Wie kommen eigentlich die Sterne zu ihren Namen? Immerhin gibt es ja jede Menge davon – wer denkt sich die ganzen Namen dazu aus? Und kann man die Sterne und ihre Namen auch kaufen und nach sich selbst, seiner Freundin, seinem Freund oder anderen benennen?
Zur Benennung der Sterne gibt es verschiedene Konventionen. Da wären zuerst einmal die Sterne, die “richtige” Namen tragen.
Eigennamen
Sterne mit Eigennamen sind hauptsächlich die, die am hellsten sind. Diese Sterne, die man auch mit freiem Auge sehen kann, wurden schon von den alten Zivilisationen benannt und tragen daher meist mythologische Namen aus dem griechischen oder arabischen Raum. Beispiele dafür sind Sirius (aus dem griechischen stammend) und Castor (aus der Argonautensage) oder Nunki (sumerisch für “Herrin der Erde”). Ein Überblick über alle Sterne mit Eigennamen findet sich zum Beispiel hier.
Manche Sterne haben aber auch Eigennamen die neueren Ursprungs sind.
Das sind meistens Sterne, die irgendeine besondere Eigenschaft haben
und deswegen “berühmt” geworden sind. Ein Beispiel dafür ist Barnards
Stern (benannt nach dem Astronomen Edward Barnard). Und dann gibt es noch Sterne mit “inoffiziellen” Namen wie z.B. “The Outcast“.
Alle Sterne mit Eigennamen zu versehen wäre aber viel zu aufwendig. Es gibt davon einfach viel zu viele – und für die wissenschaftliche Arbeit ist es eigentlich egal, welche Bezeichnung ein Stern trägt – man muss sie nur voneinander entscheiden könne. Deswegen tragen die meisten Sterne auch keine “richtigen” Namen sondern systematische Bezeichnungen oder Katalognummern.
Zur systematischen Benennung der Sterne gibt es zwei verschiedene (aber ähnliche) Methoden. Die ältere und gebräuchlichere ist die Bayer-Bezeichnung.
Bayer-Bezeichnung
Die Bayer-Bezeichung wird für helle/hellere Sterne angewandt und wurde im 16. Jahrhundert von Johann Bayer eingeführt. Er versuchte, ein wenig Ordnung in das existierende Durcheinander aus griechischen, lateinischen und arabischen Namen zu bringen, die in den vorherrschenden Sternkatalogen verwendet wurden. Sein Hauptwerk, due Uranometria (hier digitalisiert abrufbar) von 1603 enthält die ersten genauen Sternkarten für Sterne beider Hemisphären. Und in diesem Buch führt Bayer auch eine systematische Bezeichnung für die Benennung der Sterne ein.
Titelseite der Uranometria (U.S. Naval Observatory Library)
Der Name eines Sterns setzt sich laut diesem Schema aus einem griechischen Buchstaben und dem Genitiv des lateinischen Namens des Sternbilds, in dem der Stern liegt zusammen. So heißt z.B. der hellste Stern im Sternbild Zentaur Alpha Centauri (oder α Cen); der zweithellste Stern im Sternbild Maler (Pictor) heisst Beta Pictoris (oder β Pic). Im Allgemeinen folgen die griechischen Buchstaben mit dem Alphabet der Helligkeit (also α für den hellsten Stern im Sternbild, β für den zweithellsten, usw) – allerdings wurde dieses Schema nicht konsequent eingehalten, es gibt einige Ausnahmen.
Im Laufe der Zeit wurde das Schema auch noch um lateinische Buchstaben (zuerst Kleinbuchstaben; dann große) erweitert (z.B. beim Stern P Cygni im Sternbild Schwan/Cygnus). Diese Bezeichnungen wurden aber nicht sehr häufig verwendet.
Außerdem kann der Buchstabe noch mit einer hochgestellten Zahl kombiniert werden wenn es sich um Doppelsterne bzw. benachbarte gleichhelle Sterne handelt (z.B. χ1 Orionis und χ2 Orionis). Oft stellt sich auch heraus, dass es sich bei einem Stern der mit freiem Auge nur als ein Objekt sichtbar ist, in Wirklichkeit um einen Doppelstern handelt. Das ist zum Beispiel bei Castor der Fall der die Bayer-Bezeichnung α Geminorum trägt. Um hier die einzelnen Komponenten zu unterscheiden, wird dem Namen noch ein “A” und “B” (bzw. mehr Buchstaben bei Mehrfachsystemen) nachgestellt (bei Castor lauten die Namen dann α Gem A und α Gem B)
Bayer hat aber längst nicht alle Sterne benannt. Für Sterne die nicht mit einer Bayer-Bezeichnung versehen wurde wird meist die später entwickelte Flamsteed-Bezeichnung benutzt.
