Gerade erst wurde bei Ludmila darüber diskutiert, ob die Begutachtungsmethoden wissenschaftlicher Artikel geändert werden und vielleicht direkt durch die Leser durchgeführt werden sollten.

Und da dachte ich mir, ich probiere das hier gleich mal aus und lasse meine Leserinnen und Leser eine meiner Arbeiten begutachten. Es handelt sich allerdings nicht um eine wissenschaftliche Arbeit, sondern um eines der Projekte, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit für das europäische virtuelle Observatorium EURO-VO durchführe. Wie ich schon mal beschrieben habe, geht es dabei darum, astronomische Daten für Forscher und Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Ich möchte nun probieren, Lehrer davon zu überzeugen, dass es durchaus sinnvoll und lehrreich sein kann, die astronomischen Daten aus den virtuellen Observatorien direkt im Schulunterricht einzusetzen. Dabei lassen sich einerseits grundlegende physikalisch-astronomische Konzepte vermitteln und andererseits lernen die Schüler den Umgang mit echten wissenschaftlichen Daten.

Ich bastel nun gerade also an verschiedenen Projekten, bei denen man die Daten und Methoden der virtuellen Observatorien einsetzen kann. Eines davon ist mehr oder fertig, und das will ich hier jetzt präsentieren: Wie kann man die in den Datenbanken vorhandenen astronomischen Aufnahmen und Messungen benutzen, um die Entfernung zur Andromedagalaxie zu bestimmen?

Vielleicht hat ja jemand Lust, und möchte das mal selbst ausprobieren? Das Projekt sollte eigentlich so aufgebaut sein, dass man es ohne Erfahrungen in Sachen virtueller Observatorien bearbeiten kann. Ansonsten würde ich mich auch über alle anderen Anregungen oder Verbesserungsvorschläge freuen (Das ganze Projekt kann man auch als pdf-Datei hier runterladen: Projekt M31.pdf)


Wie
weit ist die Andromeda-Galaxie entfernt?
Ein Beispiel für die Benutzung virtueller Observatorien

i-6d7ecbd2bd2c6cb02c0bd5d3b6713b32-m31-thumb-500x461.jpg

1) Überblick zur Entfernungsbestimmung

Die Entfernung zu anderen Himmelskörpern zu bestimmen, ist keine leichte Aufgabe. Bei sehr nahen Objekten wie dem Mond oder einigen Planeten ist es noch relativ einfach. Dorthin kann man Radarsignale senden und messen, wie lange es dauert, bis sie vom Planeten abprallen und wieder zurück zur Erde reflektiert werden. Aus dieser Zeit kann man dann leicht den Abstand berechnen. Auch bei nahen Sternen lässt sich der Abstand mittlerweile recht gut bestimmen: Dazu benutzt man die Parallaxenmethoden. Da sich die Erde im Laufe eines Jahres einmal um die Sonne bewegt, befindet sie sich zu verschiedenen Zeiten im Jahr an verschiedenen Stellen ihrer Umlaufbahn. Wird nun von der Erde aus ein naher Stern beobachtet, dann scheint er sich, je nach Position der Erde, an einem geringfügig anderen Ort am Himmel zu befinden (Den gleichen Effekt erhält man, wenn man den Daumen der ausgestreckten Hand mal mit dem einem, mal mit dem anderen Auge ansieht. Der Daumen scheint vor dem Hintergrund hin und her zu springen). Aus dieser Positionsverschiebung lässt sich mit ein wenig Trigonometrie leicht die Entfernung des Sterns bestimmen.

Doch bei fernen Objekten wird die Entfernungsbestimmung ungleich schwieriger. Wir können ja von der Erde aus nur die scheinbare Helligkeit der Sterne bestimmen – wie hell sie wirklich sind, lässt sich auf den ersten Blick nicht sehen. Ein kleiner, eigentlich schwach leuchtender Stern der sich in der Nähe der Erde befindet kann für uns am Himmel genauso aussehen wie ein großer, stark leuchtender Stern, der weit entfernt ist.

