regel nur besonders motivierte Personen teilnehmen, im Falle von meinProf also Studenten, die von der Vorlesung entweder richtig begeistert sind oder aber sie ganz grauenhaft finden. Dies spiegelt sich auch in den Daten wieder: Eine größtere Anzahl an Professoren bei meinProf sind entweder richtig gut oder richtig schlecht bewertet, etliche andere sind gar nicht erfasst, da sie die Studenten vermutlich weder in die eine noch in die andere Richtung dazu motivieren, eine Bewertung auf meinProf abzugeben. Dies ist aber prinzipiell kein Problem von meinProf sondern ein ganz generelles Problem ungerichteter Online-Befragungen.

    Das erpresserische Protenzial von meinProf halte ich dagegen für niedrig. Juristisch relevante Verunglimpfungen wird der Betreiber sicher löschen, wenn man ihn darauf hinweist. Und die Noten selbst – naja, Online-Evaluation in allen Ehren, aber ganz so entscheidend für die Hochschul-Karriere sind die meinProf-Noten dann nun auch wieder nicht, so dass auch schlechte Werte im Grunde vermutlich kaum eine Rolle spielen dürften. Studenten, die mir mit schlechten Noten im meinProf “drohen” würden, könnten sich allerhöchstens auf eine besonders saftige Klausur freuen…. 🙂

    Aber ganz im Ernst: Vorlesungen, die jedem Studenten gefallen, gibt es ohnehin kaum. Einer hat es lieber praxisorientiert, der andere lieber theoretisch, einer wünscht sich viele Beispiele, ein anderer viele Visualisierungen….. Perfekt hinbekommen kann man das kaum, von daher muss man immer damit rechnen, dass es dem einen oder anderen nicht so zusagt. Das ist vollkommen in Ordnung – und auch und gerade als Akademiker muss man mit sowas leben können, auch wenn der oder die Kritiker/in vielleicht gerade mal im ersten Semester ist. Oft genug kann man sich durch konstruktive Kritik ja auch wirklich noch an der einen oder anderen Stelle verbessern. Ich zum Beispiel habe es mir schon vor Jahren abgewöhnt (naja, noch nicht vollständig), während der Vorlesung vor der Tafel auf und ab zu gehen, da dies etlichen Studenten furchtbar auf die Nerven ging – bloss gut, dass dies mal jemand ausgesprochen hat… 🙂

  9. #9 florian
    1. Mai 2008

    @Christian: “Das Problem mit meinProf sehe ich eher darin, dass man aus den generellen Erfahrungen mit dem Online-Voting eigentlich nur den Schluss ziehen kann, dass in der Regel nur besonders motivierte Personen teilnehmen“.

    Ja, das ist ein wichtiger Punkt den ich in meinem Artikel nicht erwähnt habe! Die Studenten meiner Vorlesung hab ich selbst drauf angesprochen und sie gebeten, mich zu bewerten – aber effektiv bewertet haben mich dann auch nur etwa 50%. Hier kann aber wohl MeinProf.de selbst kaum was dagegen machen (ausser mehr Werbung).
    Mehr Rückmeldungen bekommt man sicher beim klassischen Verfahren, wo einfach in der Vorlesung Fragebogen ausgeteilt werden. Aber da hat eben ausser dem Dozenten niemand was davon, da diese Ergebnisse selten veröffentlicht werden. (Mein Physikprofessor aus Wien hat das allerdings gemacht: er hat selbst einen Evaluierungsbogen verfasst, ausgeteilt, ausgewertet und die Ergebnisse dann öffentlich gemacht – aber solche Leute sind Ausnahmen…)

  10. #10 Ralf
    2. Mai 2008

    Ich habe mir gerade einmal das amerikanische Pendent zu http://www.MEINPROF.de angesehen – https://www.ratemyprofessors.com
    Wenn Leser wie „corax“ von der Welt schon sehr enttäuscht sind, und resignieren, um sich dann im Ton zu vergreifen, ist das nicht in Ordnung. Wenn sie darauf bestehen, meinprof.de wäre gerade nicht non-Profit, sondern sehr wohl genau dies, dann sollten sie sich die Seite unbedingt angucken.
    Dort wimmelt es von Werbe-Bannern.
    Ich weiß nicht wie lange die Seite schon lebt, immerhin haben sich wohl 6 Millionen votes angesammelt. Jedenfalls haben die schon Sachen über die hier im Forum auch diskutiert wird.
    Studenten-Kommentare scheinen überprüft zu werden, bevor sie gepostet werden („in review“ stand dort), und es gibt eine Re-Kommentar-Funktion für Dozenten.
    Die Kategorie „Heiß“ (oder nicht) und sogar das entsprechende nationale Ranking finde ich witzig, gleichzeitig jedoch auch amerikanisch, und wäre gegen eine Einführung bei meinprof.de.
    Jedoch zeigt es was möglich ist. Die Jungs da drüben, hatten sicher auch einige über sich ergehen lassen müssen?! (in einem Land, indem so gewinnorientiert vor Gerichten gestritten wird)
    Wie dem auch sei: Wir Holocaust-geschädigten Deutschen, die nebenbei schon immer alles aufgeschrieben haben, denn sonst wüste die Welt davon sowenig wie über Stalins Gräuel, nämlich weniger, der nicht über jede Leiche Buch geführt hat, müssen nicht solche Pussys sein, wenn es um die Bewertung von Lehre an unseren Hochschulen geht.
    Deutsche können so starrsinnig sein, wenn es um Zukunft geht?! Zugunsten des status quo wünschte ich mir ein wenig mehr Dynamik, mit der gegenseitigen Zusicherung auftretende Missstände zu korrigieren, wenn sie auftreten.
    Wie kann man nur so ein „geiles, wachsendes Instrument“ in seinen Grundfesten erschüttern wollen?
    Warum gibt man den Jungs dort eigentlich nicht eine Million Euro aus dem Bildungs-Etat, noch mehr Rechtsbeistand und sorgt dafür, dass MEINPROF.DE eine anerkannte Institution wird?
    Ich würde es mir wünschen.

