“Astrologie ist Unsinn” – diese Überschrift dürfte wohl die meisten der Leserinnen und Leser wenig überraschen. Dass Astrologie nichts anderes ist, als esoterischer Aberglaube und dass es damit nicht möglich ist, irgendetwas vorherzusagen, wurde in der Vergangenheit schon oft genug dargelegt.
Auch hier in meinem Blog wurde über dieses Thema schon oft diskutiert. Ich habe mich trotzdem entschieden, nochmal einen eigenen Artikel dazu zu schreiben. Astrologie passt ganz gut zum Jahresanfang – da findet man ja Prognosen und Vorhersagen überall. Außerdem ist es als Referenz für später ganz praktisch, wenn ich meine Meinung zur Astrologie einmal ordentlich aufschreibe.
Eine ausführliche Kritik der Astrologie würde ganze Bücher füllen. Deswegen werde ich mich notgedrungen auf bestimmte Aspekte beschränken müssen. Ich möchte außerdem gar nicht auf konkrete Details eingehen. Das würde nur dann funktionieren, wenn die Astrologie in sich konsistent wäre und wenn sich die Astrologen darauf einigen könnten, was alles Astrologie ist, und was nicht. Die Astrologie ist allerdings kein organisiertes, zusammenhängendes Gedankengebäude (wie es beispielsweise eine Wissenschaft wäre). Je nach Region und Erdteil gibt es die unterschiedlichsten astrologischen Lehren. Und auch innerhalb der einzelnen Richtungen gibt es verschiedenste Schulen, die die Sterndeutung unterschiedlich praktizieren.
Genauso wenig konnten sich die Astrologen bis heute noch auf eine “Theorie” einigen, die beschreiben würde, wie eigentlich Astrologie funktioniert. Es existiert also kein einheitliches theoretisches Fundament und es existiert keine einheitliche Praxis in der Astrologie. Im Prinzip kann jeder Astrologe selbst entscheiden, wie und auf welche Art und Weise er Astrologie betreiben möchte (siderischer oder tropischer Tierkreis, Wahl des Häusersystems, äquale oder inäquale Häuser, usw). Wegen dieser Beliebigkeit macht es wenig Sinn, die Kritik an der Astrologie an einzelnen Details aufzuhängen.
Ich möchte mich daher zuerst einmal auf die allen astrologischen Richtungen zugrundeliegenden Gemeinsamkeiten beschränken.
Der Einfluß der Himmelskörper
Egal welche Auslegung der Astrologie benutzt wird – die zugrunde liegende Voraussetzung ist immer gleich: Aus der Position der Himmelskörper lassen sich konkrete Informationen für und über das Leben der Menschen auf der Erde gewinnen. Ob die Himmelskörper uns Menschen nun direkt (auf welche Art und Weise auch immer) beeinflussen oder ob sie nur “Meßgeräte” sind, an denen sich unser Schicksal ablesen lässt, ist vorerst nicht wichtig. Auch so zeigt sich, dass die astrologischen Lehren völlig widersprüchlich sind und nicht funktionieren können.
Dass die Himmelskörper keine tatsächliche Kraft ausüben, die uns Menschen in unserem Handeln beeinflusst, lässt sich so einfach widerlegen, dass ich hier gar nicht näher darauf eingehen möchte. Wer will, kann darüber einen sehr guten Artikel bei Bad Astronomy lesen.
Aber viele Astrologen haben ja sowieso eine andere Sicht der Dinge, und behaupten, aus der Stellung der Planeten zu einem bestimmten Zeutpunkt lassen sich relevante Informationen über den Charakter einer Person ablesen oder sonstige Erkenntnisse gewinnen. Diese Behauptung ist erstmal nicht völlig absurd. Es könnte ja vielleicht wirklich irgendeine Art von übergeordneten Prozess geben, der sich sowohl auf die Position der Himmelskörper auswirkt als auch auf unser menschliches Leben (Dieses Prinzip des “wie oben, so unten” ist ja in der Esoterik weit verbreitet).
