...dann hat sie vielleicht ein anderer Planet aufgehalten.
Das sich die Planeten nicht so exakt bewegen, wie ein Uhrwerk, wissen wir spätestens seit den Arbeiten von Henri Poincaré aus dem Jahr 1889. Die Störungen im scheinbar regelmäßigen Ablauf der Planetenbewegung können aber durchaus auch praktisch sein: nämlich dann, wenn man neue Planeten entdecken will.
Wie man Planeten findet
Will man außerhalb unseres Sonnensystems neue Planeten entdecken, dann muß man kreativ sein. Eine direkte Beobachtung ist extrem schwierig und funktioniert nur selten. Die Astronomen haben sich daher die verschiedensten Methoden für einen indirekten Nachweis von Exoplaneten ausgedacht. Bisher am erfolgreichsten war die Radialgeschwindigkeitsmethode, bei der man die Tatsache ausnützt, dass ein Stern ein klein wenig "wackelt", wenn er von einem Planeten umkreist wird. Aber auch die Transitmethode wird immer wichtiger.
Hier beobachtet man die Helligkeit der Sterne und misst, ob die sich verändert. Das tut sie natürlich so gut wie immer - kaum ein Stern hat immer exakt konstant die selbe Helligkeit. Aber interessant wird es immer dann, wenn sich die Lichtmenge periodisch ändert. Wenn das passiert, ist es erstmal wahrscheinlich, dass man einen veränderlichen Stern entdeckt hat. Es gibt verschiedenste Gründe, warum sich die Helligkeit eines Sterns periodisch ändert - manchmal sind es interne Vorgänge (z.B. Pulsationsveränderliche), manchmal aber auch externe Gründe wie z.B. bei den Bedeckungsveränderlichen. Da umkreisen sich 2 Sterne gegenseitig und mal bedeckt der eine anderen, mal der andere den einen. Und dadurch ändert sich natürlich die Gesamthelligkeit, die wir auf der Erde beobachten können.
Aber manchmal hat man Glück. Manchmal beobachtet man nur eine ganz kleine, periodisch auftretende Helligkeitsveränderung. Man sieht, wie eine Stern für kurze Zeit dunkler wird, seine Helligkeit verringert sich dabei vielleicht nur um Bruchteile eines Prozent (alleine, das wir so etwas mittlerweile messen können, ist eine geniale Leistung!). Natürlich gibt es immer noch mehrere Möglichkeiten, zu erklären, was man hier beobachtet: aber vielleicht war es ein extrasolarer Planet!
Wenn das Planetensystem des fremden Sterns zufälligerweise gerade so orientiert ist, das wir von der Erde aus genau auf dessen "Kante" sehen, dann kann es vorkommen, dass ein Planet genau in unserer Sichtlinie vor dem Stern vorbeizieht. Dabei verdeckt er ein winziges Stückchen der Sternenscheibe und es gelangt weniger Licht zu uns. Und das kann man messen!
Hier ist ein Beispiel für so eine Entdeckung beim Stern HD 209458:
Man sieht deutlich, wie während des Transits die Helligkeit des Sterns absinkt. Die animierte Lichtkurve zeigt übrigens echte Messwerte; die Simulation des Planetentransits darüber ist natürlich nur eine künstlerische Darstellung - so etwas kann man in Wirklichkeit nicht beobachten!
Aus Lichtkurven werden Planeten
Aus diesen Lichtkurven kann man die Parameter des Planeten bestimmen. Das ist absolut nicht trivial. Um aus der Helligkeitsänderung eines Sterns auf Bahn und Masse eines ihn umkreisenden Planeten zu schließen, muss man sehr komplexe Analysen durchführen und viel mit Modellen und Simulation arbeiten (Ludmila hat ein bisschen was darüber geschrieben).
