In einem meiner letzten Beiträge habe ich postuliert, das Astrologie Unsinn sei. Außerdem habe ich eine (eigentlich einfache) Frage gestellt, die jeder Astrologe schnell beantworten können müsste, wenn an der Astrologie tatsächlich was dran ist.
Mittlerweile haben sich zu diesem Artikel knapp 500 Kommentare angesammelt und die Diskussion ist etwas unübersichtlich geworden. Da sich vermutlich nicht jeder durch den kompletten Kommentarteil kämpfen möchte, möchte ich hier nochmal die wichtigsten Punkte und vor allem die “Antworten” der Astrologen auf meine Frage zusammenfassen.
Ich habe eigentlich nur eine Frage gestellt: Woher wissen die Astrologen, welche Himmelskörper sie für ihre Arbeit berücksichtigen müssen? Es gibt ja keine klare, verbindliche Definition der Astrologie – manche Astrologen verwenden nur die “klassischen” Planeten, die auch in der Antike bekannt waren; manche verwenden auch die später entdeckten Planeten Neptun und Uranus. Manche verwenden Asteroiden (Chiron, Ceres,…) oder Zwergplaneten (Pluto) und manche verwenden Objekte, die gar nicht existieren (Transneptunier). Welche Himmelskörper sind nun also wichtig und warum? Man sollte denken, diese Frage wäre für alle, die ernsthaft Astrologie betreiben, leicht zu beantworten gewesen.
Falsch gedacht… Es dauerte lange, bis sich etwas herauskristallisierte, das annähernd als Antwort durchgehen kann. In der Zwischenzeit postete der Börsenastrologe Hannes Bongard einen Link zu einem Horoskop von Osama bin Laden, in dem mehr Himmelskörper als üblich verwendet wurden und hielt das für eine Antwort. Questico-Astrologe Markus Termin war von Bongards “Antwort” begeistert und erklärte den Lesern, das alle Himmelskörper für das Horoskop wichtig sind. Warum dann allerdings nicht auch immer alle Himmelskörper verwendet werden, wollte er vorerst nicht sagen.
Dann kam länger nichts Neues von astrologischer Seite – solange, bis Kommentator karem die Astrologie als “Geisteswissenschaft” bezeichnet und von “gewissen Energieformen” spricht. Das griff Markus Termin sofort auf. Er wollte mir auf meine Frage zwar immer noch nicht Antworten (weil ich so respektlos war und die Astrologie als Unsinn bezeichnet habe). Ausgehend von karems Kommentar wollte er nun, dass ich zuerst erkläre, was “Geist” ist, bevor er meine Frage beantworten kann. Er schrieb aber auch folgenden verheißungsvollen Satz:
“Es läßt sich natürlich ganz klar und eindeutig sagen, warum und wieso Astrologen welchen Himmelkörper für welche Aussage, ect. heranziehen.“
Es scheint also eine Antwort auf meine Frage zu geben, die noch dazu “klar und eindeutig” ist! Leider durften wir sie (noch) nicht erfahren, weil ich ja die Astrologie beleidigt hatte! Etwas später gab Markus Termin einen weiteren “Hinweis” preis:
“karems Hinweis diesbezüglich ist tatsächlich die einzige Möglichkeit,
Dir Deine Frage nach dem Grund, warum Astrologen sich welche
Himmelskörper und deren Lauf für ihre Horoskope aussuchen, zu
beantworten. Die Antwort selbst ist einfach, die Voraussetzungen sind
aber komplex.”
und ermahnte mich:
“Du benimmst Dich, wie ein Buchhalter, der versucht, ein Gedicht zu verstehen, indem er die Seite ißt.”
Dann griff noch ein weiterer Astrologe in die Diskussion ein: Stefan Arens, der allerdings eine etwas andere Philosophie zu verfolgen schien, als Markus Termin. Er erklärte folgendes:
“Grundsätzlich hat jeder Himmelskörper für die Astrologie eine gewisse
Bedeutung. Die grossen Himmelskörper, das dürfte Ihnen bekannt sein,
erweisen sich als bestimmend für die Verhältnisse in diesem
Sonnensystem, was zum Beispiel Umlaufbahnen angeht. So gut in
Astrophysik und Astronomie bin ich nun nicht bewandert und ich hoffe,
dass ich da nicht falsch liege. Jedenfalls, so erkläre ich mir, warum
die Hauptplaneten in der Astrologie an RANG den Asteroiden überlegen
sind. Die Asteroiden erlauben nur zusätzliche Einblicke, die aber ohne
die Hauptplaneten nicht richtig zu gewichten sind.”