  11. #11 Thomas
    2. Mai 2008

    hui noch viel passiert 🙂

    aaaalso 😀

    ja online voting ist nicht perfekt. Die Frage ist was machen die Leute welche in der Vorlesung einen Bogen bekommen? Also die die nciht online voten würden? Füllen die den Fragebogen einfach mittel aus? Tragen sie etwas in die Freitextfelder? Sind sie genervt von der Befragung und geben absichtlich nur “1er”, “5er” oder Muster ab?

    Wir haben außerdem auch eine recht breite Streuung unter den Abgaben. Sicher stehen am Anfang nur die “Top” und “Flop” Dozenten im Mittelpunkt. Wir merken aber dass es immer mehr durchwachsene Ratings gibt.

    Zum amerikanischen Pendant 🙂
    Die wurden als “Gag” von MTV gekauft. Dort gibt es jetzt lustige Videos von Dozenten etc. Das Portal wird auch ncihtmehr so richtig weiterentwickelt und hat meiner Meinung nach seine Glaubwürdigkeit verloren. Es kommt schlicht und ergreifend nicht nach. Aufreger war dort das Kriterium “sexy” – ähnlich hier bei spickmich – wir wollen das nicht haben. Nichts gegen gut aussehende Dozenten und Dozentinnen 🙂 aber es hat einfach bei uns nichts zu suchen. Wenns dann heißt MeinProf ist aber ncht so lustig, können wir damit leben 🙂

    Zu den juristischen Auseinandersetzungen in den USA wissen wir leider nichts, gehen aber davon aus, dass es fast keine Aktionen auf dem Gebiet gab. In den USA ist die freie Meinungsäußerung ein sehr sehr wichtiges Gut. (Zu allen anderen Kommentaren zu den USA lass ich mich hier nicht hinreißen :D)

    “Warum gibt man den Jungs dort eigentlich nicht eine Million Euro aus dem Bildungs-Etat, noch mehr Rechtsbeistand und sorgt dafür, dass MEINPROF.DE eine anerkannte Institution wird?” … es ist leider SEHR schwer auch nur an so etwas wie die KMK, HRK, … und was es nicht alles gibt heranzukommen. Anrufe und EMails werden leider … ignoriert/abgewiesen. Ich glaube die wissen zum Teil garnicht was sie mit uns anfangen sollen. Glaube es kommt einfach da nicht vor dass jemand mit einem Vorschlag und einem Projekt an sie herantritt. Da wird sich im Grunde alles selbst ausgedacht und erarbeitet. Die OECD (PISA, in x Jahren evtl StudentenPISA) findet uns super hat aber kein Geld für uns.

    Natürlich müssen wir – und das tun wir gerade – sehen wie wir an Geld kommen. Die Werbung muss im Moment sein. Nur so können wir unsere Server finanzieren oder das Spritgeld zum EduCamp. Das allein wird MeinProf nie tragen können. Derzeit arbeiten wir aber wie gesagt an ein paar Varianten und hoffen damit ein System zu schaffen was mehr kann, ständig gepflegt und weiter entwickelt werden kann. Wichtig ist uns dabei ist der Mehrwert aller Nutzer! Das steht auch jetzt bei der bestehenden Werbung im Vordergrund – kein Applaus für Scheiße – ist dabei mein persönliches Motto. Wenn es ein Angebot ist, welches Studenten oder Dozenten interessieren könnte – okey – warum nicht?