Dafür ist es wichtig, den Transit nicht nur einmal, sondern möglichst oft zu beobachten. Je mehr Daten man hat, desto genauer werden die Analysen. Natürlich ist das schwierig - denn das bedeutet, dass man das Teleskop genau im richtigen Augenblick auf den Stern richten muss. Aber dann regnet es vielleicht gerade. Oder der Transit findet nicht in der Nacht, sondern am Tag statt. Oder ein Kollege braucht das Teleskop für seine wichtige Forschung. Aber irgendwann (meist viele Monate später) hat man es dann geschafft und ausreichend Daten zusammengetragen. Einer der Parameter, die man dann möglichst genau bestimmen möchte, ist die Umlaufzeit des Planeten. Dazu muß man z.B. den Zeitpunkt, an dem der Planet exakt in der Mitte vor dem Stern steht, möglichst genau bestimmen (an der Kurve oben sieht man schon, wie schwierig das werden kann).
Macht man diese Art der Analyse, und hat man genügend gute Daten, dann kann man die Periode des Planeten und den Transitzeitpunkt oft mit einer Genauigkeit von Minuten oder Sekunden bestimmen! Und wenn man sehr großes Glück hat, macht man vielleicht noch eine zweite Entdeckung: der Planet ist unpünktlich!
Warum Planeten zu spät kommen...
Der Planet findet sich nicht nach der berechneten Zeit wieder exakt am Ausgangspunkt ein, sondern ein bisschen früher oder später. Was hat das zu bedeuten? Wahrscheinlich, dass der Planet nicht alleine ist. Um diesen Stern kreist noch mindestens ein zweiter Planet und dessen gravitative Störungen verändern die Bahn des beobachteten Planeten ein wenig.
Durch sorgfältige Analysen dieser Variationen der Transitzeit (Transit Time Variations - TTV), kann man nun auch auf die Eigenschaften des zweiten Planeten schließen. Das funktioniert auch, wenn der zweite Planet nicht vor dem Stern vorbeizieht - z.B. weil seine Bahn ein wenig gegenüber der des ersten Planeten geneigt ist. Obwohl wir ihn also rein aus den Helligkeitsschwankungen nicht identifizieren könnten, verraten ihn die Störungen, die er auf den ersten Planeten ausübt, schlußendlich doch (auf ähnliche Art und Weise wurde ja auch der Planet Neptun in unserem Sonnensystem entdeckt).
Unter Umständen lassen sich auf diese Art und Weise sogar Trojanerplaneten entdecken! Es wäre sogar möglich, durch die TTVs herauszufinden, ob ein Exoplanet einen Mond hat!
Bis jetzt wurde noch kein neuer Planet über TTVs eines Transitplaneten entdeckt (ich hoffe, ich täusche mich hier nicht; die Situation bei den Exoplaneten ändert sich ja fast täglich). Aber Beobachter überall auf der Welt sind dabei, diese Methode zu testen und zu nutzen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der erste Planet auf diese Weise gefunden wird!
Auch ich beteilige mich ein bisschen daran. Ich bin zwar kein Beobachter - aber man kann ja auch theoretisch berechnen, wo sich in den Exoplanetensystemen überhaupt zusätzliche Planeten aufhalten könnten und wie dann ihre Auswirkungen auf die Transitzeit eines bekannten Planeten wären. Solche Informationen erleichtern den Beobachtern die Arbeit und ersparen Beobachtungen, die sowieso kein Ergebnis liefern hätten können. Im Moment bin ich gerade dabei, solche Berechnungen durchzuführen - und gespannt, was sich daraus später mal für konkrete Ergebnisse ergeben.
Ich finde es jedenfalls wieder mal faszinierend, was man für vielfältige Informationen aus ein klein wenig Licht extrahieren kann. Wir können die Sterne nicht untersuchen, wie es z.B. Physiker und Biologen bei ihren Forschungen machen können. Wir dürfen die Sterne nur ansehen, "anfassen" ist verboten. Die große Entfernung zu ihren Forschungsobjekten hat die Astronomen in dieser Hinsicht besonders kreativ gemacht. Auch wenn uns von den Himmelskörpern nur ein paar Photonen erreichen, haben wir dennoch ein enorm detailliertes Wissen über sie!
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