Stefan schien also die Bedeutung der Himmelskörper auf ihre Gravitationswirkung zurückzuführen. Ich habe probiert, ihm zu erklären, warum das keinen Sinn macht – es hat aber leider wenig genutzt.
Stefan hat auch selbst “Forschungen” angestellt, über die astrologische Bedeutung des Asteroiden Chiron – konnte aber leider auch das nicht genauer erklären.
In der Zwischenzeit konnte auch Markus Termin sich nicht durchringen, seine “klare und eindeutige” Antwort bekannt zu geben sondern wollte lieber von mir wissen, wo sich der Mond befindet, wenn ich ihn beobachte.
Stefan ruderte mittlerweile zurück und meinte, nicht die Gravitation sei ausschlaggebend, sondern das “Raumverhältnis”. Seine Erklärung war gespickt mir astronomischen Fehlinformationen – aber am Schluß erklärte er, dass er eigentlich auch keine wirkliche Antwort hat:
“Warum das alles so ist, glauben Sie mir, ich frage mich das seit den ersten Tagen.”
Derweil ärgert sich Markus wieder, dass man nicht geneigt ist, “auf Fragen des menschlichen Bewußtseins erkenntnistheorietisch einzugehen, vermutlich, weil man sie gar nicht versteht”.
Und ohne das gibt es anscheinend keine Antwort auf meine Frage. Meine Aussagen zum Thema “Geist” haben ihm nicht gefallen, auch nicht, dass ich angemerkt hatte, die anwesenden Astrologen hätten erstaunlich wenig Ahnung von Himmelsmechanik, die ja eigentlich die Grundlage der Astrologie ist:
“Die Himmelsmechanik ist nicht die Grundlage der Astrologie, das ist ja
gerade Dein Mißverständnis. Und typisch ist es obendrein. Die
Himmelsmechanik ist die Grundlage der Astronomie, und die ist, mit
Verlaub, ein Werkzeug der Astrologie, die wiederum dem Menschen dient,
wie das alle Wissenschaften eigentlich tun sollten.”
Stefan wollte sich mittlerweile verabschieden und verlinkte zum Abschied auf seine “statistische Forschung” zum Thema Chiron, die angeblich klar nachweist, dass Astrologie funktioniert.
Er ist aber dann doch geblieben und hat noch weiteres (leider wenig konkretes) über den Wirkmechanismus der Astrologie erklärt:
“Und wir müssen annehmen, dass es gewisse Kräfte, Felder und Energien
gibt, die an sich physikalisch nichts bewirken, also nicht beobachtbar
sind wie das Licht, aber dennoch prägend wirken auf die innere Qualität
der Materie und des Bewusstseins”
Andreas Kyriacou hat sich unterdessen der “statistischen Forschung” von Stefan angenommen und nachgewiesen, dass er genaugenommen gezeigt hat, “sich die Horoskope der Schachspieler nicht signifikant von denjenigen der Gesamtbevölkerung unterschieden” – also genau das Gegenteil dessen, was Stefan eigentlich zeigen wollte (leider ohne viel Ahnung von Statistik zu haben).
Auch Markus Termin beschäftigte sich mit der Statistik und brachte die mittlerweile längst widerlegten Untersuchungen von Gauquelin als “Beleg” für die Gültigkeit der Astrologie an. Im Zuge dieses Kommentars fiel auch diese denkwürdige Aussage:
“Wir denken nicht daran, uns unsere heilige Kunst der Astrologie durch
platte Statistik und reinen Materialismus ruinieren zu lassen.”
Eine weitere Astrologin, Maria, meldete sich – leider nur kurz, leider auch ohne Antwort; nur mit dem Hinweis, dass die Wissenschaftler skrupellos, käuflich und narzistisch wären.
Ruth lockerte die Debatte wieder ein bisschen auf und merkte an, dass im Gegensatz zu den Aussagen der Astrologen, die Sterne doch lügen – darüber gibt es sogar wissenschaftliche Arbeiten:
“wer sagt dass die sterne nicht lügen???