Untersucht man das Problem weiter, zeigt sich allerdings schnell, dass diese Position nicht haltbar ist. Sollte sich aus der Position der Himmelskörper wirklich irgendeine Information über unser Leben ablesen lassen und sollte die Astrologie wirklich die Methode sein, mit der sich diese Informationen gewinnen lassen, dann würde man erwarten, dass sie einen entsprechenden Satz an konkreten Regeln besitzt, die dazu verwendet werden können.
Völlige Beliebigkeit
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als gäbe es diese Regeln in der Astrologie auch. Je nach Position der Planeten in den Häusern bzw. je nach den Aspekten zwischen den einzelnen Himmelskörper erkennt der Astrologe bestimmte Zusammenhänge. Auf den zweiten Blick zeigt sich allerdings eine enorme Beliebigkeit der astrologischen “Gesetze”. Dass es teilweise große Unterschied in der Definition und Deutung der Häusersysteme bzw. der Interpretation des Horoskops gibt, habe ich schon weiter oben erläutert. Aber selbst, wenn man zu den Fundamenten der Astrologie geht, zeigt sich, wie beliebig diese Lehre ist.
In der klassischen, antiken Astronomie war die Stellung der 7 damals bekannten “Planeten” von großer Bedeutung. Das waren neben Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn auch Mond und Sonne. Andere Himmelskörper (ausgenommen Sterne und einige Kometen) waren damals mit freiem Auge auch nicht zu sehen.
Später, als weitere Planeten (Uranus, Neptun, Pluto) entdeckt wurden, bezogen einige Astrologen auch diese in ihre Horoskope ein. Es gibt auch Astrologen, die für ihre Horoskope einige der größeren Asteroiden (z.B. Ceres oder Chiron) benutzen. Und einige benutzen sogar die Position von “Himmelskörpern” die gar nicht existieren (Cupidos, Kronos, Admetos, Vulkanus,…).
Hier stellt sich sofort eine Frage, die mich schon immer beschäftigt hat: Woher wissen die Astrologen, welche Himmelskörper sie für ihre Horoskope berücksichtigen müssen und welche nicht? Die physikalischen Eigenschaften der Planeten können ja offensichtlich keine Rolle spielen. Der Riesenplanet Jupiter ist für die Erstellung eines “korrekten” Horoskops genauso wichtig wie der kleine Mars. Der weit entfernte Saturn ist von gleicher Bedeutung wie die erdnahe Venus. Der Mond der Erde darf nicht ignoriert werden; genauso wenig wie die riesengroße Sonne.
Aber warum berücksichtigen Astrologen z.B. nur den Mond der Erde und nicht auch z.B. Ganymed, ein Mond des Jupiter (und größer als unser Erdmond)? Warum wird die Sonne berücksichtigt und nicht einer der tausenden anderen Sterne, die wir von der Erde aus am Himmel sehen können?
Und besonders absurd wird es, wenn man von der klassischen Astrologie zu den diversen modernen Formen blickt. Dort ist z.B. Pluto ein wichtiges Objekt. Pluto ist aber absolut nichts Außergewöhnliches – er ist ein größerer Asteroid (nichtmal der größte) des Kuiper-Asteroidengürtels. In der Nähe des Pluto gibt es eine ganze Gruppe von Asteroiden (die Plutinos) – warum können die alle vernachlässigt werden, aber Pluto nicht?
Und was ist mit den hunderttausenden bekannten Asteroiden im Hauptgürtel zwischen Mars und Jupiter; mit den tausenden Asteroiden in der Nähe der Erde (siehe Bild links)? Wieso haben die alle keine Auswirkung auf das Horoskop? Wieso wissen Astrologen, dass z.B. “Mars das siebte Haus beherrscht“, wenn zu jedem Zeitpunkt jedes astrologische Haus voll ist mit tausenden Himmelskörpern aller Art? Und dann gibt es ja noch jede Menge extrasolarer Planeten…
Natürlich kann man diese Frage aus historischer Sicht leicht beantworten. Die Astrologen halten genau jene Objekte für wichtig, die in irgendeiner Hinsicht “prominent” sind. Das waren zuerst natürlich die Planeten, die mit freiem Auge sichtbar waren. Hier könnte man noch halbwegs esoterisch-logisch argumentieren, dass eben diese Himmelskörper wichtig sind, weil wir sie sehen können. Was wir nicht sehen können, hat keinen Einfluß auf uns.
