Wie verhält man sich als Wissenschaftler, wenn man mit Pseudowissenschaft oder Esoterik konfontiert wird? Soll man so was einfach ignorieren? Gar nicht drauf eingehen? So tun, als gäbe es das nicht?
Wer mein Blog schon länger liest, wird wissen, dass ich hier anders denke. Hier wurde oft, lange und heftig über Homöopathie, Astrologie, Verschwörungstheorien und anderen Unsinn diskutiert. Natürlich besteht immer die Gefahr, dass man so Leuten eine Bühne bietet, die diese eigentlich gar nicht verdient hätten. Das Internet bietet ja sowieso genug Raum für jede noch so absurde Idee – da muss man das doch nicht auch noch unter dem Label “ScienceBlogs” abhandeln, oder?
Doch – muss man! Will man Wissenschaft und Wissenschaftlichkeit vermitteln, dann gehört dazu nicht nur, über die Schönheit und Faszination z.B. der Astronomie zu berichten. Dann muss man auch das thematisieren, was diese Schönheit und Faszination direkt angreift! Dann muss man Pseudowissenschaft, Esoterik und Wissenschaftsfeindlichkeit ansprechen.
Den für jemanden, der mit Wissenschaft nicht so oft zu tun hat, ist es oft nicht auf Anhieb ersichtlich, ob etwas Wissenschaft ist, oder nicht. Homöopathie z.B. hat mit ernsthafter Medizin nicht viel zu tun und ist nichts anderes, als alter Aberglaube in modernem Gewand. Gleiches gilt beispielsweise für “Global Scaling“. Beide “Theorien” geben sich aber den Anschein von Wissenschaftlichkeit und z.B. die Homöopathie hat sich mittlerweile schon so in der Gesellschaft festgesetzt, dass die meisten Leute sehr überrascht sind, wenn sie erfahren, dass es sich dabei nicht um seriöse Medizin handelt (und das dann auch meistens gar nicht glauben wollen).
Insofern ist es also von großer Bedeutung, dass hier klar ausgesprochen wird, um was es sich handelt. Tut man das, sieht man sich aber meist schnell in hitzige Diskussionen mit den Anhängern der jeweiligen “Theorie” verwickelt. Und die sind meistens extrem anstrengend und unbefriedigend. Ein schönes Beispiel ist die aktuelle Diskussion um die “Mondlandungslüge“.
Solche Leuten wollen dann meistens nicht diskutieren, sondern missionieren.
Einen überzeugten Anhänger einer Pseudowissenschaft, einer Verschwörungstheorie oder einer esoterischen Richtung durch Gespräch oder Argumentation überzeugen zu wollen, ist so gut wie unmöglich. Wer an etwas glaubt – und an solche Dinge kann man eben nur glauben, weil sie keine Basis in der Realität haben – der ist sowieso nicht auf Fakten und Beweise angewiesen. Dann müsste man ja auch nicht glauben.
Warum tut man sich dann solche Diskussionen an? Hmm – ich mache das, weil man ja vielleicht doch irgendwann mal Erfolg hat. Ganz selten schafft man es eben doch, zu solchen Gläubigen durchzudringen. Und dann gibt es ja nicht nur Diskutanten – sondern auch viel mehr Leute, die die Artikel und die Kommentare einfach nur lesen, ohne sich selbst beteiligen zu wollen. Und für die bieten solche Diskussion nochmal zusätzliches Material, um die Gültigkeit und Glaubwürdigkeit der jeweiligen pseudowissenschaftlichen “Theorien” zu beurteilen. Die meisten Gläubigen entlarven sich nämlich im Zuge einer Diskussion sehr schnell und demonstrieren, dann sie keine echten Argumente liefern können.
Ein zweite wichtige Frage ist die folgende: wie weit soll/kann man sich von Pseudowissenschaften und Esoterik instrumentalisieren lassen? Sollen Wissenschaftler sich z.B. an Veranstaltungen von Esoterikern beteiligen um so vielleicht ein ausgewogene Diskussion gewährleisten zu können? Oder verleiht man der Veranstaltung dadurch erst Recht eine Glaubwürdigkeit, die sie nicht hat?
Ein gutes Beispiel für dieses Dilemma war die grauenhaft schlechte “UFO-Show” von Uri Geller, die vor einem Monat auf Pro 7 ausgestrahlt wurde. Diese Sendung war ein Parade-Beispiel für Unwissenschaftlichkeit und esoterischen Unsinn. Trotzdem trat in dieser Sendung der Astronom Heino Falcke auf, Professor für Radioastronomie an der Universität Nijmegen.