“Stars Lie Within Enormous Disk of Dark Matter”
(https://sciencenow.sciencemag.org/cgi/content/full/2008/916/2)
die lügen sogar innerhalb einer riesigen scheibe dunkler materie!!
unglaublich…”
Ein sehr entlarvender Kommentar kam später von Stefan als Reaktion auf die Analyse seiner “statistischen Forschung”:
“wenn das so ist, wie die Statistikentheorie annimmt, dann dürfen auch
solche Tests auf die Astrologie bezogen überhaupt nicht angewendet
werden (um sie zB zu widerlegen)”
Wenn die Statistik die Astrologie zu bestätigen scheint, ist also alles ok. Aber wehe, es läuft schlecht für die Astrologie: dann darf man die Theorie natürlich nicht anwenden 😉
Er hatte auch noch ein paar weitere “Erklärungen” für das Funktionieren der Astrologie:
“Materie ist konzentrierte Energie. E=mc2 bedeutet Energie. Sehr viel Energie.
Die Planeten bewegen sich sehr schnell.Die Sonne entstand nicht aus der Erde. Aber die Erde und alle
Planeten dieses Systems entstanden aus der SONNE. Die Sonne entstand
aus dem anzunehmenden Urknall. Alles hat EINEN Ursprung. Wir sehen zur
Zeit die Expansion, das heisst wir sehen nicht diese Einheit. Wir sehen
wie Erde und Sonne getrennt sind.Ein These ist, dass aufgrund der ursprünglichen Einheit, alles noch
immer zusammenhängt. Das war es, was ich mit Einheit von Raum und Zeit
weiter oben meinte.”
Dann, endlich, kam die “klare und eindeutige” Antwort, die Markus Termin schon seit Tagen angekündigt hatte. Einem Rilke-Zitat folgten knapp 2800 Wörter die vom Mondeinfluss über die pseudowissenschaftlichen Theorien von Emoto und Sheldrake, die Psychologie des C.G. Jung, morphische Resonanzen, Keplers “Harmonia Mundi” (sic), Pythagoras Zahlenmystik, Rudolf Steiners Anthroposophie, der Akasha-Chronik, Wiedergeburt und kosmische Reisen ein Paradebeispiel an esoterischer Schwurbelei darstellt.
Probiert man, ein bisschen Klarheit in diesen Text zu bringen, dann kann man die Antwort auf meine Frage nach der Bedeutung der Himmelskörper folgendermaßen zusammenfassen: Es sind genau die Himmelskörper für das Horoskop wichtig, die auf irgendeine Art und Weise für den Menschen wichtig sind. Dadurch, dass beispielweise die Planeten der Antike immer sichtbar waren, hat sich ihr Schicksal und ihre Bewegung irgendwie mit dem Bewusstsein der Menschen verknüpft (man fragt sich, was dann mit den Fixsternen ist, die man ja auch immer schon am Himmel gesehen hat). Deswegen sind es auch vor allem sie, die wichtig sind, und nicht die vielen Asteroiden und die anderen weniger prominenten Himmelskörper. Auch die später entdeckten Planeten (Uranus, Neptun,…) haben Bedeutung für das Schicksal der Menschen – allerdings endet das Ganze 1977 mit der Entdeckung des Asteroiden Chiron; alle danach gemachten Entdeckung sind nicht mehr so wichtig für das Horoskop (ja, das hat Markus Termin tatsächlich gesagt).
Das war also die große Antwort: Die Astrologen halten diejenigen Himmelskörper für wichtig, die auf die eine oder andere Art und Weise bekannt genug sind. Markus “Erklärung” kam übrigens meiner “Vorhersage” aus dem eigentlichen Beitrag ziemlich nahe:
“Und wahrscheinlich gibt es auch wunderbar-absurde Erklärungen, warum
bestimmte Objekte verwendet werden und andere nicht. Ich nehme an, dass
sich die Himmelskörper den Astrologen auf geheimnisvolle Art und
Weise”aufdrängen” und deswegen auch nur genau die verwendet werden, die
wichtig sind.”
Zum Abschluss wurde die Debatte nochmal ein bisschen lustig, als mich Kommentator human being fragte, ob ich Sex mit einer Astrologin aus ideologischen Gründen ablehnen würde…
Es kam dann noch ein weiterer Astrologe, Andreas, der mit einer Aussage aufhorchen lies:
“Wer nichts über die fraktale Struktur des Raumes versteht, kann sowie so niemals begreifen, warum Astrologie funktioniert.