Dieses Problem der Entfernungsbestimmung hatte man zu Beginn des 20. Jahrhunderts immer noch nicht gelöst. Damals war man besonders daran interessiert, herauszufinden, wie weit die so genannten “Nebel” entfernt waren. Man hatte in den Jahrzehnten davor festgestellt, dass sich überall am Himmel schwach leuchtende, verschwommen aussehende, nebelförmige Objekte befanden. Manche Astronomen waren der Meinung, dass es sich dabei um Gaswolken handelt, die sich innerhalb unserer Milchstraße befinden. Diese Astronomen glaubten auch, dass sich alle Himmelskörper innerhalb der Milchstraßen-Galaxie befinden und diese unser ganzes Universum darstellt. Andere Astronomen waren der Ansicht, bei den Nebelflecken handelt es sich um enorm weit entfernte, eigenständige Galaxien. Demnach wäre das Universum sehr viel größer als unsere Milchstraße und wäre von unzähligen anderen Galaxien bevölkert.

1 / 2 / 3 / 4 / Auf einer Seite lesen

Kommentare (8)

  1. #1 Gluecypher
    26. Februar 2009

    Wow, langer, sehr interessanter Post. Aber was mich ja immer ein wenig stört ist folgendes: diese Enfernungsbestimmungen sind mit enormen Fehlern behaftet, im obigen Fall 5,5%. Wenn man jetzt annimmt, dass dieser Fehler für Objekte mit zunehmender Entfernung mit Sicherheit nicht geringer wird (egal, welche Methode man jetzt für wirklich große Enfernungen benutzt i.e. Rotverschiebung etc) und andererseits aber die Helligkeit von Typ 1 Supernovae dazu verwendet, die Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums zu messen, wie sicher ist man, dass das keine Artefarkte aus der Messung selbst sind i.e. “Rauschen”? Denn die Kurve, die ich von der Messung gesehen habe war mit Error-Bars versehen, in die man ziemlich viele Kurven hätte fitten können, unter anderem auch jene, welche die Authoren reingelegt haben. Und welche anderen Hinweise hat man, um diese Messungen zu verifizieren? Hast Du da mal ein paar links oder weiterführende Literatur?

  2. #2 florian
    26. Februar 2009

    @Gluecypher: Also den Fehler in dieser Arbeit darf man nicht so tragisch nehmen. Hier wurde ja wirklich mit den simpelsten Methoden gearbeitet. In der “echten” Forschung geht das schon noch genauer.

    Zu den Methoden der Beobachter, ihre Kurven zu fitten, kann ich als Theoretiker im Moment nicht viel sagen. Aber erfahrungsgemäß wissen die, was sie tun und können aus den Daten ziemlich viel rausholen, auch wenns auf den ersten Blick nicht so aussieht. (Beobachtende) Astronomie ist ja im Prinzip nichts anderes, als herauszufinden, wie man aus tendentiell miesen Daten trotzdem noch was vernünftiges rausholen kann 😉

    Ich schau aber mal, vielleicht finde ich noch was. Wenn du es ganz genau wissen willst, dann findest du aber sicher bei ADS haufenweise Facharbeiten zum Thema.

  3. #3 Ret
    16. April 2013

    was mich wahnsinnig fasziniert, sind die formeln. woher hat man die u weiß, dass sie stimmen? zb. das verhältnis zwischen wahrer magnitude u periode. ist ja nicht so, dass man schnell hinfliegen ksnn u mal nachschaun.

  4. #4 Florian Freistetter
    16. April 2013

    @rEt naja das ist halt eine empirische Formel. Wenn man sich die Perioden und die Helligkeiten anschaut dann sieht man genau diesen Zusammenhang. Denn man mittlerweile auch durch theoretische Überlegungen begründen kann weil man weiß wie veranderliche Sterne funktionieren.

  5. #5 Alderamin
    16. April 2013

    @Ret

    Man hat sich langsam die Entfernungsleiter hochgearbeitet. Für die nächsten Sterne kann man die Entfernung per Parallaxe messen (der Stern wackelt vor dem Hintergrund hin- und her, wenn die Erde sich von einer Seite der Sonne zur gegenüberliegenden bewegt).