Aber seit vor 400 Jahren das Teleskop erfunden wurde, wissen wir, dass die 5 antiken Planeten nur einen winzigen Ausschnitt unseres Sonnensystems darstellen (und einen vernachlässigbaren kleinen Teil des gesamten Universums). Mittlerweile haben die Astrologen wirklich Probleme, zu erklären, warum Pluto wichtig ist, aber nicht z.B. Ixion. Warum hat der Asteroid Ceres Einfluß auf das Horoskop, aber nicht z.B. die Asteroiden (165347) Philplait oder (153298) Paulmyers?
Erklärungen
Der scheinbar “wissenschaftliche” Anstrich der Astrologie, mit all ihren Regeln und Gesetzen ist also nichts weiter als Fassade. Dahinter steckt eine gewaltige Beliebigkeit. Das Horoskop bietet nur eine Projektionsfläche, die der Astrologe dazu nutzen kann, frei über bestimmte Themen zu fabulieren. Ein Zusammenhang mit der Realität besteht nicht (Die Stellung der Planeten im Horoskop entspricht auch in den seltensten Fällen der Stellung der Planeten am Himmel – aber das ist wieder eine andere Geschichte).
Mir ist natürlich klar, dass sich kein überzeugter Astrologe von meinen Ausführungen beeindrucken lässt. Wahrscheinlich wird mir vorgeworfen, ich würde Astrologie nicht verstehen. Und wahrscheinlich gibt es auch wunderbar-absurde Erklärungen, warum bestimmte Objekte verwendet werden und andere nicht. Ich nehme an, dass sich die Himmelskörper den Astrologen auf geheimnisvolle Art und Weise”aufdrängen” und deswegen auch nur genau die verwendet werden, die wichtig sind (so wie sich die Babys ja angeblich einen Geburtszeitpunkt “aussuchen”, der ihrem Charakter entspricht). Und wenn die Menschheit wieder mal in ein neues Zeitalter eintritt, dann werden sich sicher die entsprechenden neuen Himmelskörper präsentieren.
Außerdem, so wird sicher argumentiert werden, sieht man doch, das Astrologie funktioniert! So viele zufriedene Kunden, so viele passende Erklärungen – das muss doch richtig sein, oder?
Naja – nicht wirklich. Wie die Astrologie selbst, sind auch Auslegung des Horoskops und die entsprechenden Texte völlig beliebig. Wenn es um nachträgliche Analysen geht (etwas, dass Astrologen gerne machen), dann kann man aus dem gewaltigen Arsenal an astrologischen Möglichkeiten immer etwas finden, das schon Bekanntes bestätigt. Und wenn es um Vorhersagen geht, sorgt der Barnum-Effekt für eine garantierte Trefferquote. Diese Texte sind immer so allgemein halten, dass sich jeder in ihnen wiedererkennt. Daher ist es auch kein Wunder, wenn astrologische “Analysen” immer passend sind. Das liegt einfach daran, dass jeder Text passend ist. Es wurde schon oft gezeigt, dass Menschen nicht in der Lage sind, zwischen einem persönlich für sie erstellten Horoskop und einem anderen zu unterscheiden (diese psychologische Seite der Astrologie wäre eigentlich einen eigenen Artikel wert).
Wie gesagt – ich weiß, dass sich ein überzeugter Gläubiger von meinen Ausführungen nicht beeinflussen lassen wird. Aber vielleicht regt dieser Text manche Menschen ein bisschen zum Denken an. Und ich würde mich wirklich freuen, wenn mir Astrologen die oben gestellte Frage beantworten können: Warum haben manche Himmelskörper eine Bedeutung für das Horoskop und manche nicht? Wie findet man heraus, welche wichtig sind, und welche nicht?
Nachtrag 17.01.2009: In diesem Artikel habe ich die folgende sehr lange Diskussion ein bisschen zusammengefasst.
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