Es gibt aber auch einige bekannte Systeme, bei denen die Sterne sehr nahe bei einander stehen. Ein Beispiel dafür ist der Stern Gamma Cephei: Die beiden Sterne Gamma Cephei A und Gamma Cephei B sind 20 Astronomische Einheiten voneinander entfernt – also in etwa so weit, wie der Uranus von unserer Sonne entfernt ist. Um den Stern A kreist noch ein Planet: er ist fast zweimal so groß wie Jupiter – aber nur 2 Astronomische Einheiten vom Stern entfernt. Dieses System haben meine Kollegen von der Unisternwarte Wien und ich untersucht und gefunden, dass hier trotzdem noch Platz für einen weiteren Planeten wäre. Und das auch noch in der habitablen Zone – also jenem Bereich um einen Stern, in dem die Temperaturen auf der Oberfläche eines Planeten genau passend wären, um Leben entstehen zu lassen.

HD 41004 A

Ein anderes schönes Beispiel ist der Stern HD 41004 A. Hier ist die Situation besonders verwickelt. Erstmal ist da ein Stern; etwas kleiner als die Sonne. Zu diesem Stern ein anderer, noch kleinerer Stern. Der erste Stern wird von einem Planeten umkreist; der zweite von einem braunen Zwerg (das nennt man “hierarchisches Quadrupel-System”). Die beiden Sterne sind wieder etwa 20 Astronomische Einheiten voneinander entfernt (so wie bei Gamma Cephei). Weil die Masse des zweiten Sterns aber recht klein ist und der Planet sich sehr nahe am ersten Stern befindet (er ist knapp 1,3 Astronomische Einheiten von ihm entfernt; vergleichbar mit der Entfernung des Mars von der Sonne), ist sein Einfluss auf die Stabilität der Planetenbahnen relativ gering.

Das sieht man an diesen Bildern recht schön:

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Man sieht hier folgendes: auf der x-Achse ist der Abstand vom ersten Ersten Stern aufgetragen (in Astronomischen Einheiten). Der gezeigte Bereich stellt übrigens gerade die habitable Zone von HD 41004 A dar. Auf der y-Achse sieht man die Inklination – also die Neigung der Bahn eines Himmelskörpers gegenüber einer Referenzebene. Für jeden Punkt in diesem Gitter aus Werten von Abstand und Inklination haben wir nun berechnet, ob ein eventueller Planet, der eine Bahn mit entsprechendem Abstand und entsprechender Bahnneigung hätte, stabil bleiben würde oder nicht. Die Stabilität der Bahn ist durch die Farben angezeigt: Kombinationen aus Abstand und Bahnneigung, die stabile Bahnen liefern, sind in rot/orange/gelb eingezeichnet; je grüner/blauer/violetter, desto instabiler bzw. chaotischer werden die Bahnen. Und schließlich sieht man links das Bild, das sich ergibt, wenn man den gravitativen Einfluss des Begleitsterns berücksichtigt und rechts das Bild, das man bekommt, wenn man den Begleitstern einfach ignoriert.

Man erkennt zwar Unterschiede – aber qualitativ sind die Bilder gleich. Auf der linken Seite (also dort, wo der zweite Stern noch berücksichtigt wurde) sind die sg. Mean-Motion-Resonanzen etwas deutlicher ausgeprägt (das sind die blau/violetten instabilen Streifen, die senkrecht durchs Bild verlaufen). Diese Instabilitäten werden etwas geringer, wenn der zweite Stern ignoriert wird.

Man sieht aber trotzdem, dass in beiden Fällen genügend Bereiche übrig sind, in denen sich zusätzliche Planeten auf stabilen Bahnen in der habitablen Zone bewegen können. Das heißt nicht, dass dort auch noch Planeten sein müssen! Aber wenn sie dort sind, und wenn sie klein genug wären, um erdähnlich zu sein, dann könnte sich dort ganz vielleicht sogar Leben entwickeln. Und das wäre sicherlich interessant, in einem System, in dem es nicht nur einen Stern gibt, sondern gleich zwei (und noch einen braunen Zwerg dazu).


Ähnliche Artikel: Wenn Planeten unpünktlich sind, Chaos im Sonnensystem, Seltsame Welten: Trojanerplaneten, Seltsame Welten: Wechselplaneten, Seltsame Welten: Sitnikovplaneten, Erdnahe Asteroiden und das Chaos, Erdnahe Asteroiden und Fuzzy Logic

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Kommentare (6)

  1. #1 chris
    5. Februar 2009

    Wieso erfährt man über solche Dinge eigentlich nur im Internet und dort vor allem in der Blog- Szene? Ich interessiere mich ja an und für sich (und auch durch meinen familiären Hintergrund ^^) mehr für Astronomie als der Normalsterbliche, aber außer dem einen oder anderen sehr populärwissenschaftlichen Beitrag im TV und der einen oder anderen Falschmeldung in “Zeitungen” wie BILD oder Krone gibt es keine Informationen über astronomische Neuigkeiten, solange es nicht unbedingt massentaugliche Meldungen (ISS, Shuttleflüge, Bilder aus unserem Sonnensystem) betrifft.

    Umso besser, wenn man sich hier weiterbilden kann, denn ehrlich gesagt finde ich es schön das eine oder andere Thema, das ich aus Romanen und/oder SciFi Serien kenne (Wie auch die Mehrstern- Thematik) hier behandelt wird.

  2. #2 Florian Freistetter
    5. Februar 2009

    @chris: Tja, ich wär ja sofort für eine große Samstagsabends-Show über Astronomie zu haben 😉 (Wetten Dass wird eh langsam fad…). Aber überzeug mal die Fernsehsender davon…

  3. #3 Schlotti
    6. Februar 2009

    @chris,
    wenn du dich, der du wohl – genauso so wie ich – kein Astronom bist, für Astronomie interessierst, möchte ich dich auf eine weitere Seite aufmerksam machen.
    Die Planetologin Ludmilla hat ebenfalls einen tollen Blog und kann sie das, was sie tut, sehr gut erklären.
    Da bist du so nahe am aktuellen Geschehen dran, wie es nur geht!

  4. #4 Florian B.
    26. Februar 2009

    Vielen Dank für diesen Artikel. Ich befasse mich aus Recherchegründen für ein fiktionales Doppelsternsystem mit der Thematik und wenn ich dabei die Realität schon sehr weit dehne, sollte es doch halbwegs überzeugend bleiben.

  5. #5 Ulrike Flügge
    Borgentreich
    26. Februar 2017

    Hallo
    Unter der Annahme, dass bei Doppelsternen, die sich nah umkreisen, Planeten auf Trojaner- artigen Bahnen um die Lagrange- Punkte L4 und L5 sein könnten, wären diese feststellbar, und wird danach gesucht ?

  6. #6 Florian Freistetter
    26. Februar 2017

    @Ulrike: Ich weiß das man nach Trojanerplaneten sucht bzw. suchen kann – aber da gehts eher um erdgroße Planeten in den Lagrangepunkten von Exogasriesen. Die kann man finden wenn man sich ansieht wie der Stern dunkler wird, wenn die beiden Planeten an ihm vorüber ziehen. Trojanerplaneten von Doppelsternen könnte man ebenso finden – aber ich bin mir nicht sicher, ob es sie gibt. Ich glaube, da haut das Massenverhältnis nicht hin hin. Wenn die beiden Sterne gleich schwer sind, dann sind L4 und L5 nicht stabil.