Im Rummel um den deutschen Nobelpreisträger Harald zur Hausen ging am Montag eine weitere eigentlich spektakuläre Meldung fast unter: in der Nacht von Montag auf Dienstag kollidierte ein (kleiner) Asteroid mit der Erde!
Ich habe darüber berichtet; unterstützt von Markus Griesser der die ganze Nacht die neuesten Informationen per Kommentar veröffentlichte. Heute, am Tag nach dem Einschlag habe ich mich mal umgesehen, ob es mittlerweile schon neue Erkenntnise und vielleicht sogar Fotos des Ereignisses gibt.
Aber zuerst noch einmal eine kurze Zusammenfassung der Vorgänge der letzten beiden Tage. Am Montag entdeckten Astronomen am Mount Lemmon Observatorium in Arizona einen neuen Asteroiden. Wie üblich werden die Daten an das Minor Planet Center weitergeleitet. Automatisierte Überwachungsprogramme der NASA (JPL Sentry) und der Universität Pisa (neodys) haben daraufhin festgestellt, dass dieser Asteroid in Kürze mit der Erde kollidieren wird! Aus den Beobachtungen konnte man aber auch schliessen dass der Asteroid, der nun die provisorische Bezeichnung 2008 TC3 trug, nur sehr klein ist und keine Gefahr für die Erde darstellen wird. Man berechnete dass die Kollision am Dienstag (7. Oktober) um 3:53 MESZ stattfinden wird.
Nach dem Bekanntwerden dieser Informationen haben Astronomen überall auf der Welt probiert, 2008 TC3 zu beobachten um die vorläufigen Bahndaten verbessern zu können. Durch diese neuen Daten konnte seine Größe genauer bestimmt werden; man schätzt dass der Asteroid zwischen einem und fünf Metern Durchmesser hat. Damit ist auch klar dass er in der Atmosphäre der Erde verglühen und als “Bolide” (eine helle Feuerkugel am Himmel) sichtbar sein wird. Der Zeitpunkt der Kollision wird nun mit 4:46 MESZ angegeben; der vorhergesagte Einschlagsort liegt über dem nördlichen Sudan:
In der Zeit vor dem Einschlag gelang es einigen Astronomen Aufnahmen von 2008 TC3 zu machen. Auf dieser Aufnahme des Observatorio de La Sagra in Andalusien (Spanien) ist der Asteroid als Strich in der Bildmitte zu sehen wie er sich von Westen nach Osten bewegt:
Das Observatorio Nazaret auf Fuertoventura hat sogar ein Video veröffentlicht auf dem der Asteroid zu sehen ist:
Ein Video gibt es auch vom CAST (Circulo AStrofili Talmassons) aus Talmassons in Italien:
Auch S.Korotkiy und T.Kryachko vom Astrotel Observatorium der Kazan State University in Russland haben bewegte Bilder veröffentlicht:
Eric Allen vom Observatoire du Cegep de Trois-Rivieres in Kanada machte ebenfalls eine sehr schöne Aufnahme:
Zwischen den einzelnen Aufnahme die in diesem Bild kombiniert sind liegen nur jeweils 10 Sekunden. Trotzdem bewegt sich der Asteroid schon so schnell, dass man ihn nur noch als gestrichelte Linie sieht.
Dann kam der Einschlag – 20 Stunden nachdem 2008 TC3 entdeckt wurde. Der nördliche Sudan ist nicht wirklich dicht besiedelt und deshalb ist es nicht verwunderlich dass bis jetzt noch keine Bilder von der Feuerkugel aufgetaucht sind. Der Impakt wurde aber mittlerweile bestätigt. Ein Pilot der sich mit einer KLM-Maschine etwa 1400 Kilometer vom vorhergesagten Einschlagspunkt entfernt befand, berichtete dass er kurz vor der erwarteten Einschlagszeit um 4:46 MESZ einen hellen Lichtblitz gesehen hat. Ein anderer Pilot der sich gerade über Europa befand bestätigte diese Sichtung.
Auch seismische Messstationen konnten den Einschlag bestätigen. Peter Brown von der University of Western Ontario berichtete von einer Messung des Kenyian Infrasonic Array das eine Luftwelle aus Richtung des vorhergesagten Einschlagsorts detektierte.