    öhm ja das war’s

    nurnoch eins

    Mich freut das hier so angeregt diskutiert wird!
    Gruß
    Thomas

  12. #12 florian
    2. Mai 2008

    @Thomas: Zur Werbung/Geld-Angelegenheit: Plant ihr da längerfristig irgendwas an Service-Leistungen in Sachen Evaluierung? Also mehr “professionell”, wenn ich das mal so formulieren kann. Z.B. – falls Bedarf besteht – “offiziell” irgendwelche Evaluierungsprojekte durchzuführen? Also so á la: Institution X beauftragt euch ein Online-Konzept für die Evaluierung von diesem und jenem durchzuführen? Ich weiß ja nicht, inwieweit ihr da qualifiziert wärt. (oder ist das überhaupt eine völlig blöde Frage? 😉 )
    Oder bleibt es bei einem Ausbau der bestehenden MeinProf Strukturen? Ich denke, wenn man den Dozenten da mehr Steuerungsmechanismen in die Hände gebt, würden sich auch mehr freiwillig anmelden. Die neuen RSS-Feeds sind übrigens ne tolle Sache.
    Was mir z.B. noch einfallen würde, wäre “Werbung” für die Kurse direkt durch die Dozenten auf MeinProf.de. Also ne Seite, auf der die Dozenten selbst über Inhalte, Anfforderungen, etc eines Kurses schreiben können, vielleicht mit der Möglichkeit Bilder einzubinden usw. Ich bin mir selbst noch nicht so ganz im Klaren, ob sowas nur eine unnütze Spielerei wäre oder vielleicht doch Sinn macht. Es würde den Studenten zumindest ein bisschen mehr Einblick geben, was sie in einer Vorlesung erwartet. Und so wie ich die Eifersüchteleien in der akademischen Welt kenne, hätte das vielleicht auch den Effekt, dass viele Dozenten nachziehen, sich anmelden und selbst aktiv werden wenn einer aus der Fakultät so was startet – man will ja nicht die ganze PR den anderen überlassen 😉

  13. #13 Thomas
    4. Mai 2008

    @Florian
    keine blöde Frage 🙂

    Wir werden uns weiter im Bereich Hochschule aufhalten. Evaluationsportale zu diesen und jenem gibt es genug. Und jetzt Angelhaken oder was weiß ich noch bewerten zu lassen ist albern. Wir bleiben bei unserem Thema.

    Wir hoffen da unser Angebot – wie du auch geschrieben hast – weiter auszubauen. Dabei stehen im wesentlichen die Dozenten und Hochschulen im Mittelpunkt.

    Auch jetzt können Dozenten schon “Kommentare” zu Kursen verfassen. Dies ist aber einfach noch nicht schön genug umgesetzt. Wie gesagt wir arbeiten noch dran 🙂 – funktionieren tut’s aber schon. Einige Dozenten haben schon eine Beschreibung des Kurses verfasst.

    Wir hoffen morgen aber spätestens Mittwoch mit unserem neuen Design weiter zu kommen und möglichst bald das ganze auch auf eine solide finanzielle Basis zu heben.

  14. #14 florian
    4. Mai 2008

    Ah – die Kommentaroption hab ich bis jetzt übersehen (gabs die schon immer?) Das ist ja schonmal ein Anfang.

    Und auf das neue Design bin ich schon gespannt…

    übrigens: das bildblog hat ja schon seit längerem nen werbespot, der auch im Fernsehen gelaufen ist. Aber ich nehme mal an, für MeinProf wäre sowas finanziell nicht leistbar, oder?

  15. #15 Thomas
    5. Mai 2008

    🙂 glaube nicht dass wir uns in absehbarer Zeit einen Werbespot im Fernsehn leisten können – und selbst wenn ich glaube nicht das ich das wollen würde … für das Geld würde ich eher in großen Unistädten ne Party mit Freibier schmeißen 😉
    Glaube das Werbung im TV viel zu teuer ist – es streut einfach zu sehr

    Ja die Funktion mit dem kommentieren gibt es schon länger – wie gesagt usability und design … 😀

  16. #16 florian
    5. Mai 2008

    für das Geld würde ich eher in großen Unistädten ne Party mit Freibier schmeißen ;)” – also wenn ihr dann mal in Jena seid, sagt Bescheid. Bei Freibier komm ich immer gerne 😉

  17. #17 Hannes aus Hamburg
    25. Mai 2008

    Ich habe gehört, dass Ihr mit Werbung rund 100.000 Euro im Jahr macht und bei rund 300.000 Bewertungen ist jede Bewertung dann 0,33 Euro wert. Einige Dozenten von unserer Uni bereiten nur Rechnungen an Euch vor, weil Ihr mit Ihrem guten Namen Geld macht. Also wenn ein Dozent 100 Wertungen hat, kann er eine Rechnung über 33 Euro an mein Prof. Stellen. Ist das richtig ?

  18. #18 florian
    25. Mai 2008

    @Hannes: Ich weiß nicht, ob Thomas hier noch mitliest und dir eine Antwort schreibt. Ich würde aber den Dozenten auf jeden Fall mal empfehlen mit der juristischen Fakultät Rücksprache zu halten 😉

    Die Dozenten sollten sich lieber freuen, dass MeinProf den Studenten eine kostenlose und einfache Möglichkeit bietet, ihre Lehrveranstaltungen zu beurteilen. Damit steht nämlich auch den Dozenten eine kostenlose und einfache Möglichkeit zur Verfügung, herauszufinden, wo und wie sie ihre Kurse noch verbessern können – und sie sparen sich damit den Besuch teurer Weiterbildungsveranstaltungen.