Alle Jahr wieder… kommt ein Asteroid. Zumindest in die Medien. Vor knapp einem Jahr wurde diskutiert ob der Asteroid Apophis im Jahr 2036 die Welt untergehen läßt. Und heute liest man (ausgelöst durch einen wissenschaftlichen Artikel, der Ende Januar veröffentlicht wurde) überall über den Asteroiden 1999 RQ36. Der soll eventuell in 160 Jahren mit der Erde zusammenstoßen. Müssen wir uns also Sorgen um unsere (Ur)Enkelkinder machen?
Vielleicht… Es besteht tatsächlich eine geringe Chance, dass der Asteroid irgendwann in den Jahren 2169 bis 2199 mit der Erde kollidiert. Zur Zeit befindet er sich auf einer Bahn, die ihn nahe an die Erde heranführt:
Die Bahn von 1999 RQ36 (noch hat er es nicht zu so einem dramatischen Namen wie Apophis gebracht) ist leicht exzentrisch und kreuzt die Umlaufbahnen von Mars und Erde. Es besteht also prinzipiell die Möglichkeit einer Kollision. Solche potentiell gefährlichen Objekte (“PHAs” – potentially hazardous objects) werden von 2 Einrichtungen überwacht: dem “Near Earth Object Program” der NASA und dem NEODyS-Projekt der Universität Pisa.
Die NASA (bzw. NEODyS) gibt dem Asteroiden im Moment eine Kollisionwahrscheinlichkeit von 0.071% Das entspricht einer Trefferquote von 1 : 1410 bzw. einer Chance von 99.929%, dass uns 1999 RQ36 verfehlt. Auf der Palermo-Skala hat der Asteroid einen Wert von P=-1.52. Die Palermo-Skala bewertet das Risiko eines Einschlags und der Wert hängt von der Kollisionswahrscheinlichkeit und der erwarteten Einschlagsenergie ab. Ein Wert von 0 entspricht dem “Hintergrundrisiko” (d.h. dem durchschnittlichen Einschlagsrisiko eines Objekts vergleichbarer Größe). Ein positiver Wert gibt also ein Risiko an, dass größer ist als das Hintergrundrisiko (die Skala läuft logarithmisch. P=1 entspricht also dem 10fachen Risko, P=2 dem 100fachen, usw). Ein negativer Wert zeigt ein geringeres Risko an (P=-2 entspricht einem Risiko von 1% des Hintergrundwertes). Im Allgemeinen werden alle Asteroiden mit Werten größer als P=-2 genauer beobachtet.
Auf der Turiner-Skala (einer anderen Risikobewertungsskala, die meist in der Öffentlichkeitsarbeit eingesetzt wird) entspricht das einem Wert von T=1. Das fällt in die Klasse von “Ereignissen die sehr unwahrscheinlich sind” und die zwar beobachtet werden sollten, vor denen man aber keine allzu große Angst zu haben braucht.
Radarbild von 1999 RQ36 (NASA)
Und genau das wird auch geschehen: der Asteroid wird beobachtet. Denn je mehr Beobachtungsdaten vorhanden sind, desto besser läßt sich seine Bahn bestimmen. Und um so genauer kann man sagen, ob er tatsächlich mit der Erde kollidieren wird oder nicht. Im Allgemeinen ist es fast immer so, dass nach ausreichenden Beobachtungen und verbesserten Bahnberechnungen das Kollisionsrisko deutlich gesenkt werden kann, auf einen Wert, der uns keine Sorgen mehr bereitet. Aber auch falls dies nicht geschehen sollte, haben die Wissenschaftler Pläne.
Sollte sich 1999 RQ36 tatsächlich auf einer Kollisionsbahn befinden, darf man das nicht auf die leichte Schulter nehmen. Der Asteroid ist etwa 560m groß – das ist schon ein ordentlicher Brocken! Der Krater den er schlägt, wird 20 km etwa 5 bis 8 km durchmessen – und fällt er ins Wasser (was angesichts der vielen Ozeane wahrscheinlich ist), wird der entstehende Tsunami alle Küstenregionen in Mitleidenschaft ziehen. Wir brauchen uns keine Sorgen über das Aussterben der Menschheit zu machen – dazu ist 1999 RQ36 zu klein. Aber die Zerstörung bei einer Kollision wäre trotzdem gewaltig.
Was also tun? Leider gibt es ja immer noch keine koordinierten Pläne, wie im Falle einer bevorstehenden Kollision vorzugehen ist. Aber man schlägt vor, die Zeit zwischen 2060 und 2080 zu nutzen, um den Asteroiden abzulenken. In diesem Zeitraum kommt er der Erde nämlich nahe und wir müssten ihn nur ein kleines Stücken (etwa einen Kilometer) von seiner Bahn abbringen, um eine Kollision in der Zukunft zu vermeiden. Das könnte man z.B. durch den gezielten Einsatz von Atomwaffen erreichen, die man knapp über der Asteroidenoberfläche zur Explosion bringt. Verpasst man diese Gelegenheit, wird es schwierig. Denn bis zu einer eventuellen Kollision kommt der Asteroid der Erde nie mehr so nahe und man müsste ihn viel weiter ablenken, um eine Kollision zu verhindern.
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