Alles was ich als Astrologe sagen kann, könnte ich auch aus einem “zufällig” gepflückten Kleeblatt herauslesen.”
Leider hat er seit dem nichts mehr von sich hören lassen – was schade ist, denn mit fraktalen Dimensionen kenne ich mich zufällig recht gut aus.
Markus Termin hat später nochmal eine stark verkürzte Version seiner Erklärung veröffentlicht:
“1. Der Mond beeinflusst nachweislich nicht nur unseren, sondern alle
Wasserkörper der Erde. Florians scheinbare Widerlegung ist Mumpitz. Die
gravitative Wirkung einer Masse wirkt selbstverständlich auf jedes Atom.Dies läßt sich analog auf alle anderen Himmelkörper übersetzen, und
nicht unbedingt für das Wasser, nicht einmal nur in Bezug auf
materielle Dinge.2. Wellen, Energie, Teilchen, oder was auch immer, denn
diesbezüglich gibt es in der Naturwissenschaft noch keine Klarheit, die
in einem bestimmten Winkel aufeinander treffen, wirken entweder
dissonant oder harmonisch, immer jedoch nach bestimmten, vorhersehbaren
Mustern. Diese Muster erklären auch rein materiell die “Wirkung”
astrologischer Aspekte. Auch hier ist die einfachste Analogie das
Wasser.3. Historisch gewachsene Strukturen des Bewußtseins haben für die
Astrologie dieselbe Qualität, wie materielle Strukturen oder Energien.
Diese Strukturen werden von der Astrologie als geometrische Figuren
erkannt, die durch die rhythmische Bewegung der Planeten im Raum
beschrieben wird. Es sind dieselben Strukturen, nach denen alles
Lebendige hier und sonst im Weltall sich formt und bildet. Daher lassen
sich auf dieser Grundlage in Verbindung mit Beobachtung und Erfahrung
Aussagen treffen. Aus genau dem selben Grund werden auch bestimmte
Himmelskörper mit mehr Relevanz von der Astrologie bemerkt, wie andere.
Dies kann sich jedoch historisch ändern.4. Der Mensch lebt als seelisches Wesen im ganzen Kosmos und
inkarniert sich mehr als einmal in einem materiellen Umfeld. Die
Erfahrungen, die er auf anderen und mit anderen Spähren gemacht hat,
bringt er historisch und individuell in sein Bewußtsein mit ein. Durch
die Astrologie kann dies entschlüsselt werden.”
Astrologie lässt sich anscheinend nicht ohne massiven Einsatz von esoterischen Buzzwords erklären. Aber das überrascht mich eigentlich nicht sonderlich.
Die Diskussion endete mit 2 interessanten Ereignissen: Rose schrieb den 5000. Kommentar bei Astrodicticum Simplex und Markus Termin machte eine große Ankündigung:
@christian: “Und jetzt Butter bei die Fische: WAS PASSIERT KONKRET AM 15.11.2009 ??? wichtig für den Wahrsagerscheck.”
Ach so, mein Wort drauf: an diesem Tag werden Sie einsehen, dass an der Astrologie doch was dran ist.
Leider hat er sich nicht dazu herabgelassen, etwas konkreter zu werden – insofern ist diese Ankündigung leider relativ nutzlos.
Das Fazit nach 10 Tagen und 469 Kommentaren: es ist den Astrologen scheinbar nicht möglich, einen vernünftigen Grund anzugeben, warum bestimmte Himmelskörper wichtig für die Astrologie sind und andere nicht. Die meisten Astrologen konnten überhaupt keine Erklärung abgeben; Stefans Antworten standen meistens in direktem Widerspruch zur beobachteten Realität und Markus Erklärungen machen nur in einer höchst esoterischen Welt Sinn, in der Vernunft und Realität keine Bedeutung haben.
Trotz allem war es eine interessante Diskussion. Auch wenn man nicht viel neues über die Astrologie gelernt hat, hat sie zumindest ein bisschen Licht auf die Welt geworfen, in der Esoteriker und Astrologen leben.
P.S. Auch hier wurde über dieses Thema diskutiert. Um die eh schon lange Zusammenfassung aber nicht noch länger zu machen, verzichte ich auf entsprechende Berichte:
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