Für diesen Auftritt wurde er von vielen Kollegen (unter anderem von mir) kritisiert. Auf seiner Homepage äußert er sich dazu:
“Zumindest
unser Part würde ein einfaches Demonstrationsexperiment geben, ohne
Manipulationen, Fakes, oder Raum für mystische Spekulationen. Wer weiß, wie manche
Fernsehshows gemacht werden, versteht,
dass das nicht selbstverständlich ist. Es sollte zumindest eine kleine “Ecke
der Vernunft” in der Sendung geben.
Darüberhinaus bin ich überzeugt, dass sich Wissenschaftler
auch in solchen Sendungen nicht zu verstecken brauchen oder sich eine
“Igittigitt”-Haltung zulegen müssen.”
Prinzipiell kann ich hier zustimmen. Das entspricht im Wesentlich dem, was ich weiter oben selbst geschrieben habe. Man muss aber doch realistisch genug sein, um einschätzen zu können, ob diese Ansprüche auch umgesetzt werden können. Die Sendung auf Pro-7 wurde von Uri-Geller (mit)moderiert. Als Gäste waren u.a. Nina Hagen und Erich von Däniken geladen. Ein “Experte” für Kristallschädel tritt auf. Man sendet eine Nachricht an Außerirdische und wartet – ungeachtet der wissenschaftlichen Unmöglichkeit – während der Sendezeit auf eine Antwort. Bei so einem Sendekonzept und den Teilnehmern, hätte jedem klar sein müssen, dass hier nicht der geringste Anspruch an Wissenschaftlichkeit zu erwarten sein wird.
Wenn man dann als Wissenschaftler in die Sendung gehen kann, um klar und deutlich zu sagen, dass das was hier gemacht wird, in keinster Weise seriös und schon gar nicht wissenschaftlich ist, dann ist das in Ordnung! Das wäre eine wichtige und gute Sache gewesen. Aber so etwas wird wohl kaum stattfinden – Pro-7 wird ja kaum seine eigene Sendung schlechtmachen.
Und so wirkte leider auch der Auftritt von Heino Falcke in keinster Weise ausgleichend – von einer “Ecke der Vernunft” war nichts zu sehen. Natürlich: Prof. Falcke hat in dieser Sendung nichts gesagt oder getan was falsch/unwissenschaftlich gewesen wäre. Er hat ein paar Messungen durchgeführt, ein paar Diagramme und Bilder gezeigt (man kann das auf seiner Homepage nachlesen). Aber außer der Aussage, dass er UFOs für “ziemlich ausgeschlossen” hält, war keine Kritik zu hören. Ein unbedarfter Zuschauer musste zu dem Schluß kommen, dass die Sendung vielleicht doch nicht so absurd und unseriös war, wie sie wirkte. Immerhin hat doch ein echter Professor mitgemacht! Und wenn das alles nur Blödsinn wäre, wäre der ja gar nicht erst gekommen, oder? Durch seinen Auftritt in der Sendung hat Heino Falcke ihr leider eine Glaubwürdigkeit verliehen, die ihr absolut nicht zukommt.
Prof. Falcke schreibt weiter:
“Ich habe versucht mir anzugewöhnen allen diesen Menschen mit
Respekt zu begegnen, ihnen zuzuhören und Rede und Antwort zu stehen anstatt sie
arrogant abzublocken. Das kann schon mal emotional anstrengend sein, besonders
wenn man die Meinung des Gegenübers nicht teilt und man mit sehr wilden
Aussagen überschüttet wird. Manchmal kann das dazu führen, dass man wie Herr Bublath einfach
die Flucht ergreift.”
Erst mal würde ich sagen, dass es zwischen “Rede und Antwort stehen” und “arrogant abblocken” noch einige Zwischenstufen gibt. Ich würde auch nicht sagen, dass Joachim Bublath in der “Maischberger”-Sendung die “Flucht ergriffen hat”. Er hat meiner Meinung nach das getan, was in dieser Situation angebracht war: klar und deutlich kund getan, dass an dieser Diskussionsrunde nichts Wissenschaftliches mehr ist und daher auch keine sinnvolle Möglichkeit für ein Wissenschaftler, sich zu beteiligen.
Diese Frage lässt sich wohl nicht so einfach beantworten, Als Wissenschaftler hat man in den Medien immer noch eine gewisse Glaubwürdigkeit. Und damit sollte man sehr sorgfältig umgehen!
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