Die geheimnisvollen Quanten
Aber dann wirds richtig mysteriös:
“Im Jahre 1997 teilte mir ein Kollege mit, dass er im Rahmen einer
Homöopathieausbildung eine placebokontrollierte HAMP mit einer wohl
bekannten homöopathischen Arznei durchgeführt hatte. Dabei tauchten
Verumsymptome in der Placebogruppe auf.”
Also die Testpersonen, die nur das Placebo bekommen hatten, zeigten die Symptome, die eigentlich zu erwarten gewesen wären, hätten sie das homöopathische Mittel bekommen! Wie lässt sich das erklären? Eigentlich recht einfach: wenn die Studie nicht korrekt verblindet war und es sich um eine “bekannte homöopathische Arznei” handelte, dann wussten wohl alle bzw. viele Teilnehmer, welche Symptome zu erwarten waren. Es ist also auch nicht verwunderlich, wenn die Testpersonen dann auch diese Symptome aufzeichnen – egal ob sie ein Placebo bekommen haben oder nicht.
Die Erklärung der Homöopathen für diesen Effekt ist allerdings aufregend:
Im Jahre 2005 machte Walach bei der Erläuterung seines theoretischen Modells für die Wirkungsweise der Homöopathie den Hinweis, dass es laut der generalisierten Quantentheorie
bei einer placebokontrollierten Studie (…) zu
einer sogenannten Verschränkung zwischen Verum und Placebogruppe kommen
kann
Generalisierte Quantentheorie! Verschränkung! Wer mit solchen wissenschaftlich klingenden Worten um sich wirft, der muss wohl recht haben, oder?
Das Wort “Quanten” wird von Nichtwissenschaftlern immer dann gerne verwendet, wenn man eigentlich keine Ahnung hat, was vor sich geht aber gerne seriös und wissenschaftlich klingen will. Ausserdem ist die Quantentheorie für Laien kaum verständlich und selbst Fachleute haben Probleme die verschiedenen Quanteneffekte zu verstehen. Sie eignet sich also wunderbar, um alles mögliche hineinzuinterpretieren. Das geht natürlich auch für die Homöopathie. Die leidet unter anderem unter der Tatsache, das wegen der hohen Verdünnungen kein einziges Molekül des eigentlichen Wirkstoffes mehr im Präparat vorhanden ist. Wie erklärt man also nun die angebliche Wirkung? In der Quantenmechanik gibt es ein Phänomen das sich “Verschränkung” nennt. Unter bestimmten Umständen können hier Elementarteilchen so miteinander “verkuppelt” sein, dass sie nie als getrenntes System betrachtet werden können – auch wenn die beiden Teilchen tausende Kilometer voneinander entfernt sind, beeinflussen sie sich gegenseitig immer noch.
Genau das, behauptet Harald Walach, findet auch bei der Homöopathie statt. Die heilende Information des Wirkstoffes wird irgendwie mit dem Lösungsmittel verschränkt und deswegen können homöopathische Mittel auch wirken, wenn sich gar kein Wirkstoff mehr drin befindet. (Wer es genauer wissen möchte, kann z.B. in der Ausgabe 3/2006 des Skeptikers eine ausführliche Beschreibung dieser “Theorie” lesen oder hier die Arbeit von Walach direkt runterladen).
Das alles hat natürlich mit echter Quantentheorie herzlich wenig zu tun. Physiker wissen, wie man ganz spezielle verschränkte Teilchen herstellen kann (Photonen mit verschränkter Polarität, Atome mit veschränkten Spin, …) – aber dazu sind auch spezielle technische Apparaturen notwendig. Wenn ich irgendwas einfach mit Wasser verdünne und durchschüttle (das ist das, was die Homöopathen “Potenzierung” nennen) dann wird sich definitiv nichts verschränken! Die Übertragung von quantenmechanischen Effekten die normalerweise nur bei extrem kleinen Teilchen auftreten auf größere Systeme (Moleküle, Zellen, den menschlichen Körper) ist eine sehr knifflige und zwiespältige Angelegenheit. Normalerweise treten bei solchen großen Systemen auch keinerlei quantenmechanische Effekte mehr auf.
Alles bleibt wie es ist
Wie auch immer: die Homöopathen freuen sich jedenfalls, weil sie glauben ihre Therapie wäre nun auf eine solide wissenschaftliche Basis gestellt worden. Und als zusätzlicher Bonus enthebt sie die “generalisierte Quantentheorie” auch noch der Verantwortung, ihre Methoden vernünftig zu kontrollieren. Auch Hofäcker schreibt:
“Somit scheint es diskrete Hinweise dafür zu geben,
dass eine placebokontrollierte HAMP nicht zu dem gewünschten Erfolg
führen kann, Placebosymptome von spezifischen Arzneiwirkungen zu
isolieren. Analog der generalisierten Quantentheorie kann es zum
Auftauchen von Verumsymptomen in der Placebogruppe kommen”
Tja, placebokontrollierte Studien funktionieren eben bei der Homöopathie einfach nicht – Pech gehabt! Wahrscheinlich würden die Homöopathen ja liebend gern randomisierte und kontrollierte Studien durchführen – aber wenn die Quantentheorie sagt, dass das nichts bringt, dann lassen wirs lieber.
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