    Auf größere Entferung konnten dann z.B. die Bewegungen von Sternen in offenen Sternhaufen benutzt werden, um deren Entfernung zu bestimmen. Daran und an beobachteten Doppelsternen, deren Entfernung gemessen wurde, konnte man wiederum die Helligkeit von Sternen je nach Spektralklasse kalibrieren.

    Dies führt dann in die Entfernung von periodischen Veränderlichen (Cepheiden). Davon hat Henrietta Leavitt eine Reihe in der Großen Magellanschen Wolke beobachtet, die in etwa alle gleich entfernt sind. Mit der Entfernung der Magellanschen Wolke folgt dann die Perioden-Leuchtkraft-Beziehung, die bis in den Andromeda-Nebel reicht (und heute noch weiter).

    Seit dem Astrometrie-Satelliten Hipparcos gelang es, die Entfernung von Cepheiden direkt per Parallaxe zu messen und damit wurde diese Skala sehr viel genauer. An der Cepheiden-Skala konnte mit dem Hubble-Teleskop wiederum die Skala eines bestimmten Supernova-Typs (Ia) kalibriert werden, mit dem man schließlich die Rotverschiebung der Galaxien kalbrieren konnte. Und somit kann man heute Entfernungen bis an den Rand des sichtbaren Universum bestimmen.

    Siehe auch https://en.wikipedia.org/wiki/Cosmic_distance_ladder

  6. #6 Von Miller
    22. November 2016

    Was mich interessieren würde, ist, wie denn die gute Frau Leavitt herausfand, dass die Periode der Helligkeitsschwankungen mit der wirklichen Helligkeit zusammenhängt.

  7. #7 klauszwingenberger
    22. November 2016

    @ Von Miller:

    Indem sie eine Stufe auf der Entfernungsleiter herunterstieg.

    Die hellsten Cepheiden lagen schon zur Zeit von Frau Leavitt gerade so im Bereich der Parallaxen-Methode. Die liefert über geometrisch messbare Winkel, die optisch messbaren scheinbaren Helligkeiten und den (das?) Entfernungsmodul absolute Leuchtkraftdaten (die “wirkliche Helligkeit”).

  8. #8 Alderamin
    22. November 2016

    @Von Miller

    Streng genommen hat Frau Leavitt zunächst nur eine Beziehung der Entfernung der Kleinen Magellanschen Wolke zu anderen Cepheiden aufgestellt. Aus dem englischen Wikipedia-Artikel:

    In 1908, the results of her study were published, which showed that a type of variable star called a “cluster variable”, later called a Cepheid variable after the prototype star Delta Cephei, showed a definite relationship between the variability period and the star’s luminosity. This important period-luminosity relation allowed the distance to any other cepheid variable to be estimated in terms of the distance to the SMC. Hence, once the distance to the SMC was known with greater accuracy, Cepheid variables could be used as a standard candle for measuring the distances to other galaxies.

    Wie weiter im Text zu lesen ist, ermittelte Ejnar Hertzsprung die Entfernung einiger näherer Cepheiden und ermöglichte so die absolute Kalibrierung von Leavitts Perioden-Leuchtkraftbeziehung. Ich nehme an, Hertzsprung nutzte dabei Cepheiden in Sternhaufen oder Mehrfach-Systemen, deren Entfernung anhand der Spektralklasse von dort enthaltenen Hauptreihensternen abgeschätzt werden konnte. So viel ich weiß, gibt es keinen Cepheiden, der im Bereich damals schon bestimmbarer trigonometrischer Parallaxenmessungen liegt.

    Die Cepheidenskala war lange Zeit um den Faktor 2 unsicher, die Andromeda-Galaxie machte noch in den 70-Jahren einen großen Satz von 1,7 Millionen auf 2,5 Millionen Lichtjahre Entfernung, als man entdeckte, dass es 2 Klassen von Cepheiden mit einer Größenklasse Helligkeitsunterschied gibt.

    Mittlerweile basiert die Cepheidenskala auf Messungen trigonometrischer Parallaxen naher Cepheiden durch den Astrometrie-Satelliten HIPPARCOS und sie ist sehr gut kalibriert.