Und schließlich gibt es doch noch ein Bild des Impakts: Der Wettersatellit Meteosat 8 konnte den Feuerball aufnehmen den 2008 TC3 beim Verglühen in der Atmosphäre verursachte:
Nicht ganz so beeindruckend wie man sich das vorgestellt hätte. Aber es wohl leider sehr wahrscheinlich, dass niemand vor Ort war, der ein besseres Bild des Boliden machen konnte.
Ein Bild des Einschlags gibt es auch noch von Eumetsat (Ich bin mir nicht sicher ob das nicht das selbe Bild wie oben ist; nur anders bearbeitet):
Hier ist das Einschlagsgebiet in der Atmosphäre noch einmal vergrößert – man erkennt deutlich die höheren Temperaturen die durch Gelb- und Rottöne angezeigt werden:
Anhand aller vorhandener Daten weiß man nun, dass am 7. Oktober 2008 um 02:45:45 Greenwich Mean Time (oder 04:45:45 MESZ) ein etwa drei Meter großer Asteroid über dem nördlichen Sudan in der Erdatmosphäre verglühte und dabei eine Explosion mit einer Energie von 0.9 bis 1 Kilotonnen TNT erzeugte.
Das ist genaugenommen kein besonderes Ereignis. Asteroiden dieser Größe treffen die Erde ein paar Mal pro Jahr und die entsprechenden Boliden werden oft auch registriert. Das außergewöhnliche an 2008 TC3 ist, dass sein Einschlag vorhergesagt worden ist! Das internationale Netzwerk aus Profi- und Amateurastronomen die ständig auf der Suche nach potentiell gefährlichen Asteroiden sind; die Organisation der Beobachtungen über das Minor Planet Center; die Berechnungen der Einschlagswahrscheinlichkeiten von neodys und JPL Sentry – all das hat wunderbar funktioniert. Innerhalb von 19 Stunden wurden 570 Beobachtungen von 26 verschiedenen Observatorien gemacht. Das Minor Planet Center hat 24 MPECs (Minor Planet Electronic Circulars) herausgegeben.
2008 TC3 war nur ein sehr kleiner Asteroid. Deswegen hat auch nie irgendeine Gefahr für die Erde bestanden. Zwischen Entdeckung und Einschlag lagen aber nur 20 Stunden. Wäre der Asteroid groß genug gewesen so dass man mit einem Einschlag am Erdboden rechnen hätte müssen, wäre das vermutlich viel zu wenig Zeit gewesen um grundlegende Rettungs- bzw. Evakuierungsarbeiten durchzuführen (und an eine Verhinderung des Einschlags ist in dieser kurzen Zeit sowieso nicht zu denken). Ein größerer Asteroid wäre allerdings auch heller und vermutlich (hoffentlich!) früher entdeckt worden.
Wir haben auf jeden Fall gesehen dass das System funktioniert. Das ist nicht zuletzt auf die Arbeit vieler Amateurastronomen zurückzuführen die überall auf der Welt ihre Freizeit opfern um auf die Suche nach Asteroiden zu gehen. Dieser Vorfall sollte aber auch den Politiker zu denken geben. Präsidentschaftskandidat McCain hat ja z.B. schon sein Missfallen gegenüber Planetarien ausgedrückt – die er als “foolishness” (Unsinn) bezeichnet hat – und für die er in Zukunft gerne kein Geld mehr ausgeben wollen würde. Bei so einer Einstellung steht zu befürchten dass er auch bei Beobachtungsprogrammen an Sternwarten Einsparungspotential sieht.
Gestern haben wir (wieder einmal) vor Augen geführt bekommen, dass Asteroiden tatsächlich mit der Erde kollidieren! Nicht nur in der Vergangenheit – auch in der Zukunft werden Kollisionen stattfinden. Und nicht immer werden die Brocken harmlos in der Atmosphäre verglühen (und im Gegensatz zum LHC hätte so ein Impakt unter Umständen tatsächlich das Potential die Menschheit zu vernichten). Die Möglichkeit, rechtzeitig über einen gefährlichen Einschlag Bescheid zu wissen und ihn vielleicht sogar zu verhindern sollte uns ein bisschen Geld Wert sein!
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