Flamsteed-Bezeichnung
John Flamsteed hat diese Bezeichnung 1712 in seinem Buch Histori coelestis Britannica eingeführt. Analog zur Bayer-Bezeichnung setzt sie sich aus der sg. Flamsteed-Nummer und dem Genitiv des lateinischen Namens des Sternbilds, in dem der Stern liegt zusammen. Die Flamsteed-Nummer hat allerdings nichts mit der Helligkeit zu tun; Flamsteed nummerierte damals alle mit freiem Auge sichtbaren Sterne anhand ihrer Rektaszension (gemeinsam mit der Deklination wird sie benutzt um die Position eines Sterns am Himmel anzugeben) durch. Ein Beispiel dafür wäre der Stern 55 Cancri im Sternbild Krebs (dort hat man übrigens schon 5 extrasolare Planeten entdeckt) oder der Stern 51 Pegasi (dort wurde 1995 der erste extrasolare Planet gefunden).
Ein besonderer “Stern” in Flamsteeds Katalog ist übrigens 34 Tauri. Der hat sich nämlich später nicht als Stern sondern als der Planet Uranus herausgestellt! Flamsteed hatte Uranus also schon 1690 “entdeckt” – es aber leider nicht bemerkt. Darum gilt weiterhin 1781 als das Jahr der Entdeckung von Uranus durch William Herschel.
Seite aus Flamsteeds Histori coelestis Britannica mit dem “Stern” 34 Tauri (anklicken für eine große Version)
Kataloge
Mit den Bayer- und Flamsteed-Bezeichnungen sind aber bei weitem noch nicht alle Sterne benannt. In der jüngeren Vergangenheit hat man sich nicht mehr die Mühe gemacht, systematische Bezeichnungen für alle Sterne zu finden sondern hat einfach die verschiedenen Katalogbezeichnungen übernommen. Und Sternkataloge gibt es mittlerweile sehr viele – deswegen haben auch sehr viele Sterne mehrer Bezeichnungen.
Ein immer noch sehr verbreiteter Katalog ist der Henry-Draper-Katalog der zwischen 1918 und 1924 entstand. Er enthält in seiner letzten Version 359.083 Sterne und wurde übrigens nicht von Henry Draper selbst erstellt sondern von Annie Jump Cannon – eine der ersten Frauen in der modernen Astronomie! Die Sterne in diesem Katalog tragen alle eine fortlaufende Nummer der das Kürzel “HD” vorangestellt ist (wie z.B. bei HD 124448).
Andere wichtige Kataloge sind z.B. die Bonner Durchmusterung (BD), der Katalog des Smithsonian Astronomical Observatory (SAO). Daneben gibt es noch viele Spezialkataloge für spezielle Sterne. Dazu gehört der weitverbreitete Gliese– (GI) und der Gliese-Jahreiß (GJ) Katalog die alle Sterne innerhalb von 25 Parsec enthalten.
Dann gibt es noch Kataloge mit etwas komplizierten Bezeichnungen die z.B. die Koordinaten des Sterns beinhalten. Ein Beispiel dafür ist SDSS J090744.99+024506.8: SDSS steht hier für den Sloan Digital Sky Survey; die Zahlen für die Position des Sterns am Himmel.
Eine neuere Himmelsdurchmusterung enthält zum Beispiel der Katalog des Two Micron All-Sky Survey (2MASS) der über 300 Millionen Himmelskörper beinhaltet.
Aber selbst alle Sternkataloge (und ich habe hier wirklich nur einen Bruchteil aufgezählt) enthalten bei weitem nicht alle Sterne. Es gibt also noch genügend, die keinen Namen oder eine Bezeichnung haben. Kann man sich da nicht vielleicht einen aussuchen und ihn selbst benennen?
Sterne taufen
Im Internet findet man viele Firmen, die einem Sternnamen oder Sterntaufen verkaufen wollen. Dabei beschränkt man sich nicht auf die bisher namenlosen Sterne (die sowieso alle viel zu schwach wären um mit freiem Auge oder kleinen Teleskopen sichtbar zu sein). Man “verkauft”
auch die hellen Sterne die eigentlich schon seit der Antike Namen haben.
Was ist davon zu halten bzw. was wird einem da eigentlich verkauft? Die einzige Organisation, die das Recht hat, offiziell astronomische Objekte (Planeten, Asteroiden, Monde, etc) zu benennen ist die Internationale Astronomische Union (IAU). Aber wie ich oben schon geschrieben habe macht es kaum Sinn, allen Sternen Eigennamen zu geben und deshalb benennt auch die IAU keine Sterne. Aber das bedeutet auch nicht, dass deswegen irgendjemand anderes dieses Recht zur offiziellen Benennung hat. In einer Stellungnahme hat die IAU die Situation klar dargelegt (hier ist eine deutsche Version):
“Die IAU (International Astronomical Union)
erhält häufig Anfragen von Einzelpersonen, die Sternnamen
kaufen oder Sterne nach anderen Personen benennen möchten.
Einige kommerzielle
Unternehmen behaupten, solche Dienste gegen eine Gebühr anzubieten.
Solche ”Namen” besitzen jedoch keinerlei formale oder offizielle
Gültigkeit: Einige helle Sterne haben traditionell
überlieferte arabische Namen, doch davon abgesehen haben Sterne nur
Katalognummern und Positionen am Himmel.”
und weiter
“Als internationale wissenschaftliche Organisation distanziert sich die IAU entschieden von der kommerziellen Praxis,
fiktive Sternnamen oder Grundstücke auf anderen Planeten oder Monden
in unserem Sonnensystem zu verkaufen.”
Die Erklärung endet mit folgenden schönen Worten:
“Somit ist die Schönheit des
Nachthimmels – ebenso wie wahre Liebe und viele der besten Dinge im Leben –
nicht verkäuflich, sondern zur Erbauung aller da. Ein
“geschenkter” Stern mag zwar jemandes Augen für die
Schönheit des Nachthimmels öffnen.
Doch während dies ein ehrenwertes
Ziel ist, rechtfertigt es nicht Leute zu der Annahme zu verleiten, dass
echte Sternnamen wie irgendeine beliebige Ware gekauft werden könnten.
Entgegen irreführender Behauptungen konkurrieren mehrere Firmen –
national und international – in diesem Bereich miteinander. Und alleine in
unserer Milchstrasse mag es Millionen von Sternen mit Planeten geben, deren
Bewohner mindestens das gleiche Recht wie wir haben, “ihren” Stern zu
benennen, so wie es die Menschen bei der Sonne tun (die natürlich in
verschiedenen Sprachen verschiedene Namen hat).”
Keine Person und keine Firma hat also irgendein Recht, offizielle Sternnamen zu verkaufen. Das hindert viele allerdings nicht, “inoffizelle” Taufen anzubieten. Natürlich steht es jedem Menschen frei, den Sternen die Namen zu geben, die ihm gefallen – auch wenn sie die übrigen Menschen wahrscheinlich nicht daran halten werden. Was man bei diesen Firmen also erhält ist eine teure Urkunde mit dem Wunschnamen und meistens noch ein bisschen Beiwerk (Sternkarten, Fotos, etc). Der Name wird dann auch hochoffiziell in eine Datenbank eingetragen – aber eben nur in eine interne Datenbank der jeweiligen Firma an die sich niemand halten muss und die Wissenschaftler ganz gewiss nicht halten werden. Hinzu kommt, dass auf dem Markt der Sterntaufen mehrere Firmen konkurieren – es ist also durchaus wahrscheinlich, dass der eigene Wunschstern schon von vielen anderen Leuten einen Namen bekommen hat.
Es gibt mittlerweile auch viele astronomische Vereine, Volkssternwarten u.ä. die ebenfalls den Kauf von Sternnamen oder “Sternpatenschaften” anbieten. Im Prinzip gilt hier das gleiche wie oben: auch diese Gruppen können keine offiziellen Benennungen durchführen. Im Unterschied zu den kommerziellen Firmen kommt hier das Geld allerdings dem Verein und der Vereinsarbeit zu Gute. Wenn man die Amateurastronomie und die Volksbildung sponsorn will ist das also vielleicht keine schlechte Idee – besser auf jeden Fall, als das Geld den verschiedenen Firmen in den Rachen zu werfen, die nur am Profit interessiert sind.
Aber natürlich steht es auch jedem frei, einfach selbst eine Urkunde aufzusetzen und zu verschenken. Das kommt auf jeden Fall billiger.
Es gibt allerdings eine Möglichkeit, wie man vielleicht doch an einen “fast” offiziellen Sternnamen kommt. Dieser Weg ist allerdings ein bisschen aufwendig. Zuerst muss man mal ein Astronomie-Studium absolvieren; am besten auch gleich ein Doktorat machen. Dabei sollte man sich auf die beobachtenden Stellarastronomie spezialisieren. Hat man dann endlich die Möglichkeit, auf seinem Gebiet zu forschen, kann es immer passieren, dass man im Zuge seiner Arbeit auf unbenannte Sterne trifft. Denen kann man dann eine Bezeichnung geben – und wenn man Glück hat, setzt sie sich innerhalb der wissenschaftlichen Community durch (Ein Beispiel dafür ist der Stern S2 im Zentrum unserer Milchstrasse). Man sollte hier allerdings nicht allzu kreativ werden. Wenn ich meine neu entdeckten Sterne “Schatzi” und “Schnucki” nennen, könnte das vielleicht bei der Veröffentlichung Probleme mit den Gutachtern geben (obwohl… viele fänden das wahrscheinlich recht lustig.). Wenn man ganz viel Glück hat, dann wird ein Objekt auch einfach nach einem selbst benannt. Ein Beispiel dafür wäre der 2003 entdeckte Stern SO025300.5+165258, der nach seinem Entdecker Bonnard Teegarden nun als Teegardens Stern bekannt ist.
Allerdings ist es wohl doch ein bisschen viel Aufwand, für ein Geburtstagsgeschenk extra eben Mal Astronom zu werden. Wenn man jemanden allerdings wirklich gerne hat, sollte das aber auch kein Problem sein 😉
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